Röhrenradios und Batterie-Empfänger aus der Anfangzeit des Rundfunks
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3-Röhren Batterie-Radio

Rundfunkempfänger:

3-Röhren Batterie-Radio

Baujahr: 1927

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3-Röhren Batterie-Radio

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Als 1923 in Deutschland der Rundfunk eröffnet wurde, gab es nur wenige Menschen, die sich damals und in den nachfolgenden Jahren ein Radio leisten konnten. 1923 befand sich die Wirtschaft am Ende, es war Inflationszeit. Erst 1925 wendete sich das Blatt mit der Zulassung von Rückkopplungs- oder Audionempfängern, die mit relativ wenig technischem Aufwand gute Fernempfangsergebnisse lieferten. Trotzdem waren Radios mit Lautsprecherwiedergabe immer noch unerschwinglich (es sei denn, man begnügte sich mit einem Detektorempfänger mit Kopfhörer). So boten die Radiofirmen anstelle fertiger Rundfunkgeräte viele preiswertere Bausätze mit Bauanleitungen an, aus denen sich die Menschen ihre Radios selber zusammenbauen konnten. In den Fachzeitschriften gab es eine Vielzahl von Schaltplänen und Bauanleitungen, die es ermöglichten, sich auch die Bauteile individuell zusammen zu stellen. Diese "Bastelgeräte" aus den 20er Jahren waren allesamt jedes einzelne ein Unikat. Das hier vorgestellte Gerät stammt ca. aus den Jahren 1926 / 1927 ist ist ein Drei-Röhren-Batterie-Empfänger.

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Die Leitungen sind handverdrahtet mit frei in der Luft geführten blanken Verbindungen und mit Messingmuttern an den jeweiligen Bauteilen befestigt. Für einen heutigen Elektrotechniker sind am auffälligsten die Hochohmwiderstände, wenn er einen Blick auf das Chassis wirft. Was zuerst aussieht wie eine Sicherung, entpuppt sich beim näheren Hinsehen als Vakuumwiderstand. Diese wurden von der Firma Loewe seit 1924 hergestellt. Sie enthalten eingeschweißt in ein Glasröhrchen eine Vakkumröhre mit zwei Elektroden, zwischen denen ein geringer Emissionsstrom fließt. Der gemessene ohmsche Widerstand beträgt bei den Vakuumwiderständen hier einmal ca. 13 MegaOhm, im zweiten Fall ca. 60 MegaOhm.

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Die Röhren wurden von Telefunken vor der Standardisierung 1927 hergestellt. Es handelt sich um die beiden Thoriumröhren RE054 und RE 144. Hier im Bild: die Audionröhre vom Typ RE 054 besitzt anstelle eines Wolfram-Heizfadens, wie bei den Vorgängertypen, einen Faden aus Thorium. Sie leuchtet hellgelb im Betrieb. Im Inneren ist metallisches Magnesium auf die Glaswand aufgedampft, was der Röhre einen hellen metallischen Glanz verleiht. Alle Röhren besitzen einen eigenen Heizregler (siehe rechts), ein Drahpoti mit ca. 50 Ohm max. Widerstand, mit dem die Heizspannung für die Röhren und damit ihr Arbeitspunkt eingestellt werden kann.

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Das Radio besitzt drei steckbare Wabenspulen, von denen auf beweglicher Mechanik sitzen und schwenkbar sind: die Antennenspule und die Rückkopplungsspule. In der Mitte befindet sich die Abstimmspule, die in Verbindung mit dem Drehkondensator die Senderwahl ermöglicht. Durch Schwenken der Antennenspule lässt sich die Trennschärfe erhöhen und vermindern, durch Schwenken der Rückkopplungsspule die Empfindlichkeit verändern.

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Der Drehkondensator für die Senderwahl besitzt einen Friktionsantrieb mit einer Übersetzung von 1:6. Der Empfangsbereich liegt zwischen 500 KHz und ca. 1,2 MHz. Abends ist europaweiter Empfang mit einer Drahtantenne von ca. 10 m. Länge möglich. Der zweite Drehkondensator dient zur Dämpfung der Rückkopplung. In der Anodenleitung ist ein hochohmiger NF-Übertrager (SABA, 1:6) geschaltet, der das NF-Signal auf die erste NF-Verstärkerröhre RE144, ebenfalls eine Thoriumröhre, gibt. Hier besitzt der Heizregler auch die Funktion eines Lautstärkereglers.

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Als Lautsprecherröhre dient die Bariumoxidröhre RE 134 von Telefunken. Sie wurde 1926 entwickelt und zeichnete sich gegenüber den Thoriumröhren durch geringere Heizleistung und höhere Emission aus. Die Sprechleistung beträgt ca. ein halbes Watt. Zur Klangwiedergabe wird ein hochohmiger Trichterlautsprecher an das Radio angeschlossen. Der Klang ist etweas blechern, für Sprachwidergabe reicht es, doch Musik klingt eben so, wie man es aus alten Filmen noch kennt: bassarm, kratzig und bisweilen scheppernd.

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Zur Spannungsversorgung ist eine Heizbatterie (4 Volt) und eine Anodenbatterie (rechtes Bild) nötig. Für den Audionkreis wird eine Spannung von 60 Volt benötigt, für die Lautsprecherröre 80 Volt, die von einer Anodenbatterie bereitgestellt werden. Als Gitterspannung bietet die Anodenbatterie zugleich verschiedene Gleichspannungen zwischen 3 und 10 Volt an. Die Anpassung der Gitterspannung erfolgt als Ausmittlung zwischen der besten Klangwidergabe und der geringsten Anodenstromaufnahme (mit Milliamperemeter den Anodenstrom an der RE 134 messen bei wechselnden Gittervorspannungen!) Wie man an der Beschriftung auf der Rückseite erkennen kann, war ursprünglich auch eine dritte Anodenspannung von 120 Volt vorgesehen. Diese wurde aber schon kurze Zeit später abgeklemmt. Vermutlich wurde das Gerät sogar vor 1927 gebaut und besaß einen anderen Röhrensatz. Als Kondensatoren wurden Glimmerkondensatoren (linkes Bild) eingebaut.

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Klicken Sie Hörprobe (MP3-Datei) an, um das Radio in Betrieb zu erleben.

Folgende Reparatur- und Restaurationsarbeiten wurden am dem Apparat durchgeführt:
- Die Röhren waren falsch eingesetzt und wurden neu platziert.
- Die RE 134 wurde erneuert. Der Heizfaden wies eine Unterbrechung auf.
- Die Heizregler waren schwergängig und die Achsen saßen teilweise fest.* Sie wurden mit Kontaktspray eingesprüht und mit dem Bunsenbrenner erhitzt. Danach ließen sie sich drehen, und die Heizregler konnten ausgebaut werden.
- Der Konstantandraht war brüchig und wies Unterbrechungen auf. Bei zweien der drei Regler wurde der Draht abgewickelt und die Wickelkörper neu bewickelt.
- 2 Holzschrauben an der Frontseite wurden ersetzt.
- Der Übertrager (Saba, 1:6) wies eine Unterbrechung im Primärkreis auf. Er wurde ausgebaut, zerlegt. Die Unterbrechung konnte behoben werden.
- Eine Unterbrechung an der HF-Drossel wurde behoben.
- Lötverbindung zwischen HF-Drossel und Übertrager wieder hergestellt.
- Zahnräder der Spulenschwenkmechanik wurde geölt und wieder gängig gemacht.
- Buchsen wurden gereinigt, abgebrochene Antennenbuchse durch neue ersetzt.
- Im Drehkondensator für die Rückkopplung wurden Plattenschlüsse beseitigt und die Platten ausgerichtet.
- Ein fehlender Vakuumwiderstand (Anodenwiderstand für die RE 144) wurde durch einen 2 MOhm-Hochkonstantwiderstand ersetzt.

* Ich danke Andreas Fremdling, der mir auf diese Weise die Heizregler wieder gangbar machte.

Schaltplan

Als JPEG-Datei.

Röhren

RE 054, RE 144, RE 134.

Photos: © Eckhard Etzold 2004
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Impressum, http://bs.cyty.com/menschen/e-etzold/archiv/radio/radio1927/3RoehrenRadio.htm, Stand: 16. März 2004, ee