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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche


Die Braunschweigische Evangelisch-Lutherische Landeskirche
und der Nationalsozialismus

Ein Referat vom 11. März 1980 im Städtischen Museum in Braunschweig
von Dietrich Kuessner

(Download des gesamten Textes als pdf hier)



Zusammenfassung


  1. Die Landeskirche öffnet sich dem Nationalsozialismus (1930/31)

  2. Die Landeskirche ist seit 1919 einem scharfen antikirchlichen Kurs ausgesetzt. Ihr ist die finanzielle Basis und der Einfluß auf die Volksschulen durch die sozialdemokratischen Landesregierungen entzogen. Seit dem Anwachsen der NSDAP und dem Wahlsieg der bürgerlich/ns. Parteien am 1. 4.1930 soll es zwischen Nationalsozialismus und Landeskirche zu einem vertrauensvollen, kritischen Nebeneinander kommen. Die Landeskirche fühlt sich unter Leitung von Bischof Bernewitz als Seniorpartner.


  3. Die 'Deutschen Christen' intensivieren das Verhältnis von Landeskirche und Nationalsozialismus (1933/34)

  4. Hohe Kircheneintrittszahlen und gefüllte Gottesdienste verleiten die evangelische Kirche zur Annahme, sie könne jetzt die Volkskirche verwirklichen. Die 'Deutschen Christen' erstreben die Volkskirche durch Gleichschaltung von Staat/Partei und Kirche (Landespredigerverein/Landeskirchentag/Bischofsamt) und durch Volksmission. Nach einer kurzen heißen Phase unter Bischof Beye (Frühjahr - Dezember 1933) wird dieses Konzept des schwärmerischen Ineinander von der Mehrheit der Pfarrer und von der Partei abgelehnt. Gegen dieses Konzept der 'Deutschen Christen' bildet sich die Bekennende Kirche in Braunschweig.


  5. Das Verhältnis von Landeskirche und NS stabilisiert sich (1934 - 45)

  6. Die Landeskirche kehrt unter Bischof Johnsen zur Form des Nebeneinander von 1931 zurück. Die Kirche ist nicht braun, sondern sie bleibt lutherisch und begleitet als solche bis Kriegsende die Ereignisse des Dritten Reiches in kirchlicher Weise (Dankesgottesdienste, Glockenläuten, Gebete). Da das Luthertum den Staat als Einrichtung Gottes versteht, der notfalls mit Gewalt Ordnung auf der Welt herzustellen habe und dem der Christ Gehorsam schulde, ist die lutherische Kirche im norddeutschen Raum widerstandsunfähig. Die Erkenntnisse der Barmer Synode finden bei ihr keine Anwendung. Hitler und Klagges präsentieren sich außerhalb als "christliche Obrigkeit".


  7. Die Doppelstrategie der Partei gegenüber der Kirche

  8. Die ns. Partei ist doppelgesichtig. Die Gruppe um Rosenberg rückt sichtlich vom Konzept des Nebeneinander ab und erstrebt die Unterordnung der Kirche. Das wird in Braunschweig am braunen Ersatzkult, in der Störung der kirchlichen Arbeit, an der zunehmenden staatlichen Einmischung (Braunschweiger Dom, Errichtung staatlicher Finanzabteilungen) und an der beabsichtigten Beseitigung des öffentlich-rechtlichen Charakter der Kirche deutlich.


  9. Die Bilanz des Konzepts der Öffnung

  10. Die lutherische Landeskirche hat in der ns. Zeit finanziell und personell profitiert. Die Bedürfnisse der Volkskirche (Taufe, Trauungen, Beerdigungen) sind im großen und ganzen unberührt geblieben. Die Gemeinden wollen versorgt und nicht in den Widerstand geführt werden. Die Landeskirche hat dieser günstigen Gesamtlage kirchliche Mitarbeiter geopfert, Abstriche an der kirchlichen Lehre in Kauf genommen und die christlich gebotene Solidarität in Frage gestellt.


  11. Nationalsozialismus und Landeskirche nach 1945

  12. Die Erfahrung der Besatzungszeit und der Entnazifizierung erschweren eine geistige Aufarbeitung des Verhältnisses der Landeskirche zum Nationalsozialismus. Die Kirche stellt sich als Opfer des NS hin, findet Sündenböcke und möchte nicht erinnert werden. Die entscheidenden Oberlandeskirchenräte bleiben im Amt. Das Stuttgarter Schuldbekenntnis findet keine Resonanz. Erinnern, in der Erinnerung verharren, verarbeiten bleiben als dringende Aufgabe.







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Impressum und Datenschutzerklärung  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/BS-LK-NS/BS-LK-NS-7.htm, Stand: Mai 2007, dk