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[Kirche von unten]

Lieder von Paul Gerhardt

in den fünf Braunschweiger Gesangbuchgenerationen

von Dietrich Kuessner

5. Kapitel




Paul Gerhardt – Gedächtnis - Informations- Liedgottesdienst
ein Entwurf

A Vorüberlegungen
Vor 400 Jahren, am 12. März 1607 wurde der evangelische Liederdichter Paul Gerhardt geboren. Von ihm stammen 27 Lieder unseres Gesangbuches. 13 davon sind sogar ökumenisch. (ö).Aus diesem besonderen Anlaß machen wir den Vorschlag zu einem Gottesdienst, in dem die Gemeinde für den Reichtum der Choräle Paul Gerhardt Gott dankt.
In diesem Gottesdienst erinnern wir an den Lebensweg des Liederdichters und vertiefen uns in die darin verborgenen geistlichen Schätze. Wir fragen auch, worin wir Paul Gerhardt kaum oder gar nicht folgen können. Und doch sind seine Lieder ein Ausdruck unverkennbarer protestantischer Spiritualität.
Dieser Gottesdienst ist unabhängig von der Kirchenjahreszeit. Wenn der Gottesdienst in einem Gemeindesaal oder im Sommer im Freien gefeiert wird, ergeben sich von selber zwanglosere gottesdienstliche Formen
Der Vorschlag enthält in der Anlage einige variable Bausteine zur Gestaltung mehrerer Gottesdienste.

B Aussagen des Gottesdienstes
a) Anzahl
Zur Erleichterung sind hier alle Lieder Paul Gerhardts aus unserem Gesangbuch und in Klammer die Anzahl der Verse aufgeführt: Nr. 11 (10), 36 (12), 37 (9), 39 (7), 58 (15), 83 (7), 84 (13), 85 (10), 112 (8), 133 (13), 283 (7), 302 (8), 322 (9), 324 (18), 325 (10), 351 (13), 361 (12), 370 (12), 371 (15), 446 (9), 447 (10), 449 (12), 447 (9), 497 (14), 503 (15), 529 (12), 541 (11).
Es gibt also Lieder von Gerhardt zu fast jeder Kirchenjahreszeit (von den Nr 11 – 133), und vor allem Lob- und Dank-, Morgen- und Abendlieder.

b) Die Popularität
Der Gottesdienst erinnert an zahlreiche einzelne tröstliche Verse oder auch Strophen, die über die Gottesdienstgemeinde hinaus geradezu volksliedhafte Verbreitung gefunden haben. Dabei kam es weniger auf einen genauen Textsinn an, sondern auf das durch die Zeilen verströmte Gefühl: „Breit aus die Flügel beide“ (EG 477, 8) gilt, am Kinderbett von der Mutter zitiert, als Urbild von Geborgenheit. In dem Film „Nachtwache“ sprach die Strophe ein Pfarrer, dargestellt von Hans Nielsen, am Bett eines kranken Kindes. Kein Auge im Kino blieb trocken. Aber das sind vergangene Filme und alte Zeiten.
„Wenn ich einmal soll scheiden“ (EG 85, 9) kann jede gottesdienstgeübte Gemeinde am Grab eines Gemeindemitgliedes auswendig singen und die weitere Gemeinde kann in Textteile und die Melodie einschwingen. Die erste Strophe „O Haupt voll Blut und Wunden“ (EG 85, 1) gehört durch die Bachsche Matthäuspassion zum Bildungsrepertoire auch des unkirchlichen Bürgertums, vielleicht auch noch „Wer hat dich so geschlagen..ich ich und meine Sünden“ (EG 84.2+3) wegen der Melodie.
Als Bundespräsident Johannes Rau begraben wurde, wünschte er sich als Lied im Trauergottesdienst im Berliner Dom „Ich singe dir mit Herz und Mund“ (EG 324). Das war schon heikler, aber daß überhaupt der Versuch in dieser gottesdienstungeübten Gemeinde gemacht worden ist, zeigt doch die Verwendbarkeit von Gerhardt-Liedern auch bei Fernerstehenden.
Die erste Strophe von „Geh aus mein Herz und suche Freude“ (EG 503) vermittelt mit der beschwingten Melodie auch dem Fernerstehenden die schlichte Erkenntnis, daß „die schöne Sommerzeit“ „Gottes Gaben“ bereit halte.

Es gibt auch ganze Strophen, die sich als Gebetsverse eingebürgert haben und dort, wo sie gesprochen werden, noch auf Erinnerungen stoßen, so z.B. „Sprich Ja zu meinen Taten, hilf selbst das Beste raten“ (EG 446,8) oder: „Gib daß wir heute, Herr, durch dein Geleite auf unsern Wegen unverhindert gehen“ (EG 447,7) vielleicht auch „Gib mir Verstand aus deiner Höh, auf daß ich ja nicht ruh und steh auf meinem eignen Willen“ (EG 497, 5). Dietrich Bonhoeffer schrieb für seine Mitgefangenen folgenden Gesangbuchvers auf einen Zettel: „Wenn ich schlafe, wacht sein Sorgen und ermuntert mein Gemüt, daß ich alle liebe Morgen schaue neue Lieb und Güt. Wäre mein Gott nicht gewesen, hätte mich sein Angesicht nicht geleitet, wär ich nicht aus so mancher Angst genesen. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit“ (EG 325, 7).

Wo die Kirchenjahreszeit irgendwie doch noch mit Kirche zusammengebracht wird wie Advent und Weihnachten, da tauchen auch beim Fernerstehenden Erinnerungen an „Wie soll ich dich empfangen“ (EG 11) und „Ich steh an deiner Krippen hier“ (EG 37) auf.
Es gibt andere Strophen, die zu passender Zeit und immer wiederholt, jedem Teilnehmer auf Anhieb verständlich sind, so z.B. am offenen Grab über die Trauergemeinde hinweggerufen: „Alles vergehet. Gott aber stehet ohn alles Wanken. Seine Gedanken, sein Wort und Wille hat ewigen Grund“ (EG 449, 8). Sie zitieren den heftigen Schmerz der Trauernden, den fern gerückten Gott, die Hoffnung auf etwas, was nicht wankt und gesund macht.

c) Persönliche Glaubenszeugnisse
Die Lieder Gerhardts sind seine persönliche Glaubenszeugnisse, die daher gerne mit „ich“ anfangen.
„Ich bin ein Gast“ (529), „ich weiß“ (497), „ich singe dir“ (324), „ich steh an deiner Krippen“ (37) oder fragen: „wie soll ich?“ (11), „Sollt ich ..nicht?“(325), „Warum soll ich?“ (370). Für „ich“ kann auch „mein Herze“ (36), oder „meine Seele“ (302) stehen. Seltener kommt das „wir“ vor: „Wir singen dir“ (541), „Nun laßt uns gehn“ (58), „Kommt und laßt uns“ (39), „Nun danket all“ (322). Im Pfingstlied „Zieh ein zu deinen Toren“ wird zuerst das persönliche Erlebnis („mich neu geboren“ „laß mich empfunden“ „ich war ein wilder Reben“) beschrieben, und dann im zweiten Teil die Bedeutung des Geistes für „die ganze weite Welt“, „das ganze Land“ mit Obrigkeit, Alten und Jungen.
Dieses Persönliche ist Erleichterung und Erschwernis zugleich. Das „ich“ erleichtert die Aneignung des Liedes, weil der Fromme antwortet „ich auch“. „Ich steh an deiner Krippen hier – ich auch“, „Ich singe dir mit Herz und Mund – ich auch“. Es ist zugleich Erschwernis. „Ich weiß mein Gott, daß all mein Tun in deinem Willen ruhn, von dir Glück und Segen“ – wirklich? All mein Tun? „Ich bin ein Gast auf Erden“ – ich auch? Nur Gast?
Hinter dem „Ich“ Paul Gerhardts steht die autoritäre Erwartung des Dichters: „ihr auch“. Gerhardt sieht sich unausgesprochen als Vorbild des Glaubens. „Wie ich – so auch ihr“. Insofern haben die „ich Lieder einen verdeckten lehrhaften Charakter. In dem Lied „Du meine Seele singe“ (302) heißt die zweite Strophe im Original: „Ihr Menschen, laßt euch lehren, es wird euch nützlich sein/ Laßt euch doch nicht betören/ die Welt mit ihrem Schein“. So sind auch andere „ich“-Lieder gemeint. Wie stark der Druck des Vaters sein kann, erfuhr der 14 jährige Sohn Gerhardts, dem der Vater die freie Berufswahl verwehrte und ihn „von früh an“ zum Pfarrer bestimmte, was prompt schief ging.
So ist das „ich“ beides: Erleichterung zur Aneignung und Erschwernis, weil es keine Alternative zuläßt.

d) Die Befremdlichkeit
Vertieft man sich dann von der ersten Strophe in die folgenden des ganzen Liedes, dann ergeben sich Schwierigkeiten mit den verwendeten sentimentalen Bildern. Der Fromme bittet: „Süßes Heil, laß dich umfangen“ (EG 36,10), denn „Gott ist das Größte, das Schönste und Beste, Gott ist das Süsste und Allergewisste“ (EG 449, 10) und das Krippenkind spricht mit „süßen Lippen“ (EG 36,5). Jesus „durchsüßet alles Leid“ (EG 351, 10). Der Fromme bittet weiter: „O wär ich da, ach stünd ich schon, o süßer Gott vor deinem Thron“ (EG 503, 11). Gott kommt im Weltgericht mit „süßem Licht“ und Gottes Geist spricht „manch süßes Trostwort“ (EG 351, 9).

Es sind aber nicht nur diese und andere Stilismen. Gerhardt glaubte fest an die Spaltung der Welt in Diesseits und Jenseits, Erde und Himmel. Das Jenseits wird in üppigen Bildern ausgeschmückt als „güldnes Schloß“ (EG 503,9), als „Saal der Ehren“ (EG 112, 7), „Ehrensaal“ (EG 541,11) „Haus der ewgen Wonne“ (EG 529, 11). Dazu mußt bemerkt werden, daß das Alte Testament ein Jenseits und ein „Leben nach dem Tod“ gar nicht kennt. Im Gegensatz dazu ist im Diesseits das Leben auf der Erde von Jugend an „Müh und Not“ (EG 529, 2), eine „böse Herberge“ und „viel Trübsal“ (EG 529, 9), die Welt hat „tausend Plagen und große Jammerlast“ (EG 11,5), kurz: „schnöde“ (EG 325,8).
Auf der Erde bedroht der Satan den Menschen zur Nachtzeit (EG 446,2), „Satan, Welt und ihre Rotten“ verspotten den frommen Menschen (EG 370, 6/ EG112, 4). Das Leben ist ein täglicher Streit mit „Satans Reich und Werken“ (EG 133,12), er äußert sich als „böser Geist“ ( EG 133,11). Deswegen betet der Fromme in der Morgenstunde, daß tagsüber „Laster und Schande, des Satanas Bande, Fallen und Tücke“ von Gott zurückgetrieben werden möchten. Für pädagogisch schwierig halte ich die Art, ein Kind mit der Befürchtung in die Nacht zu singen, daß der Satan kommen könnte, um es zu verschlingen (EG 477,8). Dafür kommen dann die Englein und singen. Sinnvoller wäre es, den Satan am Bett eines Kindes ganz wegzulassen.
Zu den Werken des Satans gehört die Lust. Daher fragt das Christuskind nicht „nach der Lust der Welt noch nach des Leibes Freuden“ (EG 37, 8). Im Streit mit dem Satan und der Lust gilt es rein zu bleiben. Der Fromme rühmt sich: „ich bin rein um deinetwillen“ (EG 36,11), und bittet: „daß ich mit reinem Geiste dir Ehr und Dienste leiste“ (EG 133,2).
In diesen Streit mit dem Satan in der trüben, der Sünde und dem Tod verfallenen Welt schickt Gott dem Frommen Christus als Hilfe, Tröster, Sühner, Überwinder. Der Fromme ist „stets sein Gesell“ (EG 112,6), Christus ein Freund (EG (325,8), Christus ist „der Grund, da ich mich gründe“ (EG 351,3).

Schwierig ist auch das durchgängige Opferverständnis („Du willst ein Opfer haben/ Hier bring ich meine Gaben“ (EG 446, 5) und das Schuldverständnis in den Passionsliedern. Der Fromme bekennt sich schuldig am Tod Jesu.

Die negative Weltsicht, Opfer- und Schuldverständnis entsprechen der Enge des lutherischen Fundamentalismus, in der Gerhardt auf der Schule in Grimma und auf der Universität Wittenberg ausgebildet worden ist.
Sie ist aber auch dadurch geprägt, daß Gerhardt vom 11.- 50. Lebensjahr mittelbar und unmittelbar von den verheerenden Ereignissen und zerstörerischen Folgen des 30jährigen Krieges betroffen worden war. Sie schlagen sich auch wörtlich in seinen Liedern nieder (EG 133, 9/ EG 283, 3 u.a.).

Das angeblich ungetrübte Naturbild (eher ein barockes Stilleben), das Gerhardt verwendet, bleibt den Bewohnern in den Wohnsilos der Trabantenstädte ohne Anschauung. Es provoziert ironische Umdichtungen: „Die Bäume stehen voller Laub, doch die Chemie senkt ihren Staub/ herab auf Wald und Weide/ Narzissen und die Tulipan, die weichen heut der Autobahn./Im Abgas wächst Getreide.“

Dem Frömmigkeitsprofil Paul Gerhardts entspricht am ehesten die Strophe: „Du bist mein Vater, ich dein Kind; was ich bei mir nicht hab und find, hast du zu aller G’nüge/ So hilf nur, daß ich meinen Stand/ wohl halt und herrlich siege“ (EG 497, 13). Dieses Profil ist nicht frei von einer Art rückwärtsgewandter Kindlichkeit mit einem Schuß Nützlichkeitsdenken.

Die kritischen Gesichtspunkte zusammenfassend: trotz aller Volkstümlichkeit sind die Weltsicht, das Gottesbild, ethische Vorstellungen, die Ausdrucksformen heute derart anders, daß uns Gerhardt eher fremd ist.
Dazu kommt, daß der dichterische Rang Gerhardts bei aller Begeisterung für ihn in Kirchenkreisen (Britta Martini: „Paul Gerhardt war ein Dichter von hohem Rang“ in „Mein Sprachgesell“ EKD Arbeitsstelle Gottesdienst) doch eher eingeschränkt ist. Von den rund 130 Liedern sind nur 27 in das Gesangbuch aufgenommen. Vier weniger als noch im Vorgängergesangbuch 1950, nicht aus Platzgründen, sondern weil sie inhaltlich und stilistisch befremdlich und auch anspruchslos sind. Zu gleicher Zeit wie Gerhardt lebten Andreas Gryphius (1616 – 1664) und Paul Fleming (1609 – 1640) also die Blüten der Barockdichtung, deren Rang Gerhardt nicht erreicht.

e) Das Lob Gottes
Umso erstaunlicher ist das ansteckende Lob eines Gottes, der am Morgen den Menschen „fröhlich aufweckt (EG 447, 2+3), Lob am Jahresende für „Kraft bis hierher“ (EG 58,1), für das Ende der Arbeit und die Ruhe der Nacht am Abend (EG 477, 4+5), beim Gang durch Felder, Gärten und Wald (EG 325,6), über Fürsorge von Jugend auf („hat er dich nicht von Jugend auf versorget und ernährt“ EG 324, 16), über die staunenswerte Unfaßbarkeit Gottes („daß ich dich möchte fassen“ EG 37,4), über das Licht in tiefster Todesnacht „wie schön sind deine Strahlen!“ (EG 37,3), über spürbare Hilfe in „Hungersnot“ (EG 302) „oft bei geringem Mahl“. Es ist ein Gotteslob nicht nur in der Kirche im Gottesdienst, sondern den ganzen Tag über, bei vielen Gelegenheiten.
Dieses Gotteslob vermittelt sich nicht nur durch bildkräftige Verse, sondern durch schwungvolle Melodien von Johann Crüger und Johann Georg Ebeling, die fest mit den Liedern verbunden sind.

f) Protestantische Spiritualität
Beides: Texte und Melodien verschmelzen sich zu dem, was man protestantische Spiritualität nennen kann, nach der so oft gefragt und so wenig auf den evangelischen Choral hingewiesen wird. Nicht die Mystik, (das Ich des Frommen und sein Gott in ihm, die bedrohte und dann doch beglückte Seele) von der man bei Gerhardt in Nachbarschaft zu Johann Arndt manche Anklänge finden könnte, sondern das anziehende, unbefangene, öffentliche Lob Gottes in allen Lebenslagen des Alltags, das dann im Gottesdienst und im gemeinsamen Gesang zusammenströmt und sich kundtut, ist die unverkennbar und unverwechselbar evangelische Spiritualität.

g) Evangelische Gebetskultur
Daraus ist eine evangelische Gebetskultur entstanden, die im Alltag ihren Ausdruck findet als strophengebundenes Gebet am Abend vor dem Einschlafen, am Morgen am Frühstückstisch, allein in Konflikten, am Krankenbett, am Geburtstag, in Gruppen etwa der Frauenhilfen. Diese Gebetskultur hat eine im Innersten als Dankbarkeit geprägte Lebenshaltung zur Folge. Sie wird immer noch von Christen erwartet und auch als Sehnsucht von kirchenfernen Zeitgenossen geäußert.

C Vorschläge zur Gestaltung eines Gottesdienstes
Im Gottesdienst werden Gerhardt-Lieder gesungen. In der Anlage befindet sich eine Melodie zum Lied „Befiehl du deine Wege“ aus dem Reichsliederbuch Nr. 382, das abwechselnd mit der gesangbuchmäßigen gesungen werden kann. (Baustein sieben). Das Lied EG 324 „Ich singe dir mit Herz und Mund“ könnte mit leiser Unterstützung der Orgel oder eines Chores mehrstimmig gesungen werden
In der Anlage befindet sich auch das Lied „Wer wohlauf ist und gesund.“ Es stand im Liederbuch der kirchlichen Jugendbewegung ab 1933 „Ein neues Lied“ und wird manchen Älteren aus jener Zeit noch vertraut sein. Das Lied hat eine einfache schwungvolle Melodie und eignet sich gut zum spontanen Singen.
Ein Lebenslauf kann von zwei Sprechern, Sprecherinnen vorgetragen werden. Als Fürbitte eignet sich EG 58, 6-14. Darauf sollte aufmerksam gemacht werde, damit nicht nach dem Lied noch eine mündlich Fürbitte erwartet wird.
Als Predigt kann ein P. Gerhardt-Lied entfaltet werden. Im Anhang befinden sich auch zwei neuere Vertextungen von Gerhard Schöne, die in einer Liedpredigt mit dem EG-Text verglichen werden könnten. Im alten EKG-Gesangbuch Nr. 392 befindet sich das Lied „Gottlob nun ist erschollen“, das die Kriegs- und Friedensproblematik aufgreift.
Man kann aber auch von der Befremdlichkeit der Gerhardt Texte ausgehen
Ein Lob evangelischer Spiritualität sollte nicht fehlen.
Der Gottesdienst könnte bis zum Gebet des Tages der gewohnten Ordnung des Gottesdienstbuches Grundform A folgen und dann im Wechsel mit Texten und Liedern fortgesetzt werden. Bei einer freieren Gestaltung könnte aber auch nach dem Eingang, Begrüßung, Eingangslied und Psalm im Wechsel bereits der auf Gerhardt zugeschnittene Teil beginnen.

Der Gottesdienst könnte folgenden Verlauf nehmen
Musik zum Eingang
Gruß und Begrüßung
Eingangslied „Lobet den Herren, alle die ihn ehren“ (EG 447) mehrstimmig
Psalm 146 im Wechsel mit der Gemeinde mit abschließendem Halleluja aus EG 103, 1 Ende
Lied „Du meine Seele singe,“ (EG 302) das ist die Vertonung des eben gesprochenen Psalmes.
(Kyrie und Ehre sei Gott in der Höhe entfallen)
Gebet des Tages
Paul Gerhardt Lieder sind in der Gemeinde viel bekannt (siehe Anlage Baustein eins
„Befiehl du deine Wege“ EG 361, 1-12 nach zwei verschiedenen Melodien (Anlage Baustein sechs)
Text zur Biografie Gerhardts Teil eins (siehe Anlage Baustein zwei)
Lied „Sollt ich meinem Gott nicht singen“ (EG 325)
Zweiter Text zur Biographie oder : einige kritische Anmerkungen zu Werk und Person
„Ich weiß mein Gott“ (EG 497, 1-5 + 13-14)
Liedmeditation über „Ich bin ein Gast auf Erden“ (EG 529) im Vergleich mit dem Text von Gerhard Schöne (siehe Baustein vier)
oder „Gott lob nun ist erschollen“ (EKG 392) (siehe Anlage Baustein drei)
Statt des Glaubensbekenntnisses: Lied „Ist Gott für mich, so trete“ (EG 351 1-4 + 11-13)
Gemeindenachrichten
Als Fürbitte „Ach Hüter unsres Lebens“ EG 58, 6-14
Vaterunser
Bitte um Segen EG 446 7-9 „So wollst du nun vollenden“
Segen
Musik zum Ausklang oder: Lied „Wer wohlauf ist und gesund“ (Anlage Baustein sieben

D Sonstige Hinweise
Buchhinweise
Christian Bunners Paul Gerhardt Weg Werk Wirkung Berlin 1994 (2. Aufl), jetzt neu Göttingen 2006
Felizitas Muntanjohl und Michael Heymel „Auf auf mein Herz mit Freuden“
Gottesdienste, Gemeindearbeit und Seelsorge mit Liedern von Paul Gerhardt Güterloh 2006
zahlreiche Predigtbeispiele zu Paul Gerhardt Liedern
Reinhard Deichgräber „Nichts nimmt mir meinen Mut - Paul Gerhardt als Meister christlicher Lebenskunst“ Göttingen 2006
Arbeitsstelle Gottesdienst „Mein Sprachgesell Paul Gerhardt 1607-2007“ mit Musikbeispielen und verschiedenen Beiträgen, u.a. von Christian Bunners eine Kurzfassung seiner Gerhardt Biographie, und Britta Martini „Entdeckungen in Paul Gerhardt Liedern – Am Morgen und am Abend“ mit Beispielen von Gedichten, die nicht im Gesangbuch stehen, für meinen Geschmack etwas zu euphorisch.
Ziemlich verfremdet eine CD: „Ich bin ein Gast auf Erden“ Paul Gerhardt neu entdeckt. Sarah Kaiser singt 13 Choräle Gerthmusik Bestnr. 939622

Anlagen zum Gottesdienst

Baustein eins
Um der Gottesdienstgemeinde bewußt zu machen, wie viele Gerhardt-Lieder in der Gemeinde heimisch sind, könnte man folgendes machen: die Pastorin, der Pastor singt die Zeile eines Lied auf dam dam dam vor, und die Gemeinde ergänzt den zweiten Teil singend ebenfalls nur auf dam dam dam.
Schwieriger ist es schon, wenn man einen Liedanfang dazu nimmt; also: Pastor: Wie soll ich dich empfangen; Gemeinde: und wie begegn ich dir; Pastorin: Ich singe dir mit Herz und Mund; Gemeinde: Herr, meines Herzens Lust. Pastor: Du meine Seele singe, Gemeinde: Wohlauf und singe schön.
Das klingt beim ersten Lesen etwas kindisch. Gewiß geht das nur, wo Pastor /Pastorin sich gut kennen und die Räume nicht weit auseinandergehen und wirklich nur bekannte Meloden und Texte ausgesucht werden. Aber in jeder Dorfkirche wäre dies machbar. Hat sich die Gemeinde erst darauf eingelassen, kann das richtig Spaß machen. Beifall für die beachtlichen Melodie- und Textkenntnisse in der Gottesdienstgemeinde.

Baustein zwei (der gekürzt werden kann)
Der Weg des Liederdichters Paul Gerhardt
Teil eins
Als Paul Gerhardt 1607 geboren wurde, war sein Vater Bürgermeister des Städtchens Gräfenhainichen. Es hatte 1000 Einwohner, eine Stadtmauer mit zwei Stadttoren, eine Art Schloß mit Ländereien, eine Kirche mit zwei Pfarrstellen, eine Stadtschule, und lag nur 27 Kilometer von der Lutherstadt Wittenberg entfernt. Sein Großvater war mütterlicherseits Superintendent (in Eilenburg) gewesen. Die Gerhardts gehörten zu den führenden und begüterten Einwohnern der Stadt. Das Anwesen umfaßte Wohnhaus, Stall, Scheune und ein Brauhaus. Paul war der zweite Sohn, dem noch zwei Schwestern folgten. 15 Jahre lang lebte Paul Gerhardt in dieser gesicherten und geachteten Umgebung, aber als er 12 Jahre alt war, starb sein Vater ( 1619) und zwei Jahre später schon seine Mutter. Die vier Kinder wurden auf die Verwandten verteilt, der Älteste war bereits auf der Fürstenschule Grimma, und mit 15 Jahren kam auch Paul Gerhardt dahin.
Grimma war eine Art Eliteschule, in einem ehemaligen Kloster mit Klosterkirche gelegen, die nicht billig war. Die Gerhardts bezahlten jährlich 15 Gulden für eine spartanische Ausbildung, die Paul Gerhardt und sein Bruder mit 90 anderen Schülern erhielten. Morgens um 5 Uhr aufstehen, knieend das Morgengebet, 6 bis 7 erste Schulstunde, danach um 7 Uhr die Morgenandacht in der Klosterkirche, anschließend Morgensuppe. 8 bis 10 Uhr Unterricht und Stillbeschäftigung. Um 10 Uhr Mittagessen. Von 12 bis 13 Uhr täglich Musikunterricht.14 Uhr Vesperbrot und Stillbeschäftigung bis zum Abendessen um 17.00 Uhr , 18 bis 19.00 /Uhr letzte Studierstunde, danach einen Schlaftrunk und ins Bett. Jede Schulstunde begann mit einem Vaterunser auf lateinisch oder griechisch. Am Sonntag vormittag und nachmittag Gottesdienst und an einem Freitag auch noch. Austausch mit anderen Schülern aus der Stadt gab es nicht und war auch nicht erwünscht. Am Sonntag nachmittag konnten sich die Schüler unter Aufsicht im benachbarten Wäldchen aufhalten. Der ältere Bruder hat diese Art von Bekenntnisschule nicht ausgehalten und war ausgerissen, Paul Gerhardt war seinen Zeugnissen nach normaler Durchschnitt und machte 1627 mit zwanzig Jahren seinen Abschluß.
Paul Gerhardt ging zum Theologiestudium nach Wittenberg, und wohnte zeitweise im Haus des dortigen Stadtpfarrers, dessen Kinder er unterrichtete und sich so sein Studium verdiente.
Wittenberg war damals eine Hochburg des lutherischen Fundamentalismus, bekenntnistreu bis auf die Knochen. Er blieb dort 14 Jahre bis 1641. Hier erlebte Gerhardt die Schrecken des 30jährigen Krieges, die er schon auf der Schule in Grimma zu spüren bekommen hatte, als zeitweise die Verpflegung ausfiel und die Pest den Ort heimsuchte. Ein Pestopfer war auch unter den Schülern gewesen. Von Wittenberg aus erlebte Gerhardt die Zerstörung seiner nahe gelegenen Geburtsstadt Gräfenhainichen, Kirche, Schule, Pfarrhaus, Schloß und 166 Wohnhäuser wurden 1637 von schwedischen Truppen geplündert und niedergebrannt, darunter auch das der Gerhardts. Sein Bruder starb im selben Jahr an der Pest.

Teil zwei
1643 nahm Paul Gerhardt die Stelle eines Hauslehrers bei einem bedeutenden Juristen am Berliner Kammergericht ein. Er unterrichtete dessen Enkelkinder, fand in Folge der prominenten Wohnlage auch Verbindung zu anderen Familien der Berliner Oberschicht, später heiratete er die Tochter des Hauses, Maria Berthold. Berlin und Brandenburg wurde (seit 1640) vom Großen Kurfürsten regiert und zu einem absolutistischen Wohlfahrtstaat ausgebaut. Es ging nach den Schrecken des Krieges wieder bergauf. Paul Gerhardt schloß Bekanntschaft zum neun Jahre älteren Kantor der großen Nikolaikirche, Johann Crüger, der schon lange (seit 1622) dort für die Kirchenmusik zuständig war. Gerhardt vertraute ihm einige seiner Gedichte an, die er als Hauslehrer gedichtet hatte. Crüger hatte ein Liederbuch veröffentlicht und nahm in die zweite Auflage 18 Lieder von Paul Gerhardt auf und schrieb dazu auch Melodien, darunter „Wach auf, mein Herz und singe“ und „Nun ruhen alle Wälder“. Das Liederbuch war für den Gottesdienst gemacht. Da wenigstens 50 Prozent der Berliner damals Analphabeten waren, wurde „aus dem Kopf“ gesungen, und durch Nachsprechen gelernt. Zum Text lernten sie die Melodien, und es wurde ohne Orgel gesungen. Oft aber mit mehrstimmigem Chor und Instrumentalbegleitung.
Nach acht Jahren als Hauslehrer in Berlin bekam Gerhardt das Angebot, sich auf die Propststelle in Mittenwalde zu bewerben. Mittenwalde lag südlich von Berlin, zwei/drei Stunden mit der Postkutsche unterwegs entfernt, sein Kollege in Mittenwalde hatte sich beim Rat unbeliebt gemacht, weil er dessen Zinsgeschäfte von der Kanzel kritisiert hatte, und sollte deshalb die Stelle nicht bekommen. Im Krieg hatten Soldaten den Propst vor dem Altar erschossen. Nun seit 1651 ordiniert und in Amt und Würden mit regelmäßigem Predigtdienst, Taufen, Trauungen und Beerdigungen, Schulaufsicht, Beaufsichtigung von elf Pfarrern in der Umgebung heiratete Gerhardt mit 48 Jahren (1655) die 32jährige Anna Maria Berthold. Die Trauung war in Berlin im Haus des Propstes von Nicolai. Der Berliner Nicolaikantor Crüger hatte 1653 in die fünfte Auflage seines 500 Lieder umfassenden Gesangbuches 82 Lieder von Paul Gerhardt aufgenommen. Gerhardt wurde bekannt und berühmt. Auch andere Gesangbücher aus Dresden und Rostock nahmen Gerhardt-Lieder in ihre Sammlungen auf.
Schon nach sechs Jahren verließ Gerhardt wieder Mittenwalde, denn in der Nicolaikirche war eine Pfarrstelle freigeworden. Die Stadt zog ihn, und die Bekanntschaft mit dem Kantor Crüger und das Haus der Schwiegereltern (seit 1657). Wieder in Berlin war Gerhardt ein geachteter Pfarrer und Seelsorger seiner Kirchengemeinde. Auch die Zusammenarbeit mit dem Nachfolger von Kantor Crüger, Johann Georg Ebeling gestaltete sich fruchtbar. Anders sah es in seiner Familie aus. Ihnen wurden fünf Kinder geboren, von denen vier schon im Säuglingsalter verstarben. Nur der letzte Sohn, Paul Friedrich, überlebte seine Eltern.
Einige Berliner Pfarrer gerieten in einen Religionsstreit mit dem Gr. Kurfürsten. Dieser wollte jede theologische Auseinandersetzung in seiner Kirche vermieden sehen. Die Lutheraner stritten sich damals im ganzen Reich heftig mit den Reformierten um theologische Fragen. Aber in Kassel und sogar in Thorn hatten Religionsgespräche stattgefunden. So auch in Berlin, aber ohne Erfolg. Der Kurfürst verlangte die Unterschrift seiner Pfarrer unter einen Erlaß, demzufolge sich die beiden Konfessionen tolerieren sollten. Viele unterschrieben, einige nicht, unter ihnen auch Paul Gerhardt, dem daraufhin mit anderen die Ausübung seines Amtes untersagt wurde. Zwei Jahre lang dauerte der Streit, der Kurfürst lenkte etwas ein, Paul Gerhardt befürchtete einen Einbruch in das Bekenntnis seiner Kirche. Mitten im Streit verstarb 1668 mit 46 Jahren seine Frau.
Pfarrer Gerhardt verließ schließlich Berlin, denn er wurde von Rat der repräsentativen Stadt Lübben zum Pfarrer an der dortigen Stadtkirche gewählt, obwohl er schon 62 Jahre alt war. Gerhardt zog mit seiner großen Bibliothek von über 1000 Büchern in das für ihn erheblich erweiterte Pfarrhaus, und lebte dort zunächst mit seiner Schwägerin, die wenig später verstarb, und seinem Sohn und drei Hausangestellten bis zu seinem Tode am 27. Mai 1676 im 70. Lebensjahr.
In diesem Jahr schrieb er in einem Lebensrückblick an seinen Sohn:
„Nachdem ich nunmehr das 70. Jahr meines Alters erreichet, auch dabei die fröhliche Hoffnung habe, daß mein lieber, frommer Gott mich in kurzem aus dieser Welt erlösen und in ein beßres Leben führen werde als ich bisher auf Erden gehabt habe, so danke ich ihm zuvörderst für alle seine Güte und Treue, die er mir von meiner Mutter Leibe an bis zu jetziger Stunde erwiesen hat.. Meinem einzigen hinterlassenen Sohn überlasse ich von irdischen Gütern wenig, dabei aber einen ehrlichen Namen, dessen er sich sonderlich nicht wird zu schämen brauchen.
Es weiß mein Sohn, daß ich ihn von seiner zarten Kindheit an dem Herrn meinem Gott zu eigen gegeben, daß er ein Diener und Prediger seines heiligen Wortes werden soll. Dabei soll er nun bleiben..
(Es folgen Ermahnungen, nichts Böses zu tun, sich nicht zu erzürnen, sich der fleischlichen Lüste zu schämen, Gutes zu tun und den Geiz zu fliehen.)
„Summa: bete fleißig, studiere was ehrliches, lebe friedlich, diene redlich und bleibe in deinem Glauben und Bekenntnis beständig, so wirst du einmal sterben und von dieser Welt scheiden willig, fröhlich und seliglich Amen.“

Baustein drei:
ein Lied zum Ende des 30jährigen Krieges

Gott Lob, nun ist erschollen, das edle Fried – und Freudenwort,
daß nunmehr ruhen sollen die Spieß und Schwerter und ihr Mord.
Wohlauf und nimm nun wieder dein Saitenspiel hervor,
o Deutschland und sing Lieder im hohen, hellen Chor.
Erhebe dein Gemüte zu deinem Gott und sprich:
Herr, deine Gnad und Güte bleibt dennoch ewiglich.

Sei tausendmal willkommen du teure, werte Friedensgab!
Jetzt sehn wir, was für Frommen dein Bei-uns-Wohnen in sich hab.
In dir hat Gott versenket all unser Glück und Heil;
Wer dich betrübt und kränket, der drückt sich selbst den Pfeil
Des Herzleids in das Herze und löscht aus Unverstand
Die güldne Freudenkerze mit seiner eigen Hand.

Das drückt uns niemand besser in unsre Seel und Herz hinein
Als ihr zerstörten Schlösser und Städte voller Schutt und Stein,
ihr vormals schönen Felder mit frischer Saat bestreut
jetzt aber lauter Wälder und dürre, wüste Heid,
ihr Gräber voller Leichen und blutgen Heldenschweiß,
der Helden, deren gleichen auf Erden man nicht weiß.

Ach laß dich doch erwecken, wach auf, wach auf du harte Welt
Eh als das harte Schrecken doch schnell und plötzlich überfällt.
Wer aber Christum liebet, sei unerschrocknen Muts.
Der Friede, den er gibet, bedeutet alles Guts.
Er will die Lehre geben: das Ende naht herzu,
da sollt ihr bei Gott leben in ewgem Fried und Ruh.

(früher im EKG Nr. 392, dort auch die Melodie; der Gesangbuchreform zum Opfer gefallen)
Zur Predigt: nach Verlesung des Textes
1) Biografische Verortung des 30 jährigen Krieges
a) in der Schulzeit, b)in der Zerstörung des Geburtstadt, c) in Mittenwalde beim Wiederaufbau
2) Vorkommen in anderen Gesangbuchliedern (EG 133,9 und 283,3)
3) das Verständnis des Krieges als Schrecken, Unverstand und Mord im „Gottlob nun ist erschollen“
4) das Lob des Friedens

Baustein vier
Gerhard Schöne geb.1952 in Dresden als Pfarrerssohn, seit 1979 bekannter Liedermacher und Sänger in der DDR und darüber hinaus. Zahlreiche CDs hier: „1991 „Ich bin ein Gast auf Erden“ mit zahlreichen neuvertexteten Chorälen

Schöne eins
Ich bin ein Gast auf Erden. Bald muß ich wieder gehn.
Umarme ich Gefährten, sag ich: „Auf Wiedersehn!“,
dann denke ich beklommen: Ob wir wohl noch einmal
wie heut zusammenkommen? Wer weiß der Stunden Zahl?

Ich bin ein Gast auf Erden. Ich bin noch auf dem Weg.
Hab mancherlei Beschwerden vom schweren Marschgepäck.
Muß mich beizeiten wenden von allem, was mich hält.
Ganz nackt, mit leeren Händen geh ich von dieser Welt.

Ich bin ein Gast auf Erden, versuch mich dann und wann
Als Hausherr zu gebärden, der alles machen kann.
Dann sterben Wälder, Meere, dann bleibt kein Lüftchen rein,
dann gehen ganze Heere von andern Gästen ein.

Ich bin ein Gast auf Erden. Ich weiß, es muß so viel
Bis morgen anders werden und ferne liegt das Ziel,
Wills mit in Ordnung bringen, will stillen manches Weh
Mein schönstes Danklied singen, bevor ich von ihr geh.

Schöne zwei
Ich steh an deiner Krippe hier, o Jesu, du mein Leben.
Was habe ich, was bring ich dir, das du mir hast gegeben.
Mein Geist, so wirr, mein Mut so klein, mein Herz, ein schwerer Wackerstein,
wird dir nicht mehr gefallen.

Mein wacher Sinn hat sich beschränkt aufs liebe Geldverdienen.
Das Leben, das du mir geschenkt besteht nun aus Terminen.
Es fehlt ihm Leichtigkeit und Schwung und trotz Lebensversicherung
Ist es geplagt von Ängsten.

Ich sehe dich mit Zweifeln an und will mich von dir wenden.
Das Geld, das ich dir geben kann, klebt fest an meinen Händen
‚ne kleine Spende bring ich dir, dann ist’s Gewissen still in mir
und ich kann besser schlafen.

Ich lieg in tiefer Todesnacht. Kein Traum mehr will gelingen.
Hab Tür und Fenster zugemacht. Der Mund mag nicht mehr singen.
O Gott des Lebens, hol mich raus. Brich ein in dieses tote Haus
Und mach es hell darinnen.

Baustein fünf
In der Umweltbewegung der Bundesrepublik wurde folgende Vertextung des gleichnamigen Paul Gerhardts Liedanfanges gesungen

1) Geh aus mein Herz und suche Freud, denn du hast nicht mehr lange Zeit,
dich an Natur zu laben.
Schau an der schönen Gärten Zier, solange Blume, Baum und Tier
noch Raum zum Leben haben.

2) Die Bäume stehen voller Laub, doch die Chemie senkt ihren Staub
herab auf Wald und Weide.
Narzissen und die Tulipan, die weichen heut der Autobahn.
Im Abgas wächst Getreide.

3) Die Glucke führt ihr Völklein aus, sofern sie nicht, bestimmt zum
Schmaus nach dumpfer Mast verendet.
Der schnelle Hirsch, das leichte Reh, sie sterben in des Menschen Näh,
vom Nachtverkehr geblendet.





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Impressum  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/Gesangbuch/T3K5.htm, Stand: Dezember 2007, dk