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[Kirche von unten]

Gemeinsam - zärtlich - radikal

18. Kapitel

Schwul na und?

Auf der Grenze zwischen Hetero- und Homosexualität

Schwul von Anfang an und im Studium

Ich habe mit meinem Schwulsein keine Probleme gehabt. Ich habe daher auch nie ein sogenanntes "coming out" gehabt mit den vielen, oft beschriebenen Schwierigkeiten, wenn jemand entdeckt, daß er auf Männer steht.

In der Schule sind wir uns in den Pausen, im Physikunterricht, wenn wir uns zur näheren Besichtigung irgendwelcher Objekte weit nach vorne beugten, in der Eisenbahn, wenn wir die Beine ineinanderverschoben, zu Hause beim Vorbereiten von Schularbeiten, beim Übernachten, ziemlich nahegekommen. Man hatte seine Favoriten und es gab so viele Möglichkeiten.

Das ging im Studium so weiter. Ich verdiente mein erstes Geld während der Sommerferien beim Kammerspielkreis Lübeck, einer christlichen Wanderbühne mit Berufsschauspielern und studentischen Aushilfskräften. Da war Erwin, der erste Held. Der war richtig schwul, holte mich ins Bett, aber ich wurde albern und fand dies ganze Gemache etwas komisch. Es sollte romantisch sein. Und das war es mit Erwin nicht. Als ich dann 1956 bis 1959 in Hamburg studierte, ging ich erstmals in schwule Kneipen am Gänsemarkt. Man wurde beäugt, mal holte mich einer in einen dunklen Hauseingang, mal ließ ich mich am Hauptbahnhof nach St. Pauli abschleppen, ich lernte die schnelle Tour, sehnte mich wohl auch nach etwas Festem. Aber ich fand auch die raschen, unverbindlichen, fast anonymen Begegnungen interessant, anziehend, anregend, aufreizend.

Fragen, ob die Begegnung mit Männern gut oder böse sei, kamen mir gar nicht. Ich hatte Spaß und keinen Anlaß, diesen Spaß abzustellen. Im Gegenteil: es hatte ja was, wenn ich abends vor dem Schlafengehen in dem benachbarten großen Park vor dem Eppendorfer Krankenhaus die Runden im Dunklen drehte, da glühte eine Zigarette auf und gab sich als Standort zu erkennen, andere hasteten an einem vorbei, das war eine prickelnde Szene, der ich mich gern anheimgab, auch wenn sich keine große oder kleine Liebe einstellte.

Wenn man im Schauspielhaus in der Großen Kirchenallee in einem Stück mit Gustaf Gründgens saß, dann wartete man auf irgendeine schwule Andeutung. "Hatte der Mephisto nicht dem jungen Schauspieler als Erzengel hinter dem Vorhang kurz zwischen die Beine gefaßt, oder warum hatte der eine Latte, als der Vorhang aufging?" In "Thomas Chatterton" von Max Ophüls spielte der junge Heinz Reinke eine intime Bettszene. Und was meinte eigentlich Helmut Thielecke, als er im großen, üppigen Hamburger Rathaussaal bei der Verleihung irgendeines Preises an den Theologieprofessor Paul Tillich tönte, ihn dürste nach Jünglingen? Vielleicht meinte er ja ganz etwas anderes, aber wir suchten nach Signalen des Einverständnisses, daß wir mit unserer Liebe richtig lagen.

Meine Hamburger Zeit kam mir wieder ins Gedächtnis, als ich Hubert Fichtes Roman "Die Palette" las, bei rororo 1968 erstmals erschienen. Hauptbahnhof, Alster, Dammtorbahnhof und die einschlägigen Kneipen um den Gänsemarkt. Die paar Stufen zur "Palette" war ich in den 50iger Jahren selber oft hinuntergestiegen und hatte mich im plüschigen, dunkelroten Sofamilieu ganz wohlig gefühlt. In seinem wortfetzigen, hauptsätzeklotzigen Stil hat Fichte in Kapitel 62 sogar ziemlich respektlos die Aufführung des Bachschen Weihnachtsoratoriums in der Michaeliskirche beschrieben, samt den sich dabei einstellenden Abschweifungen.

Schwulsein war damals strafbar, aber merkwürdigerweise war mir das ziemlich egal, es erhöhte eher die Spannung. Der verschärfte Naziparagraph 175 bestand unkorrigiert weiter. Das wirft einen düsteren Schatten auf die auch in anderer Hinsicht fälschlich glorifizierte Adenauerzeit. Intime Freundschaft und Verkehr unter erwachsenen Männern galt als "Unzucht", "Widernatürlichkeit", "Bedrohung von Ehe und Familie", "verstieß gegen das Schamgefühl". In den einschlägigen Kneipen machte die Polizei Razzien, Schwulen wurde sogar der Führerschein verweigert, wenn sie auffällig geworden waren.

Schwule galten natürlich als "links" und flüchteten in die Ostzone, hieß es. Dort war die NS-Fassung des § 175 schon 1950 gefallen und im Jahr 1968 die Homosexualität zwischen Männern ab 18 Jahren legalisiert worden. Im Westen stieg die Zahl der rechtskräftig Abgeurteilten von 2.246 Schwulen im Jahre 1950 auf 4.141 im Jahre 1959. Von 1950 bis 1965 wurden insgesamt 52.633 Schwule rechtskräftig verurteilt, viermal so viel wie in der Weimarer Zeit. Ein Wahnsinn. Wer es nicht glaubt, kann diese Leidensgeschichte bei Hans Georg Stümke "Homosexuelle in Deutschland. Eine politische Geschichte", erschienen bei Beck 1989, nachlesen.

Ich studierte in dieser Zeit Theologie und fühlte mich weder schamlos, noch besonders links, noch unzüchtig, wobei ich eigentlich gar nicht wußte, was so etwas überhaupt sein sollte. Ich wollte mit Männern zusammen sein, weil ich das schön fand und es mir guttat und weiter nichts. Wen ging das etwas an? Störte ich jemanden? Bedrohte ich das deutsche Volk? "Es" war verboten, das war klar, aber das Verbot hatte kein inneres Recht über mich. Sollte ich mich beugen vor der Angst anderer?

Die Lage wurde nicht besser, sondern schlechter: 1962 wollte die Adenauerregierung das Strafrecht erneuern, wobei die schlimmsten Befürchtungen im Hinblick auf den § 175 wahr wurden: "Wo die geschlechtliche Unzucht um sich gegriffen und großen Umfang angenommen hat, war die Entartung des Volkes und der Verfall sittlicher Kräfte die Folge", hieß es, und: "Aufrechterhaltung der Volksgesundheit", "Natürlichkeit des Geschlechtslebens", "Reinhaltung des Verhältnisses von Mann zu Mann bei sexuellen Beziehungen", natürlich: "Jugendschutz". Verführung gab es nie bei Heten, sondern nur bei Schwulen, na, Mahlzeit. Das hatte ich an mir und meiner Umgebung eigentlich noch gar nicht bemerkt. Das Bürgertum formulierte seine dumpfen Sexualängste, nichts weiter.

Als ich Anfang der 60iger Jahre in Braunschweig im Predigerseminar war, befand sich in der Nähe des Domes eine Kneipe für uns, in der sich heute meiner Erinnerung nach ein türkischer Pizzaladen eingerichtet hat. Im "Atelier" fand man seinesgleichen. Irgendeine schwule Einrichtung des AStA veranstaltete in der Leopoldstraße eine Weihnachtsfeier, zu der ich hinging. Und auch als ich Vikar in Schöningen war, versteckte ich mich nicht. Aber ich machte aus dieser Selbstverständlichkeit auch nicht viel her und thematisierte oder politisierte die Schwulenfrage nicht. "Doch, man habe Bescheid gewußt", erzählte mir Jahrzehnte später ein seinerzeit Jugendlicher aus der Jugendgruppe in der St. Vincenzgemeinde, und das sei auch in Ordnung gewesen.

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Aber es war immer noch streng verboten. Auch zwischen erwachsenen Männern. Besonders böse war es natürlich vor dem Gesetz, wenn jemand gerade kurz vor dem 18. Lebensjahr stand und ich ihn ganz nett fand. Man signalisierte aus der Entfernung Sympathie, man wich sich aus, man kam sich näher, man winkte ab - das hübsche Spiel der sexuellen Reize, das ja in den wenigsten Fällen zwischen den vier Bettkanten landete; im Gegenteil: da konnte es ziemlich ernüchternd werden.

Es war jedoch nicht immer lustig. Wenn ich wieder einmal gerade in einem Park war und die Polizei mit aufgeblendeten Scheinwerfern durch einen breiten Gehweg gebraust kam, schützte einen möglicherweise nur ein umfangreicher Baum vor der Kontrolle. Es kam auch einmal vor, daß mich zwei Leute anhielten, kurz mitgingen, sich trennten und der eine mir dann den Arm auf den Rücken drehte, während der andere plötzlich wieder auftauchte und Geld forderte.

Schwul in der Gemeinde

In der Offleber Gemeinde hatte ich keinem auf die Nase gebunden, daß ich auf Männer stand. Man wußte, wer im Dorf schwul war, und das nahm man zur Kenntnis. Ich hatte Freunde, Bekannte. Wir trafen uns im Pfarrhaus. Einige blieben über Nacht. Frau Heine deckte zum Kaffee für drei. Es gab keine Nachfragen. Das geht genauso, wie wenn ein Pfarrer nach seiner Scheidung wieder mit einer Frau im Pfarrhaus lebt, ohne sie zu heiraten. Es gibt keine Nachfrage. Sogar das Landeskirchenamt kennt solche Situationen und hält stille.

Aber immerhin: es konnte brenzlig werden. Eines Tages wurde ich von zwei Kirchenvorstehern, die mich damals los sein wollten, nach meinen sexuellen Neigungen befragt. Da wurde ich nun meinerseits taktisch und schlau wie die sprichwörtliche biblische Schlange. Sie sollten mir doch die Namen nennen, mit wem und wann und wie lange... So überstand ich diese Falle, die mich damals glatt das Amt gekostet hätte.

Ich wäre dann vielleicht Redakteur einer christlichen Zeitung geworden, wie Richard Grunow, der damals das Braunschweiger Sonntagsblatt leitete und mit Wolfgang Erk, dem jetzigen Leiter des Radius-Verlages befreundet war. Ich lud Grunow nach Offleben zu einem Leseabend ein. Er war Vikar bei Dietrich Bonhoeffer gewesen, gab 1964 im Kaiser-Verlag eine 600 Seiten starke, viel benutzte Auswahl seiner Schriften heraus und hatte, wie ich fand, Psalmen wunderschön neu übersetzt. Zwei von ihnen befinden sich in unserer Gottesdienstordnung. Es sind die Psalmen 51 und 139.

Richard Grunow ist am 9. Oktober 1968 furchtbar bei einem Hotelbrand in Zürich umgekommen; ich weiß nicht, ob nur in meiner Phantasie, oder tatsächlich mit einem jüngeren Begleiter bei der Rückfahrt von Italien. Er war eigentlich Pfarrer, sogar verheiratet, wurde aber schon früh bei irgendeinem "date" geschnappt und kam dann bei der kirchlichen Presse unter. Wolfgang Erk traf ich das erste Mal bei Grunows Beerdigung in Braunschweig.

Die Kirche holte die schwulen Pfarrer also aus den Gemeinden und gab ihnen "übergemeindliche" Aufgaben. Das fand ich immerhin anständig. Und solange nichts herauskam, konnte man auch schwul sein, sogar als Pfarrer an einer Braunschweiger Stadtkirche. Beim Martinipfarrer Martin Grundmann wurde "es" 1962 bekannt, er wurde mit 52 Jahren beurlaubt und verzog nach Hamburg, wo er keinen Dienst mehr tat. Bei einem anderen wurde "es" nicht aktenkundig und er konnte mit derlei Neigungen sogar Propst werden.

Trotzdem, die Lage war für uns Schwule in der Kirche Mitte der sechziger Jahre nicht rosig. 1965 war im frommen Wuppertaler Aussaat-Verlag das Bändchen "Homosexualität in evangelischer Sicht" erschienen, das sich aus Angst vor Aufweichung einer harten protestantischen Ethik die traditionelle Verurteilung zu eigen machte. Das Vorwort des Verlages sagt alles über Absicht und Inhalt der Verfasser: "Sie sagen ein helfendes Wort für die christliche Gemeinde zur Hoffnung auf Umkehr, auf Umwandlung von Fluch in Segen für den, der unter seiner anormalen Triebrichtung leidet." Die Schwulen ein Fluch für die Kirche, damit war die Stigmatisierung perfekt.

Es gab aber auch andere Positionen, die sich vom Ausland her in der evangelischen Kirche hörbar machten. Der Schweizer Arzt Theodor Bovet, dessen Schriften bei uns zu Hause sehr geschätzt wurden, hatte schon 1959 unter dem Titel "Sinnerfülltes Dasein - Seelsorgerliche Gespräche mit Homophilen" eine Briefsammlung veröffentlicht und für eine Revision des Bildes von Schwulen geworben. Sie galten bisher als weich und haltlos. Bovet hatte andere kennengelernt, Leistungsstarke und Feinfühlige, und sie nicht bekehren wollen. Das war für damalige Verhältnisse schon viel. 1963 veröffentlichte der Furche-Verlag in der Reihe "Stundenbücher" eine umfangreiche Aufsatzsammlung unter dem Titel "Der homosexuelle Nächste". Darin hatte der reformierte Pfarrer aus Amsterdam, Simon Jan Ridderbos, eine überzeugende Interpretation der angeblich schwulenfeindlichen biblischen Stellen geliefert. Sie redeten alle nicht von dem homosexuell geprägten, verantwortlichen Menschen, sondern von ganz anderen Dingen, z.B. vom Götzendienst. In den Niederlanden war 1961 der gleichnamige Band "De homosexuele Naste" erschienen, aus dem die holländischen Beiträge übernommen worden waren. Zu den deutschen Beiträgen gehörte der von Prof. Adolf Köberle aus Tübingen "Deutung und Bewertung der Homosexualität im Gespräch der Gegenwart". Trotz vieler heute nur schwer verdaulicher und lesbarer Auslassungen über die Homosexualität als "Widernatürlichkeit" sympathisierte Köberle mit Bovets Vorstoß und stand auf der Seite derer, die eine vorsichtige Revision des § 175 befürworteten.

Die Situation änderte sich erst grundlegend mit dem Beginn der Großen Koalition 1966 und mit Justizminister Gustav Heinemann. Heinemann forcierte die bereits begonnene Strafrechtsreform und provozierte noch einmal eine Serie von gegensätzlichen öffentlichen Stellungnahmen zum § 175. Professor Hans Giese, Leiter des Hamburger Instituts für Sexualforschung an der Universität Hamburg, veröffentlichte bei rororo im Januar 1967 noch einmal seine Studien über "Homosexuelles Verhalten als Straftatbestand". Eingang formulierte er die Tatsache, daß eigentlich alles bereits erklärt und beschrieben wäre. "Über das leidige Thema läßt sich kaum noch etwas Neues sagen, es ist zum Überdruß durchdiskutiert, ja zerredet worden. Innerhalb meines Faches kann es jedenfalls als abgeschlossen bezeichnet werden. Seit der Jahrhundertwende haben sich renommierte Sachverständige aus allen Wissensgebieten, vor allem Psychiater, nahezu einstimmig, dafür ausgesprochen, das Sachgebiet "Homosexualität" aus dem Bereich des Strafrechts herauszunehmen. Genauer gesagt geht die Empfehlung dahin, sich strafrechtlich auf die "qualifizierten Fälle" des § 175a StGB zu beschränken (Gewaltanwendung, Mißbrauch von Abhängigkeit, Verführung zu männlicher Prostitution), den sogenannten "einfachen Tatbestand" des § 175 StGB aber ganz zu streichen."

Rolf Italiaander veröffentlichte 1968 einen Vorabdruck seines Buches "Weder Krankheit noch Verbrechen" mit 84 Stellungnahmen von Prominenten, die sich mehrheitlich ebenfalls für die Aufhebung der Strafbarkeit von Homosexualität, wenigstens bei Männern über 21 Jahren, einsetzten. Die Lektüre konnte einen ermutigen: der Generalintendant des Hamburger Schauspielhauses Oscar Fritz Schuh schrieb: "Dieser veraltete Paragraph muß fallen. Er läßt sich weder ethisch noch moralisch aufrechterhalten." Georg Picht, ein in der evangelischen Kirche weithin anerkannter Pädagoge: "Ich teile emphatisch Ihre Meinung, und halte die Einstellung zur Homophilie für einen untrüglichen Maßstab des Standes der Humanität einer Gesellschaft." Der damalige Direktor der Hamburger Staatsoper Rolf Liebermann: "Ich bin dankbar, wenn Sie ein Thema aufgreifen, das mit so viel Arroganz, Intoleranz und Ignoranz gemeinhin abgetan wird. Besonders die Gesetzgebung in Deutschland führt zu katastrophalen psychischen Verletzungen."

1969 schaffte der Bundestag die Strafbarkeit von Homosexualität von Männern über 21 Jahren ab. Das war ein überfälliger großer Schritt vor allem gegenüber der Gesetzgebung des Auslandes, wo die Strafbarkeit längst abgeschafft war. Und ich war ein bißchen stolz, daß Gustav Heinemann, ein vom Evangelium geprägter und in der Kirchengeschichte der Nachkriegszeit in der evangelischen Kirche höchst aktiver Mann der Urheber dieser Veränderung war. Diesem ersten Schritt mußten weitere folgen. Denn wer zwar über 18, aber unter 21 Jahre alt war, durfte immer noch nicht. Junge Männer durften mit 18 Jahren zwar Wehrdienst leisten, aber nicht über die Orientierung ihres Geschlechtes bestimmen. Diese Albernheit korrigierte die sozialliberale Regierung 1973 und senkte das sogenannte "Schutzalter" auf 18 Jahre.

Typisch für die damalige Situation war Rosa v. Praunheims erster schwuler Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt". Er lief am 31.1.1972 in Westdeutschen Fernsehen, das man in Offleben nicht bekam. Also fuhr ich mit der Eisenbahn nach Köln und setzte mich in eine schwule Kneipe hinter dem Kölner Dom, die einen Fernseher hatte, wo ich dann im passenden Ambiente mir diesen, beim ersten Mal doch schwer verständlichen, Film ansah. v. Praunheim wollte mit diesem Werk gegen die repressive Gesellschaft und die Feigheit der Schwulen protestieren. Der Film entsprach auch seiner eigenen isolierten Situation. "Ich wollte nicht angewiesen sein auf die homosexuelle, schwule Subkultur, das blöde Rumstehen, den Schnellfick. Schwule sollte mehr verbinden als Sex, sie sollten sich als menschliche Wesen mit Kultur, Intelligenz und politischen Vorstellungen wahrnehmen."

Die evangelische Kirche schwenkte halbherzig auf die Linie der Reform des § 175 von 1969 ein und veröffentlichte 1971 eine Denkschrift zu Fragen der Sexualethik. Darin äußerte sie sich in den Abschnitten 65 bis 68 auch zur Frage der Homosexualität und stellte fest, daß die Fähigkeit homosexueller Partner, sich liebend auf einen Partner zu beziehen, voll entwickelt sein könne. "Die weitverbreitete unreflektierte Verurteilung der Homosexualität als widernatürliches schuldhaftes Verhalten darf nicht beibehalten werden." Allerdings wurde abschließend Homosexualität als "sexuelle Fehlform" diskriminiert. Diese dürfte nicht wie früher bestraft werden, sondern es müßten "heute neue Möglichkeiten der seelsorgerlichen und therapeutischen Hilfe für diese Menschen" gefunden werden. Aus der Sicht von uns fröhlich und verantwortlich lebenden Schwulen war diese Denkschrift eine Unverschämtheit, kirchlicherseits hingegen hatte sich doch etwas bewegt. Es war nur ein erster Schritt, dem weitere folgen sollten.

Aber auch in den 70iger Jahren, die anfangs unter dem Motto Willy Brandts "Mehr Demokratie wagen" standen, gingen die Verurteilungen weiter: 1970: 340 Personen, 1971: 372 Personen, 1976: 200 Personen. Die Überwachung von Schwulen war gang und gäbe: in München 3.000 Männer, in Berlin 4.500 Männer. Die bei der Polizei zusammengetragenen, gehorteten Daten waren nach 1969 nicht vernichtet, sondern weiter angehäuft und vermehrt worden. Die Polizei sammelte solche Daten auf öffentlichen Herrentoiletten, bei Lokalüberprüfungen und nächtlichen Parkrazzien. Berufsverbote wurden gegen Lehramtswärter, Juristen und Soldaten ausgesprochen. Ich selber habe mit einer traumtänzerischen Gelassenheit durch alle diese Gefahrenzonen hindurchgelebt.

1977 veröffentlichte der Bremer Prof. Rüdiger Lautmann das Ergebnis seines Seminars "Homosexualität und Gesellschaft", die gründlichste soziologische Erforschung der Situation der Homosexuellen in der Bundesrepublik. Lautmann hat sich später in seinem Aufsatzband eine ergötzliche Beschreibung seiner schwulen Existenz innerhalb der Professorenschaft erlaubt. Michael Schetsche, ein ehemaliger Reinsdorfer Konfirmand, mit dem ich befreundet bin, hatte bei Lautmann promoviert und sich habilitiert, worüber sich am Rande auch der ehemalige Konfirmator freuen darf.

Einen meiner ersten, längeren und festen Freunde hatte ich durch einen Briefwechsel kennengelernt. Reimar wohnte in Ostberlin. Dort trafen wir uns in seiner Wohnung oder gingen auch raus, etwa ins Deutsche Theater zum "Aristophanes" oder zu Ernst Busch ins Berliner Ensemble, der dort den "Galilei" spielte. Aber am meisten blieben wir für uns. Nachts dann rasch wieder rüber durch die Glasschleuse an der Friedrichstraße. Noch lange nach 1990 konnte ich mich an die abgerissenen Paß- und Gepäckschleusen nicht gewöhnen. Sie erinnerten mich immer noch an die Besuche bei Reimar.

Wir pflegten einen fast schwärmerischen Briefverkehr, der mir noch heute schön zu lesen ist. Reimar hielt es in Ostberlin nicht aus, flüchtete in die Tschechoslowakei, bei Bratislava trafen wir uns und ich gab ihm Geld für die Flucht über Österreich. An der Grenze wurde er geschnappt, bekam einen Prozeß wegen Republikflucht und ich eine Nachricht nach Offleben, daß er in Bautzen säße. Mit Hilfe von Rechtsanwalt Stange, einem Bruder des Braunschweiger Propstes, versuchten mein Vetter Hinrich, dem ich seinerzeit die Bekanntschaft mit Reimar verdankte, und ich, Reimar über einen Gefangenaustausch freizubekommen. Dann fand ich eines Tages einen anonymen Zettel in meinem Offleber Briefkasten am Pfarrhaus, ich möchte eine Berliner Nummer anwählen. Dort meldete sich keiner. Dafür kam später die Nachricht von Hinrich, daß Reimar im Gefängnis am 30. Juli 1970 umgekommen sei. Ich hatte die Phantasie, daß er irgendeinen Aufstand angezettelt hatte, weil er seine Lage nicht aushielt. Er liegt auf dem Friedhof in Lübtheen begraben. So ist diese schwule Freundschaft auch eine Grenzgeschichte geworden.

Es gab auch andere längere Freundschaften im Dorf, manche sind gestorben, manche sind auch glücklich verheiratet. Diese Begegnungen haben mich ausgesprochen reich gemacht. Es war aber eigentlich nicht die Dauer der Bekanntschaft, sondern die Originalität oder Intimität, manchmal sogar die Komik der Begegnung, die dann noch lange nachwirkte.

Keine Probleme im Konfirmandenunterricht

Immerhin, irgendwann im Laufe der Konfirmandenzeit bekamen die Konfirmanden es spitz, daß sie einen schwulen Pastor hatten. Das lockte sie natürlich zu Provokationen. Also fand ich eines Tages an der Tafel das Wort "schwul", oder gar auf dem Pflaster vor der Kirche mit Kreide den Spruch gekritzelt "Rabbi ist schwul".

Rabbi war einer meiner Spitznamen. Mich regte die Schmiererei nicht auf. Denn erstens stimmte es und zweitens empfand ich das Wort schwul nicht als Schimpfwort, es hatte sich inzwischen eingebürgert. Ich hatte das nicht geschrieben, also wischte ich es auch nicht weg, sondern wartete auf den nächsten Regen, und der kam irgendwann. Später wurden die Mädchen aufmüpfiger, fragten nach dem Namen des Freundes und wie alt er sei, mal entdeckten sie uns außerhalb des Dorfes auf einem Weg, wo wir den kalten Wind beim Küssen durch die geöffneten Münder ziehen ließen. Sie hielten an, wir quatschten ein bißchen, na und ?

In Schöningen war Aidsberatung in der 8. und 9. Klasse. Der Unterrichtende von der Braunschweiger Aidshilfe, Jan Luc, fragte die Jugendlichen, ob sie aus ihrem Bekanntenkreis und Umfeld schwule Menschen kennten. Nach einer längeren Pause platzte einer mit meinem Namen heraus. Jan Luc mußte lachen, wir kannten uns aus der HuK. Mir wurde das kolportiert, als sei es ein Vertrauensbruch, aber ich fand das völlig in Ordnung

Es macht mich im Rückblick doch zufrieden, daß ich durch meinen Unterricht und durch die zweijährige Zeit während ihres Konfirmandenunterrichtes den Mädchen und Jungen jedenfalls keine Komplexe und Heimlichkeiten vermittelt habe, und daß ich dadurch auch nicht erpreßbar war. Sie werden irgendwann durch meinen offenen Umgang gemerkt haben, daß die Sexualität eine schöne Beigabe Gottes zum Leben ist und daß es viele variationsreiche Formen ihrer Ausgestaltung gibt. Und jeder und jede muß seine/ihre Form der Gestaltung suchen.

In der HuK

Einen Einschnitt in meinem schwulen Leben erlebte ich auf dem Berliner Kirchentag 1977, wo ich auf einem Handzettel von einem Treffen schwuler Kirchenleute erfuhr, dort hinging, und die Gründung der Gruppe "Homosexuelle und Kirche" miterlebte. Der unmittelbar Anlaß war die Disziplinierung von Pfarrer Heinz Brink durch die Berlin-Brandenburgische Kirche. Wir wollten uns nicht mehr verstecken. Das hatte ich schon bisher nicht getan. Nun sollte es organisatorische Formen annehmen. Die Kirchenleitungen sollten gezwungen werden, sich mit uns als kirchlichen Mitarbeitern auseinanderzusetzen. Trotzdem kursierten vorsichtshalber sogar innerhalb der HuK die ersten Namens- und Spendenlisten anonym. Bei mir hieß es "Dietrich aus dem Raum Braunschweig".

Da gab es z.B. im Sommer 1978 an der Berliner Gedächtniskirche ein allgemeines Kirchenfest und die HuK machte tapfer einen Infostand auf, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Berliner Pfarrer trauten sich teilweise nicht, den Stand zu bedienen und baten uns Auswärtige aus Westdeutschland um Mithilfe. Offleben lag am nächsten, also fuhr ich hin und verteilte die Handzettel, ein Fremder unter Fremden. Denkste: kaum daß die erste Stunde vorbei war, tauchte mein Schwager aus dem Braunschweigischen auf und wir begrüßten uns herzlich. Bald danach strebte Frau Vera Jadziewski, die damals im Offleber Kirchenvorstand tätig war, mit ihrem Sohn Dieter auf den Stand zu. "Was machen Sie denn hier? Meine Zeit!" Ausgerechnet an diesem Wochenende waren sie zu einem Berlinbummel aufgebrochen und entdeckten, was ihr Dorfpfarrer so in der Großstadt trieb. Es gab zu Hause keine peinlichen dienstlichen Nachfragen wie noch Jahre zuvor. Das gesellschaftliche Klima hatte sich geändert.

Hans Georg Jaekel, der Direktor des Diakonischen Werkes in Berlin, veröffentlichte 1978 unter dem Titel "Homosexuelle berichten. Ins Ghetto gedrängt" die Lebensläufe von acht Männern und zwei Frauen zwischen 29 und 45 Jahren. Jaekel war von 1947 bis 1962 Gemeindepfarrer im Ruhrgebiet gewesen, hatte dort die Geschichte eines jungen, schwulen Friedhofgärtners begleitet, der zunächst in seiner Jungengruppe auftauchte, dann, als seine Prägung entdeckt wurde, von gruppenfremden Gemeindemitgliedern aus dieser Gruppe herausgedrängt wurde, sich glücklich verliebte und sich dann, in einer Dreiecksgeschichte verheddert, das Leben nahm. Jaekel begrub ihn. Diese seelsorgerlich begleitete Geschichte ließ Jaekel nicht mehr los. Er suchte in Berlin Kontakt zur Allgemeinen Homosexuellen Arbeitsgemeinschaft, die in diesem Buch einen zweiten allgemeinen Teil bestritt und zum Schluß folgende Forderungen formulierte: "1. Ersatzlose Streichung des § 175 StGB. 2. Die Herabsetzung des Schutzalters auf das für Heterosexuelle geltende Recht. 3. Die Schaffung eines Gesetzes gegen Diskriminierung auf Grund der sexuellen Präferenz. 5. Sexualkundeunterricht an allen Schulen unter vorurteilsfreier Behandlung des Themas Homosexualität als eine mögliche Form der Sexualität." Der Bericht, schreibt Jaekel abschließend, solle helfen, "mit der Aufarbeitung von alten Versäumnissen, einer Schuld der Kirche, zu beginnen."

Im Januar 1979 tagte die HuK Nord im Offleber Pfarrhaus. Es waren sechzehn Leutchen aus Pinneberg, Bad Schwartau, Göttingen, Bielefeld, Hannover, Minden und Goslar gekommen. Das eigentliche Zentrum war die Hannoveraner Gruppe. Am 13. Mai gestaltete eine andere HuK-Gruppe nach einer Freizeit den Gottesdienst in Offleben.

Mit mehreren Kirchenvorstehern besuchte unsere Gemeinde 1979 den Kirchentag in Nürnberg, der unter dem Motto "Zur Hoffnung berufen" stand. Nach längerem Tauziehen war der HuK vom Präsidium auf dem Markt der Möglichkeiten ein Infostand zugestanden worden. Er war anfänglich damit abgelehnt worden, daß der Markt der Möglichkeiten "nicht hinreichend in der Lage sei, differenzierten und notwendigerweise ausführlichen Argumentations- u. Meinungsbildungsprozessen die dafür erforderlichen äußeren Bedingungen einzuräumen." Das waren Ausreden gewesen.

Nachträglich wurde aber sogar eine Podiumsdiskussion mit dem Thema "Homosexualität und Evangelium" ins Programm aufgenommen. Die Messehalle war überfüllt. Dort rief eine Diskussionsteilnehmerin den unter uns berühmt gewordenen Satz aus, es sei unmöglich, daß Männer, die sich gegenseitig erschießen, einen Orden bekämen, aber die küßten, bestraft würden. Das fand ich schon lange unmöglich. Auch andere aus dem Offleber und Reinsdorfer Kirchenvorstand waren entweder dabei oder wir tauschten uns am Abend über die Erlebnisse des Tages aus. Bei dieser Gelegenheit fragte ich, ob sie keine Angst hätten, daß die Lebensweise ihres Pastors in der Gemeinde öffentlich bekannt würde oder gar im Konfirmandenunterricht "was" passieren würde. Ich bekam die zutreffende Antwort, wenn ich zudringlich würde, würden sich die Konfirmanden schon wehren.

Der "Fall Brinker" und die Intervention Braunschweiger Theologiestudierender

Schon ein halbes Jahr nach dem gelungenen Einstand der HuK in die kirchliche Öffentlichkeit auf dem Nürnberger Kirchentag brachte die rigorose Haltung der Hannoverschen Landeskirche ziemliche Unruhe in unsere Reihen.

Pfarrer Klaus Brinker war Anfang der 80iger Jahre vom Dienst beurlaubt worden. Als er sich 1979 um eine Pfarrstelle in der St. Matthäuskirche in Hannover bewarb, wurde er völlig überraschend gefragt, ob er schwul sei und in einer Partnerschaft lebe. Brinker bejahte die Frage, er wurde postwendend vom Landeskirchenamt beurlaubt, trotz der Zustimmung durch eine Gemeindeversammlung für einen Verbleib in der Gemeinde. Im Juni 1981 wurde er aus dem Dienst der Landeskirche entlassen.

Es wurde Brinker weniger seine Homosexualität angelastet, sondern daß er darauf bestanden hatte, seine Homosexualität nicht zu verheimlichen und sie in einer Partnerschaft auch verantwortlich zu leben. Das war sehr bitter und vom Evangelium her unhaltbar. Hätte Brinker gelogen, wäre es der Kirche offenbar lieber gewesen.

Brinker gab jedoch seine Ordinationsurkunde nicht zurück und predigte weiter, wo er eingeladen wurde. Und an Einladungen aus den Gemeinden mangelte es nicht. Denn wenn es nach der Gemeinde gegangen wäre, wäre Brinker auch nicht entlassen worden. Brinker klagte. Er wurde damals von Rechtsanwalt Gerhard Schröder, dem heutigen Bundeskanzler, verteidigt. Ich fuhr nach Hannover und hörte mir die Verhandlung an.

Ich lud Brinker in die Reinsdorfer Kirche zum Gottesdienst am 23.1.1982 ein. Er sollte predigen. Ich wollte den Fisch im Wasser erleben, weil ich spürte, wie sehr Brinker vom Gottesdienst und der Verkündigung lebte. Ich fand es empörend ungerecht, daß die verfaßte Kirche ihn nicht in ihrem Weinberg haben wollte.

Aber die Entlassung wurde 1984 rechtskräftig. Dieses Berufsverbot wurde weit bekannt und das Urteil in der Fachliteratur viel behandelt. Als eine "List des lieben Gottes" kann man es bezeichnen, daß Brinker seit vier Jahren Mitglied der Hannoverschen Landessynode ist.

Der Konvent Braunschweiger Theologiestudenten

Erfreulicherweise meldete sich am 16. Juni 1981 der Sprecherrat des Konventes Braunschweiger Theologiestudenten während des Verfahrens mit einem Offenen Brief an Bischof Lohse zu Worte und kommentierte mit Enttäuschung und Bestürzung die Meldung von der Entlassung Brinkers. Die Studie der VELKD sei nur ein Lippenbekenntnis, der Sprecherrat erwarte eine wirklich theologische Begründung für die Entlassung, "die über das bloße Zitieren von einzelnen Bibelstellen und Passagen aus dem Pfarrerdienstgesetz sowie über pauschale pseudochristliche Moralvorstellungen" hinausgehe. Der Hannoversche Bischof antwortete nicht.

Die Landeskirche blieb unbelehrbar und tat sich dann auch noch den "Fall Meyer" an. 1987 suspendierte die Hannoversche Kirchenleitung auch Pastor Hans Jürgen Meyer, weil er im Pfarrhaus der Hannoverschen Epiphaniasgemeinde mit seinem Freund zusammengelebt hatte. 1989 entschied die Kammer für Amtzucht, daß Meyer für fünf Jahre außer Dienstes sei. Es war also für alle schwulen kirchlichen Mitarbeiter Vorsicht geboten. Komisch, daß die lesbischen Mitarbeiterinnen von dieser (Un)Rechtsprechung nie betroffen wurden. Die Hannoveraner HuK hat zusammen mit dem Schwulen Forum Niedersachsen kürzlich in einer lesenswerten 74seitigen Broschüre ihre Geschichte dargestellt.

Die "Orientierungshilfe" der VELKD (1980)

Am 9. Januar 1980 veröffentlichte die VELKD "Gedanken und Maßstäbe zum Dienst von Homophilen in der Kirche - Eine Orientierungshilfe". Es ist mir unklar, was die VELKD bewogen haben mag, ein solches Papier zu dieser Zeit überhaupt herauszubringen. War es die Gründung der HuK? Gab es inzwischen zu viele "Fälle" von schwulen kirchlichen Mitarbeitern, die die Kirchenleitung beunruhigten und zu einem einheitlichen Handeln bewogen? Man kann den Verfassern guten Willen gewiß nicht absprechen. Daß diese Frage überhaupt öffentlich erörtert wurde und keine grundsätzliche Verwerfung erfolgte, mochten die einen bereits als Fortschritt verzeichnen.

Gegenüber der offiziellen Haltung der katholischen Kirche war es schon sehr viel, wenn es hieß, die Kirche solle sich auf ein differenzierendes Bild einlassen, schwule kirchliche Mitarbeiter sollten verstanden und angenommen werden, eine gesellschaftliche Diskriminierung dürfe nicht hingenommen werden. Es gab aber auch Widersprüchliches zu lesen, was darauf schließen ließ, daß die Kommissionsmitglieder sich nicht einigen konnten: einerseits wurde berichtet, die psychologische Praxis sähe Homosexualität "weitgehend als therapiebedürftig an" - eine ganz einseitige Behauptung, an anderer Stelle hingegen wurde zur Vorsicht geraten gegenüber der These, Homosexualität sei "heilbar".

Verheerend indes wurde es im Teil 5 bei den Ratschlägen an die Kirchenleitungen, Pfarrer und Gemeinden. Homosexuelle "Neigungen" allein könnten noch keine dienstrechtlichen Folgen nach sich ziehen, aber: homosexuelle Praxis. "Wird homosexuelle Partnerschaft öffentlich vertreten, so liegt ein Verstoß gegen den Inhalt der kirchlichen Lehrverpflichtung vor." Das war ein Freibrief für alle Scharfmacher unter den lutherischen Bischöfen, insbesondere für Landesbischof Hirschler, der mit dieser Erklärung im Rücken sogar einen Synodenbeschluß unwirksam machen konnte.

Die schwulen Mitarbeiter wurden einfach nur bedauert: "Für den Umgang mit Geschlechtlichkeit bleiben dem Homophilen nur wenig Möglichkeiten; gerade für den homophilen Pastor und kirchlichen Mitarbeiter sind ihrer Verantwortung wegen die sexuellen Entfaltungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt." Mit einem solchen Satz hatten die Verfasser ihre Kirche einfach lächerlich gemacht. Er war von einer solchen gewiß arglosen Unbedarftheit und Inkompetenz, daß die Orientierungshilfe allein mit diesem Satz gerade für diejenigen, für die sie auch geschrieben sein sollte, völlig unakzeptabel wurde.

Konsequent war dann die Vorgehensweise von Bischof Hirschler, der seinen hannoverschen schwulen Theologiestudenten riet, sich einen anderen Beruf zu wählen. Den "betroffenen" (als ob eine Bombe eingeschlagen hätte!) Gemeinden hingegen, die sich trotzdem für die Beibehaltung eines schwulen Pfarrers erklärten, wurde geraten, daß "sie in der Regel kein geeignetes Forum für eine öffentliche Auseinandersetzung hierüber" seien. Sie hätten darauf zu achten, wie ihr Verhalten auf die anderen Gemeinden wirkte. Abschließend bedauerten die Lutheraner noch mal die Schwulen: "Was eher ein Zeichen einer besonderen menschlichen Bedürftigkeit, eine Einschränkung menschlicher Entfaltungsmöglichkeiten ist, eignet sich kaum zu einer öffentlichen Darstellung in der Gemeinde."

Die Kirchenleitungen hatten sich mit diesem Papier einen breiten Spielraum unterschiedlichen Vorgehens geschaffen und so unterschiedlich war dann auch die praktische Umsetzung.

Es hätte genügt, das Papier nur innerhalb der Kirchenleitungen intern auszutauschen. Es war aber auf die Öffentlichkeit abgestellt und wirkte auf die schwulen Mitarbeiter wie ein glatter Rausschmiß. Hatten wir als schwule Pfarrer nicht jahrzehntelang Trauungen vollzogen, gern, anteilnehmend, obwohl ich insgeheim jeden Bräutigam bedauerte, der nicht auch schwule Erfahrungen in seinem Leben gemacht hatte, bei vielen nahm ich es durchaus auch an. Konnten die Verfasser die Toleranz nicht aufbringen, die wir bei jeder Trauung ungezwungen und gerne aufbrachten? Widersprach die gängige Behauptung, Sexualität sei eine Gabe Gottes nicht dem Rat, auf Sexualität im Falle von Gleichgeschlechtlichkeit zu verzichten?

Im April 1980 veröffentlichte die Evangelische Zeitung eine scharfe Kritik an der sogenannten Orientierungshilfe unter der Überschrift "Erkenntnisse der Sexualforschung nicht aufgenommen oder verfälscht." Prof. Helmut Kentler hatte für die Gesellschaft zur Förderung sozialwissenschaftlicher Sexualforschung in Düsseldorf in einem Acht-Punkte-Papier diesen Vorwurf erhoben und geäußert, die Orientierungshilfe sei von "tiefer Furcht vor der Homosexualität" erfüllt und übernehme "längst überholte Einteilungsschemata und Erklärungsversuche, die allesamt erfunden wurden, um die Homosexualität zu bekämpfen." Der Düsseldorfer Pfarrer Hans-Georg Wiedemann ergänzte die Kritik und warf den Verfassern vor, aus der Bibel ein überzeitliches Gesetzbuch zu machen. Auch die HuK nannte die Orientierungshilfe einen "bedauerlichen Rückschritt."

Die Pfarrer Hartmut Albath von der Eheberatung, Herbert Erchinger von der ESG, Jürgen Kleiner von der Telefonseelsorge und ich forderten die Kirchenleitung auf, dafür zu sorgen, daß im Gemeindeausschuß der Landessynode die Orientierungshilfe unter Beteiligung von uns diskutiert würde und ähnlich wie in der Bayrischen Landeskirche ein Beauftragter für den Bereich "Homosexualität" berufen werden sollte. Daraus wurde nichts. Vorsitzender der Gemeindeausschusses war seinerzeit Propst Erich Warmers, ein strikter Gegner jeder Aufweichung der harten Linie gegen die schwulen Mitarbeiter.

Schwulenreihe in der ESG im Januar 1982

Im Januar 1982 veranstaltete die Evangelische Studentengemeinde Braunschweig eine Reihe über Homosexualität und Kirche. Studentenpfarrer Herbert Erchinger organisierte vier Abende, den ersten mit dem Hannoveraner Professor Kentler, einem ausgewiesenen Fachmann auf diesem Gebiet. Kentler wies zu Recht darauf hin, daß Schwule sich immer noch verstecken müßten. "Der Zwang zur Tarnung ist nach wie vor groß", war der Artikel in der BZ am 15.1.1982 überschrieben. Den zweiten Abend gestaltete Harald Siems, der gerade sein Buch "Coming out" geschrieben hatte. Ihm gelang es, durch praktische Übungen und Berührungen die Befremdlichkeit zwischen Schwulen und Heten zu überbrücken. Am dritten Abend referierte ich über den Stand der kirchlichen Verlautbarungen zu diesem Thema. Am vierten Abend stellten sich Schwulengruppen aus Braunschweig vor.

Die Abende waren sehr gut besucht und bei dem meinigen lauerten die Zuhörerinnen und Zuhörer, ob man denn irgendwie in einem Nebensätzchen zu erkennen gab, wie man selber "dazu" stand. Dieses Vergnügen erlaubte ich mir ihnen gegenüber dezent und es blieb eine ungewisse Frage, ob irgendeiner aus dem Publikum dem Landeskirchenamt berichten und womöglich etwas mehr hinzudichten würde. Werbung für Schwule war ja heftig verboten. Es "passierte" nichts, und ich hatte meinem Gefühl nach wieder einen kleinen Pflock in Richtung öffentlicher Emanzipation eingeschlagen.

Thesen nach dem Vortrag in der ESG in Braunschweig am 26.1.1982

1. In der Kirche leben Heteros und Schwule/Lesben bis heute gegeneinander, weil die Tradition stärker ist als die Liebe. Vor Gott aber bleiben Liebe, Hoffnung und Glaube, und nicht wer- wann-wen-wo-wie liebt.

2. Diese Wirklichkeit des Schwulseins wird von großen Teilen der Kirche verschwiegen. Dies ist eine Form der Lieblosigkeit.

3. Christen und christliche Gemeinde müssen daran arbeiten, daß pauschale Verurteilung und Folgen gesellschaftlicher Repression offen diskutiert und beseitigt werden. In dieser Offenheit erweist sich Liebe.

4. Die Unterscheidung von Heteros und Schwulen/Lesben dient der Aufrechterhaltung der Gewaltstrukturen von Männern über Frauen, von Heteros über Schwule, von elitär angepaßten Schwulen über unterdrückte Schwule. Die Kirche hat maßgeblichen Anteil an der Aufrechterhaltung der Gewaltstrukturen in Gestalt der "Heteromacker-Kirche".

5. Die Kirche kann bei der Offenheit ihrer Sprache nicht davon absehen, daß sie jahrhundertelang bis in die Gegenwart zur pauschalen Verurteilung und gesellschaftlicher Unterdrückung entscheidend und maßgeblich beigetragen hat. Die Offenheit ihrer Sprache hat den Charakter der "offenen Schuld".

6. Die Bibel lehnt Homosexuelle ab; aber sie kennt nicht die Homosexualität von heute.

7. Die "Orientierungshilfe" ist keine.

8. Schwulenbewegung und Friedensbewegung hängen zusammen. Sie kämpfen beide um Abrüstung.

Im Frühjahr 1982 traf sich noch die Braunschweiger Schwulengruppe (AHB) in der "Bambule" ("Wo trifft man liebe Schwule - Dienstags in Bambule"). Nach dem Räumungsurteil fand sie Unterschlupf in den Räumen der ESG.

Aids-Studie und die historische Entschuldigung

von Propst Kraft im Braunschweiger Dom am Weltaidstag 1992

Einen gewissen, indirekten Schub erhielt die innerkirchliche Schwulendebatte über die Frage der gesellschaftlichen und moralische Beurteilung von Aids.

Aids wurde durch einen Artikel in der New York Times vom 3. Juli 1981 erstmals angedeutet und durch die SPIEGEL-Kampagne 1983 "Tödliche Seuche" auflageträchtig hochgepuscht. Im selben Jahr organisierten sich die Aidshilfen in deutschen Großstädten und im Jahr 1985 in Braunschweig.

Ich glaube, die Aidshysterie hat jeden von uns eine Zeitlang erregt und angesteckt. "Wo könntest du es dir geholt haben?" Jede kleinste Abweichung vom gesundheitlich Normalen wurde empfindlich registriert oder trotzig: "Na, dann wissen sie's eben", beantwortet. "Auf jeden Fall safer", nahm man sich vor, und dann war es irgendwann doch mal wieder in der Hitze des Gefechtes passiert. Das ging so eine Zeit und legte sich jedenfalls bei mir durch das Gefühl der Solidarität und der Zusammengehörigkeit.

Im Offleber Pfarrhaus traf sich auch mal ein Kreis von HIV-Positiven, meist mit ihren Freunden zu einem Wochenende zum gegenseitigen Aussprechen. Man hatte sich angelernt, daß Herzlichkeit und Zärtlichkeit und Berührbarkeit nicht ansteckend sind. "Gemeinsam, zärtlich, radikal", diese Parole der 70iger Jahre galt jetzt gerade.

Auch die verschiedenen kirchlichen Gruppen meldeten sich. Für die kirchliche Rechte, die amerikanischen Evangelikalen und die offizielle katholische Kirche war Aids eine "Geißel und Strafe Gottes" und es sei mehr denn je Enthaltsamkeit zu üben. Es war die alte Angstmache, mit der die Kirche seit Jahrhunderten das Evangelium verdüstert hat.

Mitten in diese Kampagne gegen die Schwulen fiel die Rede des Bundespräsidenten zum 40. Jahrestag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. In der Öffentlichkeit wurde darüber schwadroniert, ob dieser Tag als eine Befreiung oder eine Katastrophe interpretiert werden müßte. v. Weizsäcker bezog ohne Umschweife die Homosexuellen in die Gruppe der von den Nazis Verfolgten ein. Das war ein großer Schritt etwa gegenüber der Rechtsprechung der 60iger Jahre, in der die Auffälligkeit in den 60iger Jahren als "Wiederholungstat" der als Straftat gewerteten Homosexualität im Dritten Reich gewertet wurde. Wie schon bei Gustav Heinemann regte sich bei mir der Stolz, daß es ein bekannter evangelischer Christ und dazu ein aktiver Kirchentagspräsident war, der erstmals als Staatsoberhaupt die Schwulen in einer solchen zentralen Rede erwähnte. Welche Wirkungen dieser Vorstoß des Bundespräsidenten auf die Kirchenleitungen gehabt haben mag, ist nicht abzuschätzen.

Wenig Eindruck machte die Rede des Bundespräsidenten auf den Braunschweiger Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS). Dieser fabrizierte im November 1987 ein ziemlich gemeines Flugblatt zur Frage von Aids und Homosexualität. Textbeispiel: "Man mag es widerlich und abstoßend finden, als freiheitlich gesonnener, liberaler Mensch könnte es letztlich einem egal sein, wo andere ihren Penis reinstecken und wie sie ihren Dickdarm mißbrauchen, gäbe es nicht das Aids." Dieser Textausschnitt wäre noch eine der harmloseren Passagen, schrieb die Braunschweiger Lokalpresse und es gab auch einige Gegenreaktionen. Im Grunde aber äußerten diese christlichen Studenten nur, was viele in der bürgerlichen Mittelschicht Braunschweigs dachten. Daß der Analverkehr keine typisch schwule Form des Sexualverkehrs war, sondern seit Jahrhunderten als die beste Form der Empfängnisverhütung gilt, hatte sich erstaunlicherweise in diesen Studentenkreisen noch nicht herumgesprochen.

Typisch für die geistige Situation ist folgender Vorgang. Ich hatte für die Dezembernummer 1989 von KvU eine biographische Skizze über den verstorbenen Richard Grunow geschrieben, den früheren, verstorbenen, schwulen Redakteur des SONNTAG, dem Sonntagsblatt unserer Landeskirche. Unmittelbarer Anlaß für den Artikel war die Disziplinierung des Hannoverschen Pfarrers Hans-Jürgen Meyer. Die Redaktion meinte mich "schützen" zu müssen, und so erschien der Artikel unter dem Titel "Friede auch mit den Schwulen auf Erden?" unter dem Namen von E. Fincke.

Aids-Studie der EKD

Die EKD veröffentlichte 1988 eine bemerkenswerte Aids-Studie. Darin schilderte sie die Problemstellung und verband sie mit einer eindrücklichen Beschreibung von drei Fallstudien: eines Infizierten, eines Erkrankten, eines Sterbenden. Im dritten Teil "Orientierungen" rät sie überzeugend zur Annahme von Krankheit und Erkrankten. Der Kranke dürfe nicht einem Sonderbereich zugewiesen werden. "Wenn Christen die Krankheit...als Teil des von Gott gegebenen Lebens betrachten, dann müssen sie sich auch zusammen mit dem Aids-Kranken gleichsam in einer "Solidargemeinschaft der Schwachen" wissen, als Glieder ihrer Kirche in einer "heilenden Gemeinschaft". Eine bedingungslose Zuwendung werde dort erschwert, wo sittliche Grundüberzeugungen zu einer Barriere würden. "Das Anderssein des anderen zu verstehen und es nicht zu einem Vorbehalt werden zu lassen, ist eine entscheidende Herausforderung."

Das waren nun doch ganz neue Töne, die der öffentlichen scheußlichen Verurteilung, aber auch erheblichen Stimmen im eigenen rechten Lager etwa von "idea" schroff entgegengesetzt waren. Unter der Überschrift "Verantwortliche Sexualität" wurde zur Anwendung von Kondomen geraten, ohne zu fragen, ob dadurch etwa ein ökumenischer Konsens gefährdet würde. Die katholische Kirche lehnt bis heute die Verwendung von Kondomen kategorisch ab. Die Studie hielt nicht immer diese Höhe, z.B. wenn sie am Ende behauptete, daß partnerschaftliche Sexualität ihren Ort in der Ehe hätte. Erfrischend hörte sich hingegen der Schlußsatz dieses Abschnittes an: "Nur wo unverkrampft Freude an der Sexualität zum Ausdruck kommt, finden auch Hinweise auf Gefahren und Fehlformen Beachtung."

Tatsächlich war während der Aids-Hysterie in der Propstei Wolfenbüttel diskutiert worden, ob man beim Abendmahl vom gemeinsamen Kelch zu kleinen Einzelkelchen wechseln müßte. Ich fand das grotesk. Die Studie vermerkt dazu ausdrücklich, von der bewährten Praxis der Abendmahlsausteilung mit dem Gemeinschaftskelch nicht abzuweichen.

Die Kirche als heilende - und eben nicht als richtende und abstrafende Gemeinschaft - dargestellt, empfand ich bei allen Unebenheiten der Studie doch als einen Lichtblick.

Die Entschuldigung von Propst Kraft und Nachfrage in der Landesynode

Ein Weltaidstag wurde am 1. Dezember eingerichtet und auch Gottesdienste aus diesem Anlaß veranstaltet. Die Braunschweiger HuK lud dazu Prominente auf die Kanzel. Einmal predigte Frau Süßmuth in der Dominikanerkirche mit ihren bekannten, fortschrittlichen Ansichten zu dieser Frage.

Propst Kraft nahm den Gottesdienst am Weltaidstag 1992 im Braunschweiger Dom zum Anlaß, sich vor der Öffentlichkeit für die Diskriminierung von Schwulen in der Vergangenheit durch die Kirche zu entschuldigen. Ich fand das hochanständig und ein wichtiges Signal.

Ich nahm dieses beachtliche Ereignis zum Anlaß, um in der Märzsynode 1993 die Kirchenleitung zu fragen: "Welche Haltung nimmt die Kirchenregierung zu der Frage der Diskriminierung von Schwulen und Lesben in der Öffentlichkeit und im kirchlichen Leben ein? Sieht sie in der sexuellen Orientierung ein Hindernis für die Anstellung von kirchlichen Mitarbeitern, von Pfarrern und Pfarrerinnen?" Ich fragte nach dem Diskussionsstand in der EKD und regte an, daß in der Aidskommission diesen Fragen nachgegangen werden sollte. Die Kirchenleitung antwortete: der Diskussionsprozeß in den Kirchen wäre noch nicht abgeschlossen, aber es wäre festzustellen: eine Diskriminierung von Homosexuellen sowohl in der Öffentlichkeit wie in der Kirche sei ausdrücklich zurückzuweisen, über die Anstellung "von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dieser Personengruppe" lägen noch keine Entscheidungen vor, die Kirchenregierung wollte die Beratungen in anderen Landeskirchen erst abwarten und dann überlegen, "wie und durch wen diese Fragen im Bereich unserer Landeskirche aufgegriffen und verhandelt werden sollten."

Auf den eigentlichen Anlaß ging die Kirchenregierung nicht ein, sondern hielt sich im Grunde alle denkbaren Entscheidungen offen. Sie vermied immerhin eine abwehrende und ablehnende Haltung.

Hans Volker Herntrich, Gemeindepfarrer und Journalist in Hannover und Mitkonfirmand in der Hamburger St. Lukas-Kirche in Fuhlsbüttel, schickte mir im November 1990 von Burkhard Jellonek das Buch "Homosexuelle unter dem Hakenkreuz" für eine Besprechung in den Lutherischen Monatsheften, die auch abgedruckt wurde. In derselben Nummer erschien auch ein Beitrag von Landesbischof Müller.

Die Braunschweiger bundesweite Elterninitiative

Um das Jahr 1993 wurde die Stellung der verfaßten Kirche zur Homosexualität erneut in vielen Landeskirchen diskutiert.

Im Januar 1993 veröffentlichte eine lesbische Pfarrerin im Deutschen Pfarrerblatt ein heftiges Plädoyer für eine öffentliche, lesbische Partnerschaft auch im Pfarrhaus. "Mit welcher Herablassung Kirchenfunktionäre Klaus Brinker auf die Möglichkeit zölibatärer Lebensweise hingewiesen haben, ist grotesk", schrieb sie und sie fühlte sich gezwungen, den Artikel anonym zu veröffentlichen.

Im selben Monat 1993 kam es zu einem wirksamen Anstoß in die weitere Öffentlichkeit durch eine bundesweite, in Braunschweig tagende Elterninitiative. Dorit Zinn hatte ein Jahr zuvor, 1992 unter dem Titel "Mein Sohn liebt Männer" die Erfahrungen einer Mutter beschrieben, die die Lebensgeschichte ihres schwulen Sohnes in einem Wechselbad unterschiedlicher Emotionen begleitet und am Ende ihren Sohn so akzeptiert, wie er lebt. Im März 1993 hatten sich aus dem Bundesgebiet insgesamt 25 Väter und Mütter schwuler Söhne und lesbischer Töchter in Braunschweig getroffen und sich miteinander ausgetauscht. Unter ihnen war auch die Pfarrfrau Ingrid Blöhbaum. Zusammen mit Isolde Braun formulierte sie an die Synode der EKD und die Synodalen der Mitgliedskirchen eine Erklärung, in der es u. a. hieß:

"Wir erwarten, daß die Kirche heterosexuelle und homosexuelle Lebensformen als gleichwertig anerkennt und als wertvoll erachtet.

Wir sehen darin die Erfüllung des Satzes "Nehmet einander an gleichwie Christus euch angenommen hat".

Wir fordern die Synodalen auf, daß unsere Söhne und Töchter als Mitarbeiter der Kirche die gleiche Behandlung und Anerkennung erfahren wie heterosexuelle Menschen.

Gleichzeitig bitten wir, daß der Wunsch auf Segnung homosexueller Paare nicht mehr unterbunden wird."

Die Erklärung in der Landessynode und Weiterarbeit im Gemeindeausschuß

Diese Erklärung trug ich in der Maisynode während der Aussprache über den Tätigkeitsbericht der Kirchenregierung vor. Es wurde ein Ausschuß unter Leitung des Arztes und Synodalen Dr. Reiner-Joachim Glöckner, Seesen, gebildet, dem noch die Pfarrer Hans-Friedrich Thomsen, Christian Vahrmeier, Hartmut Albath, Joachim Wölfel und Jürgen Schwanke, Anna-Elisabeth Hardenberg, Sabine Pfingsten-Würzburg, Christa Wewetzer und OLKR Becker angehörten.

Der Gemeindeausschuß bearbeitete die Vorlage dieses Ausschusses und verabschiedete am 9. Oktober 1993 eine beachtliche Stellungnahme. Die synodalen Ausschußmitglieder Biersack, Liersch und Vollhardt unterstützten mit mir die Stellungnahme im Ausschuß, Landesbischof Müller und die Oberlandeskirchenräte Becker und Dr. Fischer äußerten sich kritisch gegenüber Einzelheiten. Der Zwischenbericht des Gemeindeausschusses gab einen guten Überblick über die Lage in der Gesamtkirche und in der Landeskirche. Er schilderte die Aktualität des Themas in vielen evangelischen Kirchen - es handelte sich also nicht um ein Braunschweiger Sonderthema - und stellte die zwei völlig entgegengesetzten Meinungen innerhalb der Kirche gegenüber, wonach einerseits Homosexualität schriftwidrig und krank wäre und geheilt werden müßte und andererseits die Meinung vertreten würde, Homosexualität sei weder krank noch sündhaft, sondern eine andere Form der Sexualität. Danach wurde die Verhaltensweise anderer Kirchen in praktischen Fragen geschildert, nämlich a) Berufsverbot oder Ordination, b) zölibatäre oder öffentliche Lebensweise, c) Zusammenleben im Pfarrhaus, d) Segnung schwul/lesbischer Partnerschaften.

Dieses erfreuliche Ergebnis wurde von einem großen Kreis von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt und in einer Resolution zum Ausdruck gebracht:

"Wir fordern die Landessynode und die Kirchenleitung auf, darauf hinzuwirken, daß in Zukunft schwule Pfarrer und lesbische Pastorinnen ordiniert werden, über ihre Anstellung in der Kirchengemeinde der Kirchenvorstand entscheidet, schwul/lesbische Lebensgemeinschaften im Pfarrhaus von den Kirchenleitungen geduldet und vom Kirchenvorstand genehmigt werden und die Segnung schwuler Paare unter die seelsorgerliche Verantwortung des Pfarrers bzw. der Pastorin fällt."

Diese Resolution fand ein enormes Echo. Bis April 1994 hatten 101 verantwortliche Kirchenmitglieder aus allen Schichten der Bevölkerung, darunter 29 Pfarrer und Pastorinnen, 14 Theologiestudierende und sogar vier Vikare unterzeichnet.

Stellungnahme des Generalkonventes der Braunschweiger Theologiestudierenden 1993

Nun befaßte sich auch der Generalkonvent der Braunschweiger Theologiestudierenden und Diakonen und Diakoninnen in der Ausbildung während der Herbsttagung im November 1993 mit diesem Thema. Das war zur Unterstützung wichtig. Der Generalkonvent stellte bündig fest, daß die gemeinhin angeführten Schriftstellen ( 1. Mose 19, 4-11; 3. Mose 18, 22; 3. Mose 20, 13; Ri. 19, 22-26; Röm. 1, 26-27; 1. Kor. 6, 9-11; 1. Tim. 1, 10) nicht rechtfertigen, "daß Lesben und Schwule anders behandelt werden als Heterosexuelle." "Wir empfinden Homosexualität nicht als bedrohlich und fremd, da Schwule und Lesben für viele von uns zum persönlichen Bekanntenkreis gehören. Lesbische, schwule und heterosexuelle Beziehungen sind gleich berechtigt, denn jede Form der Partnerschaft kann die gleiche Erfüllung, Zuneigung und Verpflichtung zum verantwortlichen Miteinander in sich tragen."

Der Konvent fordert eine verstärkte Diskussion in den Gemeinden anhand des Arbeitspapiers der Rheinischen Synode "Homosexuelle Liebe" und "daß für die Ordination und Anstellung von kirchlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die fachliche Qualifikation das einzige Kriterium ist." Partnerschaft solle offen im Pfarrhaus gelebt werden können und die Segnung schwul/lesbischer Paare möglich sein. Das war eine sehr mutige Erklärung und für die Kirchenleitung ein Wink, wie in Zukunft gedacht werden würde.

Widersprüchliche Nachrichten aus der evangelischen Kirche

Im Herbst 1993 wurde die Lage bezüglich der Schwulenfrage in der Kirche von widersprüchlichen Nachrichten geprägt:

Die Evangelische Information berichtete am 31.10.1993, daß allein in Hamburg ein halbes Dutzend homosexueller Pfarrer in Pastoraten zusammenwohnten.

Die Bischofskonferenz der VELKD sprach sich gegen die Segnung homosexueller Paare aus.

Die Hannoversche Landessynode faßte im November 1993 mit einer Stimme Mehrheit den Beschluß, schwul/lesbische Pfarrer/Innen anzustellen, was Bischof Hirschler umgehend als für die Kirchenleitung nicht verbindlich erklärte. Das knappe Ergebnis war deshalb respektabel, weil Bischof Hirschler in die inhaltliche synodale Ausschußarbeit eingegriffen hatte, sodaß einige Ausschußmitglieder sogar ihr Mandat zurückgegeben hatten, wie Jens Gundlach in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 23.10.1993 berichtete. Tatsächlich verstieg sich Hirschler in einem Kommentar der EZ vom 12.12.1993 zu der Behauptung, daß schwule Pfarrer durch ihre offene Lebensweise die biblische Botschaft unklar machten. Sie dürften allenfalls zölibatär leben. In einem ZEIT-Interview vom 10. Dezember 1993 wiederholte Bischof Hirschler die Forderung, daß homosexuelle Pfarrer als Single zu leben hätten. "Wer irreversibel homosexuell geprägt ist, hat ein Schicksal auferlegt bekommen. Das ist keine Sünde."

In der Braunschweiger Landeskirche wurde sogar bei der Bischofswahl des Generalsekretärs Christian Krause im November 1993 die antischwule Karte gezogen. Zur Bischofswahl schrieb Christoffer Thomas unter der Überschrift "Landeskirche vor der Kehrtwende?" in "idea" 37/93: "Unter der Ägide Krauses als Generalsekretär hat der Kirchentag, wie zuletzt im Juni in München zu sehen war, einen Grad an theologischer Einseitigkeit erlangt, die beispiellos in der Geschichte dieses Großtreffens sein dürfte. Da durfte der Dalai Lama für den Buddhismus, wie er selbst sagte, missionieren, auf Plakaten wurden Sexualakte von Homosexuellen gezeigt...Für diese Entwicklung trägt in hohem Maße Christian Krause die Verantwortung...Seine mögliche Wahl würde eine Umkehrung der bisherigen Linie in der Braunschweigischen Landeskirche bedeuten."

Bei einer Amtskonferenz im Pfarrhaus Watenstedt hielt uns Pfarrer Hans Friedrich Thomsen aus Salzgitter-Bad im Herbst 1993 ein gründliches und verständnisvolles Referat zu diesem Thema. Thomsen hatte über "Begegnungen mit Homosexuellen im Arbeitsfeld eines Gemeindepfarrers - Zur Akzeptanz einer bisher ausgegrenzten Gruppe" und einen Literaturbericht über "Homosexualität in biblischer Sicht und moraltheologischer-ethischer Bewertung" gearbeitet und ein Thesenpapier zu diesem Thema erstellt.

1994 wurde der § 175 endlich endgültig aus den StGB gestrichen. Die Öffentlichkeit, auch die Kirche nahm dies kaum noch zur Kenntnis. In diesem Jahr erschien die erste historische Arbeit über die schwule Szene in Braunschweig "Freiheit für die Schwulen - Braunschweigs schwule Stadtgeschichte", die aus einer Magisterarbeit von Christoph Behrens entstanden ist. Behrens hatte sich seit 1985 in der schwulen Unigruppe stark engagiert.

Die Braunschweiger HuK

1992 war auch in Braunschweig eine Regionalgruppe der HuK als Ableger der Hannovergruppe gegründet worden, die Treffen fanden im Dominikanerkloster Albertus Magnus statt, es hatte sich auch die Pauligemeinde bereit erklärt, uns zu den Abenden bei sich aufzunehmen. Aber die Gemeinden hielten sich sonst doch ziemlich bedeckt.

Die Leitung hatte zunächst Christian Woitalla und ab 1994 dann Wolfgang Buchmeier.

Die HuK kam zu ihren Sommerfesten manchmal in meinen großen Offleber Garten und das war ein vergnügliches Treiben. Die Mitglieder liefen auch eingehakt durchs Dorf, und wer wollte, wußte Bescheid: "beim Paster feiern sie". Am nächsten Tag, meist Sonntag, kamen sie, falls sie ausgeschlafen hatten, auch in den Gottesdienst. Die Firma hieß ja immerhin "Homosexuelle und KIRCHE". Dort habe ich sie dann freundlich begrüßt.

Am Anfang tagte auch der Vorstand der Bundes-HuK gelegentlich in Offleben. Offleben lag verkehrsgünstig in der Mitte und das Haus war groß und bot mit dem ausgebauten Dachboden Übernachtungsmöglichkeiten für viele. Es gibt eine Anwesenheitsliste für den 25. Februar 1984 mit 19 Namen von Berlin bis Baden. So lernte man sich auch auf dieser Ebene kennen. Der Braunschweiger Pfarrer Hans Joachim Brüser engagierte sich später einige Jahre im Bundesvorstand der HuK.

Die Braunschweiger HuK fand beträchtliche Unterstützung durch die Reformierte Gemeinde in Braunschweig. Diese veranstaltete im Oktober/November 1996 eine Vortragsreihe über das Verhältnis Homosexualität und Kirche, um abzuklären, ob sie in ihrer Gemeinde eine Segnung schwuler oder lesbischer Paare befürworten sollte. Prof. Josuttis referierte über "Ungeliebte Liebe und die mißbrauchte Theologie". Diesen Abend besuchten auch einige Mitglieder des Kirchenvorstandes Offleben. Von der Bibel wäre kein Einwand zur Homosexualität zu erwarten. Die Frankfurter Theologin Kerstin Söderblom sprach über "Kirchlicher Segen auch für Lesben und Schwule" und befürwortete einen entsprechenden Gottesdienst. Am dritten Abend stellte sich die Braunschweiger HuK vor. Nach dieser Reihe faßte die Reformierte Gemeinde einen Beschluß, wonach eine kirchliche Segenshandlung vollzogen werden könnte.

Seit den Gründerzeiten der HuK bin ich mit Pfarrer Udo Kelch befreundet, einem Dozenten bei der Religionslehrerausbildung in Berlin, dem verdienstvollen Herausgeber der HuK-Infos. Udo und ich haben öfters Gottesdienste in Offleben gefeiert, zuletzt im ganz kleinen Gemeindekreis am Pfingstmontag, dem 24. Mai 1999. Das war sozusagen unser HuK-Abschied von Offleben.

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Die Schwulenfrage in der Landesynode 1994

Der Aids-Arbeitskreis legte dem Gemeindeausschuß am 8. November 1994 ein neunseitiges Thesenpapier vor, das vom Gemeindeausschuß zu einer Vorlage an die Landessynode übernommen wurde. Darin wurden gründlich die neueren Forschungsergebnisse in der Gen- und Zwillingsforschung vorgestellt, die Bindungsfähigkeit Schwuler hervorgehoben, eine spezielle Verführung Jugendlicher durch Schwule als Unterstellung abgelehnt. Sehr gründlich wurde eine besondere Sündhaftigkeit der Homosexualität aus biblischer Sicht bestritten. "Der Homosexuelle ist Sünder nicht in anderer Qualität als der Heterosexuelle und er wird auch schuldig wie der Heterosexuelle." So galt auch die Anerkennung und Achtung der Sexualbeziehung von Hetero- und Homosexuellen in gleicher Weise. Das Ehe- und Partnerschafsverständnis von heterosexuellen Beziehungen hätte sich gewandelt und machte der Kirche auch ein neues, toleranteres Verständnis homosexueller Beziehungen möglich.

Eine der Trauung vergleichbare Segenshandlung wäre aber nicht möglich.

Völlig anders als in der Hannoverschen Landeskirche wurde aus der sexuellen Orientierung kein grundsätzliches Ordinations-, Anstellungs- und Einführungshindernis abgeleitet. Im übrigen wurde der Weg für individuelle Lösungen geöffnet. "Das Zusammenleben homosexueller Pfarrerinnen und Pfarrer mit ihren gleichgeschlechtlichen Partnerinnen und Partnern in Pfarrhäusern ist vermutlich in vielen Gemeinde nicht möglich, da Erfahrungen aus individueller Lebensgeschichte und religiöser Hintergrund der Gemeindeglieder dem entgegenstehen können. Unter Berücksichtigung dessen und in Achtung des öffentlichen Amtes einer Pfarrerin/eines Pfarrers sollten bei ernsthaftem Willen zur verantwortlichen homosexuellen Partnerschaft individuelle Lösungen gesucht und gefunden werden." Mit diesem verklausulierten Satz hatte OLKR Becker für persönliche Lösungen im Einzelfall einen Weg geöffnet.

Dieses Papier war aus der Sicht der Forderung der Eltern und zahlreicher kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbefriedigend, aber vom bisherigen Stand der Landeskirche aus doch ein großer Schritt nach vorne.

Bei der Landessynode am 24.-26. November 1994 in Braunschweig wurde das Papier des Arbeitskreises diskutiert und folgender Antrag vorgelegt: "Die Landessynode der ev.-luth. Landeskirche nimmt das Thesenpapier des Gemeindeausschusses zur Homosexualität als hilfreichen Zwischenbericht zustimmend zur Kenntnis. Sie bittet die Kirchenvorstände und Gemeinden, über diese Vorlage zu diskutieren und so zur weiteren Arbeit am Thema beizutragen."

Es hatte im Vorfeld der Synode Gegenwind gegeben. Das Ehepaar Renner hatte den Synodalen das Heft Nr. 95 von "Sexualethik und Seelsorge" zugeschickt, das aus der Sicht des weißen Kreuzes Homosexualität als therapierbar beschreibt, d. h. aus der Sicht eines glücklichen Schwulen die Zerstörung seiner schwulen Identität. Die Pfarrer Thomas Capelle (Hordorf) und Johannes Dose (Wolfenbüttel) hatten in einem offenen Brief die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes gefordert und sahen nun sogar die Bekenntnisgrundlage der Landeskirche gefährdet. Dr. Glöckner stellte das Papier für den Aidsausschuß vor, Pfarrer Liersch empfahl als Vorsitzender des Gemeindeausschusses der Synode die Annahme. Scharfe Kritik äußerten Propst Fiedler und Oberstudienrat Rieckmann, Helmstedt. Sie erreichten die Herausnahme des Wörtchens "zustimmend". Als sich nun auch noch eine Diskussion über das Wörtchen "hilfreich" entzündete, machten sich die Mitglieder des Gemeindeausschusses Frau Pfarrer Herrmann, Propst Schinke, Pfarrer Vollhardt, Pfarrer Römer und der Synodale Klebe für eine Annahme eines vom Synodalen Bosse vorgebrachten neuen Antrag stark. Er lautete:

"Die Landessynode nimmt den Bericht des Gemeindeausschusses zur Homosexualität, der auf dem Thesenpapier der darin bezeichneten Arbeitsgruppe aufbaut, als hilfreich für die weitere Thematik zur Kenntnis und dankt für die geleistete Arbeit. Sie bittet die Kirchenvorstände und Gemeinden, über diese Vorlage zu diskutieren und so zur weiteren Arbeit am Thema beizutragen."

Dieser Antrag wurde ohne Gegenstimmen bei drei Enthaltungen angenommen. Ich selber hatte mich für den "Notfall" zwar gründlich präpariert, aber auf einen Debattenbeitrags schweren Herzens verzichtet. Die Befürworter befürchteten, ich könnte den schönen Konsens wieder kaputt machen. Die demütigende Behauptung der Liebesunfähigkeit schwuler Partnerschaft und die vernichtende herablassende Barmherzigkeit derer von der kirchlichen Rechten hatten aber jeden Gesprächsansatz verdorben.

Ich hatte dann mit mir gerungen, wenigstens nach der Abstimmung in einer persönlichen Stellungnahme das Wort zur Sache zu nehmen, weil ja jeder in der Synode von meiner schwulen Lebensweise wußte und irgend etwas wohl auch von mir erwartete, aber diese klebrige, lauernde Geisteshaltung, aus der schwulen kirchlichen Praxis noch etwas aufzuschnappen, haben hat mir den Mund doch verschlossen.

Aber als alles vorbei war, wurde ich auf dem Flur dauernd gefragt, ob ich denn mit dieser Entscheidung leben könnte - im Plenum hat sich das keiner getraut, zu fragen. An meiner persönlichen Lebensweise ging dieser Beschluß reichlich vorbei. Aber es ging ja nun wirklich nicht um mich, sondern die Kirche rang sich bei einem von ihr in der Vergangenheit niederträchtig behandelten Thema zu einem neuen Ansatz durch. Und das war ein großer Gewinn.

Sehr bedenklich stimmte es mich, daß der in dieser Synodalsitzung frisch gewählte neue Oberlandeskirchenrat Kollmar dem Beschluß völlig ablehnend gegenüberstand, später eine reichlich überholte Stellungnahme einer konservativen Kirchengruppe im Gemeindeausschuß vorlegte und sich bis heute einem Gespräch mit Mitgliedern der Braunschweiger Regionalgruppe der HuK, anders als Frau OLKR Müller, verschlossen hat.

Die Stellungnahme erreichte die Gemeinden und zehn Pfarrer der Landeskirche (Stefan Gresing, Christian Tegtmeier, Susann Golze, Frank-Georg Gozdek, Karl Leyrer, Dirk Westphal, M. Schultzki, Claus-Dieter Sonnenberg, Udo Hauke, Johannes Dose), der Prediger Gerhard Tittelmeier und Landeskirchenbaurat Renner reagierten am 20.1.1995 mit einem Brief an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dem sie eine sehr ausführliche Ausarbeitung des Neumünsteraner Pfarrers Dieter Müller beilegten, in der noch einmal alle fundamentalistischen Positionen wiederholt wurden. Alle außerehelichen Lebensformen dürften nur in sexueller Enthaltsamkeit gelebt werden, genital gelebte Homosexualität sei Sünde, keine Segnungen homosexueller Beziehungen, keine Berufung Schwuler in das Pfarramt.

Wissenschaftliche Arbeiten

Das Verhältnis von Homosexualität und Kirche wurde in unserer engeren Region nun auch auf Prüfungsebene behandelt. Im September 1995 legte Ulrike von Trotha bei Prof. Dross zur Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen eine Hausarbeit zum Thema "Homosexualität und Christentum" vor, in der sich die Verfasserin gründlich und verständnisvoll mit der Problematik auseinandersetzte. Als ein kleiner Durchbruch kann es auch bezeichnet werden, daß Vikar Thomas Meyer als Hausarbeit zum 2. theologischen Examen in Wolfenbüttel 1996 das Thema "Homosexualität als Problem der Seelsorge" vorlegte. Die Arbeit setzt sich fair mit den unterschiedlichen Seelsorgepositionen im Gespräch mit Schwulen und Lesben auseinander und favorisiert deutlich die Selbstannahme des Schwulen als Seelsorgeziel bei gleichzeitiger ständiger Überprüfung des Seelsorgers hinsichtlich eigener homophober Einstellungen.

Der Christopher-Street-Day

Ich beteiligte mich auch am fröhlichen Treiben der CSD-Demos in Berlin, bei denen ein ellenlanger Zug durch Westberlin zog, später durchs Brandenburger Tor, wo der Jubel auf den bunt geschmückten Wagen beim ersten Mal zum Orkan anschwoll, es gab einen Block schwuler Polizisten, einen anderen lesbischer Lehrerinnen, Kinder begleiteten sie. Endlich trauten sie sich. Die HuK zog in letzter Zeit auch mit einem Wagen mit.

Die HuK veranstaltete regelmäßig zu diesem Anlaß am Vorabend des CSD einen ökumenischen Gottesdienst in der Paul Gerhardt-Kirche. Es war ein ergreifendes Bild, wenn viele, viele zum Fürbittgebet nach vorne an den Altar gingen und dort behutsam ein Teelicht zur Erinnerung an einen Verstorbenen hinstellten. Es waren meist Aids-Tote. Auch im Braunschweigischen war ein Pfarrer aus einer angesehenen Pfarrersfamilie, der dann in die Seemannsmission nach Amsterdam gegangen war, zu Hause, von der Familie aufgenommen und getröstet, an Aids gestorben.

In diesen geprägten Gottesdiensten mit oft völlig kirchenfremden Leuten hielten wir selbstverständlich das Abendmahl, Katholiken und Protestanten zusammen am Altar und beim Austeilen, alle waren eingeladen und kamen auch, ob in der Kirche oder ausgetreten. Gerade die Schwulen hatten wirklich Gründe, der Kirche den Rücken zuzuwenden, und es ist bislang der HuK nicht gedankt worden, in welchem Maße sie die schwulen Christen und lesbischen Christinnen doch an die organisierte Kirche bindet.

Zweimal habe ich anläßlich dieser Gottesdienste in Berlin gepredigt, was mir ausgesprochen Freude gemacht hat.

Predigt am 26.6.1998, dem Vorabend des CSD, in der Berliner Paul Gerhardt-Kirche

Thema des Gottesdienst war: die von Gott gewollte, befreite und berührte Gemeinde.

"Liebe Schwestern und Brüder in der Paul Gerhardt-Gemeinde,

ihr von Gott gewollte, befreite und berührte schwul/lesbische geprägte Gemeinde,

liebe Zaungäste, die ihr vielleicht erleben wollt, wie man beides zusammenbringen kann: den lieben Gott und eine schwul/lesbische Lebensweise,

liebe Gemeinde am Vorabend des CSD!

Wir feiern in diesem Jahr ein Jubiläum: den 20. CSD in Berlin. 1979 die erste CSD-Demo durch das damals fest vermauerte Berlin. Und wie gerne erinnere ich mich an den CSD, als es zum ersten Mal durch das Brandenburger Tor ging, und es goß in Strömen und kühlte unsere Begeisterung. Die HuK damals noch zu Fuß, seit letztem Jahr mit einem Wagen dabei. Und immer mehr trauen sich: ich habe mir doch die Augen gerieben, als ich zum ersten Mal einen Block schwuler Polizisten mitmarschieren sah, also jene, vor denen wir uns im Park hinter den nächsten kräftigen Baum verdrückten, wenn sie mit aufgeblendetem Autoscheinwerfer Streife fuhren.

Inzwischen können die Unermüdlichen den CSD öfters feiern. Hamburg hat ihn hinter sich, Köln noch vor sich.

Was 1979 eine kantige, profilierte, zwar kleine, aber vor allem politisch motivierte Demo war, ist heute zu einem riesigen, bunten, lustvollen Umzug geworden. Die politischen Parolen kommen am Ende, im autonomen Block, im Wahljahr rücken sie vielleicht wieder weiter in die Mitte.

Im nächsten Jahr wieder ein Jubiläum, dann aber weltweit: 30 Jahre seit dem 27. Juni 1969, als sich 500 Schwule und Lesben in der Christopher Street Nr. 53 in New York vor der Subkneipe Stonewall eine befreiende Prügelei mit der verblüfften Polizei lieferten. Denen biblische Vergleiche und Bilder zur Verfügung stehen, sagen: wir haben endlich Land erreicht. Jahrhundertelang - aus der Optik der Heten - als verfaulendes Treibholz in der Brühe der schwulenfremden und schwulenfeindlichen Gesellschaft diskriminiert - nun endlich Land, wie Noah nach der Sintflut, und immer mehr Land und festen Boden unter den Füßen. Es ist wichtig, daß wir uns die Anfänge immer wieder in Erinnerung rufen. Ich fände es notwendig, daß jede Demo Jahr für Jahr mit der Verlesung ein und derselben gültig formulierten Gründungsgeschichte beginnen würde.

Uns paar Christen im Gewimmle des CSD ist es eine zusätzliche Freude, daß wir am Vorabend des CSD auch unsern Glauben nicht verstecken, unsere Lieder singen, uns in der Schrift tummeln, in diesem Jahr in den Psalm 16 vertiefen, abgedruckt in der Gottesdienstordnung.

Wir finden den Zugang zu diesem Text von hinten: Vers 11: "Du tust mir kund den Weg zum Leben" - "Du zeigst mir den Weg zum Leben", übersetzt ein anderer.

Den Weg zu einem ungeteilten Leben mit DIR,

mit dem unerschöpflichen und unbegreiflichen, mal ganz fremden und fernen und mal ganz nahen und dann vielleicht tief befriedigenden Gott - oder: wenn er ganz nahe ist, können wir auch sagen hören: weh mir, ich vergehe.

Ein Leben mit Gott ist ein ungeteiltes Leben, nicht aufgetrennt in Schwule und Heten, in Gesunde und Sterbenskranke, in Asylsuchende und Einheimische, in Fromme und Gottlose. Solche Grenzen ziehen Menschen, vielleicht aus Selbstschutz oder aus Unwissenheit oder aus Hochmut. Im Leben mit Gott gehören sie alle zusammen.

Zusammen unter seinem Wort,

unter seinem Ja: ihr seid von mir gewollt und befreit.

Und unter seinem Nein zu Gewalt und Abgrenzung und Arroganz, die es unter uns Schwulen ja auch gibt.

Das Leben mit Gott ist nicht die Kuschelecke, in der wir uns im Glauben gemütlich niederlassen. Das Leben mit Gott ist die Erfahrung einer phantastischen Freiheit, eines scharf schneidenden Widerstandes und einer unermüdlich und immer erneuerten Einladung, sich auf ihn einzulassen.

Es heißt nicht: du tust uns das Leben mit Gott kund, sondern den Weg zum Leben, soll heißen: wir sollen uns gefälligst bewegen, auf den Weg machen, uns rühren, uns bemerkbar machen, Schritte nach vorn wagen.

Wenn uns sein Wort berührt, wenn der Funke seiner Freiheit uns versengt, nämlich unser altes, koddriges, abgeducktes, angepaßtes, knechtisches Wesen - das merken wir daran, daß wir uns bewegen. Glauben heißt: sich bewegen, berührt von dem befreienden Wort Gottes.

Aber Vorsicht: daß man sich nicht in der Richtung irre.

Vers 4: "Aber jene, die einem andern nachlaufen, werden viel Herzeleid haben".

Das ist nicht von zweien gesagt, bei denen sich einer löst und mal für eine Nacht "einem andern nachläuft", oder der nach 20jähriger Freundschaft einem "andern - natürlich dann Jüngeren - nachläuft", - nein, das müssen die schon unter sich ausmachen. Unsere, in der schwulen Kultur strukturell angelegten Mehrfachbeziehungen, die es in der gegengeschlechtlichen Lebensweise ja auch gibt, sollten wir sehr viel positiver in der öffentlichen Diskussion rüberbringen.

Hier ist gemeint: jene, die einem andern Gott nachlaufen, andern Göttern nachlaufen, die werden das zu spüren bekommen, schmerzlich zu spüren bekommen, da wo das Leben pulsiert: am Herzen. Auch uns, den schwul geprägten und liebend gern schwul/lesbischen Christinnen und Christen hält Gott das erste Gebot vor, wie allen andern - es gibt keine besonderes Wort Gottes für die Schwulen - also dasselbe erste Gebot: ich bin der Herr, dein Gott, ihr sollt andere Götter neben mit mir nicht haben.

Also die sich für die unschlagbaren und unwiderstehlichen Götter halten und aufspielen,

die einen, weil sie aus Erfahrung so unendlich gut Bescheid wissen, wie es abläuft,

andere, weil sie sich an der dauerhaften Unterdrückung freuen,

wieder andere, weil sie sich so toll und jugendlich vorkommen.

Ihr unwiderstehlichen Götter, seht euch um, ob das die Richtung ist zu einen Leben, wo "Freude die Fülle" ist und wo, Vers 9, "deine Seele fröhlich ist".

Und so geht es weiter: "auch dein Leib wird sicher liegen".

Wie gerne würde ich jetzt eure Phantasien abrufen: "Auch dein Leib wird sicher liegen" - so viel ist gewiß:

Die Körperlage gehört zu einem Leben mit Gott, das uns Wonne verspricht,

ohne Einschränkung und es folgt kein "aber". Die Körperlage gehört zu einem Leben mit Gott.

Die Kirche kann von ihren schwulen Mitgliedern viel lernen, nämlich, daß der Körper zum Glauben gehört, daß die sexuellen Regungen und Wünsche und Verschlungenheiten zu einem ungeteilten Leben mit Gott dazugehören, und diese deshalb unter dem befreienden Ja und unter dem richtenden Nein Gottes stehen.

Auch mein Leib wird sicher liegen - mit einer überraschenden Begründung, auf die wir nicht gekommen wären: "denn du wirst mich nicht dem Tode überlassen".

Wenn ein Jude - damals wenigstens - "Leib" hörte, "Körper" - dann hörte er auch immer "Hinfälligkeit", "Absterben", "Auslaufen", "Abgang", "Verwelken", wie eine Blume, wie ein blühendes Gras, und dann ist es nimmer da. So ist es bei einem Leben mit Gott nicht.

Du tust mir kund den Weg zum Leben, zu einem die Enttäuschung, den Frust, die Hinfälligkeit, den Tod überwindendes Leben. Das Ende des Weges ist nicht die "Grube", sondern das Leben, mit Körper und Seele, mit Außenhaut und Innenraum, das sich bewegt, das festen Boden unter den Füßen hat. "Ich lobe den Herrn, der mich beraten hat, auch mahnt mich mein Herz des Nachts. Ich habe den Herrn allezeit vor Augen; steht er mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben". "Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist, weil Leben heißt: sich regen". Amen.

Segnungen in Offleben

Die Diskussion um Segnungen in der Kirche wurden immer vernehmlicher. Hans Georg Wiedemann hatte in seinem 1995 erschienenen Buch "Homosexuell - Das Buch für homosexuell Liebende, ihre Angehörigen und ihre Gegner" im Kapitel "Standesamt und Gottesdienste für homosexuelle Paare" einen "Lebensbündnisgottesdienst" 1994 in einer Kölner Kirche beschrieben. Der Kirchenvorstand hatte zugestimmt. Diese Zustimmung konnte sich auf einen Beschluß des Europaparlamentes berufen, wonach die Nichtzulassung von homosexuellen Paaren zur Eheschließung und das Vorenthalten der vollen Rechte und Vorteile, wie sie sich aus der Eheschließung ergeben, abzuschaffen seien, ebenso die Beschneidung des Rechtes von Schwulen und Lesben auf Elternschaft und Adoption und Erziehung von Kindern.

Die im Oktober 1994 veröffentlichten Arnoldsheimer Thesen hingegen, zu denen neben 15 anderen evangelischen Kirchen auch die Braunschweigische Landeskirche gehörte, hatte eine eigene gottesdienstliche Handlung nicht befürwortet. Sie hatten zwar die Ausgrenzung homophiler Menschen in Kirche und Gesellschaft als einen Irrweg bezeichnet und von der Anerkennung und Gleichstellung schwuler Lebensformen auch im Dienst der Kirche gesprochen. Dann aber fielen sie wieder zurück in die herablassende Diktion von der "seelsorgerlichen Zuwendung". Mit diesen Thesen war also wenig für die Praxis gewonnen.

Woanders war man da schon weiter. In einer Hannoverschen Kirchengemeinde veranstaltetet die Hannoveraner HuK bereits 1993 eine Partnerschaftssegnung.

Bei mir meldete sich eines Tages telefonisch ein Mann, der eine kirchliche Segnung seiner Partnerschaft begehrte. Ich war ziemlich zurückhaltend, fragte, wie er gerade auf mich käme. Er hatte rumgefragt. Ich hatte in der Schwulenzeitschrift Magnus ein Interview gegeben, das ein Braunschweiger, der nun in Holland wohnte, mit mir gemacht hatte. Mein Name war in diesen Kreisen irgendwie bekannt. Dann war er schließlich in Berlin bei der HuK gelandet und von dort eben in Offleben. Ich bat ihn, noch mal anzurufen, ich wollte mir das erst überlegen. Nach einem zweiten Telefonat verabredeten wir einen Termin in Offleben mit offenem Gesprächsausgang.

Das waren nun nicht die strahlenden, sich unwiderstehlich vorkommenden Männertypen, die mir da gegenübersaßen, sondern Männer zwischen 20 und 30, die sich liebten und von mir gesegnet werden wollten.

Mir war völlig klar, daß ich das nur in einem Gottesdienst und nicht privat im Amtszimmer vollziehen würde, daß ich einen solchen Gottesdienst nicht im Dunkeln nachts machen wollte, sondern in einem Gottesdienst mit Glocken und damit Einladung an die ganze Gemeinde und einer geistlichen Ordnung, die wir absprechen sollten, und daß kein Theater sein sollte mit Fernsehen und gepuschter Öffentlichkeit. Schon in den Bekenntnisschriften heißt es, daß der Gottesdienst öffentlich zu sein habe ("publice docere"), und "Winkelmessen" zu verabscheuen seien. Ich war auch der Meinung, daß ich lange genug Rücksicht auf die Kirchenleitung genommen hatte.

Wir vereinbarten einen Sonnabend um 17.00 Uhr, eine Zeit, die als Gottesdienstzeit in Offleben auch üblich ist. Die Sonntagsgemeinde würde nach wie vor am folgenden Tag um 10.00 Uhr kommen. Wir vereinbarten einen zweiten Termin für die Absprache der Gestaltung des Gottesdienstes. Nach dem Gottesdienst sollte im Pfarrhaus eine Feier sein.

Sie waren einverstanden und als wir uns nach Wochen wiedertrafen, wollten sie immer noch zusammenbleiben und wir bastelten eine Gottesdienstordnung zusammen: Psalm, Lesung, Gebet, Lieder, Fürbitten, möglichst von Freunden und Bekannten gesprochen. Ringtausch - ich winkte ab. Das war das Symbol bei der Eheschließung und gerade das sollte es ja nicht sein. So attraktiv war denn auch nicht, was ich an Ehe um mich herum erlebte, daß die beiden eine Ehe imitieren müßten. Schwule Partnerschaft hatte ihr eigenes Profil.

Sie sollten sich etwas anderes überlegen und wir kamen auf einen Stein, der dann einen besonderen Platz in ihrer Wohnung haben sollte. Sie suchten sich einen aus und kamen zum dritten Mal.

Ich machte daraus eine Steinpredigt. Ein sie verbindender Spruch auch als Text für die Predigt? Da hatten sie sich was überlegt. "Sei getreu bis in den Tod". Ich dachte, ich höre nicht recht. "Von wem haben Sie den denn?", fragte ich. "Von der Großmutter oder von wem?" Nein, er wäre nicht von der Großmutter, sondern, wenn nun einer von ihnen stürbe, dann sollte die Verbindung nicht abreißen. Ich wurde verlegen vor soviel Enthusiasmus, aber auch ein bißchen beschämt. Das hatte mir bei einem Traugespräch noch nie ein Ehepartner gesagt. Das war nun nicht gerade eine homiletische Herausforderung , aber für diesen Fall vielleicht doch.

Ich benutzte den Spruch bei der Einsegnung, die ich wie bei einer Konfirmation oder bei der Segnung der Eltern beim Taufgottesdienst vollzog. Es war ein buntes, fröhliches, mir ganz unbekanntes Volk im Gottesdienst und wir waren alle zufrieden. Nach dem Gottesdienst wurde in der ganzen unteren Etage des Pfarrhauses gefeiert. Am nächsten Tag, dem Sonntag, erzählte ich der Gemeinde von der Segnung und wiederholte meine Steinpredigt, die genauso für die Sonntagsgemeinde galt wie für die Samstagsgemeinde. Es gab kein besonderes Evangelium für Schwulengottesdienste. Alle standen unter dem befreienden und (auf)richtenden Wort Gottes.

Ein halbes Jahr später hatten sie sich getrennt., und ich bekam Gewissensbisse. Das waren ja die gängigen Vorurteile, daß die schwulen Freundschaften nicht dauerhaft seien.

Ich tröstete mich mit der Erinnerung an die kürzeste Ehe, die ich erlebt hatte: da war der Sohn eines prominenten Schöningers mit seiner Sekretärin bei mir aufgetaucht und wollte getraut werden. Ich fühlte mich in meinen jungen Jahren wohl auch etwas geschmeichelt, daß sie zu mir kamen und machte es. Später erfuhr ich, daß diese Ehe nur einen Tag gedauert hatte. Die Frau bestand auf einer kirchlichen Trauung, sie war schwanger und wollte mit Standesamt und Kirche ihrem werdenden Sprößling die amtlichen Würden verleihen. Da fühlte ich mich regelrecht hintergangen. Und das waren nicht zwei Schwule, sondern Mann und Frau in den Koordinaten von "Ehe als Ordnung Gottes" und "... bis der Tod euch scheidet". Ich war ziemlich bedient.

Als ich von der Segnung der beiden Schwulen auf der Oktobersynode in Salzgitter-Bad erzählte, äußerte sich OLKR Becker ganz sachlich, daß dies seiner Meinung nach rechtlich und theologisch nicht erlaubt sei und Landesbischof Müller verband den Segen mit dem Bibelwort "Seid fruchtbar und mehret euch". Das war mir doch eher fremd. Die Presse jedoch machte aus dieser kleinen Begebenheit einen Knaller "Homosexualität erregt Kirche: Segen für ein Paar?" berichtete die Hildesheimer Zeitung.

Dann kam eine zweite Segnung hinzu: beide wohnten in Offleben, den einen hatte ich konfirmiert, die Mutter war in der Frauenhilfe, der Kirchenvorstand hatte nichts dagegen, im Dorf gab es Stänkereien, man würde aus der Kirche austreten, wenn ich das täte. Es war ein Gottesdienst mit großer Beteiligung, im Kreis mit Liedern und Lesungen, Versprechen und Vaterunser mit Handauflegung. Kein Mensch ist aus diesem Grunde damals aus der Kirche ausgetreten. Ich habe die tapfere Haltung der Offleber Eltern sehr bewundert Die Feuerwehr stand beim Gang aus der Kirche Spalier, wir feierten nach dem Segnungsgottesdienst im Dorfgemeinschaftshaus eine fröhliche Feier, kurzum: es war richtig schön.

Meine Frage war: Soll ich das nun in ein Kirchenbuch eintragen? Sollen die beiden ein Gedenkblatt mit einem Siegel der Kirche erhalten? Ich traute mich nicht, im Kirchenbuch eine neue Spalte mit Segnungen einzurichten. Ein Gedenkblatt erhielten sie. Die Akzeptanz in der Bevölkerung und in der volkskirchlichen Kirchengemeinde war jedenfalls sehr viel größer als die zögerliche Haltung der Kirchenleitungen. Die Segnung wurde auch im Gemeindebrief unter der Spalte "Familie und Gemeinde" veröffentlicht.

Ein Blick in die anderen Landeskirchen zu Segnungsgottesdiensten

Wir waren in Offleben mit diesem Vorhaben keineswegs allein. Man kann deshalb beim besten Willen nicht von einem Alleingang reden. Fragen des Segensgottesdienstes wurden auch in anderen Landeskirchen diskutiert.

In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wurden schon 1996 Segnungen sehr wohl bedacht und gründlich diskutiert. "Segnungen in einem öffentlichen Gottesdienst wären in der Regel nicht möglich, aber sehr wohl als Ausnahme, und seien so zu gestalten, daß in der Öffentlichkeit die Segnung als ein Ausnahmefall erkennbar sei."

1997 veröffentliche der Wiener Theologe Ulrich H. J. Körtner in der Septemberausgabe der Evangelischen Kommentare einen vier Seiten langen Aufsatz unter dem Titel "Segen für Schwule". Nicht nur die Ehe habe eine biblische Verheißung, sondern auch "eheanaloge Lebensgemeinschaften". Körtner spricht sich unter der Überschrift "Verheißung für Homosexuelle" für einen öffentlichen Wortgottesdienst mit nachfolgendem Segen bei einer "ganzheitlich und auf unbefri-stete Dauer eingegangene Paarbeziehung" aus. Die gesellschaftliche Leitbildfunktion der Ehe würde durch diese Umbewertung der Homosexualität nicht berührt.

Im theologischen Ausschuß der Westfälischen Kirche wurden 1998 noch die Stellungnahmen der Gemeinden bearbeitet. Die Synode der Provinzsächsischen Kirche beauftragte die Kirchenleitung 1998, liturgische Gestaltungshilfen für eine Segnung zu erarbeiten.

Ein wichtiges Kriterium ist von der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck erarbeitet worden. Im April 1998 veröffentlichte die Landeskirche eine Thesenreihe unter dem Titel "Was dem Leben dient". Darin wird die "Lebensdienlichkeit" als Kriterium herausgearbeitet. Lebensdienlich sei es, wenn Beziehungen verläßlich und dauerhaft seien. Eine Leitbildfunktion sollten solche Lebensformen haben, die die Würde des menschlichen Lebens respektieren. "Die Würdigung anderer Lebensformen, insofern sie lebensdienlich sind, stellen Ehe und Familie als Regel nicht in Frage."

Der Theologische Ausschuß der österreichischen Generalsynode legte folgende Stellungnahme vor, in der es u.a. heißt, nicht nur die Ehe habe eine biblische Verheißung, die es öffentlich zu bezeugen gelte, sondern auch eheanaloge Lebensgemeinschaften lebten aus dem Geschenk der Versöhnung in Christus, praktizierten ihren Glauben in Vergebung und Neubeginn und bedürften der Vergewisserung durch den Segen Gottes. "Grundsätzlich ist daher nach Ansicht des Theologischen Ausschusses ein öffentlicher Segnungsgottesdienst für homosexuelle Lebensgemeinschaften nicht auszuschließen, weil es unter den genannten Voraussetzungen einen begründeten Anlaß zu evangeliumsgemäßer öffentlicher Verkündigung gibt, die im Segen ihren sichtbaren und sinnlich erfahrbaren Ausdruck findet." Der Gottesdienstausschuß der Synode erarbeitete auch eine Segnungsagende.

In einem Reader der GOK zur einer Tagung am 31.10.1998 in der Evangelischen Fachhochschule Hannover werden verschiedene Segnungsformulare genannt: ein Partnerschaftssegnungsgottesdienst der HuK Hannover, eine vom Presbyterium der Kirchengemeinde Düren beschlossene Gottesdienstordnung zu diesem Anlaß, einer aus der österreichischen Kirche und einige ausgesprochen geglückte aus den niederländischen Kirchen. Die Arbeitsgruppe "Lebensgemeinschaften" der Remonstrantischen Bruderschaft Amsterdam machte folgende Vorschlag für das Versprechen beider Partner:

"Vor Gott und seiner Gemeinde will ich, N.N., hier deinen Namen, N.N., mit Liebe aussprechen. Voll Freude bitte ich dich, auf Dauer Teilhaber an meinem Leben zu sein. Ich gelobe, mit Treue und Ausdauer neben dir zu stehen in guten und bösen Tagen. Und mich verlangt danach, gemeinsam mit dir den Weg nach Gottes Reich zu gehen. Möge er uns dabei voraussein."

Die Maarten Luther-Kerk Amsterdam verwendet folgende Formel:

"Ich nenne dich... bei deinem Namen und in einem Atemzug will ich mit dir genannt werden. Mit dir will ich gesegnet sein und gehen all die Tage in der Sonne und in Dunkelheit. Ich verspreche, daß ich für dich ein steter Hort sein will. Auf daß Gott uns nie fehlen möge."

Es gibt auch zahlreiche Liturgiebeispiele für Segnungen von Partnerschaften aus den USA, auch wenn offiziell die Kirchenleitung Segnungsgottesdienste nicht befürwortet. Das entscheidende Wort haben dort die Kirchenvorstände.

Orientierungshilfe der EKD "Mit Spannungen leben"

0000>1996 nahm die EKD einen erneuten Anlauf, ihr Verhältnis zu den schwulen Mitarbeitern zu klären. In einer "Orientierungshilfe" der EKD vom Februar 1996 hieß es einleitend, das immer schon vorhandene, häufig aber verschwiegene Problem, wie sich die Kirche zu ihren homosexuellen Mitgliedern verhalten solle, sei zu einem unabweisbaren Thema innerkirchlicher Auseinandersetzungen geworden. Tatsächlich war dieses Thema viel weniger von uns Schwulen als eben von der Kirchenleitung verschwiegen und wie im "Falle Brinker" gerade von der Kirchenleitung in die Nichtöffentlichkeit gedrängt worden. Einleitend bedauerten die Verfasser das schwere Unrecht an den Schwulen in Laufe der Geschichte, und daß sich die Kirche oft nicht schützend vor die Angegriffenen gestellt hatte, sondern an ihnen mitschuldig geworden sei. Diese verharmlosende Feststellung ließ bereits nicht Gutes oder gar wirklich Weiterführendes mehr erwarten. Die Orientierungshilfe versuchte einen Spagat zwischen den äußerst unterschiedlichen Vorgehensweisen innerhalb der evangelischen Landeskirchen: die einen lassen schwule Partner bereits in Pfarrhäusern wohnen, wenn die Kirchenvorstände keine Einwände erheben, andere disziplinieren immer noch ihre PfarrerInnenschaft mit Berufsverbot.

Entsprechend gedehnt waren die Aussagen der Orientierungshilfe mit dem bezeichnenden Titel "Mit Spannungen leben". Es gäbe eine "deutliche Spannung" hinsichtlich der biblische Aussagen. Die negativen Aussagen der Bibel bezögen sich nur "auf die homosexuelle Praxis als solches, nicht jedoch auf deren ethische Gestaltung." Und eben diese sei doch entscheidend. Im Hinblick auf die Ehe betonte die Orientierungshilfe deren Leitbildfunktion. Die Fülle des menschlichen partnerschaftlichen Lebens wäre "nur in Ehe und Familie möglich", die Enthaltsamkeit wurde plötzlich als ein Charisma gepriesen. Diakonissen, Nonnen, Mönche und Priester werden aus Beispiele für offenbar gelingende Enthaltsamkeit vorgestellt. Richtiger wäre es, endlich lesbische Ausformungen der Kaiserswerther Mutterhausdiakonie zu diskutieren und zu veröffentlichen.

Es sei nicht vertretbar, das Pfarramt generell für homosexuell lebende Menschen zu öffnen, sondern es bedürfe einer "gründlichen Prüfung in Einzelfällen." Es müsse nämlich geprüft werden, ob der/die PfarrerIn auch die Bekenntnisgrundlage der Kirche anerkenne und ob er/sie ausdrücklich darauf verzichte, "die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft als gleichrangiges oder gar überlegenes Leitbild zu propagieren." Gegen ein Zusammenleben in Pfarrhäusern sprächen insgesamt viele Argumente, allerdings wird den Kirchenleitungen auch hier notgedrungen freie Hand gelassen.

Der totale Krampf dieser sogenannten Orientierungshilfe wurde beim letzten Abschnitt über die Segnungen deutlich. "Die Segnung einer homosexuellen Partnerschaft kann nicht zugelassen werden. In Betracht kommt allein die Segnung von Menschen." Mit dieser künstlichen Unterscheidung zwischen schwuler Partnerschaft und schwulen Menschen wiederholte die Kirche die andere ziemlich perfide Unterscheidung, Gott verurteile die Homosexualität, aber liebe den homosexuellen Sünder. Nun also: kein Segen für eine Partnerschaft, wohl aber Segen für Partner. Der Grund für die rabbulistische Unterscheidung wurde in Folgendem genannt: "Ihren Ort hat eine solche Segnung in der Seelsorge und der damit gegebenen Intimität. Diese Segnung im Rahmen eines Gottesdienstes vorzunehmen, kann wegen der Gefahr von Mißverständnissen nicht befürwortet werden."

Als ob eine kirchliche Trauung von Mann und Frau nicht ebensolche Intimität verlange - oder das Wort Intimität wird nur für den Sachverhalt der Verheimlichung mißbraucht - und als ob nicht auch die kirchliche Trauung frei von Mißverständnissen sei, etwa der Art, daß die beiden nun auf Gedeih und Verderb unter einer "Ordnung Gottes" zusammengeschmiedet seien und als ob wirklich Gott es sei, der die beiden zusammenführe. Diese "Orientierungshilfe" der EKD 15 Jahre nach der "Orientierungshilfe" der VELKD war keine und war im Hinblick auf die sich inzwischen weit entwickelte schwule kirchliche Kultur und Praxis ohne Bedeutung. Sie sollte ein Damm sein gegen eine ihrer Meinung nach ausufernde Praxis in einigen Landeskirchen.

Die "Gruppe Offene Kirche in Niedersachsen e.V." stellte lapidar fest, daß diese Orientierungshilfe der EKD in vielen Punkten hinter die Position vieler Landeskirchen zurückfalle. Sie sei "kaum brauchbar". Im einzelnen kritisierte sie die viel zu geringe Beteiligung von homosexuell geprägten Menschen in der Kommission, das Schuldeingeständnis der Kirche wirke lau und ungenau, die behauptete "deutliche Spannung" im theologischen Glaubensverständnis sei künstlich, die für die Pfarrerinnen und Pfarrer postulierte "Sonder-Ethik" widerspreche dem reformatorischen Bild von Kirche als Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern. Die GOK formulierte folgende Erwartungen an eine Orientierungshilfe, "statt einem wohlmeinenden Appell zur Rücksichtnahme und Toleranz, daß

Überraschung nach Beendigung der Dienstzeit

Ganz überraschend wurde die Schwulenfrage gegen mich persönlich nach Beendigung meiner Dienstzeit im Verfahren der Kirchenleitung wegen einiger Äußerungen in "Kirche von Unten" und wegen eines PDS-Plakates verwendet. Am 11.11.1999 verhandelte die Kammer der Konföderation in dieser Sache gegen mich.

Die Anschuldigungsbehörde hatte unter der Beschreibung zu meiner Person als Beschuldigtem den etwas merkwürdigen Satz geschrieben. "Von Unterhaltszahlungen ist nichts bekannt". Damit ließ sie gezielt offen, daß ich zu Unterhaltszahlungen verpflichtet sein könnte, aber diese dem Amt nicht bekannt wären. Diese Bemerkung fand ich seitens des Landeskirchenamtes am Ende meiner Dienstzeit doch etwas albern und konterte sie in meiner schriftlichen Einlassung zur Person fol-gendermaßen: "Ich habe keine Unterhaltspflichten zu leisten, was ja bei einem schwulen Pfarrer auch etwas ungewöhnlich wäre. Immerhin unterstellt das Landeskirchenamt hiermit, daß auch schwule Partnerschaften für Kindererziehung zuständig sein könnten, was ich durchaus erfreulich finde."

Diese leichthin und mehr nebenbei hingeworfene Bemerkung, die dann in der weiteren mündlichen Verhandlung auch keine Rolle mehr spielte, wurde von der Kammer zum Anlaß genommen, in der späteren schriftlichen Begründung sich ausgiebig über die Homosexualität auszulassen und vor allem das beanstandete Plakat entsprechend zu deuten, was ich von vorneherein abgelehnt und bestritten hatte.

Bereits auf Seite 3 des Kammerurteils hieß es: "Er bekennt sich zur Homosexualität." Das war nun wirklich nicht meine Sprache. Ich "bekenne" mich nicht zur Homosexualität, sondern ich bin schwul und habe daraus kein Geheimnis gemacht. Ich "bekenne" mich zu Jesus Christus, das langt mir an Bekenntnis.

Natürlich würde bei keinem verheirateten Pfarrer vor der Kammer auf dessen sexuelle Orientierung Bezug genommen etwa: "Er bekennt sich zur Heterosexualität." Dieser Satz hatte bereits diskriminierenden Charakter. Die Kammer sagte nicht, er bekennt sich zu "seiner" Homosexualität. Aber das war natürlich gemeint.

Später traf die Kammer folgende Feststellungen zum Verhältnis zwischen Kirche und Homosexualität:

(S. 11): "Die Fotomontage zweier nackter junger Männer - ob beim Analverkehr oder (auf Grund der Haltung beider) nur dem Anschein nach - in Verbindung mit dem Slogan "Andersrum muß regiert werden" war schon für sich geeignet, Anstoß zu erregen. Eine besondere Bedeutung erhielt dies durch die Kenntnis, daß ein ordinierter Geistlicher der evangelisch-lutherischen Kirche der Initiator dieser vom eigenen Verteidiger als wenig gelungen bezeichneten Kollage war. Auch im Hinblick auf eine heutzutage weitgehend liberalisierte Einstellung zu geschlechtlichen Beziehungen und ihrer bevorzugten Darstellung in den Medien stellt die Gleichgeschlechtlichkeit immer noch eine Ausnahme zwischenmenschlicher Beziehungen dar, deren öffentliches Zur-Schaustellen das ästhetische Empfinden vieler, insbesondere der Kirche Nahestehender, verletzt. Wenn sich ein Pfarrer in dieser aufdringlichen Weise zum öffentlichen Wortführer macht, stellt dies ein Ärgernis dar, ist dies ein Auftritt, der sich mit der Würde des Amtes nicht verträgt."

Was war eigentlich passiert? Ich hatte während des Wahlkampfes im September 1998 für kurze Zeit ein Plakat verwendet, in dem ich mich für die Rechte der Minderheiten einsetzte. Auf dem Bild küssen sich zwei sitzende Männer. Das Plakat wurde nicht beanstandet. Ich verwendete ein anderes Plakat, in dem es hieß: "Gemeinsam-zärtlich-radikal/beim ersten Mal/PDS Küssner". Zur Illustration: zwei Männer, die sich küssen. Und ein drittes Plakat, auf dem es hieß: "Andersrum muß regiert werden/gemeinsam-zärtlich-radikal/PDS Küssner" illustriert mit einer Abbildung von der Kölner Aidshilfe, zwei Gestalten beim Liebespiel. Bei diesem Plakat handelte es sich um eines der ersten Versuchsplakate. In der Regel lautete der Text bei der gleichen Abbildung: "Gemeinsam-zärtlich-radikal/Beim ersten Mal/PDS Küssner." Die Staatsanwaltschaft hatte kurze Zeit wegen des Verdachtes der Verbreitung pornographischer Schriften ermittelt, das Verfahren aber gegen eine Zahlung von 500 DM an die Aidshilfe Köln eingestellt. Die Kirchenleitung hätte sich dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft anschließen können und beispielsweise wegen eines höheren sittliche Anspruches 1000 DM kassieren können, aber sie machte daraus eine Staatsaktion mit dem Ziel, mich völlig aus dem Dienst zu entfernen.

In der Anschuldigungsschrift hatte die Kirchenleitung eine Behandlung der Schwulenfrage völlig unterlassen, war auch nicht auf meine Engagement vor der Synode in dieser Sache oder auf die Segnungen in Offleben eingegangen. Sie hatte zwar im Laufe der Ermittlungen einmal aus meinen Bericht in der internen HuK Mitteilung zitiert, aber dann diese Beweisführung völlig fallengelassen. Auch in der mündlichen Verhandlung war keine Rede von der Schwulenfrage. Nun machte die Kammer völlig überraschend in der schriftliche Ausfertigung des Urteils solche weitreichenden Äußerungen.

Homosexualität darf also dem Kammerurteil nach nicht gezeigt werden: keine Umarmung, kein Hand in Hand gehen, kein Kuß auf der Straße oder im Lokal. Schwule Liebe sollte besser verheimlicht werden. Das gilt offenbar nicht für die Heterosexuellen, weil die gegengeschlechtliche Orientierung kein "Ausnahme" darstellt. Die Kammer gibt zu, daß schwule Liebe in den Medien "bevorzugt" dargestellt wird. Dann sollte aber die in der Öffentlichkeit gezeigte schwule liebevolle Partnerschaft nicht mehr derart gewöhnungsbedürftig sein, daß die Kammer die Öffentlichkeit schwuler Liebe tadelt.

Die Kammer sah das "ästhetische Empfinden" verletzt. Nicht etwa durch unästhetische Formen öffentlich gezeigter heterosexueller Orientierung, von denen es in der Reklame ja nur so wimmelt, sondern die in der Öffentlichkeit gezeigte schwule Liebe wäre an sich bereits "unästhetisch", ganz abgesehen von ihrer formalen Gestalt. Und zwar weil sie so selten vorkommt, da sie ja eine Ausnahme ist. Das ist nun wahrhaftig ein starkes Stück homophober Argumentation.

Inwiefern besonders das Empfinden der Kirche Nahestehender verletzt sein sollte, begründete die Kammer nicht. Hatte die Kirche nicht gerade gelernt, daß Sexualität eine gute Gabe Gottes wäre?

Wenn das Bild auf dem Plakat indes Phantasien von Analverkehr wecken sollte, dann könnte sich der rechte Rand der Kirche womöglich deswegen aufregen, weil diese Spielart sexueller Lust als gezielt empfängnisverhütend gilt, die Bibelfesten jedoch die Ehe als den einzigen Ort legitimer Sexualität mit dem Ziel der Fortpflanzung betrachten.

Die Abbildung war mit der Parole "gemeinsam-zärtlich-radikal" versehen. Der Schüler einer Wolfenbüttler Schule, der aus diesem Plakat eine Hausarbeit anfertigte, gab die Intention richtig wieder: Abbildung und Unterschrift deuteten das Plakat als Protest gegen Isolierung, Brutalität und Interesselosigkeit.

Was mochte die Kirche gegen dieses Plakat haben? Wollte sie sich ihre jahrhundertelange Einmischung in die Intimverhältnisse von Menschen sichern, indem sie ihnen sagt, wie und zu welchem Zweck zwei Menschen "richtig" miteinander schlafen?

Was hatte sie gegen die Darstellung dieses ausgesprochen zärtlichen, liebevollen Umgangs miteinander? Die seelsorgerliche Begleitung von bombenwerfenden deutschen Piloten im Jugoslawienkrieg war ihr selbstverständlich und hinsichtlich der Zurschaustellung von Gewalt keinesfalls problematisch. Störte sie die offenkundige Gewaltlosigkeit der Darstellung?

Das Ärgerliche an diesem ganzen Vorgang war, daß sich die Kirche nicht in die geordnete öffentliche Diskussion wagte, sondern im Schutz einer nichtöffentlichen Verhandlung schwulenfeindliche Kirchenpolitik betrieb. Eine Diskussion in kircheneigenen Räumen über dieses Plakat hatte die Wolfenbüttler Kirchenleitung sogar ausdrücklich untersagt.

Der Gesetzentwurf zur Gleichstellung schwul/lesbischer Partnerschaften (2000)

Der Anstoß für die nächste Diskussionsrunde kam von der Bundesregierung.

Die rot/grüne Bundesregierung legte Anfang 2000 einen Gesetzesentwurf zur Gleichstellung von schwul/lesbischen Partnerschaften vor. Das Kirchenamt der EKD äußerte sich umgehend unter der hoffnungsvollen Überschrift "Verläßlichkeit und Verantwortung stärken", allerdings "besorgt." "Schon die Diskussion darüber, ob eine eigene Rechtsform für gleichgeschlechtlich Lebensgemeinschaften geschaffen werden soll, ruft Besorgnis und Kritik hervor." Der besondere staatliche Schutz für Ehe und Familie dürfe nicht angetastet werden. Allerdings löst sich die Verlautbarung des Kirchenamtes von den Denkschrift "Mit Spannungen leben" und empfiehlt gesetzliche Änderungen im Mietrecht, Erbrecht, Zeugnisverweigerungsrecht und Besuchsrecht. Die Bejahung und Stabilisierung dauerhafter, umfassender Partnerschaften gleichgeschlechtlich geprägter Menschen sei ein Beitrag zu einem Bildungs- und Gestaltungsprozeß, dessen Ausgang offen sei.

Im Verhältnis zur Äußerung der Hannoverschen Landeskirche von 1980 im Falle von Pfarrer Brinker bedeutet dies eine Kehrtwendung um 180 Grad. "Es verdient Respekt und sorgfältige Beachtung, wenn nicht wenige in Kirche und Öffentlichkeit insbesondere die Risiken dieses Prozesses sehen. Aus der Sicht des evangelischen Glaubens und der evangelischen Ethik erscheint es aber durchaus vertretbar, sich für rechtliche Regelungen einzusetzen, die geeignet sind, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften als Verantwortungsgemeinschaften zu festigen."

Diese zurückhaltende Position fand scharfen Widerspruch durch die Synodalpräsidentin der norNordelbischen Landeskirche, Langner, die mit Recht feststellte, daß der Ehe gar nichts genommen wird, sondern daß die Rechte aus dem Grundgesetz Artikel 6, der den besonderen Schutz von Ehe und Familie formuliert - übrigens nicht den ausschließlichen! - lediglich erweitert werden. Sogar der Vizepräsident der EKD, Barth, wünschte eine "Beseitigung gravierender Ungleichbehandlungen beispielsweise im Miet- und Erbrecht", auch bei der Zeugnisverweigerung, schlägt aber eine Registrierung beim Amtsgericht vor.

Man muß zugeben, daß sich die Kirche in den letzten zwanzig Jahren doch erheblich von ihren angestammten Positionen wegbewegt hat. Die Diskriminierung schwuler Menschen und schwuler Kultur wird verurteilt, das Zusammenleben akzeptiert, die Rheinische Synode hat Ende 1999 sogar unter gewissen Umständen einer Segnung zugestimmt, jedoch mit vielen, wie ich finde, unannehmbaren Einschränkungen, wobei die Kirche nicht bedenkt, wie diese und andere Einschränkungen wiederum diskriminierend wirken. Sie sieht vor allem rückwärts auf ihre eigenen unzulänglichen Positionen. Es bleibt viel Aufklärungsarbeit zu leisten, wobei die offizielle Kirche hinter der Stimmung und dem Einverständnis in vielen Gemeinde weit hinterherhinkt. Wir sind in den Gemeinden doch schon sehr viel weiter als die Brüder und Schwestern im leitenden Amt der Kirche.

Im August 2001 war es soweit, daß endlich schwul/lesbische Partnerschaften offiziell auf dem Standesamt geschlossen werden konnten. In Wolfenbüttel und Braunschweig meldeten sich schon zum ersten Tag mehrere Paare an. Von der Redaktion der Braunschweiger Zeitung wurde Landesbischof Krause um eine Stellungnahme gebeten. Im Wolfenbüttler Teil der BZ war unter der Zwischenüberschrift "Landesbischof skeptisch" am 19. Juli 2001 zu lesen: "Ob die frisch getrauten Paare auch den kirchlichen Segen in Wolfenbüttel erhalten, ist offen, aber eher unwahrscheinlich. Denn die Braunschweiger Landeskirche habe sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt, betont Landesbischof Dr. Christian Krause. "Deshalb steht eine klare Positionsbestimmung noch aus", sagt er. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt halte sich die Landeskirche an die Vorgaben der EKD und für die stehe die Gleichstellung mit der Ehe "nicht zur Debatte". Ob es in Zukunft trotzdem "irgendeine Art der Segnung" gebe, werde die Diskussion zeigen, hielt sich der scheidende Landesbischof bedeckt..."

Diese Äußerung des Bischofs übersah die lange Entwicklung der Schwulenfrage in unserer Landeskirche und in der Landessynode. Wieder einmal versteckte sich die Kirchenleitung hinter der Haltung der EKD.

Entwurf für eine Segnung einer Lebensgemeinschaft

In der Agendenkommission der Landeskirche hatten wir uns seit Anfang der 90iger Jahre dem Thema "Segnungen" zugewendet und dabei auch einen Entwurf für "Segnung einer Lebensgemeinschaft" ausgearbeitet. Mir war bei der von mir vorgelegten Arbeitsvorlage, die dann noch gründlich in der Kommission bearbeitet wurde, wichtig, daß es gleichgültig wäre, ob diese Lebensgemeinschaft zwischen Männern und Frauen oder zwischen Männern oder zwischen Frauen geschlossen worden war. Nach wie vor bin ich der Auffassung, daß es kein besonderes Wort Gottes für Schwule gibt, das nicht auch für Heterosexuelle gälte und daß nicht die Art der Liebe ausschlaggebend ist, sondern die Tatsache, daß beide sich in gegenseitige dauerhafte Verantwortung begeben und glauben dürfen, von der Liebe Gottes getragen zu sein.

Segnung einer Lebensgemeinschaft

Musik zum Eingang

Votum und Begrüßung

Dies ist der Tag, den der Herr macht; laßt uns freuen und fröhlich an ihm sein. O Herr, hilf! O Herr, laß wohl gelingen!

Ihr seid zur ...-Kirche gekommen, weil ihr für eure Lebensgemeinschaft Glück und Segen von Gott erwartet. Laßt uns an diesem festlichen Tage miteinander sein Wort hören und für euch beten. In Gottes Namen wollen wir euch die Hände auflegen und euch segnen.

Lied

Im Wechsel:

Psalm 121 oder Psalm 36, 6-10 oder Psalm 100, 1b-5

Gebet

Heiliger Gott, du treuer Vater und fürsorgliche Mutter.

Du kennst uns und weißt, wie wir es meinen. Verbinde dich mit uns, damit unsere Liebe stark und fest bleibt. Erleuchte uns durch deinen Heiligen Geist, daß wir deinen Willen erkennen und unser Leben in deinem Sinne gestalten.

Entwurf für eine Segnung

Durch Jesus Christus, unsern Heiland.

Alle: Amen.

Ansprache

Lied

Lesung

Setzt euch mit allen Kräften dafür ein, daß sich Liebe auswirkt, die zum Leben hilft. Das ist sinnvoller Gottesdienst.

Laßt euch nicht von dem bestimmen, was man so allgemein denkt und tut. Sondern werdet anders durch neues Denken und ergründet, worin sich Gottes Wille erweist, was weiterhilft, was dem Leben gerecht wird und zum guten Ende führt.

Keiner sollte so eingebildet sein, sich alles allein zuzutrauen. Sondern jeder soll ehrlich sein gegen sich selbst und sich auf das besinnen, was der Glaube von ihm fordert.

Christliche Liebe heißt, daß wir uns wirklich füreinander einsetzen anstatt viele Worte darüber zu machen.

Setzt euch nicht rücksichtslos durch. Nutzt euch nicht gegenseitig aus, sondern seid auf das bedacht, was für den andern gut ist.

Wendet euch einander in herzlicher Liebe zu und behaltet Achtung voreinander. Schiebt nicht vor euch her, was ausgesprochen und getan werden muß. Habt Vertrauen zu dem Geist, der euch zusammenführt. Dann ist euer Leben vom Glauben an den Herrn bestimmt. Darin liegt eure Hoffnung. Freut euch darüber und haltet euch daran bei allem, was euch den Mut nimmt

Seid nicht nur im vertrauten Kreis füreinander da, sondern seid offen für alle, die euch begegnen und euch brauchen.

(Röm. 12, 1-3.9-13 nach der Agende für die Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck, III)

oder:

Vor allem anderen seid drauf bedacht, daß Liebe unter euch lebendig bleibt. Denn Liebe findet ihren Weg über jeden Abgrund hinweg, der sich zwischen uns auftut. Sie vergibt und findet Vergebung. Seid offen füreinander und nehmt auch andere mit ihren Sorgen in euer Leben auf, ohne darüber viele Worte zu machen. Setzt euch füreinander ein, jeder mit seinen Fähigkeiten; nutzt die verschiedenen Möglichkeiten aus, die sich euch bieten, und wendet alles, was euch gegeben ist, sinnvoll an. Aus allen Äußerungen laßt die Wahrheit Gottes sprechen. Wenn euch eine Aufgabe gestellt ist, dann erfüllt sie in dem Bewußtsein, die Kraft dazu nicht aus euch selbst zu haben. Damit in allem, was unter uns geschieht, Gott zur Geltung komme als Liebe im Sinne Jesu Christ. Sie wird gültig sein und ihre Kraft erweisen in allen dahingehenden und kommenden Tagen.

(1. Petr. 4, 8b-11 nach der Agende für die Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck, III).

oder:

Das Wort Christi spricht euch an: auf Liebe, die zu Hilfe kommt, auf den Geist, der zusammenführt, auf Güte, die sich dem anderen zuwendet. Freut euch darüber und seid auf Gemeinsamkeiten aus, auf Liebe, die euch ebenbürtig macht. Bemüht euch um gegenseitiges Verstehen und seid einig in dem, worauf es ankommt. Achtet darauf, daß es keine Streitereien gibt, wenn jeder nur sich selbst gelten läßt. Nehmt vielmehr Rücksicht aufeinander und versucht eher, dem anderen gerecht zu werden, als selbst recht zu behalten. Seid nicht nur auf das bedacht, was für euch gut ist, sondern mehr noch auf das, was der andere braucht. Jeder lebe so, wie es im Sinne Jesu Christi ist.

(Phil. 2, 1-4 nach der Agende für die Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck, III)

So steht geschrieben im Brief an die Römer im 15. Kapitel:

Der Gott der Geduld und des Trostes schenke euch die Einmütigkeit, die Christus Jesus entspricht, damit ihr Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, einträchtig und mit einem Munde preist. Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes.

(Röm. 15, 5-7)

oder: 1. Mose 1, 26, Hohes Lied 8, 6-7a, Joh. 15, 9-12, 1. Joh. 4, 16b

Anrede und Segnung

Die Gemeinde erhebt sich.

Die Heilige Schrift bezeugt, daß Gottes Liebe zu uns niemals endet. Darauf könnt ihr in eurer Lebensgemeinschaft vertrauen.

So gebt euch einander das Versprechen eurer Liebe und Treue!

Erste Form:

NN:

N, ich nehme dich als meine Partnerin/meinen Partner aus Gottes Hand. Ich will dich lieben und achten, dir vertrauen und treu sein. Ich will dir helfen und für dich sorgen, ich will dir vergeben, wie Gott uns vergibt. Ich will zusammen mit dir Gott und den Menschen dienen. Solange wir leben. Dazu helfe mir Gott. Amen.

N:

NN, ich nehme dich als meinen Partner/meine Partnerin aus Gottes Hand, Ich will dich lieben und achten, dir vertrauen und treu sein. Ich will dir helfen und für dich sorgen, ich will dir vergeben, wie Gott uns vergibt. Ich will zusammen mit dir Gott und den Menschen dienen. Solange wir leben. Dazu helfe mir Gott. Amen.

2. Form

Die Heilige Schrift bezeugt uns die Freundlichkeit und Liebe Gottes. In der Gewißheit (im Bewußtsein) seiner Nähe können wir (als Frau und Mann/als Männer/als Frauen) miteinander leben.

Wollen Sie/wollt Ihr im Vertrauen auf Gott und in der Verantwortung vor ihm miteinander leben, Schönes und Schweres miteinander teilen und einander die Treue halten, so bestätigen Sie/bestätigt das durch ein "Ja, mit Gottes Hilfe."

NN: Ja, mit Gottes Hilfe

Gemeinsame Fortsetzung:

Reicht einander die rechte Hand. Geht hin mit Gott, bewahrt den Glauben. Seid, wo ihr geht und steht, Zeugen der Hoffnung, bleibt in der Liebe Gottes und gebt sie weiter an die Menschen in eurer Nähe.

(Unter Auflegen der Hände können von Gottesdienstteilnehmern folgende Segensworte gesprochen werden:

Gott erhalte euch und uns den Frieden in unserm Lande.

Gott gebe euch allezeit ein fröhliches Herz und guten Mut.

Gott schenke euch Gesundheit und Lebensfreude.

Gott bewahre euch vor dem Bösen.

Gott führe euch auf rechter Straße um seines Namens willen.

Oder: frei formulierte Worte).

Seid gesegnet im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Fürbittengebet

Laßt uns beten für N und NN, daß sie glücklich sind auf ihrem gemeinsamen Lebensweg, daß sie sich gegenseitig achten und fördern und aufgeschlossen bleiben für alles Gute und Schöne, was ihnen begegnet. Daß sie auch in Stunden der Einsamkeit und Enttäuschung einander zugewandt bleiben.

Wir bitten Gott: erhöre unser Gebet.

Für alle, die diese beiden bisher geleitet haben,

für ihre Familien, in denen sie aufwuchsen,

für ihre Bekannten, ihre Freunde und Freundinnen,

daß Gott sie alle verbunden halte in der Nähe und Ferne.

Entwurf für eine Segnung

Für alle, die sich ihr Ja-Wort zu einer Lebensgemeinschaft gegeben haben, daß sie in Freude und Leid zusammenstehen und miteinander die Lasten des Lebens tragen.

Wir bitten: Gott, erhöre unser Gebet.

Herr, dir allein gehören Ruhm und Ehre und Anbetung, jetzt und alle Zeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit..

Alle: Amen.

Alles, was gut ist und glücklich macht, komme über euch. Der Friede Gottes umhülle euch wie ein Mantel. Er segne euch und behüte euch jetzt und in Ewigkeit.

Gemeinde: Amen.

Vaterunser

Segen

Musik zum Ausgang


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