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Warum ist Gott unsichtbar?

Es wäre doch alles viel einfacher

© Eckhard Etzold

Vor einigen Monaten brachte meine Frau aus der Buchhandlung ein Bilderbuch mit, das sie mir mit erwartungsvollen Blicken unter die Nase hielt. Es trug den Titel "Hinter dem Hügel", geschrieben von einem japanischen Verfasser. Ich hatte schon davon gehört: Ein Bilderbuch, das Kindern Gott nahebringen will und dabei an alltägliche Erfahrungen anknüpft. Ich schlug es auf und begann zu lesen:

"Was hinter dem Hügel ist, kann ich nicht sehen. Aber ich weiß doch, ich weiß: Da ist eine Wiese."

Zu dieser Seite gehörte ein Bild. In Aquarellfarben war ein Kind auf einer Wiese gemalt, das Gesicht dem leeren Horizont zugewandt.

"Die Sonne geht unter. Ich sehe nicht mehr, wo unser Haus ist. Aber ich weiß doch, ich weiß: Dort ist unser Haus. Ich sehe die Mutter nicht mehr. Ich sehe den Vater nicht mehr. Aber ich weiß doch, ich weiß: Wenn ich nach Hause komme, dann sind sie da."

Auf der letzten Seite waren unter einer schwarzweißen Abbildung von Eltern mit ihrem Kind die Sätze zu lesen:

"Alles kommt her von Gott, und Gott ist überall. Aber ich sehe ihn nicht. Ich weiß nur, ich weiß: Er ist da."

Ein Bilderbuch versucht Kindern den Glauben an Gott nahezubringen, auch wenn sie Gott nicht sehen können wie die anderen Dinge in der Welt. Und damit bin ich schon bei einer Kinderfrage angelangt, - meiner Kinderfrage: Warum ist Gott eigentlich unsichtbar? Könnte ich ihn sehen, so wie die Sterne, die anderen Menschen, die Welt, - es wäre alles so viel einfacher. Kein Streit mehr um den rechten Glauben, keine bange Frage, was, wenn es keinen Gott gibt? Doch wenn ich den Wunsch äußere, an Gott nicht nur zu glauben, sondern ihn auch zu sehen, werde ich schnell in die Rolle des ungläubigen Thomas gedrängt und bekomme das Jesuswort vorgehalten: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!" Und schon bleibe ich wieder allein mit meiner Sehnsucht, Gott zu sehen, jetzt aber zusätzlich mit dem Makel behaftet, daß ich noch nicht den richtigen Glauben habe. Ein Gott, der sich sehen ließe, wenigstens einen Augenblick lang, wie habe ich mir das als Jugendlicher nicht gewünscht! Das wäre das Ende aller religiösen Zweifel: Dann hätte ich Gewißheit, ob es Gott gibt oder nicht. Aber die Antwort des Religionslehrers wie des Pfarrers war damals immer gleich: Gott kann man nicht sehen. Gott befindet sich jenseits unserer Vorstellungskraft, außerhalb der Welt. Und auf genaueres Nachfragen erfuhr ich: Gott ist nicht irgendein Ding in der Welt, das man suchen und dann finden könnte. Er ist der Schöpfer der Welt. Könnten wir Gott sehen, so wäre er nicht Gott der Schöpfer. Die Unsichtbarkeit Gottes ist ein Beweis dafür, daß es Gott überhaupt gibt.

Ein schöner Zirkelschluß, in sich logisch perfekt: Wenn Gott alles hervorgebracht hat, muß er unsichtbar sein. Wäre er sichtbar, so wäre er selbst nur ein Teil dessen, was er erschaffen hat, und er könnte nicht der Schöpfer aller Dinge sein.

So wie eine Holzpuppe aus einer anderen Substanz ist als die Hand des Schnitzers, und niemals begreifen kann, wer der Schnitzer ist, der sie hervorgebracht hat, weil sie selbst leblos ist, so übersteigt das Leben und die Existenz Gottes unsere Wahrnehmungs- und Vorstellungskraft.

Obwohl das alles einleuchtet, und obwohl das auch schon die Menschen in der Antike wußten, war die Sehnsucht vieler Menschen nicht zu stillen, Gott einmal zu sehen. Der Dichter des 42. Psalms muß geradezu krank vor Sehnsucht danach gewesen sein:

"Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue? Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott?"

Doch nicht allein im jüdisch-christlichen Kulturkreis ist diese Sehnsucht wach. In einem altperuanischen Gebet, gerichtet an den Himmelsgott heißt es:

"Wo bist Du?
Oh mögest Du Dich nicht vor Deinem Sohn verbergen!
Mag Er unten, mag Er oben sein,
oder vielleicht draußen im All. (...)
Schöpfer der Welt, Schöpfer des Menschen,
größter unter meinen Vorfahren!
Vor Dir erlischt das Licht meiner Augen, denn um Dich zu sehen,
Dich zu erkennen, von Dir zu lernen, Dich zu verstehen,
muß ich von Dir gesehen werden, und Du wirst mich erkennen. (...)
Oh! Höre auf mich, lausche mir! Laß es nicht geschehen,
daß ich müde werde und sterbe."

Mag uns die Intensität, mit der in beiden Texten nach Gott gefragt wird, vielleicht übertrieben vorkommen, die Sehnsucht ist damals wie heute dieselbe: Gott möge sich zeigen, damit wir endlich wissen, über was wir reden, wenn wir von Gott sprechen. Wenn Gott sich nicht sehen läßt, dann ist alles Reden über ihn wie wenn ein Blinder von der Farbe redet. Und damit kann ich mich nicht zufrieden geben.

Die Mystiker der Vergangenheit berichteten von der Gottesschau, von Ekstasen und Verzückungen, in denen sich ihnen das Unbegreifliche auf sichtbare Weise offenbarte. Es mußte also Wege geben, um die allgemeine Ansicht, Gott sei nicht wahrnehmbar, in Frage zu stellen.

Meine Unzufriedenheit fand neue Nahrung, als mir der Erfahrungsbericht eines 52jährigen Arztes und Theologen in die Hände fiel, dem in den sechziger Jahren zu Forschungszwecken eine Dosis Psilocybin verabreicht wurde, eine LSD-ähnliche Rauschdroge, die ungewöhnliche Bewußtseinszustände auslöst. Er gab damals zu Protokoll:

"Den Höhepunkt der Bilder und des Erlebens bildeten das Schauen und Erfahren der Herrlichkeit Gottes, und die göttliche Allmacht und Majestät wurden sichtbar im Blick auf die ganze Welt, im Vergleich: ganz ähnlich den Bildern der Erde, die die Astronauten später aufnahmen. Dann hörte ich 'eine Stimme' unendlich gütig und trostreich: 'Der Wolken, Luft und Winden / Gibt Wege, Lauf und Bahn, / Der wird auch Wege finden, / Da dein Fuß gehen kann.' Dann schloß sich ein Vorhang oder Mantel in tiefem, herrlichem Blau, mit kostbaren Perlen geschmückt, vor dem göttlichen Lichtglanz langsam, und ich fand mich ganz klein in einer Ecke kniend, betend, ich küßte den 'Saum des Gewandes' und stimmte ein in das 'Halleluja unter Tränen'."

War das solch ein Blick hinter den Hügel gewesen, ein Moment, wo der Schleier gehoben wurde, hinter dem sich Gott verbirgt? Und wenn, auf welche Weise ist diese Gottesschau zustande gekommen?

Solche Drogenversuche sind ja nicht ganz ungefährlich, die Gefahr, daß latente Geisteskrankheiten dabei zum Ausbruch kommen können, ist nie völlig ausgeschlossen. Auch bei bester ärztlicher Betreuung nicht.

Aber muß man erst Drogen nehmen, um religiöse Erlebnisse zu haben? Ich glaube das nicht. Und auch die allgemeine Ansicht, Gott entziehe sich unserer Wahrnehmung, steht für mich längst nicht auf so sicheren Füßen wie es aussieht. Ein Blick in die Bibel genügt bereits:

Gleich fünfmal wird im Neuen Testament ausdrücklich erwähnt, niemand habe Gott je gesehen. Das deckt sich ja mit der Logik, nach der, wenn es einen Gott gäbe, dieser auch unsichtbar sein müßte. Und trotzdem stehen in demselben ersten Johannesbrief, in dem der Satz steht: "Niemand hat Gott je gesehen", auch die Worte: "Das da von Anfang war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unseren Augen, das verkündigen wir euch":

Gott ist zwar unsichtbar. Aber er wurde für die Menschen in der Person Jesu sichtbar und begreifbar. Also doch eine sinnliche Gotteserfahrung! Was wir gehört und gesehen haben. Nicht: was uns im gedanklichen Nachsinnen über Gott und die Welt eingefallen ist, sondern was wir wahrgenommen haben mit Augen und Ohren, das ist die Basis unserer Theologie.

So sieht ein Weg der Gotteswahrnehmung aus.

Ein anderer Weg der Gotteswahrnehmung hat etwas zu tun mit einer veränderten Wahrnehmung der Welt. Wie ein solches Sehen Gottes sich ereignen kann, möchte ich anhand eines Gleichnisses verdeutlichen. Gewiß geht es dabei nicht um Wahrnehmungen mit unseren gewöhnlichen Augen, sondern um eine neue Sichtweise.

Unsere Augen sind für Gott blind. Das ist so und das können wir nicht ändern. Doch es besteht die Möglichkeit, daß auch ein Blinder wieder "sehend" wird, nicht in dem Sinne, daß seine Augen wieder für Lichtreize empfänglich werden, sondern so, daß in ihm selbst ein Abbild jener Wirklichkeit aufleuchtet, die er nicht mehr mit den Augen wahrnehmen kann.

Der Franzose Jacques Lusseyran erlitt im Jahre 1932 mit acht Jahren einen Unfall, bei dem er beide Augen verlor. Doch er überwand seine Blindheit und lernte auf neue Weise sehen. Mit einer Sicherheit, die fast an Hellseherei grenzt, erkannte er den Charakter eines Menschen an seiner Stimme und den Farben, die er vor seinen inneren Augen sah. Eine Eigenschaft, die für ihn überlebenswichtig wurde, als er sich dem französischen Widerstand gegen die Nazis anschloß, und es darauf ankam, unter den Mitgliedern der Widerstandsbewegung diejenigen zu erkennen, die versteckt für die Nazis arbeiteten. Lusseyran wurde später von den Nazis verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Er gehörte zu den wenigen, die dort überlebten. Nach dem Krieg wurde er Universitätsprofessor für französische Literatur in den Vereinigten Staaten. Er selbst beschreibt die Überwindung seiner Blindheit in dem Buch "Das wiedergefundene Licht" mit den Worten:

"Meine Blindheit war für mich eine große Überraschung, glich sie doch in keiner Weise den Vorstellungen, welche die Menschen um mich herum von ihr zu haben schienen. Sie sagten mir, Blindsein bedeute Nichtsehen. Aber wie konnte ich ihnen Glauben schenken, da ich doch sah? Nicht sofort, das gebe ich zu. Eines Tages jedoch merkte ich, daß ich ganz einfach falsch sah, daß ich einen Fehler machte. Anstatt mich hartnäckig an die Bewegung des Auges, das nach außen blickte, zu klammern, schaute ich nunmehr von innen auf mein Inneres. Unversehens verdichtete sich die Substanz des Universums wieder, nahm aufs neue Gestalt an und belebte sich wieder. Ich sah, wie von einer Stelle, die ich nicht kannte, eine Ausstrahlung ausging, oder genauer: ein Licht.

Ein Blinder findet wieder den Zugang zum Licht. Ein für Außenstehende zunächst unbegreiflicher Vorgang.

Das Licht war da, das stand fest. Ich fühlte eine unsagbare Erleichterung, eine solche Freude, daß ich darüber lachen mußte. Ohne Augen war das Licht weit beständiger, als es mit ihnen gewesen war. Jene Unterschiede zwischen hellen, weniger hellen oder unbeleuchteten Gegenständen, an die ich mich damals noch genau erinnern konnte, gab es nicht mehr. Ich sah eine Welt, die ganz in Licht getaucht war, die durch das Licht und vom Licht her lebte. Auch die Farben - alle Farben des Prismas - bestanden weiterhin. Das Licht breitete seine Farben auf Dinge und Wesen. Mein Vater, meine Mutter, die Leute, denen ich auf der Straße begegnete oder die ich anstieß, sie alle waren in einer Weise farbig gegenwärtig, wie ich es niemals vor meiner Erblindung gesehen habe."

Die Erfahrungen Lusseyrans lassen noch einen weiteren Schluß zu, der vor allem für Christen interessant ist: Er hat als Blinder die Welt des Lichts und der Farben neu entdeckt. Diese Erfahrung haben wir mit ihm gemeinsam: Für Gott sind auch unsere Augen blind. Doch so, wie ein Blinder die Welt neu sehen kann, könnte auch für uns die Möglichkeit bestehen, Gott neu wahrzunehmen, obwohl er unsichtbar ist. Wohl nicht mit unseren Augen, aber doch in dem Licht, das durch sie und auch ohne sie von ihm zu uns durchdringt, uns erhellt und uns im wahrsten Sinne des Wortes zu erleuchten vermag.

Für Lusseyran war das übrigens eins und dasselbe, Gott, das Licht und das Leben. Er sah es, und er wurde von dem Licht geführt.

Unser Wissen über Gott können wir nur über den Weg der sinnlichen Erfahrung gewinnen. Einen anderen Weg gibt es nicht. In Abwandlung eines berühmten Ausspruches von Wittgenstein könnte man sagen: Was wir nicht wahrnehmen können, darüber können wir auch nicht reden. Wenn wir über Gott reden, müssen wir uns in irgendeiner Weise eine Vorstellung von ihm machen, eine Vorstellung aufgrund von Erfahrung. Könnten wir uns nicht ein Bild von Gott machen, und würde er sich nicht zeigen, dann wüßten wir auch nicht, wovon wir reden, wenn wir über Gott reden. Doch wir haben es in der Vergangenheit verlernt, tiefer zu sehen, und vielleicht sind unsere Augen dabei auch ein Hindernis. Wir nehmen die Welt nur noch als Welt wahr, wir nehmen nicht wahr, daß sie die Schöpfung eines anderen ist. Die Menschen der Bibel kannten viele Wege, um Gott in der Welt wahrzunehmen: Hiob erlebte Gott in einem Unwetter. Es konnte jedoch auch ganz anders zugehen. Von dem Propheten Elia ist eine Gottesbegegnung am Berg Horeb überliefert, die sich gerade durch das Ausbleiben irgendeiner beeindruckenden Wahrnehmung auszeichnet:

Gott der Herr sprach: "Verlaß die Höhle und tritt hin auf den Berg vor den Herrn! Und siehe, der Herr wird vorübergehen." Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriß und die Felsen zerbrach, kam vor dem Herrn her, der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben, aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer, aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles sanftes Sausen. Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat ins Freie und blieb vor dem Eingang der Höhle stehen.

Ein stilles sanftes Sausen: Gemeint ist ein sich gerade an der Wahrnehmungsgrenze befindendes Geräusch, Martin Buber übersetzt hier sehr poetisch:

"eine Stimme verschwebenden Schweigens",

und in dieser war Gott anwesend. Man kann diese biblische Überlieferung als Kritik an der Grundhaltung auffassen, Gott nur in spektakulären Erscheinungen zu suchen. Gott ist auch im Unscheinbaren anwesend. Trotz alledem, es bleibt dabei, die Mehrzahl biblischer Gotteserscheinungen und Gottesbegegnungen ist sehr sinnlisch gewesen:

Zu Josef sprach er in Träumen, zu Jesaja in einer Vision, und den zwölf Jüngern erschien er in Gestalt des Menschen Jesus aus Nazareth.

Wir sehen also, mit unseren Augen vermögen wir Gott genauso wenig zu erkennen wie ein Blinder in der Lage ist, die Welt zu sehen. Und doch, ähnlich wie der blinde Jacques Lusseyran vor seinen inneren Augen das Licht und die Welt neu wahrnehmen konnte, so kannten auch die Menschen früherer Zeiten verschiedene Wege, um Gott wahrzunehmen. Gott nicht von Angesicht zu Angesicht sehen zu können, bedeutete noch lange nicht, ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. Das wußte auch schon Paulus: "Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht."

Wir heute sehen noch nicht einmal ein dunkles Bild von ihm. Wir sehen nur die Welt allein als Welt. Die Welt als Spiegel zu erleben, in dem die Spuren des verborgenen Gottes sichtbar werden, haben wir verlernt. Aber solche Spuren Gottes kann ich überall wahrnehmen: Im Farbenreichtum der Natur erlebe ich die Farbigkeit und Schönheit Gottes, der die Natur geschaffen hat. In der Wärme der Sonne umfängt mich die Wärme Gottes, mit der er mir begegnen möchte. In den vollkommen aufeinander abgestimmten organischen Funktionen eines Körpers nehme ich die mir unendlich überlegene Intelligenz wahr, die sich das alles ausgedacht hat und in einer Milliarden Jahre dauernden Evolution hat wirklich werden lassen.

Und doch ist mit einer solchen Sicht noch nicht alles gewonnen. Die Spuren Gottes in der Schöpfung vermitteln uns nur ein dunkles Bild von Gott. Demnach kann Gott vieles sein, eine höchste Intelligenz gewiß, aber was ist sein Wesen? Ist er barbarisch oder barmherzig?

Daß Gott menschlich ist, kann uns nur durch einen Menschen vor Augen geführt werden. Diesen Menschen, der wie kein anderer den Charakter Gottes seiner Umwelt vor Augen geführt hat, haben die biblischen Evangelisten in Jesus aus Nazareth gefunden. So kann Jesus nach dem Johannesevangelium sogar von sich behaupten: "Wer mich sieht, der sieht den Vater."

Auch hier geht es wieder um das Sehen! Wer Jesus sieht, so wie ihn uns die Texte des Neuen Testaments vor Augen malen, der sieht, wie Gott ist.

Die neutestamentlichen Texte wollen uns nicht erzählen, was damals wirklich vorgefallen ist, sondern sie wollen uns Gott in ihren Geschichten und Bildern vor Augen malen. Sie wollen Gott in ihren Erzählungen vor uns geradezu leibhaftig erscheinen lassen, damit wir ihn sehen, freilich vor unserem inneren Auge, und einen Eindruck von seinem Wesen gewinnen.

Es gibt Menschen, die Wahrnehmungen haben, Wahrnehmungen, in denen ihnen ein Wesen gegenübertritt, daß die Grenzen ihrer Vorstellungskraft überschreitet. Aber das ist nicht das Ende des Glaubens, sondern der Anfang. Die Sehnsucht kann dem Menschen doch nicht ohne Grund ins Herz gelegt worden sein, Gott einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen.

Text der gleichnamigen Rundfunksendung in der Reihe NDR 3 - Glaubenssachen vom 12. Dezember 1993

Literatur

Lusseyran, Jacques: Das wiedergefundene Licht. Die Lebensgeschichte eines Blinden im französischen Widerstand. München 1989.

Moltmann, Jürgen: Gott in der Schöpfung. Ökologische Schöpfungslehre. München 1987.

Wengst, Klaus: Ostern - Ein wirkliches Gleichnis, eine wahre Geschichte. Zum neutestamentlichen Zeugnis von der Auferweckung Jesu. München 1991.

Yano, Shigeko: Hinter dem Hügel. Deutscher Text von Ursula Wölfel. Düsseldorf 1992, 3. Aufl..

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Impressum, http://bs.cyty.com/menschen/archiv/papers/, Stand: 3. Dezember 2003, ee