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[Kirche von unten]

Ottmar Palmer 1873 - 1964

Quellenstücke

3. Quellenstück


Brief von Heinrich Lachmund an Ottmar Palmer


Blkbg., 8.6.45

Lieber Freund! 1) Es wird eine 5t Pfarrstelle in Blankenburg errichtet, die Dir verliehen wird, bis eine der anderen Stellen hier vakant wird, oder Du Dich pensionieren läßt. Wohnung ist z.Zt. nicht vorhanden, das dauert seine Zeit. 2) Du übernimmst sofort die Leitung der Kirchenregierung Braunschweig als Vorsitzender“, da der „Landesbischof“ „behindert“ ist. Neben Dir sitzt dort Erdmann, dem Seebaß den „Befehl“ überbringt. Rauls und Röpke bleiben als Restbestand, Jurist Linke - Braunschweig ist z.Zt. Rechtsberater und Mitglied der Kirchenregierung. Das alles ist für die Übergangszeit, Du sollst nicht „Landesbischof“ werden, sondern nur die Verhandlungen führen mit den staatlichen Stellen, da Barg zuerst in stürmischer Weise, dann in liebenswürdiger, aber fester Form Röpke und Seebaß klar gemacht habe, daß an der Spitze der Landeskirche für diese schwierigen Zeiten nur ein Mann mit politisch tadellos reiner Weste stehen könnte. Die beiden waren gestern bei mir, nachdem Barg sie aus ihrer Harmlosigkeit aufgeschreckt hatte. Gleichzeitig war Breust da, der am liebsten wieder sein Amt übernähme. Das überlasse ich Dir, ob Du mit ihm arbeiten willst. Linke ist wohl nur vorübergehend, den wird Ob.Landesgerichtspräsident Mansfeld selbst behalten wollen. Wen wir dann ins LKA als Juristen nehmen, ist eine spätere Sorge
Du wirst nicht „Nein“ sagen, denn Du bist der geeignete Mann, natürlich habe ich Dich vorgeschlagen und Röpke-Seebaß haben „Ja“ gesagt und scheinen zufrieden zu sein, da ich gleichzeitig sagte: „Es sollen keine Köpfe rollen, wir nehmen keinem seinen Posten“. Deine Rehabilitation hier, die der Bruderrat beschlossen hatte auf Dedekinds Antrag, fand, von mir nur mündlich vorgetragen, ebenfalls Röpkes obige Lösung. Da war ich doch überrascht, wie leicht das geht, wenn man will oder muß. (Die 4 te Stelle hat ja der kranke Tönnies). Nümann – Wieda ist suspendiert, ein Disziplinarverfahren gegen ihn nimmt seinen Anfang, ebenso wohl gegen Schwaab-Astfeld.
Wie ich diesen Brief an Dich befördere, weiß ich noch nicht, wie Du Dich da freimachen willst oder kannst, ist auch noch gänzlich unklar, wie ich Dich in Wolfenbüttel oder Braunschweig unterbringe, muß ich sehen, ebenso hier, wenn Du, wie ich hoffe, bald einmal hier predigst.
Du wirst sagen: Warum gehst Du nicht nach Braunschweig-Wolfenbüttel? Lieber Freund, Du kennst mich, ich bin nicht geschäftsgewandt, ich bin hier dringend nötig, ich bin nicht an Jahren aber an Müdigkeit älter als Du, obwohl wir uns ja gegenseitig wegen unsrer Elastizität bewundern, und ich stehe so ungern im „Vordergrund“ oder im Feuer der Kritik. Es ist kein Einfall des Augenblicks, es ist ein länger erwogener Plan: Wenn einmal es nötig sein sollte, hole ich Ottmar Palmer und ebenso Erdmann, an den Seebaß auch gedacht hatte.
Wenn Du nicht kannst – gesundheitlich -, was ich nicht hoffe – im Brief Deiner Tochter Elisabeth an Frl. Schaaf stand nichts davon -, müßte ich anders bestimmen, aber nur Deine Gesundheit könnte ein „Nein“ begründen.
Frl. Schaaf wohnt bei Frau v. Müller, der Fürstenhof steht, aber ist von Amerikanern besetzt, die ganze Umgebung ist eine Trümmerstätte. Bei uns ist alles heil. Mein Junge ist in amerikanischer Gefangenschaft, mein Schwiegersohn ist zu Hause. So haben wir nur zu danken. Rohlfs soll zu Hause sein, Buttler amtiert wieder, hier sind lauter Ostpfarrer eingesetzt.
Nun erst mal alles Liebe und Gute für Dich und die Deinen und herzliche Grüße. Ich bin sehr überlastet, da ich „das kirchliche Leben hier wieder aufbaue“, wie mir vom „Ami“ befohlen ist. Blankenburg redet von mir, weil ich bei der Umbettung der Lageropfer gesprochen habe, und Gott nur gedankt(??) habe, daß ich kein politisches Wort gesagt habe. Alle haben es mir gedankt. Es war nicht leicht. Kellner hat den Weg zur Aussprache noch nicht gefunden, dagegen war v. Wernstorff-Braunschweig bei mir, der in Hüttenrode vertritt. Wenn man nur allen helfen könnte. Ich mußte Leidig begraben, der sich das Leben genommen hat im Gefängnis.
In herzlichem Gedenken Dein Lachmund

(Quelle: Familie Palmer)



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