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[Kirche von unten]

Gott dem Herrn Dank sagen

Festschrift für Gerhard Heintze

Christoph und Anne Brinckmeier

Ein ökumenisches Abenteuer

Konfirmanden-Arbeit in der Evangelisch lutherischen Kirche von Papua-Neuguinea

Im Herbst 1985 verabschiedeten meine Frau Anne und ich uns von der Gemeinde Flechtorf. In einem schönen Aussendungsgottesdienst waren unsere beiden segnenden Assistenten die Brüder Henje Becker und Dietrich Kuessner.

Nach Vorbereitungskursen im Bayrischen Missionswerk Neuendettelsau und dem theologischen Seminar in Adelaide, Australien, gingen wir Anfang 1986 nach Papua-Neuguinea (PNG). Dort waren wir von der Evangelical Lutheran Church of Papua New Guinea (ELC-PNG) für die Erarbeitung und Herausgabe von Arbeitshilfen für den Konfirmandenunterricht engagiert worden.

Einige kurze Bemerkungen zu Land und Leuten

Neuguinea ist seit etwa 40.000 Jahren in mehreren Wellen von Einwanderern aus dem südostasiatischen Raum besiedelt worden. Auf der vielfach unwegsam zerklüfteten, bis zu 5.000 Metern Höhe aufsteigenden Insel haben sich etwa 800 Sprachen entwickelt – mit den dazu gehörenden Kulturen einschließlich Legenden, Mythen, Riten, Liedern, Tänzen, Lebensgewohnheiten und –regeln.

Der östliche Teil der Insel, Papua-Neuguinea, ist seit 1975 unabhängig, gehört zum British Commonwealth und hat eine aus England importierte, deprimierend funktionierende Demokratie. An deutsche Kolonisation erinnern noch Namen wie Mount Wilhelm (der höchste Berg im Lande), Mount Hagen (Handelszentrum in den Western Highlands) und andere. Das Land ist reich an üppiger Regenwald-Natur und immensen Bodenschätzen wie Kupfer, Gold, Silber, Erdöl und Gas; aber seine kostbaren Ressourcen werden von mächtigen internationalen Konzernen zu für das Land unwürdigen Bedingungen abgebaut und als Rohstoffe außer Landes gebracht, so dass dem Land kaum ein echter Nutzen übrig bleibt, weswegen seine Auslandsverschuldung von Jahr zu Jahr unaufhaltsam steigt. Das Land wird systematisch ausgebeutet und arm gemacht.

Das Schulsystem ist ebenfalls englisch und liefert das westlich-kapitalistische Schlips-und-Kragen-Ideal gleich mit. Die Entfremdung der Jugend von ihrer Umgebung – nach wie vor leben etwa 75 % der Bevölkerung auf dem Lande – wirkt sich fatal auf die Dorfgemeinschaft aus und bedroht ihre Lebensfähigkeit. Landflucht in hoffnungslos überforderte Städte bringt ein bis dahin völlig unbekanntes Phänomen mit sich: die Arbeitslosigkeit und ihr auf dem Fuße folgend eine ausufernde Straßenkriminalität, die gelegentlich ganze Landstriche lahm legt und inzwischen dem Land einen schlechten Ruf eingebracht hat. Wenn man wie wir seit einigen Jahren wieder in Europa lebt, vergisst man sehr schnell, dass Angst und Unsicherheit unsere ständigen Begleiter waren, besonders wenn wir den schützenden Bereich des Compounds oder Stadtviertels verließen, oder wenn nachts der Regen mit einer Lautstärke auf das Wellblechdach prasselte, die jedes Einbruchsgeräusch und selbst das Signal einer Alarmanlage unhörbar machte. Trotzdem lebten wir in der Compound-Gemeinschaft und der weiteren Umgebung wohl beschützt; die Menschen hatten schnell verstanden, dass wir uns nicht auf ihre Kosten bereichern sondern mit ihnen unser Wissen und Können teilen wollten.

Die kirchliche Situation im Lande

PNG hat schätzungsweise 3,8 Millionen Einwohner. Von ihnen sind offiziellen Angaben zufolge etwa 85 % Christen, d.h. sie gehören einer der großen Kirchen oder einer der unübersichtlich vielen, sich als christlich bezeichnenden Gruppen oder Sekten an. Die drei großen Kirchen im Lande sind:

Die Römisch-Katholische Kirche, ungefähr 1.000.000 Mitglieder,

Die Evangelisch-Lutherische Kirche, ungefähr 700.000 Mitglieder,

Die ebenfalls protestantische United Church, ungefähr 400.000 Mitglieder.

Der Größe nach folgen die 7.-Tags-Adventisten und die Anglikanische Kirche (je etwa 300.000 bis 350.000 Mitglieder). Immer größeren Zulauf haben charismatisch-fundamentalistische Gruppierungen, die sich durch aggressive Mission auszeichnen. Viele dieser Bewegungen praktizieren eifriges "sheep stealing", d.h. sie dringen in die Gebiete und Gemeinden der großen Kirchen ein und missionieren einzelne Mitglieder heraus, machen sich in ihrem engstirnigen Übereifer nicht klar – und lassen sich auch von niemandem klar machen -, dass sie mit ihrem naiven Heilsindividualismus Zwietracht sähen, die unter Umständen die lebensnotwendige Geschlossenheit der Dorfgemeinschaft zerstören kann. Die an sich strapazierfähige Geduld der Papua-Neuguineer endet aber oft gerade an diesem neuralgischen Punkt, denn für sie steht weniger das ewige Seelenheil einzelner zur Debatte sondern der Fortbestand der Lebensgemeinschaft ihres Clans. Vielfach hat eine derartige Bedrohung der Existenz zu kleineren oder auch größeren Gewalttätigkeiten geführt.

Kennzeichnend für die ELC-PNG ist, dass sie von Anfang an und auch heute noch eine Grass-Root-Kirche ist mit allen Stärken und Schwächen, demgegenüber zum Beispiel die United Church eine typische Stadt-Kirche des besser betuchten Mittelstandes darstellt. Eine weitere charakteristische Eigenschaft der ELC-PNG ist der verhältnismäßig niedrige Anteil ausländischer (weißer) Mitarbeiter in der Kirche und ihrer Administration: ihre Zahl ist von knapp 150 vor 10 Jahren auf gegenwärtig noch etwa 50 geschrumpft (das entspricht einem Verhältnis von etwa 1:14.000 Gemeindegliedern, Tendenz weiter fallend) im Gegensatz zu etwa 1200 in der römisch-katholischen Kirche (entspricht einem Verhältnis von 1:835!). Dieses Erscheinungsbild der ELC-PNG ist Resultat der Geschichte der evangelischen Mission, die von Anfang an stark durch einheimische Evangelisten, die von weißen Missionaren ausgebildet waren, vorangetrieben wurde. Als im zweiten Weltkrieg alle weißen Missionare das Land verlassen mussten, beschrieb ein Kirchenreport die Situation so: "Die (weiße) Mission ist tot, die Kirche ist lebendig."

Heute besteht die ELC-PNG aus ungefähr 1000 Gemeinden, jede umfasst in der Regel mehrere Dörfer. In ihnen leben und arbeiten nur ungefähr 750 ausgebildete Pastoren. Da viele dieser Dörfer nur schwer zu erreichen sind, sehen die Gemeinden ihren Pastor oft Wochen oder gar Monate nicht. Das bedeutet aber nicht, dass das Gemeindeleben zusammenbricht, denn die Pastoren werden durch eine Anzahl von Hilfsgeistlichen und viele Evangelisten unterstützt. Vor allem aber lebt die Kirche besonders in den ablegeneren Gegenden von der Aktivität ihrer mindestens 5.000 - aber vermutlich mehr - Kirchenältesten, die das Rückgrat der Gemeinden bilden. Alle diese Menschen, die eine sehr unterschiedliche Zurüstung für ihren Dienst am Evangelium erhalten haben - etliche überhaupt keine -, sind je nach örtlicher Situation mehr oder weniger auch mit einbezogen in die Konfirmandenarbeit.

Konfirmandenarbeit und traditionelle Erziehung

Die zahlenmäßige Stärke der jährlichen Konfirmandenjahrgänge kann nur geschätzt werden, da zuverlässige Statistiken nicht vorhanden sind. Vermutungen schwanken zwischen 4500 bis 8000 Konfirmanden pro Jahr. Aber Zahlen sind nicht die wichtige Seite des Themas, die wirklichen Probleme liegen auf anderen Ebenen:

A. Traditionelle Erziehung als Vorbereitung für das Leben

Auf ihrem Weg durchs Land fand sich die christliche Mission ständig konfrontiert mit dem traditionellen System der Erziehung und Ausbildung Jugendlicher, das trotz seiner vielen Varianten unter der einheimischen Bezeichnung "Haus Tambaran" zusammengefasst werden kann. Dass dieses Konzept von "Schule zum Überleben" nicht nur die Anhäufung von Wissen nach Art westlicher Wissenschaften zum Ziel hat, wird bereits an seinem Namen deutlich: Tambaran bedeutet "Geister der Vorfahren", also "Haus Tambaran" = "Haus der Geister der Ahnen". Im melanesischen Verständnis umfasst die Bezeichnung "tambaran" folgerichtig auch das sehr wichtige, aber auch meistens sehr geheime System des verehrenden Umgangs mit den Geistern der Vorfahren, an dem in der Regel nur die Männer teilhaben.
Die Bezeichnung tambaran für das Erziehungs- und Ausbildungssystem ist ein deutlicher Hinweis auf das ganzheitliche Lebensverständnis, das für melanesische Kulturen typisch ist: Das Leben ist nur ‚ganz’ in der ausgeglichenen Balance des Verhältnisses zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Natur und Mensch und Geistern. Bedeutung und Struktur des alttestamentlichen Begriffs "Shalom" ist hier nicht weit entfernt, obgleich meines Wissens Shalom weniger den Aspekt des ausgewogenen Verhältnisses zwischen Mensch und Natur beinhaltet.
Wenn junge Männer ihr heiratsfähiges Alter erreichten, wurden sie - und in einigen Regionen werden sie auch noch heute - von der Gemeinschaft getrennt und im wichtigsten Haus des Dorfes, dem Haus Tambaran (andernorts auch Männerhaus genannt), zusammengezogen, um eine geheime Ausbildung zu empfangen, die sie auf ein verantwortliches Erwachsenenleben in der Gemeinschaft vorbereitet. Diese Schule war hart und schmerzhaft und hier und da, wenn die Jungen zu schwach, zu ungehorsam oder faul waren, endete sie tödlich. Nur jene, die willens und fähig waren, die schweren, aber überlebenswichtigen Regeln der oben beschriebenen ganzheitlichen Gemeinschaft zu erfüllen, konnten akzeptiert werden.
Eine solche Ausbildung dauerte bis zu einem Jahr und gipfelte in der Zeremonie der Initiation. Von diesem Tag an waren die jungen Männer integrierte Mitglieder der Gemeinschaft der Erwachsenen, mitverantwortlich für deren Wohl. "Lehrer" in diesem System der Ausbildung waren die Ältesten, erfahrene und bewährte Männer, deren Autorität von der Gemeinschaft anerkannt war.

Im Gegensatz zu dieser Ausbildung der Männer gestaltete sich die der jungen Frauen längst nicht so spektakulär aber wohl kaum weniger intensiv. Sie verfolgte die gleichen Ziele, aber eben auf der ganz anders strukturierten Frauenseite, Stichworte: Sorge um Geburt und Kinder, um Garten und Getier, um das tägliche Essen und Trinken. Auch hier waren die "Lehrerinnen" kluge und erfahrene Frauen.

Diese "Schule" hatte das ausdrückliche Ziel, die jungen Leute zu befähigen, das Leben der ganzheitlichen Gemeinschaft verantwortlich mit zu tragen und es vor jedwedem Schaden zu schützen. Zur Not auch unter Einsatz des eigenen Lebens.

B. Der Zerfall der ganzheitlichen Ausbildung

Als das Christentum sich im Lande ausbreitete, wurde die Institution dieser traditionellen Ausbildung weithin abgeschafft, weil sie als krasse Äußerung von Heidentum verstanden wurde. Sie wurde von zwei neuen pädagogischen Einrichtungen ersetzt: einerseits von der Einführung des allgemeinen Schulsystems, einer Kopie des angelsächsischen Modells, andererseits von einer sich über weite Strecken des Lebens erstreckenden christlichen Unterweisung. Diese importierte Trennung von Wissen und Glauben ist ein schwerwiegender Widerspruch zum melanesischen Lebensverständnis. Die Konsequenz ist eine Halb-und-halb-Orientierung der jungen Leute, indem nun auseinander klafft, was ursprünglich und seinem Wesen nach eines war: Religion war Wissen (von Geheimnissen), und Wissen war religiös. Diese zwei Grundelemente menschlichen Lebens waren bis dahin immer untrennbar miteinander verflochten, man mag sich erinnern an die tiefen Zusammenhang von Glaube und Wissen(-schaft) in Gen. 1.1 - 2. 4 oder Mt. 2.1-12.

Menschen, die in Papua-Neuguinea auch heute ihr Leben als ganzheitlich im obigen Sinne verstehen wollen, haben Schwierigkeiten mit der Zersplitterung des modernen Erziehungssystems:

Bezüglich des Ortes – hier Schule, dort Kirche -

Bezüglich des Inhalts - hier Wissen, dort Glaube -

Bezüglich der Personen - hier Lehrer, dort Pastor.

Und schließlich bezüglich der Zeit: Die Zentralisierung der Schulen und der Gemeinden bewirkt, dass die Kinder und jungen Leute aus ihrer gewachsenen Gemeinschaft vom frühen Morgen bis in den späten Nachmittag an fünf Tagen der Woche über einen Zeitraum von etlichen Jahren herausgezogen werden. Daraus resultiert eine zunehmende Entfremdung der jungen Leute von den elementaren Gegebenheiten und Anforderungen des täglichen Familienlebens, von der Basisaufgabe der Sorge für Haus, Garten und Dorf und den damit verbundenen Lernprozessen und sozialen Erfahrungen. Diese als existenziell bedrohlich empfundene Entfremdung ist der Grund dafür, dass nach wie vor Eltern es ablehnen, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Darüber hinaus wuchert eine ausgesprochen westlich gestylte Jugendkultur im Lande, die den Abstand zur Welt der Eltern und der älteren Generation bis zur Verständnislosigkeit erhöht und das jahrtausende alte ganzheitliche soziale Netz gefährdet oder gar zerstört.

Parallel hierzu beginnt das traditionelle Autoritäts-System zusammenzubrechen. Die lebenserfahrenen und weisen Ältesten haben weithin ihre Position als Lehrer und Berater der jungen Leute verloren. Wissen im Sinne westlicher Kultur, technisches know-how und Geld sind die neuen Säulen von Autorität, die nicht auf dem Nährboden der traditionellen Dorfgemeinschaft wachsen. Sie tragen städtischen Charakter und machen die Städte zu Zentren eines neuen Lebensideals. Damit ist eine grundsätzliche Gefährdung des traditionellen Gemeinschaftsgefüges eingeläutet, denn mit den Autoritäten gehen auch die von ihnen verkörperten Verhaltensmuster und Werte verloren. Deutlich zu sehen an den oft gefährlichen Folgen.

C. Konfirmandenarbeit als Vorbereitung für ein ganzheitlich verantwortliches, christliches Leben

Die beschriebene Situation erfordert eine klare und positive Antwort der Kirche als eine der Haupterziehungsinstitutionen des Landes. Für unser Thema wirft das die Frage auf: Was soll Inhalt und Ziel der Unterweisung von Konfirmanden sein, die inmitten all dieser Probleme leben?

Die Antwort ist einfach: Ziel muss es sein, die jungen Leuten fähig zu machen - oder ihnen dabei zu helfen - die Herausforderungen ihrer drastisch sich verändernden Welt anzunehmen und eine neue, ganzheitliche Gemeinschaft zu bauen, die von der "Autorität" Jesu Christi, seinem kommenden Reich und dessen Gerechtigkeit lebt und bestimmt wird. Dies soll Grundlage und gleichzeitig Handlungsmaßstab ihres Lebens werden. In der Konsequenz deutet sich die Frage an, ob es erlaubt ist, so weit zu gehen, wie ihre Vorfahren es taten, zu sagen: Wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens – wie einige Christen in diesem Lande es heute bereits tun etwa als Friedensstifter zwischen den Fronten bei Stammesfehden.

Praxis gegenwärtiger Konfirmandenarbeit

In einigen Regionen der ELC-PNG entwickelte sich die Sitte, Konfirmandengruppen im Alter von 20 bis 25 Jahren zu unterrichten. Daran wird deutlich, dass diese Gemeinden von sich aus die traditionelle Ausbildung im Haus Tambaran durch die ‚Konfirmanden-Ausbildung’ ersetzten, ein Zeichen für das Ernstnehmen dieser Einrichtung und für gelungene Inkulturation. Dieses sehr selbständige und von den westlichen Kirchen unabhängig entworfene Modell hat nicht lange überlebt. Die Kirche wurde "überzeugt", dass, was für Australien, Amerika und Deutschland gut ist, für Papua Neu-Guinea nicht schlecht sein könne. Also hat sich das Konfirmandenalter jetzt allgemein zwischen 14 und 18 Jahren eingependelt. Dadurch ist die Chance für die Institution der Konfirmandenunterweisung, sich die gleiche Wichtigkeit wie die traditionelle Erziehung zu erobern, so gut wie vertan. Eins unter etlichen Schadensergebnissen undurchdachter und überheblicher Einmischung weißer Kirchen.

Die gegenwärtige Praxis der Konfirmandenarbeit sieht in den meisten Gemeinden so aus: Ein Konfirmandenkurs beginnt im Februar – also nach den großen Sommerferien - und endet mit der Einsegnung im November des gleichen Jahres. Wöchentlich findet eine Zusammenkunft von etwa 120 Minuten statt. Das bedeutet im günstigen Fall 40 Unterrichtseinheiten pro Kursus. Am Sonntag vor der Einsegnung findet eine Prüfung vor der Gemeinde statt. Das erste Abendmahl wird meistens im Konfirmationsgottesdienst gefeiert. Größere Gemeinden trennen diese beiden Feiern.

Wie in den meisten Kirchen der Welt bleibt die Realität von Konfirmandenunterricht hinter seinen oben beschriebenen Zielen erheblich zurück. Auch in der ELC-PNG hat Konfirmandenarbeit ihre Probleme:

  1. In der Ausbildung der Pastoren spielt Katechetik eine bestenfalls kleine Rolle. Von moderner Pädagogik so gut wie keine Spur. Schwerpunkt der Ausbildung ist Homiletik, und in deren Gefolge besteht Konfirmandenunterricht hauptsächlich aus Predigen.
  2. Ein verbindliches Curriculum gibt es nicht. Der kleine Katechismus ersetzt sehr häufig einen Lehrplan, was ja im Grunde keine schlechte Idee ist; aber auch der wird häufig auf die 10 Gebote und das Glaubensbekenntnis reduziert.
  3. Es gibt kein einziges Unterrichtshilfsmittel außer einigen älteren Auslegungen des kleinen Katechismus und einer Auswahl biblischer Schlüsselgeschichten.
  4. Der theologische Standard der Mehrheit der Kirchenältesten, die in vielen Gemeinden den Konfirmandenunterricht bestreiten, ist - vorsichtig ausgedrückt - niedrig. Ein Bericht der Synode von 1990 beklagte, es sei eine ernstzunehmende Gefahr, dass ausgerechnet durch die Konfirmandenunterweisung ein neues Heidentum in der Kirche ausgesät werde.

Der Versuch einer Lösung – ROT I GAT LAIP

Die ELC-PNG ist mit diesen Problemen bereits seit einiger Zeit konfrontiert. Deshalb wurde ein Projekt ins Leben gerufen betitelt "Was long SIPSIP PROGRAM" (Weide meine Lämmer, Joh. 21,15). Seine allgemeine Zielsetzung lautet:

"Die Kirche ist der Leib Christi und hat die Aufgabe
alle Männer, Frauen und Kinder der Kirche und unseres Landes zu unterweisen
und ihnen durch die Kraft des heiligen Geistes zu helfen, unter dem Evangelium in ein starkes Christsein hineinzuwachsen,
damit sie befähigt werden:

1. zu einem klaren Verständnis des dreieinigen Gottes, seines Wortes und Handelns zu kommen;
2. an ihn zu glauben, ihn lieb zu haben und an ihm ihre Freude zu haben;
3. ihren Glauben zu bekennen, den Namen des Herrn zu preisen und ihrer Kirche verbunden zu sein;
4. als Christen zu leben wo auch immer und in welcher Situation auch immer sie sich befinden;
5. gute Haushalter zu sein über alles, was Gott ihnen gegeben hat, und eine Hilfe zu sein für andere in ihrer Familie, Gemeinde, Gesellschaft, in ihrem Land und auch anderen Ländern;
6. allen Menschen zu helfen, würdige und reife Menschen zu werden entsprechend dem Vorbild Christi."

Dieses ehrgeizige Programm hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schulungsmaterial und Arbeitshilfen für alle Bereiche kirchlicher Arbeit zu erarbeiten und zur Verfügung zu stellen. Ein Teil dieses Projektes ist "ROT I GAT LAIP" (der lebendige Weg), das neue Konfirmanden-Programm.

Zunächst traf die Kirche eine wichtige Grundsatzentscheidung, nämlich die Entscheidung für das gedruckte Wort: Ein Werkbuch für Konfirmanden in Pidgin sollte entstehen. Aber darin lagen bereits einige Probleme: Es gibt Bereiche im Lande, wo die Leute nicht sehr gut Pidgin sprechen, und etliche junge Leute können überhaupt nicht lesen und schreiben. Dennoch war die ELC-PNG der Meinung, dass dieser Bereich der Entwicklung des Landes sich zum Besseren wenden werde, und entschied sich, diesen Weg einzuschlagen.

Die Vorgeschichte – der Neuanfang

Bereits in den späten 70er Jahren war Unterrichtsmaterial entstanden, das in mehreren Workshops im Rahmen des WAS-LONG-SIPSIP-Programms von einer größeren Gruppe von Pastoren, Evangelisten und Lehrern geschrieben worden war. Bei der Durchsicht dieses Materials stellten wir fest, dass es genau die oben beschriebene Situation der religionspädagogischen Ausbildung widerspiegelte: Die einzelnen Stunden bestanden von einigen Ausnahmen abgesehen aus ‚Predigten’, die mehr Gesetz als Evangelium transportierten, was ja auch einfacher ist. Nicht sehr gut verstandener traditioneller Dogmatik folgend war fast in jeder Stunde sehr viel von Sünde die Rede und vom Sühnetod Christi, dessen bloßer Zitierung dann aber ohne langes Fackeln ein äußerst kräftiger tertius usus legis folgte, der vergessen ließ, dass er eigentlich die freie Luft des Evangeliums atmen sollte. Ein echtes Bemühen, die Lebenssituation der Konfirmanden wirklich ernst zu nehmen und eine ehrliche Auseinandersetzung damit fand in die didaktischen Überlegungen kaum Eingang. Mit diesem Material hätte sich der Unterrichtende vor die Konfirmandengruppe gestellt und – mehr schlecht als recht – vorgelesen, vielleicht mit der Schlussbemerkung: "Hat dazu etwa jemand noch eine Frage?"

Eigentlich waren Anne und ich von der ELC-PNG dafür angeheuert, dieses Material vorsichtig zu überarbeiten und dann herauszugeben. Angesichts des Befundes standen wir aber nun vor der Alternative, entweder ganz die Finger davon zu lassen, oder eine Neubesinnung von Grund auf in Gang zu bringen. Wir berieten uns eingehend mit unserem Chef Sakey Ronuc, auf dessen Initiative hin das Material entstanden war(!), und er entschied: Neuanfang. Bei ihm keine Spur von Ressentiment wegen der Infragestellung seiner früheren Arbeit.
Es sei erlaubt, an dieser Stelle eine persönliche Bemerkung zur Person Sakey Ronuc einzuflechten: Er war ein fabelhaft sachlicher, auch offen kritischer Vorgesetzter - aber ebenso, wenn es sein musste, ein sehr väterlich schützender Chef. Und schließlich war er einer der beeindruckendsten Prediger, die wir je dort oder anderswo auf der Welt erlebt haben – ausgebildet als Lehrer und nun zuständig für Gemeindearbeit im Good News-Department der ELC-PNG. Ich werde nie die Andacht vergessen, die er im Kreise seiner Mitarbeiter hielt in einer Situation, in der wir alle am liebsten das Handtuch geworfen hätten aus Angst um unser Leben – wegen der eskalierenden Gewalt um uns herum – und aus Verzweiflung über die morsche Kirchenführung, die das Evangelium verdunkelte. Er dachte laut nach über Joh 6,67 "Da sprach Jesus zu den Zwölfen: "Wollt ihr auch weggehen?" Später hat er mir einmal gesagt, in jenen Krisentagen habe er auch für sich selbst keinen anderen Ausweg mehr gesehen als zu gehen. Deshalb habe er in unserem Kreise zu sich selbst predigen müssen. Alle blieben – nicht frommer Durchhalteparolen wegen, sondern weil das Evangelium wieder klar leuchtete.
Zurück zum Konfirmandenbuch: Sakey Ronuc beraumte eine Arbeitstagung an, zu der er acht der besten Stundenverfasser und theologischen Ausbildungsdozenten zusammenzog. In sechs Tagen sehr intensiver Klausur in unserem Hause, in der ausführlich über Grundlagen und Ziele der Konfirmandenarbeit unter den Gegebenheiten von Papua-Neuguinea nachgedacht wurde, entstand schließlich ein neues, konfirmandenbezogenes und inkulturatives Curriculum. In dieses Curriculum sollte - soweit möglich - das vorhandene Material eingearbeitet werden. Wir waren sehr erleichtert über dieses Ergebnis, das nicht mehr auf konservativ-dogmatischen weißen Vorgaben beruhte, sondern auf beweglichen einheimischen Füßen stand.

Hier die Einheiten des Curriculums:

  1. Ich werde verantwortliches Mitglied meiner Kirche
    (Meine Konfirmandenzeit wie ein Haus Tambaran Jesu; die Elemente, mit denen ich umgehen lerne: Bibel, Katechismus, Gesangbuch, Gottesdienst, Liturgie und Kirchenjahr)
  2. Du bist mein Kind
    (Wer bin ich? – Woher komme ich? – Wem gehöre ich? Meine Ahnen und ich in Gottes Schöpfung, meine Verantwortlichkeit in ihr - Gen. 1-3)
  3. Ich, der Herr, bin dein Gott
    (Gottes Grundregeln für mein Leben in einer aus Knechtschaft und bösen Zwängen befreiten Gemeinschaft - die 10 Gebote)
  4. Du komm und folge mir
    (Jesus Christus, wer ist das? Was ich von Jesus Christus weiß, wie ich an ihn, meinen Herrn und Bruder, glaube, wie ich mein Leben nach ihm und seinem kommenden Friedensreich ausrichten kann)
  5. Ich bin bei euch alle Tage...
    (Der heilige Geist und seine guten Geister in meiner lebendigen und lebhaften Kirche: Meine Taufe – meine Initiation, bevor ich mich beweise, unser Gebet – zu wem wir reden, das Vater unser, das Abendmahl als Jesu Mahl des Friedensschlusses und Neuanfangs mit mir und unserer Christengemeinschaft [Holy Communion and Holy Community])
  6. ...bis ans Ende der Welt
    (Der lebendige Weg hat das ewige Leben. Die Verheißung vom Kommen Christi - meine Hoffnung und mein Leben im Lichte seines Reiches bis ans Ende)

Das Projekt stellt neue Anforderungen

Dieser Neuanfang hatte für uns und unsere Arbeit tief greifende Konsequenzen, die uns in ihrem Ausmaß nicht sofort klar waren. Anstatt vorhandenes Material herauszugeben, was wir sicherlich einigermaßen gut bewältigt hätten, standen wir jetzt vor einer gänzlich anderen Aufgabe: Der größte Teil der Stunden musste von Grund auf neu konzipiert werden. Wir merkten bald an unserer eigenen Frustration, dass wir ohne einheimische Mitarbeit dieser Aufgabe überhaupt nicht gewachsen waren, weil wir immer wieder an unsere europäischen kulturellen Grenzen stießen.

Wir lernten, dass wir nun in die Praxis umsetzen mussten, was wir rein theoretisch schon vorher wussten, was sich aber sehr schnell als der allerschwierigste Teil unserer Arbeit entpuppte: Wie kann das Evangelium, das in einer völlig anderen Kultur entstanden ist und dann noch durch europäische Traditionen vielfältig verbogen wurde, in die Kultur von Papua Neuguinea so eingebettet werden, dass es verständlich und hautnah wird? Viele Bilder der Bibel, die uns vertraut sind, hat es in Papua Neuguinea in den ca. 40.000 Jahren seiner Besiedlung nie gegeben – keinen König und kein Königreich, keine Stadt vergleichbar mit Jerusalem oder Jericho, keinen Weinberg und keinen Wein, kein Weizenkorn und kein Brot... die Aufzählung ließe sich lange fortsetzen.
Anderes ist dem Verständnis der Papua Neuguineer näher als uns, z.B. das im Neuen Testament so häufige Auftreten der bösen oder unsauberen Geister, Feinde der Menschen und Feinde Gottes. Jesus führt einen regelrechten Krieg gegen sie – und er gewinnt. Wie ist das nun mit den Geistern, die an unheimlichen Orten im Busch wohnen und ihr Unwesen treiben, Menschen krank machen oder verwirren? Da reicht die bloße Leugnung ihrer Existenz oder psychologische Verniedlichung nicht aus, denn so war das bei Jesus auch nicht.

Diese Andeutungen reichen, um zu zeigen, dass wir dringend ein schwarz-weißes Team aufbauen mussten, um überhaupt sinnvoll arbeiten zu können. Aber das war schwierig. Woher nehmen und nicht stehlen? Weit und breit niemand in Sicht, der für diese Aufgabe in Frage gekommen wäre. Aber selbst wenn: Wo sollte ein neuer Mitarbeiter mit seiner Familie wohnen (in PNG muss man für Angestellte Wohnraum vorhalten)? Da lief uns ‚durch Zufall’ 1989 ein junger, begabter Evangelist in die Arme, der im Nachbar-Compound bei seinem Clan lebte, weil ihm die Kirche aus irgendeinem Grunde, den ich vergessen habe, keine Arbeit gab. Den zogen wir uns an Land: Adam Saolaman. Er war ein Gewinn, weil er eigene Ideen hatte und nicht zu allem nickte, was wir sagten, sondern uns vor so manchem Tappen in die Kulturfalle bewahrte. Leider verließ er uns Ende 1990, um Theologie zu studieren – am 09.12.1992 starb er 31-jährig an Lymphdrüsenkrebs. Dies war die einzige Beerdigung, die ich in all den Jahren in PNG gehalten habe. Sie war schwer und schön. Seine Frau ging mit ihrem kleinen Sohn Christoph in ihren Clan zurück. Der Kontakt zu ihr ging verloren.

Wir fanden im September 1991 den Lehrer Lukas K. Waka, einen Hochländer, als Nachfolger. Ein Haus hatten wir für ihn nicht, so lebte die vierköpfige Familie über ein Jahr lang in unserem kleinen Gästehaus, das aus einem Raum, einer Dusche und einer Toilette bestand. Gekocht und Gelebt wurde unter dem Schauer neben unserem Carport. Schließlich fanden wir im Markhamtal ein ausrangiertes Mitarbeiterhaus. Das wurde in Einzelteile zerlegt, über etwa 80 km nach LAE, wo wir lebten, transportiert und in unserem Compound Malahang auf einem neu erstellten Betonfundament wieder aufgebaut. Was hier so einfach klingt, war in PNG mit viel Nervenverschleiß verbunden. Leider war Lukas K. Waka für unsere Arbeit nicht ganz so geeignet, wie wir uns das erhofft hatten. Das führte zu Frustrationen und Stockungen, die Arbeit ging nur schleppend voran. Schließlich bekamen wir aber mit Titus Yanod, dem ehemaligen Leiter eines Teacher Trainings für Lehrer an kirchlichen Dorftraining-Schulen, frischen Aufwind, so dass die zweite Hälfte der Arbeitshilfe (Buch 2, Einheiten 4 – 6, Konfirmanden- und Leiterbuch) Ende 1994 fertig war und in Druck ging.

Als theologisches Mitglied für das ROT I GAT LAIP-Team konnten wir im November 1994 den jungen Pastor Matei Ibak von der Insel Karkar gewinnen. Als ausgebildeter Trainer des Programms hatte er selbst bereits kirchliche Mitarbeiter in seinem Circuit an der Arbeitshilfe ausgebildet. Er ist als theologischer und geistlicher Berater eine große Bereicherung für das Programm. Hinzu kam ebenfalls 1994 die 20-jährige Salote (Charlotte), Tochter von Titus Yanod, als ausgebildete Sekretärin. Sie kann mit dem projekteigenen Computer umgehen und alle administrativen Aufgaben bewältigen.

Bis zu unserem Weggang aus PNG Anfang 1995 war unser Wohnhaus gleichzeitig Arbeitsstätte für alle Mitarbeitenden. Da das Projekt dort nicht weiterarbeiten konnte, weil es als Wohnhaus für einen nächsten Oversees-Mitarbeiter dienen sollte, haben wir noch mit Erfolg in Gang gesetzt, dass für das Projekt ein eigenes Holz-Fertighaus errichtet wurde, in dem neben einer großen Workshop-Diele jeder Mitarbeiter sogar seinen eigenen Arbeitsraum bekam. So war äußerlich und innerlich das Team bei unserem Abschied in guter Verfassung und gerüstet für die große Aufgabe der Schulungskurse in den elf Distrikten der ELC-PNG.

Leider wurde Titus Yanod, führender Kopf des Teams und ausgezeichneter Erwachsenenpädagoge, bald nach unserem Weggang krank; rätselhafte Kopfschmerzen und Schwindelanfälle konnten auch von dem deutschen Arzt in dem guten kirchlichen Krankenhaus von Butaweng nicht geheilt werden. Inzwischen hat er dieser Krankheit wegen leider seinen Dienst aufgeben müssen und ist zurück in sein Dorf gegangen. Niemand hat ernstlich den Versuch unternommen, für ihn einen geeigneten Nachfolger zu finden. Lukas und Matei haben in der Kirche nicht das Gewicht, einen solchen Wunsch in die Tat umzusetzen. Aber sie haben ihre Arbeit unverdrossen weitergeführt und wohl inzwischen mindestens 500 kirchliche Mitarbeiter in dem Programm geschult.

Diese Schulungen begannen bereits 1993. Unser Team gab jeweils am Ende der ziemlich anstrengenden 3-Wochen-Kurse an die Teilnehmer je nach Talent und Leistung drei verschiedene Zertifikate aus:

  1. "T" (Trena): Befähigung zur selbständigen Durchführung von Einführungskursen im Distrikt oder Circuit.
  2. "P" (Poroman): Befähigung zur Durchführung von Einführungskursen, aber nur als Partner (Poroman) eines Trainers mit dem Zertifikat "T".
  3. "K" (Konfemesen Kos): Befähigung zur selbständigen Führung einer Konfirmandengruppe.

Wer keines bekam, musste den Kurs wiederholen, oder es wurde ihm von einem zweiten Versuch abgeraten, was beides durchaus vorkam und viel Fingerspitzengefühl von den Kursleitern verlangte.

Die Vergabe von Zertifikaten deutet schon an, dass anders als in Deutschland das ROT I GAT LAIP-Programm nicht eine Arbeitshilfe unter vielen ist, für oder gegen die sich jeder Unterrichtende selbst entscheiden kann, sondern dass es das offizielle Konfirmandenprogramm der ELC-PNG darstellt, vergleichbar dem damals schon vorhandenen offiziellen Sunday-School-Programm. Die Arbeitsbücher sind deshalb auch nicht im freien Handel erhältlich, sondern werden nur an Zertifikatinhaber, also erfolgreiche Kursabsolventen ausgegeben. Dieses ausgesprochen straffe System war die lang durchdiskutierte Idee unserer Mitarbeiter; wir als Weiße hätten uns nicht getraut, so etwas in die Gastgeber-Kirche einzubringen. Die Arbeitshilfe ist auf diese Weise der Anlass für eine breit angelegte Fortbildungsarbeit der ELC-PNG geworden.

Ein Ausschnitt aus unserer Arbeit

Um einen Eindruck zu vermitteln, unter welchen Bedingungen wir gearbeitet haben, möchte ich nur eine Aktion schildern: Die Erprobung der ersten drei Einheiten (Buch 1). Hierzu setzte unser Chef, Sakey Ronuc eine Gruppe von 20 religionspädagogisch fähigen Pastoren als Projektmitarbeiter ein. Sie waren sorgfältig aus den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen der ELC-PNG ausgewählt, von der abgeschnittenen und schulisch unterversorgten Buschgemeinde bis hin zur Citygemeinde.

Zum 2-wöchigen Vorbereitungskursus kamen 13 der Geladenen. Nach Beendigung des Kurses waren alle Teilnehmer theoretisch und praktisch gut eingearbeitet und begannen Anfang 1991 in ihrer jeweiligen Gemeinde den Probelauf des Programms mit ihren eigenen Konfirmanden. Testfragebögen mit allen erdenklichen Hilfen für eine einfache Dokumentation ihrer Erfahrungen hatten sie in der Hand. Fest vereinbart wurde ein Feedback-Workshop für Februar 1992, um anhand der Unterrichtserfahrungen die endgültige Fassung des Buches 1 vorzubereiten.

Von den 13 Ausgesandten kamen 4 zurück. Von ihnen hatte einer das KU-Probejahr seinem Vikar übertragen. Dieser hatte sein Bestes versucht, sein Mentor konnte aber über die Ergebnisse nichts berichten, weil er seinen Vikar mit der Arbeit völlig allein gelassen hatte. Auch hatte er ihn nicht mitgebracht.

Der zweite hatte mit dem Programm in seiner Gemeinde selbst gearbeitet, war aber kurz vor Schluss von einem Stammeskrieg überrascht worden, der ihn zwang, sein Pfarramt Hals über Kopf und natürlich unter Zurücklassung allen Arbeitsmaterials zu verlassen. Seine im späteren Verlauf der Tagung beigesteuerten Kommentare erschöpften sich in der wohlwollenden Bestätigung von Äußerungen anderer.

Der dritte war ein Highschool-Chaplain. Es stellte sich heraus, dass er in dem betreffenden Jahr an seiner Schule überhaupt keinen KU durchgeführt hatte, da diese Kurse nur alle zwei Jahre stattfinden, und 1991 eben leider das "Jahr dazwischen" gewesen sei. Nichtsdestotrotz sparte er nicht mit ausgiebigen Lobesbezeugungen über das Programm.

Der vierte war ein Dekan, der im Vorbereitungskurs an dem Konfirmandenbuch regelrecht gescheitert war. Seine Probestunde war ein einziges Desaster. Er selbst hatte das klar und mit Humor eingesehen und auch die Ursache dafür erkannt: Er hatte sich einfach nicht an das Buch gehalten, sondern immer, wenn er auf ein ihm genehmes Stichwort stieß, eine ordentliche Predigt darüber gehalten – auf diese Weise entstand ein bunter Strauß abwechslungsreicher Predigten, die aber mit dem KU-Buch nichts mehr zu tun hatten. Die eingeheimste Kritik nahm er nicht übel sondern ernst. Er werde es versuchen und besser machen, war sein Abschiedswort. Nun kam er wieder, und zwar mit einer Fülle weiterführender Erfahrungen und anregender Fragen. Er war der Einzige – neben Anne und Lukas, unserem Mitarbeiter, die beide zusammen eine Gruppe in Malahang, unserem Compound, geführt hatten -, der mit Ausdauer und aufweisbarem Erfolg das Buch unterrichtet hatte. Längst Konfirmierte und katholische Jugendliche hatten seinen Unterricht ständig umlagert... Trotz der quantitativen Enttäuschung trug die kleine Gruppe erstaunlich gute Verbesserungsvorschläge zusammen, die bis hin zur Neukonzipierung einzelner Stunden reichten.

Die Lonuka-Geschichten

Die vielen Kulturen des Landes haben eins gemeinsam: sie leben vom Erzählen, von weitergegebenen Geschichten, Legenden und Mythen. Diesem Umstand trugen wir auf folgende Weise Rechnung: Wie ein roter Faden zieht sich durch die gesamte Arbeitshilfe eine Serie von Einstiegs- und Fortsetzungsgeschichten, deren Hauptpersonen Lonuka, ein Dorfjunge im Konfirmandenalter, und sein weiser Großvater sind. Umgeben von ihrer Familie und eingebettet in ihren Clan erleben sie viele, teilweise dramatische Ereignisse, in denen die ganze Palette der Lebensfragen er-lebt wird. Sie sind in einer Art Papua-Neuguinea-Realismus erzählt und provozieren jeweils eine persönliche Glaubensantwort oder die Frage nach Wegweisung zum christlichen Handeln. Im Wesentlichen besteht die Arbeit der Konfirmanden darin, diese Glaubensantworten und Wegweisungen unter Zuhilfenahme ihrer in Einheit 1 aufgezählten ‚Werkzeuge’ zu erarbeiten und zu verinnerlichen.

Damit anschaulich wird, wovon die Rede ist, seien hier die wichtigsten der knapp fünfzig Lonuka-Geschichten und ihre Themen angedeutet. Nicht wiedergegeben werden jene, die so oder ähnlich auch in Europa geschehen könnten.

Einheit 1

Lonuka sitzt am Ufer des Wahgi, eines Flusses in der Heimat unseres Mitarbeiters Lukas im Hochland, und sieht den Garten seines ältesten Bruders, Zeichen der erwachsenen Selbständigkeit. Lonuka möchte auch unabhängig sein und eine Familie gründen, verliebt ist er schon, seine große Liebe ist Ganang, die Tochter des Gemeindevorstehers Peno. Sein Vater Amkui lobt ihn und macht ihm klar, dass er zuvor alles erlernen müsse, was zum Erwachsensein gehört: Vergleich Haus Tambaran der Vorfahren und Konfirmandenunterricht: Ausbildung zum erwachsenen Christen. Es folgen 4 Stunden über die Bibel, am Schluss die Bilder: Die Bibel ist wie eine offene Tür, wie ein Dach, wie ein Weg, wie eine Brücke, wie ein Wasser, wie...

Der Gang durch das Kirchenjahr gleicht dem Gang durch das Jahr im Garten:

  1. Der Boden wird bereitet – Advent
  2. Die Aussaat – Weihnachten
  3. Die Saat geht auf – die Epiphaniaszeit
  4. Die Frucht reift – Passionszeit
  5. Die Ernte – Ostern
  6. Die Stärkung durch die Ernte – Pfingsten (in der ELC-PNG werden die anschließenden Sonntage anders als bei uns als "Pfingsten 2, 3, 4..." nummeriert, man hat also ein sehr langes Pfingsten!)

Diese Verbindung von Gartenjahr und Kirchenjahr entspricht dem tatsächlichen jahreszeitlichen Rhythmus in Papua-Neuguinea und ist deshalb nachvollziehbar. Es legt sich nahe zu sagen: Dein Garten begleitet dich durch das Jahr Jesu Christi – und umgekehrt: Auch das Jahr Jesu Christi zeigt: Wir leben in Gottes Garten.

Lonuka hat den Eindruck, dass der Konfirmandenunterricht es ihm leichter macht, erwachsen zu werden im Vergleich zu dem, was das Haus Tambaran seinem Vater abverlangte. Großvater: Ja, euer Lernen ist nicht so mühevoll, aber die Anwendung des Gelernten ist schwieriger als damals. Hinweis auf den Kleinen Katechismus als Werkzeug zum Praktizieren des Glaubens. Es folgt eine Stunde Einleitung in den Kleinen Katechismus.

Einheit 2

Großvater und Lonuka fliegen zum ersten Mal nach Port Moresby, um Verwandte zu besuchen. Abends sitzen sie am Pazifik-Strand. Lonuka sinnt über das endlose Meer nach: Vielleicht gab es vor Zeiten nur das Meer, und erst später kam Land zum Vorschein und das Leben darauf entstand. Aber wie und warum ist das geschehen? Es muss einen gewichtigen Grund geben. Großvater erzählt einen Schöpfungsmythos von der Ur-Schildkröte, die aus dem Meer Grund zusammentrug, so dass trockenes Land entstand für sie zum Ausruhen. Aus ihren Eiern entstanden Pflanzen, Tiere und die ersten Menschen, die die Erde in Besitz nahmen. Die Stunde vergleicht diesen Mythos mit Gen 1 – 2,4 und hebt die Gemeinsamkeiten hervor. Ziel: Die Vorfahren konnten nicht wie Israel von Gott reden; sie hatten anstelle dessen das Bild von der mütterlichen Schildkröte. Beide Geschichten erzählen von einer guten, liebevollen Schöpfung. Die nächste Stunde hat das Thema "Ich bin Abbild Gottes?"

Lonuka muss im Garten helfen, Unkraut zupfen. Gegen Abend beschwert er sich: "Du blödes Unkraut. Warum wächst du immer wieder in allen Ecken des Gartens?" Auf dem Nachhauseweg wird seine Mutter fast von einer Schlange gebissen. Lonuka fragt sich: "Warum bedroht dieses Tier uns?" Im Dorf angekommen erfahren sie, dass der Bruder des Großvaters gestorben ist. Lonuka fragt sich: "Warum ist unser Leben so begrenzt? Warum müssen wir sterben?" Als Antwort auf diese und andere Warum-Fragen folgt eine Stunde über Gen 2,4 – 3,24

Lonuka und Großvater gehen durch den gebirgigen Busch. Lonuka zeigt auf den höchsten Berg der Gegend, dessen Gipfel meistens in Wolken verborgen ist: "Ich denke, Gott hat den Platz der Götter der Vorfahren eingenommen und wohnt nun auf diesem Berggipfel." Die Behauptung, Gott wohne im Himmel = sky will er nicht gelten lassen, weil das Gott und Mensch auseinander schiebt. Gott muss nahe sein, sonst ist er nicht. Es folgt eine Stunde zum Thema "Wo ist Gott?" Ziel: 1.Kor 3,16 – 17; 6,19 – 20, "Ihr seid das Haus Gottes", Lonuka: "Auweia, Gott ist uns beiden ja noch viel näher, als wenn er auf dem Berg da wohnte. Dann sind wir und die anderen ja das heilige Haus Gottes und sein Tabu-Platz, den man nicht verletzen darf!"

Kevin, ein Freund Lonukas, schildert in einem Brief seine Initiation und das Schneiden der Krokodilsnarben auf Armen, Schulter und Rücken. Vier Monate war er zur Vorbereitung darauf im Haus Tambaran. Nun ist er stolz, dass er erwachsen ist. Es folgt eine Stunde zum Thema "Beschädigen oder beschützen? Für- und Vorsorge für meinen Körper" Warnung vor Alkohol, Rauchen und Drogen, Geschlechtskrankheiten und AIDS.

Einheit 3

Im Dorf hat Peno einen Fernseher mit Videorecorder und Generator aufgestellt. Lonuka bittet Großvater um 20 Toea für den Eintritt zum Fernsehabend "Rambo 9". Großvater verweigert sie ihm, weil gleichzeitig Jugendgruppenabend stattfindet. Enttäuscht geht Lonuka nach Hause. Dort sieht er die Geldschachtel der Eltern auf dem Schrank. Er öffnet sie und sieht einige 20-Toea-Münzen darin... Dies ist die Einleitung einer Stunde mit der Überschrift "Was hat Macht über dich?" zum ersten Gebot.

Wenn Lonukas Vater seine Mutter fragt, wo seine Frau sei, sagt er nicht: "Wo ist Kisu?", sondern: "Wo ist Lonukas Mutter?"; sie antwortet: "Ich glaube, sie ist zu ihrem Bruder gegangen." Namen werden nicht direkt genannt, damit böse Geister sie nicht benutzen können. Denn Namen nennen können bedeutet, den betreffenden Menschen locken können, also Macht über ihn haben. Hierauf folgt eine Stunde mit dem Titel "Namen verbergen – beim Namen nennen – den Namen ehren" über das zweite Gebot.

Lonukas Onkel Aitau, der mit seiner Familie am Rande der Stadt lebt, wo er als Stellmacher arbeitet, kommt zu Besuch ins Dorf und erzählt folgende Geschichte: In seinem Compound gab es einen jungen Mann, Bubal, der schon als Junge ständig vor dem Videorecorder hing und sich mit Gewaltkrimis voll sog. Mit der Zeit wurde er Anführer einer jugendlichen Gruppe. Nach einiger Zeit wollten die Jugendlichen sich erproben: Mit einer Spielzeugpistole bewaffnet überfielen sie einen Mann auf der abendlichen Straße. Der erkannte die Unechtheit der Pistole und verhaute Bubal fürchterlich; alle anderen ergriffen die wilde Flucht. Daraufhin stahl die Gruppe in der Stadt ein echtes Gewehr. Nachts brachen sie in einen Store ein. Der mit einem Buschmesser bewaffnete Nachtwächter tauchte auf und verletzte einen der Jugendlichen. Bubal kam ihm zur Hilfe und erschoss den Wachmann. Die Bande floh ohne Beute in den Busch und ist seither verschwunden. Mit dieser Geschichte beginnt die erste der vier Stunden zum fünften Gebot. Ziel: Das Leben des Anderen ist Gottes Haus und Tabu-Platz.

In der Stunde zum Thema Abtreibung erzählt ein Ungeborenes seine Lebensgeschichte vom Tage der Empfängnis an. Diese Erzählung endet am 50. Tag mit dem Satz: "Heute hat mich meine Mutter getötet." Am Schluss der Stunde findet sich der Hinweis: Stell dir vor, was aus unserer Welt geworden wäre, wenn Maria abgetrieben hätte...

Werake, einem Jungen gleichaltrig mit Lonuka, sind beide Eltern gestorben; seitdem lebt er im Hause seines Onkels und wird dort schlecht behandelt. Zunehmend depressiv hat er unter dem Spott der anderen Jungen zu leiden. Er will sich das Leben nehmen. Im letzten Moment findet ihn Großvater. Werake fasst Vertrauen und schüttet sein Herz aus. Das anschließende Gespräch der beiden endet mit Großvaters Worten: "Komm, wir gehen ins Dorf. Ich werde dir helfen." Zu dieser Stunde über das Thema Selbstmord ist anzumerken, dass die Selbstmordrate unter Jugendlichen in PNG sehr hoch liegt. Häufig ist Scham das entscheidende Motiv.

Zum Thema Ehe – 6. Gebot findet sich der folgende echte Leserbrief eines jungen Mannes aus Lonukas Gegend an die Zeitung "Wantok":
Sehr geehrter Herausgeber,
ich bin ein junger Mann aus den Highlands. Ich möchte mich äußern zu der Sitte des Brautpreises. Wir jungen Männer vom Dorf finden es äußerst hart, einen Brautpreis aufzubringen. Einigen von uns sind die Väter bereits gestorben. Andere von uns haben nicht genug Geld oder Schweine.
Deshalb möchte ich euch Zeitungsleute und die Verantwortlichen in unserer Gesellschaft auffordern, euch zusammenzusetzen und eine harte Diskussion in Gang zu bringen darüber, dass heutzutage das Brautgeld viel zu hoch ist. Einige Leute machen daraus ein regelrechtes Geschäft: sie verkaufen die jungen Frauen an den Meistbietenden wie eine Kuh oder ein Auto. Das ist eine schlimme Sache.
Ich denke an Adam, unseren Ahnherrn. Er musste nicht viel Geld für Eva bezahlen. Im Gegenteil: Gott gab sie ihm völlig umsonst! Deshalb, Bruder oder Schwester: Was denkst du zu der Frage des hohen Brautpreises? Wenn Du meine Gedanken unterstützt oder anderer Meinung bist, dann schreib an die Wantok-Zeitung. Ich freue mich darauf. Peter Nogala

Einheit 4

Die Jugendgruppe Lonukas erhält eine Einladung zu einem Sport-Jugendtreffen aller Gruppen des Pfarrverbandes. Es soll an Weihnachten stattfinden. Allgemeiner Beifall, zumal die Jugendlichen das Herumsitzen, das viele Essen und die Bierseligkeit der Erwachsenen an Weihnachten gründlich leid sind. Nur Ganang gibt zu bedenken: Sie denke nach über den Grund des Weihnachtsfestes und sei deshalb im Zweifel, ob es richtig sei, das Fest zu einem Sportwettkampftreffen zu machen... Es folgt eine Stunde über die beiden Geburtsgeschichten Mat und Luk. Sie endet mit der Fortsetzung:
Am Tag vor Weihnachten treffen alle Jugendgruppen ein. Aber sie fangen nicht an, Fuß- und Basketballspiele auszutragen. Jede Gruppe bereitet sich vor, einen Teil der Weihnachtsgeschichte vorzutragen und dazu zwei Lieder zu singen. Abends zünden sie ihre Fackeln an und feiern mit der großen Gemeinde einen zu Herzen gehenden Gottesdienst. Am ersten Weihnachtstag machen sie in aller Frühe ein schönes Singsing, um die Gemeinde zu wecken. Morgens feiern sie wieder einen großen Gottesdienst. Nachmittags hält der Pastor mit ihnen eine ausführliche Bibelarbeit über die Weihnachtsgeschichten und den Sinn des Festes. Am zweiten Weihnachtstag gehen Pastor und Älteste mit den einzelnen Jugendgruppen in die verschiedenen Dörfer der Gemeinde und halten dort Gottesdienste. Alle freuen sich, eine andere Jugendgruppe bei sich zu Gast zu haben. Nach diesem großen Fest haben die Jugendlichen zwei ganze Tage reserviert für ihren Sportwettkampf. Am Ende gewinnt Lonukas Gruppe den ersten Preis, dotiert mit 200,- Kina (ca. 200,- US$). Sie spendet das Geld für zwei alte Frauen, die in dem Dorf leben und kaum noch sehen können. Sie übergeben es einem Ältesten, der sich um die Frauen und den Augenarzt kümmern wird. Die Geschichte schließt mit dem Satz: "Und alle, vor die es kam, wunderten sich."

Aus der Circuit-Station (Kirchenkreisstelle) kommen der Circuit-Präsident und der weiße Circuit-Missionar. Sie holen Vorsteher Peno ab und gehen gemeinsam los, die nächste Gemeinde zu besuchen. Ihr Weg führt sie am Wahgi entlang, aber mittags biegt der Weg unvermittelt ab vom Ufer mitten in den Busch. Der Missionar fragt, warum sie den Umweg machen. Man erklärt ihm, dass direkt am Fluss ein unguter Platz sei. Auf weitere drängende Fragen hin geben sie schließlich zu: Ihre Vorfahren hätten von einem Masalai (unguter Geist) berichtet, der dort sein Unwesen treibe. Deshalb sei der Ort tabu. Der Missionar: "Und ich dachte, ihr seid inzwischen Christen. Wieso glaubt ihr dann noch an Masalais, böse Geister und dergleichen mehr?" Peno: "Wir glauben gar nicht an das alles. Keineswegs. Wir denken nur, dass es besser ist, ihren Platz zu meiden, damit einem nichts zustößt." Da wunderte sich der Missionar...
Am Nachmittag erreichen sie das Dorf. Erster Eindruck: viele leere Bierflaschen überall, Jugendliche sitzen herum und rauchen Haschisch. Das Dorf ist verloddert. Der Missionar sagt: "Ich sehe, dass dieses Dorf voll ist von bösen Geistern. Sie werden es zerstören." Da wunderte sich Peno...
Es folgt eine Stunde über die alten und die neuen bösen Geister.

Beleng gibt eine Weihnachtsparty. Viele aus dem Dorf und Arbeitskollegen aus dem Nachbarort kommen zusammen, Lonukas Familie ist auch dabei. Man sitzt zusammen, isst gut und erzählt viel. Gegen Abend fangen die Männer an, Bier zu trinken. Amkui und seine Familie verabschieden sich daraufhin, denn Bier ist nicht ihre Sache. Später gibt es einen Streit, der in ein Handgemenge mündet. Ein Arbeitskollege Belengs ist verletzt. Man bringt ihn ins Krankenhaus. Ein paar Tage später stirbt er. Ein Kompensationsangebot der Familie Belengs wird abgelehnt. Zwei Tage später überfällt das Nachbardorf im Morgengrauen Lonukas Dorf. Amkui schickt seine Familie voraus auf die Flucht, er selbst und Lonuka wollen ihnen folgen. Da trifft Amkui ein Speer, er fällt zu Boden, Lonuka kniet sich zu seinem Vater, legt seinen Arm um ihn und nimmt seinen Kopf in die Hände. Amkui atmet schnell und kurz, dann sinkt sein Kopf zurück, er stirbt. Lonuka weint und schreit, schreit und weint... Eine Stunde über die Frage, wie man das Wort Jesu von der Feindesliebe befolgen kann, schließt sich an. An ihrem Ende steht die Fortsetzung der Geschichte:

Lonuka fühlt sich wie in einem bösen Traum: seine Mutter weint und kann nicht wieder aufhören, sein großer Bruder Pita bebt und zittert, Großvater sitzt etwas entfernt, sein Kopf ist herabgesunken, es sieht aus, als ob er zu sich selbst rede. Einige Tage darauf versammelt Pita ein paar gute Freunde um sich. Er hat in den letzten Tage sich abgemüht mit dem Wort aus dem Epheserbrief: "Jesus Christus starb am Kreuz, um diese beiden Stämme zusammenzubringen zu einem Leib. Und am Kreuz hat es die Feindschaft, die früher war, getötet." ( 2,16; Pidgin-Übersetzung). Er ist zu dem Schluss gelangt, dass Gott ihm den Auftrag in die Hand gegeben hat, diesen Krieg zu beenden. Seine Freunde stimmen zu. Am nächsten Abend gehen sie gemeinsam nur mit dem Neuen Testament ‚bewaffnet’ ins feindliche Dorf, in dem gerade eine Dorfversammlung stattfindet. Pita liest in der schweigenden Versammlung das Wort von der Versöhnung 2. Kor 5,19 – 20. Er liest den Text zweimal. Nach längerem Schweigen steht ein Dorfältester auf und liest Röm 15,7. Auch er liest das Wort zweimal. Pita steht auf und spricht ein Gebet. Diese Versammlung geht allen sehr zu Herzen und eröffnet den Weg zur Versöhnung. Einige Tage später treffen sich die beiden Dorfgemeinschaften, halten einen Versöhnungsgottesdienst und anschließend ein ausgiebiges Friedensessen. Sie versprechen sich, nicht wieder gegeneinander zu kämpfen.
Bemerkung: Diese Geschichte beruht auf einer tatsächlichen Begebenheit aus dem Dorf eines unserer Mitarbeiter. Manchem Europäer mag sie zu schön und zu fromm vorkommen. Sie war aber alles andere als schön. Pitas Durchbrechen der Rachespirale war äußerst riskant, hat aber die Dörfer vor der ausufernden Eskalation von Töten und Verwüsten bewahrt. Gerade die fromme und bibelbezogene Seite der Begebenheit muss von uns sehr ernst genommen werden.

Früher fürchtete Lonuka sich, auf den Friedhof zu gehen wegen der Geister der Toten. Jetzt geht es ihm anders. Vor drei Tagen hat man seinen Vater beerdigt. Seine Trauer ist stärker als seine Furcht. So geht er an das Grab des Vaters. Er setzt sich nahe beim Grab."Papa, warum hast du mich verlassen und bist gestorben?... Warum hat Gott dir nicht beigestanden? Warum hat er zugelassen, dass sie dich töteten? – Nun hat Pita an deinem Grab ein Kreuz aufgestellt. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Feinde Jesus töteten, und Gott hat auch ihm nicht geholfen. Vielleicht will Gott gar nicht helfen? Vielleicht kann er überhaupt nicht helfen! Als sie dich hier in dein Grab gelegt haben, hörte ich den Pastor etwas sagen wie "Jesus ist auferstanden und lebendig". Aber wenn das wahr ist, wie ging das vor sich? Und wo ist Jesus dann jetzt? Warum kann ich ihn nicht sehen...? Es folgt eine Stunde über die Auferstehung Jesu.

Lonuka fragt seinen Großvater, ob er ihm einen Termin nennen könne, an dem er Christ geworden sei, denn etliche Christen behaupten, wenn jemand nicht einen Tag nennen könne, an dem er sein Leben Christus übergab und den heiligen Geist empfing, dann ist er kein richtiger Christ. Großvater verweist auf die Taufe, in der Gott sagt: "Dies ist mein Kind, das ich lieb habe" und in der Jesus uns einlädt, ihm zu folgen. Diese Einladung ist jeden Tag neu, und viele nehmen sie immer wieder neu an. Er erinnert an einen Jungen, von dem in der Zeitung stand, dass er sich einsetzte für einen ertappten Dieb, den die jungen Leute totschlagen wollten. Er ging dazwischen, konnte einige von ihrem Vorhaben abbringen, indem er ihnen die Unchristlichkeit ihres Tuns vorhielt, wurde aber von den anderen selbst übel zugerichtet. Er erreichte jedoch, dass der Dieb der Polizei übergeben wurde. Diese "Nachfolge-Geschichte" eröffnet eine Stunde über "Jesus folgen heißt manchmal, sein Kreuz mittragen".

Einheit 5

Drei Jugendgruppen besuchen Lonukas Gruppe zu einem gemeinsamen "Fellowship". Eine von ihnen ist eine charismatische Gruppe: Wir haben den Heiligen Geist, sind erfüllt von ihm und neu geboren... Lonuka ist beeindruckt und verunsichert. Am nächsten Morgen erzählt er Großvater davon und sagt schließlich: "Wenn ich dagegen unsere Gruppe angucke, dann sieht es mir so aus, als ob wir den Heiligen Geist noch nicht haben." Großvater: "Wahrhaftig: du hast nicht den Heiligen Geist. Der Heilige Geist hat dich!" Lonuka verstört: "Wieso denn? - Wie denn?" Es folgt eine Stunde über "Heiliger Geist – Geist Jesu".

Busangu ist aus der Jugendgruppe ausgeschert und hat sich der charismatischen Gruppe angeschlossen. Er besucht deren Bibel-Camp und erzählt Lonuka anschließend davon: Abends großer Gottesdienst mit Sündenbekenntnis und –vergebung unter Handauflegen – das war wie die Hand Jesu, und ich war bereit, mein Leben Jesus zu übergeben. Am nächsten Morgen nach dem Gottesdienst feierliche Taufe im Fluss. Das hat mein Leben verändert... Lonuka denkt an sich selbst und daran, dass er als Baby getauft worden ist. Er hat jetzt viele Fragen. Es folgt eine Stunde zu Thema "Taufe – Zweite Taufe".

Im Dorf hat sich nach einiger Zeit die Gruppe "Der Neue Gottesdienst" etabliert. Es handelt sich um die eben genannte charismatisch-fundamentalistische Gruppe, die einige Familien an sich gezogen hat. Sie haben bereits ein kleines Gottesdiensthaus errichtet. Heftige Streitdiskussionen sind mittlerweile entbrannt, etwa über die Taufe, die Buße, das Betelnuss Kauen, Schweinefleisch Essen, traditionelle Lieder und Tänze, über das Bier Trinken usw.. Als ein Mitglied der neuen Gruppe den Lutheranern sagt: "Ihr Lutheraner habt nicht wirklich Buße getan. Deshalb werdet ihr alle zur Hölle fahren!", läuft das Fass über. Es kommt zur Schlägerei, schließlich geht das neue Gottesdiensthaus in Flammen auf. Betreten kehren die Lutheraner um. Lonuka versucht, die Sache vor seinem Großvater zu rechtfertigen. Großvater: "Nun fühlt ihr euch wohl gut, nachdem ihr eure Stärke gezeigt habt? Ich sehe, dass in unserem Dorf zwei wichtige Dinge falsch sind oder fehlen...
In der Stunde wird die Antwort gegeben: Ökumene fängt mit zwei Schritten an: 1. Den Glauben und die Gedanken des Gegenübers möglichst gut kennen lernen und versuchen zu verstehen. 2. Zusammenkommen und miteinander reden und zusammenarbeiten.
Nach zwei Stunden "Ökumene" mit einer Art Minilexikon über die wichtigsten Kirchen und Einrichtungen der Zusammenarbeit findet die obige Einstiegsgeschichte ihre Fortsetzung: Zwei Frauen befürchten, die Feindschaft zwischen den Glaubensgruppen könnte eskalieren und ihre Familien entzweien oder zerbrechen lassen. Sie tun sich zusammen und scharen aus beiden Lagern etliche Frauen um sich. Sie beschließen, einen gemeinsamen Versöhnungsgottesdienst zu halten. Diesen Gottesdienst bereiten sie selbst intensiv vor. Nach zwei Wochen treffen sich fast alle Frauen des Dorfes und halten diesen bewegenden Gottesdienst unter einem großen Schattenbaum in der Nähe des abgebrannten Gottesdiensthauses. Danach tauschen sie Bilums (traditionelle Tragenetze, die sie selbst angefertigt haben) als sichtbares Zeichen der Versöhnung und sammeln eine Kollekte für den Wiederaufbau des Gottesdiensthauses. Ein Friedensessen beschließt den Nachmittag. Die Männer sehen all das und werden nachdenklich...

Einheit 6

Im Rahmen der Stunde "WET NA WOK" (Warten – auf das Reich Gottes – und Arbeiten) findet sich eine Beschreibung der diakonischen Aktivitäten der Jugendgruppe Lonukas: Die ECC-PNG hat für die Jugendarbeit eine Richtlinie und Arbeitshilfe herausgegeben, die sich "Fünf Sterne Programm" nennt, wobei die fünf Sterne die fünf Bereiche der jugendlichen Aktivitäten darstellen:

1. Gottesdienst
2. Bibelarbeit
3. Missionarischer Einsatz
4. Diakonischer Einsatz
5. Sport

Viele Jugendgruppen pflegen besonders den Sport, während die anderen vier Bereiche unterschiedlich stark bis hin zu ganz vernachlässigt werden. Lonukas Gruppe aber ist da sorgfältiger. Sie entwickelte einen Wochen- und Stundenplan, der alle fünf Bereiche erfasst. Ihre diakonische Arbeit sieht so aus:
An jedem Donnerstag ist Einsatz für die Hilfebedürftigen im Ort. Etliche Kleingruppen werden gebildet und mit den verschiedenen Aufgaben betraut. Einige Gruppen pflegen die Gärten der Alten, Kranken oder Behinderten. Einige gehen Schilf und Pfosten zu holen und reparieren die Häuser dieser Hilfebedürftigen. Einige Gruppen besuchen die Kranken, bringen ihnen Feuerholz und Trinkwasser, sie setzen sich zu ihnen, erzählen und beten mit ihnen. Außerdem waschen sie ihre Kleidung und Bettwäsche, Geschirr und Töpfe.
Diese Hilfebedürftigen lieben die Jugendlichen sehr und geben ihnen jedes Mal herzliche Dankes- und Segensworte mit auf den Weg. Auch die Eltern freuen sich über dieses Engagement ihrer großen Kinder zugunsten der Dorfgemeinschaft. Vorsteher Peno pflegt sie bei ihrem diakonischen Tun zu beraten und zu unterstützen.

Zu Beginn der Stunde mit dem Titel "DAI I GAT LAIP?" (das Wortspiel mit dem Titel des Konfirmanden-Programms ROT I GAT LAIP ist zu übersetzen mit "Ist der Tod lebendig?") stehen vier schlaglichtartige Begebenheiten aus dem Ereignisfeld Sterben und Tod:
Gelegentlich sehen wir nachts kleine grüne Lichter umherfliegen, die man "Kleiner Stern" nennt, sie gehen an und aus (Glühwürmchen). Wenn wir sie sehen, pflegen wir zu sagen: "Guckt mal, die Seele eines Toten kommt..."
Ein Mann ist gestorben, seine Familie kommt zusammen und trauert. Nachts scheint der Mond hell. Zwei Frauen verlassen die Trauerversammlung und gehen nach Hause. Sie kommen am Hause des Verstorbenen vorbei. Da sehen sie plötzlich den Toten mit einem weißen Tuch bekleidet auf der Veranda seines Hauses stehen. Die beiden Frauen erschrecken und rennen zurück zur Trauerversammlung...
Ein Dorf will gegen das andere kämpfen. Vor Sonnenaufgang laufen zwei Männer zum Friedhof. Sie schlagen mit ihren Speeren auf die Erde und rufen: "Kommt nun und geht vor uns her, wir müssen gegen unsere Feinde kämpfen..."
Ein Mann ist gestorben, seine Familie kommt zusammen und trauert um ihn. Ein Mann aus ihrer Mitte fängt plötzlich an zu zittern, seine Stimme verändert sich, er schreit auf und klappert mit den Zähnen, alle seine Glieder sind starr und zucken. Einige Männer halten ihn fest und legen ihn vorsichtig hin. Sie fragen ihn: "Wer bist du?" Er nennt den Namen des Toten und redet einige Worte...
Das erarbeitete Ziel der Stunde wird zusammengefasst:

"Wir Christen glauben: Jesus ist unser Herr und Bruder, und er ist bei uns in unserem Leben, unserem Sterben und danach.
Deshalb: Wenn ein Christenmensch stirbt, steht seine Seele auch dann noch unter der Hand Jesu Christi, seines Herrn und Bruders.
Denn zu seinen Lebzeiten gehörte er zu Christus, und Christus verlässt ihn nicht, wenn er stirbt.
Dies kann unser Herz stärken und uns die Furcht nehmen, jetzt und wenn wir sterben."

Die vorletzte Stunde besteht nur aus einer einzigen, langen Geschichte, in der die Fäden vieler Familienereignisse zusammenlaufen: Großvaters Vorbereitung auf den Tod und sein Sterben. Diese Geschichte haben wir in die Form eines ausführlichen Briefes gegossen, den Lonuka an seinen Freund schreibt. Er erklärt darin selbst, warum diese Form besser ist als dasselbe Ereignis von außen erzählt: Auf diese Weise kann er seine Gefühle aufschreiben, die er sonst nicht in gleicher Klarheit und Intensität mitteilen könnte. Diese Geschichte, die sich über den Zeitraum von drei Monaten erstreckt, kann hier nur in groben Zügen angedeutet werden; sie wirkt auf uns Europäer fast unwirklich, ist aber erzählt in Anlehnung an einen Bericht Bernhard Narakobis über den Tod seiner Mutter.
Es wird geschildert, wie Großvater sich langsam zurückzieht aus "diesem Platz, der so voller Segen ist", wie er seiner Umgebung verschlüsselt zu erkennen gibt, dass er nun bald sterben werde, wie Lonuka mit Gott streitet, der dieses Sterben nicht zulassen dürfe. Großvater kann bald nicht mehr aufstehen. Er ruft Lonuka zu sich, dem er seinen Kummer ansieht. Er erklärt ihm die Bedeutung seines Namens: Lonuka heißt in der Kâte-Sprache ‚Er hat mich angenommen’: "Gott hat dich und mich angenommen, wir sind in seiner Hand, und wenn ich sterbe, nimmt er mich von der einen Hand in die andere. In alledem sollst du mit mir einig sein."
Auf Wunsch des Großvaters kommen nach und nach alle Familienmitglieder an sein Sterbebett. Einige müssen anreisen. Er bedankt sich und gibt jedem seine Anweisungen. Ein Abendgottesdienst unter großer Beteiligung der Gemeinde wird vom Pastor an seinem Bett gehalten. Im Anschluss daran verbietet Großvater der Versammlung, nach seinem Tod nach irgendwelchen Ursachen für sein Sterben zu suchen (und damit nach einem Schuldigen!). Es gebe nur den einen Grund: er sei in Frieden ans Ende seines Lebens gekommen, und er möchte nun ausruhen in Gottes Hand. Er bittet außerdem darum, dass alle ihm und sich gegenseitig ihre Schuld vergeben, damit er erleichtert und in Frieden gehen kann.
Am nächsten Tag wird auf seinen Wunsch hin das Abendmahl gefeiert, zu dem der Pastor eine bewegende Predigt über Apc 14,13 hält. Von da an schläft Großvater viel. Nach einigen Tagen bittet er darum, man möge auf sein Grabkreuz die Worte schreiben "Dieser war auch mit Jesus von Nazareth" (Mt 26,71). Lonukas Mutter ist die letzte, zu der Großvater redet. Sie sagt: "Ich danke dir, Großvater, du bist mir wie ein Vater geworden. Ich weiß, du bist in Gottes Hand. Er wird dich allezeit gut bewahren. Du kannst jetzt schlafen." Großvater sagt: "Ja." Nach diesem Wort hat er nichts mehr gesagt.
Nach drei Tagen stirbt Großvater. Aitau sagt: "Danke, Gott, für den Segen dieses Lebens. Amen."
Lonuka beendet seinen Brief: "Da konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Aber eine Art Freude und das Danke für meinen lieben Freund waren wie ein Leuchten in meinem dunklen Kummer."

Das Buch schließt mit einer Stunde, die heißt "Geh und mach Feuer", eingeleitet durch eine Parabel von dem guten Mann, der den Menschen das Feuer brachte und damit viele Möglichkeiten, das Leben besser zu gestalten. Er wurde berühmt und hoch geschätzt. Aber einige Neider wiesen auf die Gefahren hin, die vom Feuer ausgehen, und um schlimmeren Schaden zu verhindern, töteten sie den Mann. Nach seinem Tod entwickelte sich eine Verehrung für den Mann, die bald weltweit wurde. Große Häuser wurden zu seinen Ehren gebaut, Bücher über ihn geschrieben, Lieder über ihn gedichtet. Nur: über all der Verehrung verlernten die Leute allmählich Feuer zu machen...
Die Konfirmanden werden am Ende des Unterrichts auf den Weg geschickt, ‚Feuer zu machen’. Sie suchen sich das Feuerholz aus den sechs Einheiten zusammen und schreiben es für sich in ihr Buch.

Der Titel "ROT I GAT LAIP" beschreibt den Grundgedanken des Programms: Es gibt keinen Weg zum christlichen Leben - christliches Leben ist der Weg! Deshalb steht am Schluss des Buches dieser Text:

Jisas i tok:

"Yupela i lait bilong graun.

Tingim. Wanpela taun i stap antap long maunten,

em i no inap hait.

Na tu, ol man i no save laitim lam na putim aninit long wanpela baket. Nogat.

Ol i save putim antap long tebol,

na em i givim lait long olgeta man long haus.

Olsem tasol, lait bilong yupela i mas lait

long ai bilong ol manmeri,

bai ol i lukim ol gutpela pasin yupela i mekim,

na bai ol i litimapim nem bilong Papa bilong yupela

i stap long heven."

Mt 5.14-16

 

Ende eines Abenteuers?

Entstanden ist am Ende nicht nur ein Arbeitsbuch, sondern auch eine Art Nachschlagewerk, das Antwort gibt auf viele Fragen nach dem christlichen Glauben und Leben als junger, verantwortlicher Mensch in Papua Neuguinea.

Es ist gleichzeitig ein Buch für persönliche Meditation unabhängig vom Unterricht und gibt dem Leser Anregungen und Ideen für die Gestaltung von Bibelarbeit, Andacht, Gottesdienst und Predigt. So zog eine Unterrichtsstunde überraschend weite Kreise: Im Zusammenhang des Themas "Taufe" findet sich in der Arbeitshilfe die Anregung und Anleitung für Pastor und Konfirmanden, einen Tauferinnerungsgottesdienst gemeinsam vorzubereiten und zu feiern und dabei die Gemeinde aktiv mit einzubeziehen. Vorschläge für Bibeltexte, Grundgedanken für Predigt und Gebete werden zur Eigenarbeit angeboten. Etwa gut zwei Jahre nach unserer Heimkehr nach Deutschland erhielten wir die Nachricht, das Church Council - etwa zu vergleichen mit unserer Kirchenregierung - habe aufgrund zunehmender Verbreitung dieser Praxis beschlossen, einen Sonntag im Jahr obligatorisch für alle Gemeinden als Tauferinnerungstag einzuführen.

Die Arbeitshilfe besteht aus je zwei Konfirmanden- und Leiterbüchern (Einheiten 1-3 und 4-6). Sie umfasst 70 Unterrichtseinheiten von je ca. 120 Minuten, es sind also eigentlich eher Konfirmanden-Nachmittage.

Weil eine ganze Menge schriftlicher Aufgaben innerhalb des Buches erledigt werden muss, braucht jeder Kursteilnehmer sein eigenes Exemplar, das er sich bei dem Unterrichtenden zum Preis von je ca. 0,80 € kaufen muss (inzwischen mag der Preis angestiegen sein). Ohne Buch kann er nicht mitarbeiten. Wir hatten Angst, dass diese Regelung das Projekt gefährden könne, weil es für manche Eltern nicht selbstverständlich ist, ein Buch zu kaufen, da diese Kultur traditionell auf das mündliche Wort und seine Überlieferung fixiert ist. Nur langsam setzt sich der Gedanke durch, dass Geschriebenes – wie z.B. ein Vertrag – überhaupt eine Bedeutung hat und das eigene Handeln beeinflussen kann. Unsere Befürchtungen erwiesen sich bald als unberechtigt. Soweit wir aus späteren Schilderungen erfahren haben, verlangten die Gemeinden sehr schnell nach den Arbeitsbüchern.

Nicht mehr ganz neue Nachrichten besagen, dass die erste Auflage seit einiger Zeit vergriffen ist. Was nun kommt, ist Ironie der Missionsgegenwartsgeschichte: Die Neuauflage muss (mit etwa 10.000,- €, für die Summe verbürge ich mich aber nicht) vorfinanziert werden. Die ELC-PNG hat das Geld nicht. Das Missionswerk Neuendettelsau beteuert seine stetige und großzügige Unterstützung des Projekts, weiß aber von dem Druckproblem nichts oder ignoriert es. Jedenfalls bewegt sich da nichts. So können die Gemeinden keine Bücher für ihre Konfirmanden bestellen; und die beiden ROT I GAT LAIP-Schulungsmitarbeiter können ihre Kurse nicht ordentlich durchführen. Neuendettelsau aber sagt, man habe gehört, die arbeiteten gar nicht so richtig. Deshalb müsse man wohl demnächst jemanden vorbeischicken, um mal nachzusehen. Und wenn die nur herumsitzen, kann man natürlich das Projekt nicht mehr unterstützen... So läuft das. Was wird auf diese Weise aus dem ökumenischen Abenteuer?

Übrigens stammen alle Namen im KU-Buch von Personen aus unserer näheren oder weiteren Umgebung. Deshalb noch zwei Nachträge:
Unser ‚Gärtner’ hatte seinen Sohn "Lonuka" genannt. Der stolperte vor ein paar Monaten bei der Vogeljagd im angrenzenden Busch, fiel unglücklich in sein Buschmesser und verletzte sich schwer. Man brachte ihn ins Krankenhaus, wo sich niemand in der gebotenen Eile um ihn kümmerte. So verblutete er dort.
Ganang, eine junge Frau Mitte 30, Mutter von zwei Kindern, wurde plötzlich krank und starb. Niemand weiß, woran.

Ich wünsche dem Buch, dem Projekt und besonders seinen unermüdlichen Mitarbeitern, dass sie von vielen guten Geistern, den kleinen Helfern des großen heiligen Geistes, begleitet werden und weiter Segen ausstreuen.

Christoph Brinckmeier, Tavira, Portugal

(Foto "Papua-Neuguinea – Kreuz": Neben Text unter d. Überschrift "Das Projekt stellt neue Anforderungen")

Wir wissen wohl, was wir beten sollen

KU, praktisch, im Regenwald

"...und wenn es nur das Eine ist, was die Missionare hergebracht haben, dann ist es genug: Versöhnung, Frieden." Von der Versöhnungsbotschaft hörten wir von Anfang an und überall, wohin wir in Papua Neuguinea kamen, die Menschen reden: "Wir saßen in der Dunkelheit, in unseren Tälern, in unserem Clan – ringsum auf den Bergen wohnten die Geister, die einem übel mitspielen konnten. Drüben, hinter den Bergen, saßen die Feinde – die Furcht war unser ständiger Begleiter. Bewaffnet mit Pfeil und Bogen gingen wir Männer voraus, die Frauen und Kinder auf dem Weg in die Gärten schützend zu begleiten. Lauernd, ob jemand uns umschliche, eine Frau, eine Tochter, ein Schwein zu rauben oder einen Angriff zu wagen aus Vergeltung." "Es ist wahr, über uns lag ein Netz aus Angst und Rache, Dunkelheit, Gefangenschaft. Dann, hört alle gut zu! Dann kam wie ein Blitz in der Nacht, die gute Nachricht, die unser Unwissen, unsere Torheit zerriss. Das Licht brach ein: Der Gott, der alles und alle geschaffen hat, dem auch die Geister gehorchen, Anuto, ist ein liebender Gott, ein Vater. So seid ihr alle Brüder und Schwestern. Alle geliebt und angenommen und geehrt. Wie Christus, Gottes Sohn und euer Bruder, euch versöhnt hat mit Gott und euch schon immer geliebt und geehrt hat von Anfang an, so könnt ihr selbst einander lieben, annehmen, euch versöhnen und ehren." "Ja, wir haben es nur nicht gewusst! Leider sind wir die letzten, die es erfahren haben."
Überall in Papua Neuguinea gab es Lieder von diesem Einbruch des Lichtes. Jedes Dorf hatte sein Theaterstück, in dem das Hereinbrechen der guten Botschaft von der Versöhnung gespielt und gefeiert wurde.
Versöhnung: ein Schlüsselwort, das seinen not-wendigen, ernst genommenen Sitz im Leben der Gemeinschaft hatte. Wie oft haben wir das erlebt! Die unterdrückte Wut, das Sich grämen, das Schweigen, die Lähmung nach einem Zerwürfnis – bis hin zu schwerer Krankheit. Dann das Sich-Zeit-Nehmen, das Vermitteln über Wochen hin, das Bröckeln der Mauern, die Angebote, es wieder gut zu machen, endlich das gemeinsame Fest!

Und ganz plötzlich befand ich mich selbst mittendrin in einem Akt der Versöhnung. Und das im Konfirmandenunterricht.

KU: Zweimal in der Woche trafen wir uns für je etwa 120 Minuten in der wändelosen Kirche von Malahang, um das neue KU-Programm praktisch zu erproben, eventuell zu korrigieren und zu ergänzen. 28 Jungen und Mädchen zwischen 14 und 20 Jahren aus drei Dörfern. Vier von ihnen Analphabeten, was wunderbar klappte mit einem von der Gruppe konstruierten Hilfeplan, und Esther, die 16-jährige Mutter, die ihr Baby natürlich mitbrachte und stillte; so saßen wir, wie immer vollzählig, auf den lehnenlosen Bänken, von denen jede zweite leer gelassene Reihe als Schreibtisch diente, und waren dabei, das 5. Gebot abzuschließen.

Im KU-Programm war das 5. Gebot in vier Unterthemen aufgeteilt worden. Jedes sprach eine aktuelle Situation von Tötung in der Gesellschaft Papua Neuguineas an. So ging es in der vierten Stunde um das Thema "Selbstmord", der besonders bei jungen Menschen vermehrt als Ausweg gesucht wurde. Die Konfirmandengruppe hatte den Selbstmord lebhafter als die anderen Themen diskutiert und beschlossen, den Familien und der Gemeinde unsere Ergebnisse mitzuteilen. So war ein Theaterstück entstanden, in dem die böse Kraft von einer Maske dargestellt wurde. Das Zimmern und Bemalen dieses Maskenkopfes und der dazugehörigen Körperteile hatte besonderen Eifer geweckt und viel Vergnügen bereitet. Groß war die Maske geraten und auch etwas beängstigend. Sie konnte ihr Maul aufreißen, um immer wieder eine neue Gestalt von Selbstvorwürfen oder Verspottung zu verschlucken und hinter sich anzufügen, sodass eine immer länger werdende Schlange aus Selbstmordgründen entstand. Bis hin zum giftigen Schwanz: Wo ist nun dein Gott?

Da die Neuguineer von alters her geborene Erzähler und Rollenspieler sind, war die Handlung des Stücks im Nu fertig. Die Rettung vom Weg des Selbstmords lag weder bei der magischen Heilerin, die die Eltern des gefährdeten Jungen engagiert hatten, noch im rituellen Umkreisen des Kirchenaltars. Nicht einmal im Gebet, wie nach heftigem Streiten beschlossen wurde, sondern im Vertrauen zu einem anderen Menschen. Jeder hatte nach kurzem oder längerem Überlegen an einen bestimmten Menschen gedacht, zu dem man, allen Mut zusammenreißend, letztendlich gehen konnte, um die monströse Bürde von Scham, Schuld und Minderwertigkeit abzuladen, sich frei zu weinen und sich mit sich selbst versöhnen zu lassen. Darauf vertrauend, dass Gott gerade diesem Menschen seine Ohren geliehen hatte, seinen freundlichen Blick, seine tröstende Stimme, seine zärtlichen und tatkräftigen Hände und die größere Weisheit. Da lag für sie die Erlösung!

Ein Erfolg war die Aufführung gestern Abend gewesen! Die Kirche gepackt voll, wie immer, wenn Theater gespielt wurde. Das Monster war mit hörbarem Atemeinholen begrüßt, das Wachsen des Ungetüms bestaunt und kommentiert worden. Das stumme, vergebliche Flehen zu Gott hatte im Publikum Tränen hervorgerufen, wie die meisten derartiger Szenen. Keiner wollte danach sofort nach Hause gehen. Alle saßen in Kreisen zusammen und redeten miteinander. Die Masken lagen im Gras und wurden umschlichen, mit Abstand betrachtet, auch mal berührt. Aber irgend etwas musste mir entgangen sein.

Für diese Konfirmandenstunde nun hatten wir das Feedback verabredet. Alle waren merkwürdig still. Mir fiel auf, dass Jakob, der die Monstermaske angeführt hatte, anders als sonst, in der entferntesten Ecke, da wo die leere Gasflasche als Kirchenglocke hing, sich seinen Platz gesucht hatte. Nach Anfangsgebet und Lied erwartete ich auf mein kurzes Antippen hin das lebhafte Echo wie üblich. Eigentlich sogar so, dass ich mein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Aber – kein einziger Laut. Nichts als gesenkte Köpfe. Ich fragte nach, ich drängelte, ich bat, ich rief einzelne Namen auf. Nichts. Wie mittags im Regenwald stand die heiße, feuchte Luft über unseren Köpfen und drückte uns nieder. Was war los?

Ich erinnerte sie: "Wir haben einmal Umgangsformen und Verhaltensregeln beschlossen. Zu Beginn des Jahres, erinnert ihr euch? Unter Punkt 4 heißt es: ‚Wann immer uns etwas unklar erscheint, fragen wir. Fragen bedeutet nicht, wir sind dumm und müssen uns dafür schämen, sondern, wir sind neugierig und wollen mehr wissen, wir wollen es genau wissen. Wir dürfen Anne gegenüber auch Zweifel äußern, obwohl sie erwachsen und eine Respektsperson ist. Sie wird uns ehrlich antworten. Genauso beantworten wir offen und ehrlich alle Fragen, die sie uns stellt...’ Wir haben das bis jetzt so gehalten und es ist uns allen gut dabei gegangen. Ich frage euch jetzt: Warum äußert ihr euch nicht über das Spiel gestern Abend? Wie ist es euch ergangen? Hat es euch nicht Freude gemacht? Und was haben eure Eltern und Freunde zu euch gesagt? Haben sie die Botschaft verstanden? Fanden sie euch toll?" Schweigen. Verborgene Gesichter. Ich war ratlos. Ich wartete. Und: Ich explodierte.

Man explodiert in Papua Neuguinea NIE! Man schluckt. Man wird leise. Man lächelt. Man zieht sich zurück. Man meidet sich. Man schickt Mittler. Man explodiert nie! Ich explodierte. Dann stockte ich, mir meines Fehlers bewusst. Das Schweigen war angeschwollen, als wollte es gleich das Dach sprengen. Ich verebbte. Mir war klar, dass ich nun alle Türen zugeschmettert hatte. Ich setzte mich. Ich sah die Jungen und Mädchen vor mir an, die ich lieb hatte, und spürte körperlich die Fremdheit, die uns trennte. Ich wartete, bis mein Herzklopfen ruhiger geworden war und sagte schließlich mit wackliger Stimme: "In diesem Augenblick, glaube ich, kann uns niemand helfen als unser himmlischer Vater. Lasst uns alles, was uns jetzt niederdrückt, in Gottes Hände und an sein Herz legen."

Ich begann das Gebet, schloss mit "Herr, erbarme dich!" und schwieg. Nach kurzer Zeit erhob sich die erste Stimme, tastend, das Gebet ausführlich fortsetzend, schließend mit "Herr, erbarme dich!"... die nächste Stimme... eine hier, eine dort... manche unter Tränen... Bitte um neues Vertrauen, um neue Offenheit... "Gott, unser Vater, sei uns gnädig. Wir haben unsere Ältesten erzürnt. Sie sagen, wir dürfen die Maske des Teufels nicht um den Altar führen, wir dürfen die magische Heilerin nicht in der Kirche agieren lassen." "Herr, wir wollten unsere Ältesten nicht erzürnen." "Herr, wir wollten dein Haus nicht beleidigen." "Herr, verzeih uns. Wir haben es nicht gewusst." "Herr, Anne hat es nicht gewusst. Wir konnten ihr vom Zorn der Ältesten nichts sagen, es hätte sie zu sehr beschämt. Verzeih ihr und uns." "Wir sehnen uns nach Versöhnung." "Mach Frieden zwischen uns, Herr, erbarme dich!" Nach einer Stille schloss ich mit dem Amen. Erschöpft lächelten wir einander an. Ich bedankte mich bei ihnen. Wir vereinbarten, bei den Gemeindeältesten einen Nachmittag, an dem wir uns neu begegnen und miteinander sprechen konnten, zu erbitten.

Allerdings war es damit nicht getan. Ich wurde vor die Kirchenoberen des Bezirks gerufen und musste in einer öffentlichen Anhörung meine Lehrauffassung offen legen und rechtfertigen. Immerhin ging es auch um mein Fach ‚Art and Ministry’ am Prediger-Seminar. In einer langen Nacht, in der Studenten, Jugendliche, Frauen und meine Gemeinde vehement für mich persönlich und mein Tun eintraten, trafen wir uns auf der Mitte: Ich durfte weiterhin mit meinen Gruppen Bilder in Kirchen erarbeiten, anbringen und im Gottesdienst benutzen, auch in Kirchen tanzen und spielen, musste aber Formen aus der vormissionarischen Zeit außen vor lassen. Darum aber ging es gerade bei meinem Anspruch auf Inkulturation. Ich versprach, in Zukunft entsprechende Themen auf dem Platz v o r , nicht i n einem Kirchengebäude zu bearbeiten und darzustellen. Na ja. Schließlich war ich Gast in ihrem Haus, in ihrem Volk, in ihrer Kultur. Auch dieser Prozess würde voranschreiten.

In dieser Konfirmandenstunde nun stellten wir uns wie immer zum Kreis und fassten einander bei den Händen. D.h. da Jungen und Mädchen in Papua Neuguinea sich nicht bei der Hand fassen oder sich mit den Schultern berühren, hatten wir unsere eigene Lösung gefunden: an der einen Nahtstelle stand Esther mit dem Baby, das man auch als Junge berühren konnte, an der anderen Nahtstelle verband ich selbst die Jungen- mit der Mädchenkette. Ich sprach den Segen. Nie wäre jemand nach Hause gegangen ohne diesen Segen:

God i givim blesing long yu, em i was long yu.
God i givim lait long bel bilong yu, em i marimari long yu.
God i sori tru long yu na mekim bel bilong yu i stap isi. I tru.

Ich habe es nicht vergessen.

Anne Brinckmeier, Tavira, Portugal

(Foto "Maskenprobe" unter Annes Text)


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