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[Kirche von unten]

Gemeinsam - zärtlich - radikal

7. Kapitel

Die Taufe

Auf der Grenze zwischen altem und neuem Menschen

Unterschiedliche Taufsitten in der Landeskirche

Die Bedeutung der Taufe ist in den letzten Jahrzehnten im Bewußtsein der Gemeinden gestiegen. Eigene, ständig aufgestellte Taufsteine oder Taufständer waren früher keineswegs üblich. Auch in Offleben und Reinsdorf nicht. Die Holzsäule, die die Taufschale aufnahm, konnte entfernt und durch ein Lesepult ersetzt werden. In der Regel stand also in der Kirche das Lesepult, das dann zur Taufe umgebaut wurde.

Bald schaffte der Offleber Kirchenvorstand ein eigenes Lesepult an und fand für die Taufe einen ständigen Platz. Dabei war wohl auch die Unsitte üblich, die Taufschale aus Angst vor Diebstahl aus dem Taufständer zu entfernen. Später wurde der Holzständer in Offleben durch einen bronzenen Taufständer ersetzt.

Der wurmstichige Reinsdorfer Holzständer wurde renoviert und eine Schale mit einer Taufkanne aus Zinn angeschafft.

So bekam mit der Zeit die Taufe äußerlich ihren festen Ort in beiden Kirchen.

Die Taufsitten in der Landeskirche sind heutzutage sehr unterschiedlich. Heute sagt man: das Angebot ist sehr reichhaltig. Es wird am Sonnabend getauft und am Sonntag getauft, manchmal wohl auch unter der Woche, an irgendwelchen den Tauffamilien gerade passenden Wochentagen, z.B. um die Taufe mit dem Geburtstag der Uroma zu kombinieren. Es wird am Sonntag vormittag im Gottesdienst oder am Sonntag vormittag nach dem Gottesdienst oder am frühen Sonntagnachmittag getauft. Das alles sind nicht nur verschiedenen Taufzeiten, sondern die Taufzeiten signalisieren auch ein unterschiedliches Taufverständnis. Gehört es fundamental zur Taufe, daß die Gemeinde, also die sonntägliche Ortsgemeinde, mit dabei ist? Schlankweg zu behaupten, auch die Taufgesellschaft sei Gemeinde, halte ich doch für etwas kühn. Auch die Anwesenheit von möglicherweise weit herbeigereisten Paten kann "Gemeinde" nicht herstellen. Wird ein Kind in eine Ortsgemeinde hineingetauft, die dann möglicherweise für die Getauften auch in die Verantwortung genommen werden kann, oder in die große anonyme Volkskirchenmasse?

Schwierigkeiten am Anfang

Zum ersten Mal taufte ich in Salzgitter-Bad. Ich war im Januar 1963 von der Schöninger St. Vincenzkirche Hals über Kopf in die dortige Gnadenkirche und Nikolaikirche abkommandiert worden, weil dort unerwartet zwei Pfarrer ausfielen. Nun stand ich mit meiner Kunst ziemlich verlassen da, denn in meinem Vikariat bei Pastor Ziegler in Mascherode hatte ich nie Taufen erlebt, geschweige denn eine unter Anleitung meines Vikariatsvaters, wie man damals sagte, gehalten. Nach Angaben des Taufregisters der Gnadenkirche hielt dort ich in neun Monaten 48 Taufen, für einen 29jährigen Anfänger eine stramme Aufgabe, und merkwürdigerweise habe ich keine Erinnerung an sie.

Das hängt vermutlich damit zusammen, daß ich mich bei den Taufgottesdiensten sehr unglücklich fühlte. Für mich bedeutete Taufe die Eingliederung in die Gemeinde. Von solchen Absichten war bei den Taufeltern und Paten nichts zu spüren. Die wollten eine fette Familienfeier und benutzten die Taufe als Auftakt dazu. Das war mir herzlich zuwider.

Ich war in einem sehr christlichen Milieu aufgewachsen, hatte dann sehr gerne studiert und in Kantoreien gesungen, war gerne im Predigerseminar unter dem Direktor Rudolf Brinckmeier, hatte also ein ausgesprochen unkirchliches Milieu nie erlebt. Mit solchem Umfeld wurde ich zum ersten Mal für ein kurzes halbes Jahr in Melverode konfrontiert, wo ich als Vikar mehr unerkannt in einem Mietshaus wohnte und in der schönen romanischen Dorfkirche von sehr wenigen Leutchen besuchte Gottesdienste hielt, aber es blieb mir einfach fremd. Mein persönlicher Lebensablauf war vom Kirchenjahr und Gesangbuch geprägt. Nun stand ich einem stinknormalen, unkirchlichen Milieu gegenüber in dieser ca. 7.000 Mitglieder großen Gemeinde in Salzgitter-Bad, die ich urplötzlich zu "betreuen" hatte. Ich empfand es so, als wäre ich ins eiskalte Wasser geworfen worden.

Bei den Taufen spürte ich nicht das geringste Entgegenkommen in kirchlichen Dingen und fühlte mich elend. Wie man damals sagte: als Palmkübel, als Dekoration für ein kirchenfremdes Familienfest mißbraucht. In Offleben ging das so ähnlich los, aber mit der Zeit und im Laufe des ständigen Reformierens und Herumbastelns an der Taufordnung wuchs meine Begeisterung an der Taufe. Die letzten Jahrzehnte habe ich ausgesprochen gerne getauft.

Wir haben in Offleben vier Phasen von Taufgottesdiensten erlebt, die die ganze Breite der Taufmöglichkeiten repräsentieren.

Taufe nach dem Gottesdienst oder sonnabends

Ich übernahm die Sitte, einen gesonderten Taufgottesdienst abzuhalten, wann die Eltern es wollten. Das empfand ich auf die Dauer als ein beschwerliches Unternehmen. Der Taufgemeinde waren Tauflieder und überhaupt Choräle kaum bekannt. Das Glaubensbekenntnis war in aller Regel nicht geläufig. Das bestärkte das Gefühl der Taufgesellschaft, lange nicht in der Kirche gewesen zu sein und das Ganze doch ziemlich fremd zu finden. Das fröhlichste und gehaltvollste Taufgespräch konnte an dieser Misere nichts ändern. Und die sonntägliche Gemeinde, die sich an einer Taufe hätte freuen können, blieb ausgeschlossen.

Immerhin hatte sich durch meinen Vorgänger das Taufgespräch eingebürgert. Das war nicht überall selbstverständlich. Es gab wohl eine Taufanmeldung, aber nicht immer ein Gespräch mit dem taufenden Pfarrer. Als ich irgendwann in Katharinen, Braunschweig, eine Predigtvertretung wahrgenommen hatte und weggehen wollte, eröffnete mir der Küster, das ginge nicht, ich hätte noch eine Taufe zu machen. Ohne Taufgespräch? Ohne die Eltern zu kennen? Das ist für uns heute unvorstellbar. Bis zur Einführung der Lebensordnung 1961 war das durchaus üblich, und der Vater kam sowieso nicht zur Taufe mit - der ging in die Kneipe - sondern die Hebamme trug das Kind. Die Einrichtung der Taufgespräche fand ich also in Offleben und Reinsdorf-Hohnsleben schon vor, aber leider auch die gesonderten Taufgottesdienste ohne Gemeinde.

Taufen im Kindergottesdienst

In den 60iger und 70iger Jahren gab es noch die Einrichtung des sonntäglichen Kindergottesdienstes. Ich war in der romantischen Vorstellung aufgewachsen, wie die Großen auf dem Nachhauseweg aus dem Hauptgottesdienst ihren Kindern begegnen, die zum Kindergottesdienst nach dem Hauptgottesdienst eilen. Die Großen konnten feststellen, ob die Kleinen sich auch rechtzeitig auf den Weg gemacht hatten.

Die Taufe im Kindergottesdienst war für die Kindergottesdienstkinder ein Stück Anschauung ihrer eigenen Taufe. Die Kinder halfen über die Peinlichkeit der mangelnden Kirchenliederkenntnisse hinweg und krähten ihre Kinderlieder, die auch für die Taufgesellschaft schnell zu lernen waren. Die Predigt richtete sich vor allem an die Kinder, was der Taufgesellschaft durchaus gut tat. Da ich im Kindergottesdienst auch das Wechselgebet am Eingang benutzte, waren die Kinder selber Träger der Liturgie: eine Ermutigung für die Taufgesellschaft, nun ihrerseits auch mitzumachen. Das war ein ungezwungener Gottesdienst, den ich noch heute so halten würde.

Taufen nur am Sonntag im Gemeindegottesdienst

Da kam mir eines Tages ein Gerücht zupaß. Oben auf dem Werk erzählte man sich, ich hätte bei einer Taufe am Pfingstmontag 1974 politische Reden gehalten und das Kind im Wasser fast ertränkt. Das paßte wohl zu dem Bild, das sich manche von mir machten: "politisch und brutal"; entzückend. Ich hatte glücklicherweise eine Organistin dabei. Nein, es wäre alles gewesen wie sonst, meinte die; und auch die Küsterin Frau Heine bestätigte es. Die Taufmutter war eine dorfbekannte Tratsche und wollte sich interessant machen.

Diesen Vorgang nahm ich zum Anlaß, den Beleidigten zu spielen und mit dem Kirchenvorstand zu verabreden, daß Taufen nur noch im Gottesdienst zusammen mit der sonntäglichen Gemeinde stattfinden sollten. Ich müßte mich schließlich vor solchen Gerüchten schützen. Die Anwesenheit der sonntäglichen Gottesdienstgemeinde würde solche Gerüchte von vorneherein unmöglich machen. Sie sind dann auch nie wieder aufgetaucht.

So hat der Kirchenvorstand die gute Ordnung eingeführt, daß Taufen nur im Gottesdienst mit Gemeinde stattfinden sollten. Dieser Termin bürgerte sich rasch ein und wurde nur gelegentlich von der Taufgesellschaft mit Knurren begleitet. Man wünschte sich den Sonnabend, um die Taufe ausgiebig in den Sonntag hinein begießen zu können. Das war nun für den Kirchenvorstand kein durchschlagendes Argument für eine Änderung. Aber es kamen doch dann und wann Gemeindemitglieder, die ihre Kinder unter diesen Bedingungen lieber auswärts taufen ließen. Das gab dann innerdörflich einen Mißton.

Die Gemeinde indes freute sich, wenn durch die Kinder mal eine Abwechslung in den Gottesdienst kam. Die Großmüttergefühle wurden aktiviert. Außerdem half die sonntägliche Gemeinde der Taufgesellschaft beim Gesang und beim lauten Beten von Vaterunser und Glaubensbekenntnis. Die Kenntnislücken fielen dann nicht so auf.

Das waren die ersten drei Phasen in der Entwicklung des Taufgottesdienstes: Taufe außerhalb des Gemeindegottesdienstes, Taufe im Kindergottesdienst und Taufe nur innerhalb des üblichen Gemeindegottesdienstes. Da wir in Reinsdorf vom 1. Advent bis Palmarum, also bis in den März / April hinein am Sonnabend um 17.00 Uhr Gottesdienst hielten, bestand während dieser Zeit durchaus auch die Möglichkeit, dort eine Taufe am Sonnabend durchzuführen.

Weiterarbeit an der Taufagende

An der Taufordnung wurde dann in der Folgezeit viel herumgebastelt. Die Agende galt nicht als ein Korsett, das Sonntag für Sonntag anzulegen sei, sondern als ein Rahmen, innerhalb dessen verantwortlich weitergearbeitet werden konnte. Als ich im Dezember 1963 nach Offleben kam, fand ich ein handliches, grau eingebundenes, mit Eintragungen des Vorgängers versehenes Exemplar der "Vorläufigen Fassung" von Agende III (Ordnung der Taufe, Konfirmation, Beichte) vor. 1964 erschien die endgültige grün eingebundene Ausgabe der Taufordnung, die spürbar von den liturgischen Patriarchen, dem hannoverschen Oberlandeskirchenrat Mahrenholz und dem oldenburgischen Bischof Stählin geprägt war. Bischof Stählin hatte schon 1952 eine neue Fassung vorgelegt, bei deren Lektüre ich heute noch den bildergesättigten, zäh-saftig-süßen Sprachfluß genieße. Mit dieser Taufagende von 1964 wurde das Agendenwerk der Nachkriegszeit abgeschlossen. Es sollte der "sujektivistischen Willkür" ein Ende gesetzt werden. Für die Braunschweiger Landeskirche war diese Taufagende von 1964 zugleich der Abschied von ihrer eigenen, territorialen Taufordnung, die bis dahin gegolten hatte. Es gab nun eine Taufordnung für alle lutherischen Kirchen in Deutschland.

Weiterarbeit in der Agendenkommission der Landeskirche

Aber schon wenige Jahre nach Erscheinen begann die Kritik und Weiterarbeit an der gerade erst erschienenen Agende, und zwar nicht von den kirchenreformerischen Pfarrern, denen die theologischen Ansätze von Mahrenholz und Stählin zu altväterlich waren, sondern auch in der offiziellen Agendenkommission der Landeskirche unter der Leitung von Oberlandeskirchenrat Rudolf Brinckmeier. Zu ihr gehörten damals OLKR Bluhm, Pastorin Böttger, Landeskirchenmusikdirektor Büchsel und die Pfarrer Czaika, Leppin, Rohe, Seefeldt und ich. Diese Arbeit gehört für mich wegen des ergiebigen theologischen Austausches in erfrischendem, frotzelndem Stil mit vorzeigbaren Ergebnissen zu den erfreulichsten persönlichen Etappen in dieser Landeskirche. Wir arbeiteten das ganze Jahr 1971 die Gebete bei der Taufe, Konfirmation, Trauung und dem Begräbnis durch, und die Landessynode beschloß im Frühjahr 1972 förmlich die Einführung der damals erarbeiteten neu gefaßten Gebete.

Die Gemeinden erhielten sie für ihre homiletische Werkstatt, und wir freuten uns, daß auch die Bayrische Landeskirche diese Arbeit ihren Gemeinden empfahl. Es ist ein Jammer, daß die Agendenkommission, die es ja immer noch gibt, nicht auch heutzutage der Landessynode entsprechende Arbeitsergebnisse vorlegt. Es wäre so viel zu tun, und es liegt ja manches auch vor, wie z.B. das Formular für Segnungsgottesdienste zu verschiedenen Anlässen. Man läßt lieber die anderen Landeskirchen arbeitsmäßig voranmarschieren und wartet ab, was diese machen, anstatt selber Lotsenboot zwischen den großen lutherischen Seeschiffen zu spielen.

Der Eingang

Derart höheren Orts ermutigt, führte ich auch bei den Taufen vor Ort manche Veränderungen durch, was woanders vielleicht als "subjektivistische Willkür" verdächtigt wurde, jedoch theologisch gut vertretbar erschien: das sehr harte Bibelwort, das am Anfang des Taufgottesdienstes stand "wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden", habe ich früh weggelassen. Dieses Wort wirkte nicht gerade einladend. Es ist nur aus seinem biblischen Zusammenhang her verständlich und ist für eine bibelungewohnte Taufgemeinde unverständlich. Erst in der Taufagende von 1988 ist es ebenfalls entfallen.

Ich ersetzte es durch ein anderes Wort, das ich ganz an den Anfang des Taufgottesdienstes stellte, und das ich aus der Taufagende meines Vaters habe, die er bei der Taufe seines Enkelkindes Florian benutzt hat: "Gott will, daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis des Heils gelangen." So kann es in der Taufagende der unierten Kirchen gestanden haben. Ich finde an diesem Bibelwort zu diesem Anlaß richtig, daß der Taufgottesdienst mit einer Willenserklärung Gottes beginnt. Nicht der Wunsch der Eltern nach einem Fest zum Beginn eines Lebens, nicht die Absicht der Kirche, mit dieser Taufe das Kirchenvolk zu vermehren, sondern die Absicht Gottes mit diesem Taufgottesdienst, nämlich Menschen von früh an zur Erkenntnis eines glücklichen Leben zu führen, zur Erkenntnis des Heils, zur Erkenntnis eines in die Tiefe des Seins gehenden Lebens, diese Absicht sollte ganz vorne am Anfang des Taufgottesdienstes stehen. Die Redeweise, daß "allen Menschen geholfen werde" hat mich in diesem Zusammenhang immer etwas gestört, weil die Taufgesellschaft in eine hilfsbedürftige Situation hineingedacht wird. Von Gott her ist sie es ja auch. Der Akzent lag daher für mich auf dem zweiten Teil des Bibelwortes: Erkenntnis des Heils. Dieses Zitat aus 1. Tim. 2, 4 ist nicht in der neuesten Taufagende von 1988 aufgenommen und damit Offleber Sondergut geworden.

Eine weitere Änderung, die sich nur in Offleben findet, ist eine zweite Lesung neben dem berühmten "Kinderevangelium" ("Lasset die Kinder zu mir kommen..."). Es gibt geeignete Lesungen aus dem Alten Testament, die sich gut in die Taufliturgie einfügen lassen, wie die schöne Stelle, in der es heißt, daß Gott Israel beim Namen ruft und Israel unversehrbar wird. Dieser Text wird etwas zu flott auf den Namen des Täuflings bezogen, den Gott durch die Taufe bei seinem Namen gerufen habe. Aber diese Verheißung gilt dem Volk Israels und - schon das ist kühn - auch dem neuen Gottesvolk, das sich in einer Ortskirchengemeinde sammelt. Diese Verheißung kann also nicht individualisiert werden, sondern betrifft den Täufling insofern, als er durch die Taufe Teil der Gemeinde wird.

Leider ist dieser Text in der neuen Taufagende von 1988 nur für Erwachsenentaufen vorgesehen.

So spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht. Denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.

(Jesaja 43, 1-3)

Beteiligung der Paten

Die Paten sind ein heikles Kapitel bei der Taufe. Ein guter Bekannter aus Schöningen bat mich, sein Kind zu taufen, aber seine Paten seien alle aus der Kirche ausgetreten und andere gute Bekannte habe er nicht. Ich habe die Taufe nicht gemacht. Die Paten gehörten wirklich in die Kirche. Ich fragte ihn, ob nicht zwei Gemeindemitglieder Paten sein könnten? Nein, das war ihm zu intim. Er befürchtete wohl, daß die in der Familie dauernd nach den Glaubensfortschritten des Säuglings fragen würden. Das ist gut zwanzig Jahre her. Zur Zeit berät der Gemeindeausschuß der Landessynode angesichts der vermehrten Kirchenaustritte über dieses immer drängender werdende Problem.

Noch in der ab 1964 in der Braunschweiger Landeskirche gültigen Taufagende wurden die Paten ziemlich "scharf rangenommen" und geistlich verdonnert. "Ihr, liebe Paten, habt das Patenamt an diesem Kinde übernommen. Darum sollt ihr für die christliche Gemeinde euch seiner annehmen, den Eltern bei der Erziehung helfen, und darauf achten, daß es die Zehn Gebote, den christlichen Glauben und das heilige Vaterunser lerne. Seid ihr dazu bereit, so sprechet: Ja, mit Gottes Hilfe."

Paten und Eltern konnten oftmals das Glaubensbekenntnis selber nicht. Ich hielt es in großer Schrift jeweils wenigstens den Eltern zum Ablesen vor die Nase. In unserer grünen Gottesdienstordnung, die auch die Ordnung der Taufe enthält, wurde das Glaubensbekenntnis zum besseren Mitsprechen abgedruckt.

Als ich später die Vorkonfirmanden fragte, wer von ihnen das Vaterunser könne, war es in mehreren Kursen nur eine Minderheit. Versagen der Paten? Also ich ließ diese Zeile, die Paten sollten doch darauf achten, daß ihre Patenkinder Credo, Vaterunser und zehn Gebote beherrschen sollten, bald weg, weil ich es für eine Überforderung der Paten hielt, und verwendete einen allgemeineren Text.

Eine andere, gern angenommene Beteiligung der Paten ohne Voraussetzung bot die Geste der Handauflegung. Die Taufagende von 1964 sah im Gegensatz zur alten Braunschweiger Taufagende diese Handbewegung vor. "Der Täufer legt (mit den Paten) dem Täufling die Hand auf, Täufer (Eltern) und Paten beten das Vaterunser". Die segnende Handbewegung der Paten wurde in Offleben und Reinsdorf im Taufgottesdienst von Anfang an die Regel, und natürlich beteiligten sich auch die Eltern dabei. Die in Klammern gesetzten Worte (mit den Paten) bedeutete, daß diese Einbeziehung der Paten dem Pfarrer überlassen wurde. In der neuen Taufagende von 1988 heißt es nun so, wie wir es in Offleben seit 1964 machen: "Pfarrer, Eltern und Paten legen dem Täufling die Hand auf". Selbst diese schöne Geste ist heutzutage in der Helmstedter Propstei nicht bei allen Pfarrern die Regel. Schade.

Früh wurden in Offleben die Paten noch in anderer Weise in den Vollzug der Taufgottesdienstes einbezogen: sie lasen die beiden biblischen Lesungen. Sie erhielten die Texte beim Taufgespräch und konnten sich auf das laute Lesen vor der Gemeinde schon etwas einstellen. Anfangs gab es beim Taufgespräch ein leichtes Erstaunen. "Wir dachten, der Paster macht alles alleine. Warum sollen wir auch noch was tun? Er wird ja schließlich dafür bezahlt." Dann aber hatte ich nicht selten das Gefühl, daß allein das Lesen des biblischen Textes von den Paten als ein wirklich geistliches Mitmachen verstanden worden ist. Ganz selbstverständlich wurde dies, wenn die jungen Leute, die ich selber getauft und konfirmiert hatte, nun Paten wurden. Sie hatten durch den Konfirmandenunterricht Übung im Lesen von biblischen Texten und übernahmen diese Aufgabe beim Patenamt ausgesprochen gerne. Dann gab es beim Taufgespräch keine Verlegenheit, sondern eher ein Drängeln. "Wir haben uns schon geeinigt..., die/der liest...". Leider verschwendet die Taufangende von 1988 an den Gedanken der Beteiligung der Paten als Lektoren aus der Taufgemeinde keinen Gedanken.

Mehr Symbolik

Die neue Taufagende von 1988 hat der gegenwärtigen Lust an Zeichenhaftem und Symbolik nachgegeben. So wird aus dem Eingießen des Wassers etwas Besonderes gemacht. Früher hat die Küsterin vor Beginn des Gottesdienstes das Leitungswasser ins Taufbecken gegossen, und der Pfarrer prüfte mit spitzem Finger, ob es nicht schon zu sehr abgekühlt war. In Reinsdorf muß das Wasser noch heutzutage aus der Küsterwohnung herangeschleppt werden. Nun erfolgte das Eingießen vor den Augen der Gemeinde und wurde mit einer Betrachtung über dem Taufwasser verbunden. Das ist ohne Frage ein Gewinn gegenüber der Ordnung von 1964. Da ich die auf Seite 58 der neuen Taufagende von 1988 vorgeschlagene "Betrachtung zum Taufwasser" zu kurz fand, kombinierte ich sie mit einer verkürzten Fassung des Gebetes über dem Taufwasser.

Betrachtung und Gebet über dem Taufwasser

Das Wasser, mit dem wir taufen, ist ein Zeichen des Lebens. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Es ist zugleich ein Zeichen des Todes: im Wasser können Menschen auch versinken.

Die Sintflut brachte Gottes Gericht über die Sünde der Menschen. Noah aber fand Gnade und wurde errettet aus der Flut.

So soll im Wasser der Taufe alles, was uns von Gott trennt, untergehen. Aus dem Wasser der Taufe soll der neue Mensch auferstehen, der mit Christus lebt.

Allmächtiger Gott, du Herr des Himmels und der Erde. Wir danken dir für das Wasser, das du geschaffen hast. Durch das Wasser erhältst du deine Geschöpfe am Leben. Durch das Wasser der Sintflut hast du die Sünde gerichtet und Noah errettet,

durch die Wasser des Roten Meeres hindurch hast du dein Volk aus der Knechtschaft in die Freiheit geführt.

Wir bitten dich, gib deinen Heiligen Geist zu dem, was wir jetzt tun.

Laß im Wasser der Taufe alles untergehen, was dieses Kind von dir trennt. Laß es aus diesem Wasser auferstehen als neuen Menschen, der mit Christus lebt, jetzt und allezeit.

Dir sei Ehre in Ewigkeit.

Gemeinde

: Amen

Die sogenannte "abrenuntiatio diaboli" fand ich früher ganz unmöglich. Der früher meist erwachsene Täufling sollte zu Beginn eines neuen Lebens den alten Göttern und heidnischen Versuchungen abschwören. Das kam mir reichlich mittelalterlich vor. Ich war auch etwas allergisch gegen die Abgrenzung von christlicher und sogenannter heidnischer Religion. Diese Abgrenzung hatte zur Zeit Karls d. Gr. viel Unheil angerichtet und endete mit einem mörderischen Taufzwang. Wer sich damals im Gebiet des heutigen Niedersachsen nicht taufen ließ, wurde mit der Todesstrafe belegt. Ich selber stammte mütterlicherseits aus einem unkirchlichen Hause und hatte für die heidnischen Versuchungen meiner masurischen Heimat immer etwas übrig. Sie sind wunderschön im Theaterstück von Peter Fechner "Der Zauberer Gottes" niedergeschrieben.

Durch den Umgang mit Drogenabhängigen in meinem Dorf konnte ich mir diese Sucht nur mit einer Faszination des Zerstörerischen deuten. So ist mir auch die unaufhörliche Lust des Menschen an Krieg und Bomben und Raketen erklärlich, möglicherweise mit der zynischen Aussicht, daß nichts zerstört wird und "nur" der Mensch ausgetilgt wird, wie bei der Neutronenbombe. Die Sucht am Zerstören ist eine schreckliche Realität und wird heute im Fernsehen unerhört kompakt in die Wohnzimmer geliefert, weshalb ich den Fernseher auf meine alten Tage entfernt habe. Angesichts dieser aktuellen Zerstörungssucht konnte ich dem "Abschwören der diabolischen Sucht nach Zerstörung von Schöpfung, Glück und Tiefe des Lebens" viel abgewinnen. Die neue Taufagende sieht dafür sogar extra Fragen vor. Das finde ich übertrieben. Aber daß überhaupt so eine Absage an tiefverwurzelter, struktureller Zerstörungssucht in der Taufordnung vorkommt, halte ich für einen Gewinn.

Beteiligung der Kirchenvorstände

Die Beteiligung der Kirchenvorstände als Repräsentanten der Kirchengemeinde sind ein bisher völlig unbeackertes Gebiet. Dazu findet sich leider auch nichts in der neuen Taufagende von 1988. Da das Lektorenamt in unseren Gemeinden sehr früh stark ausgeprägt wurde, bürgerte sich bald die Beteiligung der Kirchenvorstände oder Lektorinnen bei der Einsegnung der Eltern am Ende des Taufgottesdienstes ein.

Es gibt im Dorf noch die Erinnerung daran, daß der erste Weg einer Mutter nach der Entbindung in die Kirche führen müßte. Dahinter steckt ja die aparte Vorstellung, daß eine Mutter durch die Entbindung kultisch unrein wird und nun durch einen kirchlichen Segen gereinigt werden muß.

Noch in der Taufagende von 1964 ist auch die Möglichkeit für eine Mutter genannt, ohne Zusammenhang mit der Taufe "bei dem ersten nach der Taufe erfolgenden Kirchgang (einige Zeit vor dem Gottesdienst oder in unmittelbaren Anschluß daran) die Segnung zu empfangen". Es würde mich interessieren, ob es solche Sitten auch im Braunschweigischen gegeben hat.

Einer Mutter, die ein Kind "unehelich" zur Welt brachte, verweigerte die Landeskirche diesen sogenannten Muttersegen. Das war für die Frau eine zusätzliche Erniedrigung. Man kann natürlich auch diese Schuld der Kirche "aus der jeweiligen Zeit heraus" erklären, verstehen und entschuldigen. Es bleibt dennoch eine schwere Schuld der Kirche, die bereits gesellschaftlich Gedemütigte noch zusätzlich herunterzusetzen. Daran hat noch die gegenwärtige Generation zu tragen.

Ein Beispiel: die Offleber Küsterin Else Heine hatte ihren Ältesten vor der Eheschließung zur Welt gebracht. Sie hat es bis zu ihrem Tod als schwere Zurücksetzung empfunden, wie der Pfarrer von Wenden, Seebaß, nach der "Ordnung der Landeskirche" an ihr gehandelt hatte. Es wurde ihr nicht nur der Muttersegen verweigert, sondern bei der Taufe wurden auch keine Kerzen auf dem Altar angezündet.

Heutzutage wird nicht die Mutter allein gesegnet, sondern die Eltern. Sie danken Gott für die Gesundheit von Mutter und Kind. Der über sie gesprochene Segen gilt dem Vater und der Mutter. Dazu knien die Eltern am Altar nieder. Leider ist dieser wichtige entfaltete Segen auch in der Taufagende von 1988 nur fakultativ, also: er muß nicht sein. Es bleibt auch die Frage, warum an diesem Teil des Taufgottesdienstes nach der Taufagende von 1988 die Paten und vor allem die mitfeiernde Gemeinde nicht mehr beteiligt sind.

Daher hat sich in Offleben die Ordnung eingebürgert, daß aus dem Muttersegen, bzw. Elternsegen ein Taufgemeindesegen geworden ist: die Mutter kann ihr Kind, wenn sie will, an den Altar mitbringen. Die Paten werden in die Segensformulierung miteinbeschlossen. Kirchenvorstandsmitglieder, die neben den Eltern stehen, sprechen einen entfalteten Segen. Die ganze Gemeinde eröffnet diesen Teil mit einem im Wechsel gesprochenen, knappen Psalm. Damit wird deutlich, daß die Gemeinde die Tauffamilie in das Beste einhüllt, was sie hat und weitergeben kann: den Segenswunsch für diese Familie.

Segnung der Eltern

Die Eltern knien am Altar nieder.

Sie danken Gott für die Gesundheit der Mutter und des Täuflings.

Einer

: Jauchzet dem Herren alle Welt

Alle

: Dienet dem Herrn mit Freuden/kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken.

Einer

: Erkennet, daß der Herr Gott ist.

Alle

: Er hat uns gemacht und nicht wir selbst zu seinem Volk.

Einer

: Danket ihm. Lobet seinen Namen.

Alle

: Denn der Herr ist freundlich und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.

Die Gemeinde segnet das Ehepaar

Pfarrer

: Wir bitten um Gottes Segen für das Kind, seine Eltern und die ganze Taufgemeinde.

Eine/r

: Der barmherzige Gott segne die Mutter und das Kind und schenke ihnen Geborgenheit und Frieden.

Eine/r

: Der allmächtige Gott segne den Vater und gebe ihm Freude an seiner Familie.

Eine/r

: Gottes Heiliger Geist segne die Paten und uns alle, daß wir einander Gehilfen bleiben auf dem Weg zum ewigen Heil.

Pfarrer

: Der Friede Christi wohne allezeit in euren Herzen. Wer in Not ist, finde bei euch Trost und Hilfe und euer Herz gedenke der Schätze, welche bleiben zum ewigen Leben.

Alle

: Amen

Die Taufkerze

Was soll man schenken? Etwas zum Lesen? Nach wie vor gibt es m.E. kaum Brauchbares für die normale kirchenfremde Taufgesellschaft. Geeignet fand ich allerdings von Jörg Zink "Kriegt ein Hund im Himmel Flügel?"

Also etwas Praktisches für den Tauftag selber: eine Kerze. Sie wird als eine allerdings ziemlich entfernte Möglichkeit bereits in der Taufagende von 1964 genannt und auch in der Taufagende von 1988 wird sie nur als eine Möglichkeit beschrieben, die man auch lassen kann.

Die Taufkerze hatte sich in unseren Gemeinden früh eingebürgert. Es war eine Osterkerze mit Jahreszahl, später habe ich eine dickere Kerze selber mit Ölkreidestiften bemalt, nicht millimetergerade, aber mit Liebe: mit einem blauen Kreuz, dem Namen in rot, unter dem Namen in grün das Geburtsdatum und unter dem Kreuz das Datum des Tauftages in goldgelb. Das sah etwas krakelig aus, wurde aber in den Häusern ziemlich in Ehren gehalten. Beim Taufgottesdienst wurde diese Kerze von einem Paten an den Kerzen beim Kerzenständer entzündet und weitergereicht mit einem Bibelwort und dem dreimaligen, in Halbtönen ansteigenden gesungenen Ruf aus der Osternachtliturgie: "Christus ist das Licht" - Gemeinde: "Gott sei ewig Dank".

Außer dem Taufschein und den Patenbriefen mit dem Bild der Kirche erhielten alle noch den Spruch der Jahreslosung mit der Jahreszahl des Taufjahres als Kachel. Außerdem die Gottesdienstordnung, in der auch die Ordnung der Taufe abgedruckt ist.

Diese fortwährenden reformerischen Veränderungen an der Taufliturgie charakterisieren die vierte Phase.

Taufgedächtnisgottesdienste

Eine letzte und noch nicht abgeschlossene Phase beschäftigte sich mit der Rolle der Gemeinde. Sie sollte ja nicht nur bei der Taufe zugucken, sondern als mitfeiernde Gemeinde sichtlich in das Taufgeschehen mit einbezogen sein. Um dieses Moment zu aktivieren, wurde der Psalm vor dem Segen über den Eltern im Wechsel mit der Gemeinde gesprochen. Da er in unserer Gottesdienstordnung abgedruckt ist, machte das abwechselnde Sprechen keine Mühe. Es mußte nicht extra aufgeschlagen oder ein Zettel verteilt werden.

Vor allem ist die Taufe im Gemeindegottesdienst eine fortwährende Erinnerung der Gemeindemitglieder an ihre eigenen Taufe. Je bewußter und wichtiger ihr ihre eigene Taufe ist, um so engagierter wird die Gemeinde eine Taufe begleiten. Um dieses Bewußtsein zu heben, haben wir Taufgedächtnisgottesdienste begonnen. Dabei war wesentlich, daß gar keine Taufe stattfand. Es ging wirklich um die zurückliegende Taufe des einzelnen Kirchengemeindemitgliedes. Dazu bot sich der Osterfrühgottesdienst an.

Ich habe das Taufgedächtnis in diesem Gottesdienst so gehalten, daß das Wasser in die Taufschale gegossen und das Gebet über das Taufwasser gesprochen wurde, darauf folgte das Glaubensbekenntnis mit der einleitenden Absage an das Böse. Danach schöpften etwa vier Gemeindemitglieder, meist die Lektorinnen, mit Porzellanschalen Wasser aus der Taufschale, gingen durch die Bänke, die dazu etwas auseinandergestellt worden waren und zeichneten ein Wasserkreuz in die ausgestreckte Hand des Gemeindemitgliedes mit den Worten: "Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet." Beim ersten Male hatte ich verständlicherweise Befürchtungen, ob sich unsere Dorfgemeinde einen solchen schon etwas intimen Ritus gefallen lassen würde. Und siehe da, es ging sehr gut. So gut, daß wir es am 6. Sonntag nach Trinitatis, dem Taufsonntag, wiederholt haben. Und beim nächsten Osterfrühgottesdienst wieder. Ohne zeitaufwendige Absprachen. Es war von allen Seiten gut angenommen worden.

Eine zweite Stufe dieses Taufgedächtnisgottesdienstes ist mir leider nicht mehr gelungen: nämlich die getauften Kinder, nach einem bestimmten Abstand, zu einem Taufgedächtnisgottesdienst mit den Eltern in die Kirche einzuladen. Günter Scholz, Pfarrer in Lehre, hat schon vor knapp zehn Jahren im Aprilheft 1990 der Kirche von Unten (Nr. 44) von seinen Erfahrungen mit einem solchen Taufgedächtnisgottesdienst geschrieben unter dem Titel "Tauferinnerung - Praxiserfahrung mit einem Teilprojekt im Rahmen eines Gemeinde-Aufbau-Konzeptes".

Scholz hatte 1986 mit diesem Projekt begonnen, das sich besonders auf Kinder im Alter von 6-14 Jahren bezog. Dazu wurde eine Taufdatei eingerichtet, was etwa drei Monate in Anspruch nahm, die ermittelten Kinder wurden persönlich angeschrieben, der Besuchsdienst überbrachte die Einladungskarten, im Taufgedächtnisgottesdienst wurden die Kinder einzeln namentlich aufgerufen, ihnen am Altar ein Geschenk überreicht, ein Gebet gesprochen und der Segen einzeln mit Nennung des Vornamens unter Handauflegung vollzogen. "Besonders die Segnung hinterläßt bei Kindern und Angehörigen einen nachhaltigen Eindruck, denn nicht übliche Segensformen wurden gebraucht, sondern ein Zuspruch, der die Zugehörigkeit zu Jesus und das Gekanntsein des Namens bei Gott zum Ausdruck bringt", schrieb Scholz. Die Beteiligung war für Braunschweiger Verhältnisse sehr groß: im ersten Jahr bei 95%, im 2. bis 3. Jahr bei 70%. Der Kindergottesdienst stieg von ca. 3 - 6 Kindern auf 20 - 25 Kinder. Der Taufgottesdienst wurde einmal monatlich gehalten. "Der Kirchenvorstand war der Ansicht, daß trotz gewisser "Abnutzungserscheinungen" für die, die teilnehmen wollen, dies beibehalten werden sollte."

Inzwischen hat sich der Taufgedächtnisgottesdienst in vielen Gemeinde eingebürgert. Man erkennt ihn schon optisch an unterschiedlichen Darstellungen in den Kirchenräumen: an einem aus Pappe geschnittenen Baum hängen als Früchte Fotos von Gemeindemitgliedern mit ihrem Taufdatum. In der Christophorusgemeinde in Helmstedt befindet sich in der Kirche ein großer Jahreskreis mit den Monaten und darin eingetragen die Gemeindemitglieder, die sich in ihrem Taufmonat ihrer Taufe erinnern. Dort ist die Tauferinnerung Bestandteil der Fürbitte. In unserer an positiven, bleibenden Eindrücken armen Kirche ist der Gang so eines Fünfjährigen zum Altar, wo er gesegnet wird und mit der brennenden Kerze wieder an seinen Platz geht, doch für lange Zeit unvergeßlich.

An folgenden Stücken der Taufordnung würde ich gerne weiterarbeiten:

a) An welcher Stelle wird der Taufspruch in die Taufordnung einbezogen?

Vielleicht ist im Taufgespräch den Eltern vor einiger Zeit nahegelegt worden, nun auch für das Kind selber einen Taufspruch auszusuchen, wie seinerzeit einen Trauspruch im Traugespräch. Es sollte ja ein für dieses Kind zu diesem kirchenjahrmäßig geprägten Tauftermin ausgesuchtes Bibelwort sein. Ich habe versucht, ein Wort aus den jeweiligen drei biblischen Lesungen des Sonntags zu finden. Dieser Bibelspruch wurde dann auch in das Stammbuch innerhalb der Geburtsurkunde eingetragen. Ich hielte es für gut möglich, den Taufspruch nach dem Taufsegen zu nennen und habe es verschiedentlich auch so gehalten. Auf diese Weise findet der möglicherweise von den Eltern ausgesuchte Taufspruch die nötige Beachtung und prägt sich auch ganz anders ein.

b) Wer tauft eigentlich? der Pastor? die Gemeinde? die Kirche? Und wenn es die Kirche ist, die da im Auftrag von Jesus tauft, warum muß es die Pfarrerin/der Pfarrer allein tun? Warum kann nicht das dreimalige Begießen mit Wasser auf den Pfarrer, die Eltern und Paten und Kirchenvorstandsmitglieder aufgeteilt werden?

Davor besteht noch eine gewisse Scheu. Diese Scheu resultiert allerdings aus der gottesdienstfremden Vorstellung, der "Paster" möge gefälligst alles alleine machen. Wo ein Gottesdienst auf vielen Schultern sich eingebürgert hat, wäre als eine geistliche Weiterentwicklung "die Taufe durch den Pfarrer und Eltern sowie Kirchenvorstandsmitglieder" eine theologische Überlegung wert und als Punkt auf der nächsten Kirchenvorstandssitzung wohl denkbar. Ich habe diese Möglichkeit den Eltern bei Taufgottesdiensten in Berlin und Braunschweig und Reinsdorf angeboten und die Eltern haben ausgesprochen gerne eingewilligt. Sie hatten sogar den Eindruck, dies sei überall üblich. Das Kind kann später sagen: ich bin von meinen Eltern getauft worden.


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