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[Kirche von unten]

Gott dem Herrn Dank sagen

Festschrift für Gerhard Heintze

Dagmar Hinzpeter und Ekkehard Hasse

Frömmigkeitsformen im Konfirmanden-Ferien-Seminar

Trotz der sich verändernden Diskussion in der KU-Literatur der letzten Jahre, trotz der Aufnahme von Elementen der Stille, von Andachten, Gottesdiensten, regelmäßig geübten Aktivitäten wie einem Segenskreis am Schluß, trotz alledem wird mancher und manche, angesprochen auf Frömmigkeitsformen im Konfirmandenunterricht, nur mit großer Zurückhaltung antworten. Frömmigkeitsformen und Konfirmandenunterricht – diese beiden stehen doch eher in einem spannungsgeladenen Verhältnis.

Handelt es sich schon um eine Frömmigkeitsform, wenn ein Konfirmand am Ende des Unterrichts dazu aufgefordert wird, sich mit den anderen die Hände zu reichen und einander im Kreis den Segen zuzusprechen? Es ist wohl eher Ausdruck der Frömmigkeitsformen, die dem/der Unterrichtenden eigen sind. Er oder sie hat sich diese Frömmigkeitsform angeeignet, verinnerlicht und mit Sinn erfüllt. Wo sie sich so mit innerer Plausibilität verbindet, mag die Rede von einer Form der Frömmigkeit zutreffen. Wo aber ein Konfirmand lediglich auf Anweisung den Segen mitspricht, halte ich es für unangemessen, bereits von Frömmigkeitsformen im Konfirmandenunterricht zu sprechen. In diesem Fall mag es eher zutreffen, von der Konfrontation mit Frömmigkeitsformen zu sprechen. Ob also ein Konfirmand/ eine Konfirmandin von der Konfrontation mit ihm/ihr zunächst fremden Frömmigkeitsformen dazu übergeht, solche Formen als sinnerfüllt zu erleben und eventuell sich anzueignen, ist eine nicht zu vernachlässigende Frage bei der Auseinandersetzung mit dem gestellten Thema.

Nun ist in diesen Überlegungen nicht vom Konfirmandenunterricht vor Ort zu reden. Zu betrachten ist vielmehr eine eigene Form des Konfirmandenunterrichtes, die in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig 1968 aus der Zusammenarbeit von zwei Pfarrern (Martin Quandt und Hans-Jörn Hasse) entstanden ist und seither durch vielen Mitarbeitenden auch vor dem Hintergrund der praktisch-theologischen und religionspädagogischen Diskussion stetig weiterentwickelt worden ist: Das Konfirmanden-Ferien-Seminar (KFS). Mittlerweile fahren jedes Jahr ca. 30 Gemeinden mit insgesamt nahezu 1000 Personen für drei Wochen mit dem KFS-Sonderzug nach Südtirol. Dort führen die Pfarrer und Pfarrerinnen jeweils im Team mit einem Betreuerstab im Verhältnis 1:5 zur Konfirmandengruppe in mindestens 40 Gruppenstunden den Konfirmandenunterricht eines ganzen Jahres durch.

In den letzten 15 Jahren haben auch in diese Seminar-Arbeit verstärkt Methoden und Elemente Einzug gehalten, die man als "Frömmigkeitsformen" ansehen kann. Dies ist gewiß im gleichen Maße geschehen wie diese Formen bedingt durch Darstellungen in der Literatur auch Einzug in den KU zuhause gefunden haben. Über Frömmigkeitsformen im KFS im Besonderen nachzudenken, liegt nun deshalb nahe, weil ein Seminar von drei Wochen Dauer an einem von der vertrauten Umgebung weit entfernten Ort Rahmenbedingungen schafft, die sich von denen der wöchentlichen Stunde Konfirmandenunterricht wesentlich unterscheiden. Diese Rahmenbedingungen haben nach unseren Erfahrungen besondere Auswirkungen auf das, was hier unter dem Begriff "Frömmigkeitsformen" betrachtet werden soll.

Um diesen Formen nach der oben dargestellten Unterscheidung gerecht zu werden, scheint es uns sinnvoll, dem Begriff der Frömmigkeitsformen einige Gedanken zum Begriff des "geistlichen Lebens" an die Seite zu stellen. In dem zusammengesetzten Begriff scheinen uns zwei Aspekte nebeneinander zu stehen. Zum einen der Gedanke, daß "etwas Geistliches gelebt wird". Hierbei steht im Vordergrund ein abgeschlossenes, in sich entfaltetes "Geistliches". Wir denken daran, daß auch viele evangelische Christen sich in den letzten Jahren in Klöster begeben, um das dort gelebte geistliche Leben zu erleben, es mitzuleben. Eine Frömmigkeitsform kann in diesem Sinne eine in sich schlüssige Übung sein, an der jeder andere teilhaben kann, indem er sie ebenfalls übernimmt. Das Beten des Vaterunser vor unseren Kirchenvorstandssitzungen gehört ebenso hierher wie das Singen von "Christ ist erstanden" (EG 99) als Ausdruck der Auferstehungshoffnung nach der Sterbeabkündigung in unseren Gottesdiensten.

Daneben steckt im Begriff des "geistlichen Lebens" zugleich der Gedanke, daß "das Leben auf geistliche Weise gelebt wird". Hierbei geht es eher um eine geistliche Dimension des Umgangs mit dem Alltag. Gemeint ist eine Alltagsbewältigung eigener, geistlicher Qualität gegenüber anders motivierten Haltungen (z.B. ökonomischen). Dieser Aspekt geistlichen Lebens scheint mir die Grundlage dafür zu sein, daß Frömmigkeitsformen verinnerlicht und mit Sinn erfüllt werden können. Oben haben wir diesbezüglich von einer inneren Plausibilität gesprochen. Man könnte es auch als Wirklichkeitsverständnis beschreiben, das für eine geistliche Dimension des Lebens offen ist. Solch ein Wirklichkeitsverständnis kann in der Regel nur langsam entwickelt werden.

Für die Betrachtung der Frömmigkeitsformen im KFS trägt die oben dargestellte Unterscheidung einiges aus. Ein grundlegender Unterschied gegenüber dem traditionellen wöchentlichen, einstündigen Konfirmandenunterricht, aber auch gegenüber allen Formen von Konfirmandenwochenenden stellt die Länge des Zusammenlebens an ungewohntem Ort im KFS dar. Es handelt sich um eine Sondersituation von drei Wochen Länge. In dieser Zeitspanne hat der oben dargestellten Aspekt der "geistlichen Weise das Leben zu leben" einen viel höheren Stellenwert. Im Rahmen eines Drei-Wochen-Seminars wird zwangsläufig auf vielfältige Art und Weise die Qualität der Alltagsbewältigung zum Thema.

Wer das Stundengebet einer geistlichen Gemeinschaft von Mönchen nicht nur hören sondern für sich wirksam werden lassen möchte, begibt sich für einen längeren Zeitraum z.B. für Exerzitien ins Kloster. Der Reiz des Jakobsweges liegt ebenfalls gerade in seiner Länge. Die Länge konfrontiert den Menschen in verstärkter Weise mit der geistlichen Dimension alltäglicher Fragen. Die schmerzenden Füße werden zu einer Anfrage an die Durchhaltekraft und die Ressourcen, aus denen ich Kraft zum Weitergehen schöpfe. Gerade hierin sehen wir bezüglich der Frömmigkeitsformen die besondere Chance eines Seminars von der Art des KFS gegenüber allen kürzeren Formen. Die Länge verstärkt das Erleben. Ein Wochenende ist nur eine verlängerte Party. Ein Wochenende ist in der Alltagserfahrung Jugendlicher die Zeit zwischen dem letzten Schulklingeln am Freitag und dem ersten Klingen am Montagmorgen. Dazwischen liegt eine endlose Fernsehorgie oder die Suche nach der richtigen Zerstreuung. Die Länge des Seminars führt demgegenüber dazu, daß sich Alltagserfahrungen im Seminar einstellen können. Drei Wochen sind bereits ein Lebensabschnitt, ein Stück Alltag. Dieser Alltag wird nun in der Gemeinde, in einer Gruppe unter christlichem Vorzeichen erlebt. Dieser Alltag wird unter einem Thema erlebt. Jedes Jahr wird wieder ein Thema im KFS-Arbeitskreis ausgewählt, meist die Jahres- oder die Kirchentagslosung. Das gesamte KFS steht dann unter diesem einen biblischen Wort. Es bildet das geistliche Vorzeichen, unter dem das gesamte Seminar steht. Das Wort wird ausgelegt in die verschiedensten Bereiche des Alltags im KFS: Aus der Vorbereitung zum Thema ergibt sich die Seminarstruktur. Unter dem Thema werden die Arbeitseinheiten entwickelt und die Methoden ausgewählt. Viele Gruppen versuchen auch die Freizeitangebote im Rahmen des Bibelwortes auszuwählen.

Zu den eben dargestellten Elementen, die dazu beitragen können, eine geistliche Dimension des Lebens bei den Teilnehmenden bewußt werden zu lassen, gehört auch ein Arbeitsstil, der aus der Gruppendynamik kommt. Gemeint ist die "Prozeßorientierung" in der Arbeit. Ein dreiwöchiges Seminar legt es nahe, die Arbeit immer wieder an der Gruppensituation auszurichten. Durch feedback und genügend Raum zur Prozeßreflexion im Leitungsteam ist es möglich, die Gruppensituation mit in die Vorbereitung des nächsten Programmpunktes (Kleingruppe, Plenumsdiskussion, Freizeitaktivität, Workshop, Fete, Abendausklang...) einfließen zu lassen. Auf diese Weise bleibt die Alltagserfahrung im Blick. Die Arbeit am Thema wird im besten Fall von den Gruppenmitgliedern als Beschäftigung mit den eigenen Alltagsfragen erlebt. Immer ist die Fragedimension im Raum: Wie gehen wir als christliche Gemeinde/Gemeinschaft mit den Fragen unseres Alltags um?

Für eine positive, sinnerschließende Begegnung der Konfirmanden mit Frömmigkeitsformen halten wir zudem die Beteiligung einer verhältnismäßig großen Anzahl von Betreuern, sogenannten Teamern, für ausgesprochen förderlich. Im Rahmen des KFS bieten sie für Konfirmanden eine Möglichkeit, den verschiedenartigen Umgang mit den Frömmigkeitsformen wahrzunehmen. Jeder Gruppenleiter gibt einer von ihm gestalteten Abendandacht ein eigenes Gepräge. Die anderen vertreten zur gleichen Zeit unterschiedliche Möglichkeiten, mit der angebotenen Andacht umzugehen. Probeidentifikationen mit der einen oder anderen Haltung sind für die Konfirmanden möglich. Es wird für sie erfahrbar, dass es unterschiedliche Haltungen zu einem Gebet etc. gibt.

Je länger wir an diesen Ausführungen schreiben, desto bewußter wird uns, wie sehr wir neben den Frömmigkeitsformen auch eine eigene Art von Frömmigkeit im KFS als deren Grundlage mit beschreiben. Und wahrscheinlich liegt hierin die wahre Berechtigung dafür, daß es angemessen ist, in Bezug auf das KFS von Frömmigkeitsformen im KFS zu sprechen. Die Teilnehmer können aufgrund der Anlage des Seminars einen eigenen Bezug dazu entwickeln, da ihnen ein Zugang zur inneren Plausibilität von Frömmigkeitsformen angeboten und ermöglicht wird.

Im Rahmen der bisher dargestellten Aspekte geistlichen Lebens in dem Sinne, daß das "Leben auf eine geistliche Weise gelebt wird", haben nun die eigentlichen Frömmigkeitsformen im KFS im Sinne "geistlicher Vollzüge, die gelebt werden wollen" ihren je eigenen Platz und ihre eigene Einbindung. Ihre Darstellung ist meines Erachtens dazu geeignet, die sehr weitreichende Behauptung einer eigenen Frömmigkeit im Rahmen der KFS-Gemeinde weiter zu illustrieren.

Im Folgenden geht es um konkrete Methoden und Elemente. Da jede Gemeinde in ihrer Gruppe den Tagesablauf und die Wochenplanung nach gemeinsamer Vorarbeit im KFS-Arbeitskreis selber erarbeitet und verantwortet, kann ich an dieser Stelle nur über Frömmigkeitsformen in unserer eigenen Arbeit in den Kirchengemeinden Immenrode und Weddingen (in den letzten Jahren in Kooperation mit der Kirchengemeinde Gittelde) berichten. Ich weiß jedoch, daß die Praxis in vielen KFS-Gruppen der unseren oftmals gleicht. Insofern spreche ich auch immer zum Teil lediglich über unsere Gemeinde, bin aber überzeugt, daß die Grundlagen meiner Ausführungen auch für die übergroße Mehrheit der KFS-Gruppen Gültigkeit besitzt

Frömmigkeitsformen als feste Bestandteile im Tagesverlauf

Im Seminarverlauf unserer Gemeinde gibt es einige Elemente, die als Frömmigkeitsformen den Tagesablauf regelmäßig begleiten und strukturieren.

Der Tag beginnt gemeinsam. Das wird deutlich durch die Lesung eines Psalms (meist in der Fassung von Jörg Zink, "Womit wir leben können") vor dem Frühstück. Er wird vom Gruppenleiter, der die Leitung des Tages in der Hand hat, ausgesucht und gelesen.

In manchem Jahr entfiel die Psalmlesung zugunsten eines "Morgenrituals", d.h. einer regelmäßigen Morgenbesinnung. Diese wurde meistens vor dem Haus auf einer Wiese gehalten. Ein wichtiges Element dieser in den Jahren je nach Thema variierenden Form war jeweils die Besinnung auf den Tagesbeginn, die Konzentration auf das "hier und jetzt" und die "Chance des neuen Tages". Ein zweites wesentliches Element ist dabei das Zusammenkommen im Kreis der gesamten Gruppe. So ist es möglich, alle am Morgen jeden Tages kurz wahrzunehmen. Jeder beginnt den Tag im Bewußtsein, Teil einer Gemeinde unter einem Thema zu sein. Das Wort gilt jeden Tag. Es erneuert sich von Tag zu Tag im Licht der fortlaufend sich anreichernden Erfahrungen in der Gruppe.

Das Mittagessen wird in unserer Gruppe regelmäßig mit dem ursprünglich von London ausgehenden "Friedensgebet am Mittag" begonnen. Am Anfang steht eine Stille. Anschließend reihen wir uns in die Gebetskette ein. Stehen die Stille und das Gebet am Beginn des Seminars noch unter dem Eindruck manchen angespannten Gelächters, so sprechen am Ende der drei Wochen die meisten Konfirmanden das Gebet aus eigenem Antrieb mit. In den letzten Jahren ist es geradezu zu dem Gebet der Konfirmanden geworden. Bei den monatlichen Konfirmandenunterrichtsblöcken, die wir im Anschluß an das Seminar zuhause durchführen und zu denen immer auch das gemeinsame Mittagessen gehört, gehört das Friedensgebet selbstverständlich dazu. Auch als Gebet zur Besinnung vor dem Konfirmationsgottesdienst hat es mittlerweile seinen festen Platz und wird von den Konfirmanden als das sie begleitende Gebet empfunden. Die Einübung des Gebets in der ihm angemessenen Situation der Tagesmitte, die Unterbrechung des Tagesablaufes durch eine besinnende Stille und die gemeinschaftliche Ausrichtung der Gedanken in der Form einer Reihe von gemeinsamer Bitten, letztlich die regelmäßige Gebetspraxis in der Gruppe gemeinsam mit einer größeren Zahl von Gruppenleitern, die auf sehr unterschiedliche Weise das Gebet als ihr eigenes sprechen, lässt Konfirmanden die nötige Freiheit im Umgang mit dem Gebet und macht es ihnen zugleich möglich, die geprägte Form des Mittagsgebetes selbst in verschiedenen Varianten zu erproben und als sinnerfüllt zu erfahren.

Andere Gemeinden haben die Form der Andacht am Mittag für sich entdeckt und entfaltet. Meist gehört dazu die Phase der Stille. Manche Gemeinden haben zu diesem Zweck abseits von ihren Häusern Zelte als "Raum der Stille" eingerichtet.

Den Tagesabschluß bildet für uns regelmäßig der sogenannte "Abendausklang". Dabei handelt es sich um eine in der Form freie Abendandacht. Die gesamte Gruppe trifft sich zum letzten gemeinsamen Programmpunkt des Tages im hierfür aufgestellten Zelt um eine gestaltetet Mitte im Schein vieler Kerzen. Als Anfangslied hat sich in den letzten Jahren der Kanon "Zeit für Ruhe, Zeit für Stille, Atem holen und nicht hetzen, unser Schweigen nicht verletzen" herauskristalliert. Meist prägt der Tagesrückblick die Wahl der Texte und Lieder. Oft wird besonders an ein Erlebnis angeknüpft, einer Erfahrung noch einmal in freien Gedanken und in deutenden Texten nachgedacht. Die Abendandachten werden immer wieder auch gestört durch Unaufmerksamkeiten. Über die Zeit der drei Wochen ist jedoch meistens zu beobachten, wie die Konfirmanden beginnen, die zwanzig Minuten der Abendausklänge als ihre Zeit wahrzunehmen. Es kommen die Anfragen danach, selber einmal den Abendausklang vorbereiten zu dürfen. Es etablieren sich "unsere" Lieblingslieder. Drei Wochen lang ist der Abendausklang der Ruhepunkt am Abend, eine Zeit zum Nachdenken, eine Zeit der Deutung der Tageserlebnisse. Am Ende sprechen wir uns im Kreis den aaronitischen Segen zu. Darin wird der Charakter unsere Gruppe als geistliche Gemeinschaft in besonderer Weise erfahrbar.

Frömmigkeitsformen orientiert am Seminarprozeß

Neben den am Tagesablauf orientierten Formen sind für das KFS auch solche zu beschreiben, die das gesamte Seminar prägen. Ein einzelner Gottesdienst ist noch nicht als Frömmigkeitsform anzusprechen. Vor dem Hintergrund der oben angesprochenen Prozessorientierung in der Seminarplanung und Durchführung betrachtet, haben sich jedoch gewisse, das Seminar in jedem Jahr von neuem strukturierende gottesdienstliche Elemente entwickelt, die die gesamten drei Wochen durchziehen und ihnen eine eigene Prägung geben. In diesem Sinne ist auch der Gesamtverlauf des Seminars Ausdruck einer gewissen Frömmigkeit und geprägt von Formen der Frömmigkeit.

Der erste Sonntag des Seminars ist meist reserviert für den Besuch des Gottesdienstes der katholischen Gemeinde am Ort. Der Tag steht am Anfang des Seminars noch im Zeichen der Wahrnehmung der fremden Umgebung und damit zugleich auch im Zeichen der Wahrnehmung anders geprägter Frömmigkeit. Wir sind Gäste in der Messe. Meist geht der Teamer, der mit der Betreuung eines Zimmers beauftragt ist, mit "seinen" Konfirmanden zum Gottesdienst. Die ungewohnte Umgebung der katholischen Messfeier gibt Anlaß zu vielfachem Nachfragen. Der Aspekt des Wahrnehmung vorfindlicher Frömmigkeitsformen spielt auch an anderen Stellen im KFS eine Rolle. So nutzen wir die am Talende gelegene Wallfahrtskirche "Heilig Geist" oft für eine Andacht am Ende unserer Zeit. Das Kirchlein am Talschluß macht in besonderer Weise deutlich, dass auch wir am Ende unserer Zeit in Südtirol stehen und bietet sich für die Aufnahme der Gedanken beim Abschied und den Blick voraus in besonderer Weise an.

Viele Gemeinden feiern am mittleren Sonntag des Seminars einen eigenen Gottesdienst bewusst als "Bergfest", dass heißt als Mitte der gemeinsamen Zeit. Was wir bisher gemeinsam hatten und was wir uns für den zweiten Teil der Zeit wünschen wird bedacht. Vor- und Rückschau sind organisch verbunden mit Dank und Bitte im Gottesdienst.

Der letzte Sonntag ist in den vergangenen Jahren gefüllt mit dem großen Jugendgottesdienst der KFS-Gruppen, zu dem bis zu 800 junge Menschen in der großen Gemeindekirche zu St. Johann im Ahrntal zusammenkommen. Durch diese zeitliche Ansiedlung am Ende des Seminars erhält er seine Prägung als Rückblick und Sammelpunkt des Erlebten.

Man mag diesen Ausführungen entgegenhalten, dass drei Gottesdienste an drei Sonntagen in einem dreiwöchigen Seminar eben den geschilderten Charakter haben. Wir möchten aber darauf hinweisen, dass in der dargestellten Weise die Gottesdienste die in sich geschlossene Zeit des Seminars dahingehend mit strukturieren, daß sie als abgerundete Zeit einer "Gemeinschaft unter christlichem Vorzeichen" erlebbar werden kann.

Wie die geschilderten Gottesdienste ihre besondere Funktion am entsprechenden Punkt auf dem Spannungsbogen des KFS haben, wie sie sich also in den Prozeß der drei Wochen einfügen und diesen mitgestalten wird noch einmal deutlicher an der zeitlichen Ansiedlung von Konfirmanden-Taufen in Südtirol. Diese haben im Seminarverlauf keinen festen Ort. Jedes Jahr, wenn Konfirmanden zu taufen sind, entscheidet unser Team wieder von neuem darüber, wann im Seminarverlauf unter dem aktuellen Thema die Taufe ihren sinnvollen und organischen Platz hat. Das unterstreicht die Prozessorientierung der Frömmigkeitsformen und die eigene Prägung des Frömmigkeitsstils, der das KFS prägt.

 


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Impressum und Datenschutzerklärung, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/FS90Heintze/, Stand: 18. November 2002, dk