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[Kirche von unten]

Gott dem Herrn Dank sagen

Festschrift für Gerhard Heintze

Peter Kollmar

Neue Perspektiven in den Beziehungen der Evangelisch-lutherischen Kirche Japans und der Evangelisch-lutherischen Kirche in Braunschweig

Vertraut und fremd zugleich begegnet Tokyo bei einem ersten Besuch. Großstadtarchitektur, Verkehrsverhältnisse und Beschilderung erinnern an deutsche Städte. Die meisten Autos sind aus dem Straßenbild zuhause bekannt. Auffallend dagegen schon das modische Erscheinungsbild: Selbstverständliche Berufskleidung sind der dunkle Anzug mit Krawatte und das dunkle Kostüm. Eine sehr offizielle, fast englische Business- Mode. Doch trotz aller Anklänge fühlt man sich fast hilflos, wie ein Analphabet: Kein einziges japanische Schriftzeichen kann man lesen, entziffern oder erraten. Eine ganze Kultur, Gesellschaft bleibt dem Europäer mit seiner lateinischen Schrift verschlossen. Die Ansagen und Hinweisschilder unverständlich. Eine andere Welt: äußerlich vergleichbar, aber in seinem Inneren, mit seiner Tradition, Kultur und Religion unbekannt. Dankbar lässt man sich von den Gastgebern abholen und durch diese fremde Schriftlandschaft lotsen.

So gestimmt erlebte ich meinen ersten offiziellen Besuch unserer japanischen Partnerkirche als Ökumenereferent im Frühjahr 2002, auf der meine Frau mich begleitete. Anlass war die jährliche Konferenz der Japanisch Evangelisch Lutherischen Kirche (JELC) mit ihren Partnern aus der Evangelisch Lutherischen Kirche der USA (ELCA) der Finnisch Evangelisch Lutherischen Mission (LEAF) und unserer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Braunschweig ( ELKiB).

Ich hatte um die Möglichkeit von persönlichen Eindrücken und Erfahrungen der normalen Lebens- und Arbeitsbedingungen gebeten. Denn ich bin der Überzeugung, dass ohne eigene Anschauung der Partnerkirche mit ihren Ortsgemeinden, ohne persönliche Bekanntschaft mit ihren Pfarrern und Mitarbeitern und ohne Kenntnis des gesellschaftlichen und religiösen Umfeld die Partnerschaftsbeziehung zwischen unseren Kirchen eine sterile Ökumene in Konferenzräumen bliebe. So war eine sehr informative zweiwöchige Rundreise durch die JELC vorbereitet. Sie hat in der Tat zum wechselseitigen Vertrautmachen geführt und war die erhoffte Vorbereitung auf die abschließende Partnerschaftskonferenz. Ökumene lebt von den Einblicken in die konkreten Alltagsbedingungen, von der Vermittlung des selbstverstandenen kirchlichen Auftrags und von persönlichen Beziehungen und gegenseitigem Vertrauen. Gerade wenn die Personen in den Verantwortungspositionen so häufig wechseln, wie es in unserer beiden Kirchen der Fall war. Nach Henje Becker, Ulrich Hampel und Martina Helmer Pham-Xuan war ich innerhalb von 7 Jahren die vierte Ansprechperson für unsere japanischen Partner. Dieser häufige Wechsel ist allerdings für die JELC nichts Ungewöhnliches, da dort die Leitungsämter nur jeweils auf zwei Jahre besetzt werden mit der Möglichkeit einmal wiedergewählt zu werden für dann insgesamt maximal 4 Jahren. So endeten im Mai 2002 die Amtszeiten von Präsident Koizumi, seines Vizepräsidenten Shingeno und des Exekutivdirektors Uno. Diese personale Komponente spielt eine wichtige Rolle in der Partnerschaftsarbeit und verlangt zwangsläufig häufige Besuche. Denn die Kontakte sind immer wieder neu herzustellen.

Die eigentliche Kontinuität in unserer Partnerschaft wird auf japanischer Seite gesichert durch die beiden Pastoren Watanabe und Akyama, die beide für 5 Jahre als Austauschpastoren in der Braunschweigischen Kirche gearbeitet haben und immer wieder die Anlaufstationen für Delegationen und Besucher aus Braunschweig sind. Pfarrer Watanabe, (von 1982-1987 in St. Johannis BS), gerade als neuer Vizepräsident der JELC gewählt ist Pastor an der Ichigaya Kirche in Tokyo, wo auch das Kirchenamt der JELC seine Räume hat: Pfarrer Akyama (1992-1998 Salzgitter und ausgebildeter Drogenberater) leitet nun Kibo no Ie ("Haus der Freude und Hoffnung"), die Drogenberatung in Kamagasaki, einem Stadtteil von Osaka. Sie wirken quasi als Konsuln unserer Braunschweiger Kirche in Japan. Und ihre jeweiligen Arbeitsstellen: einmal die Kirchengemeinde mit Kirchenamt der JELC in Tokyo und zum anderen die diakonische Einrichtung Kibo no Ie in der zweitgrößten japanischen Stadt Osaka sind vergleichbar mit Konsulaten unserer Landeskirche in der JELC. Umgekehrt nehmen das Ökumenenreferat im Landeskirchenamt, der Japan Arbeitskreis, die früheren Einsatzgemeinden der japanischen Pfarrer in Braunschweig und Salzgitter sowie die Frauenhilfe diese Funktion für die Delegationen und Besucher aus der JELC wahr. Vor allem der Japanarbeitskreis mit Frau Strohm und Ehepaar Walther pflegen die vielen gewachsenen persönlichen Kontakte zu Japan in unserer Landeskirche.

Diese nachhaltige Verbindung rechtfertigt noch einmal zusätzlich den Austausch von Pastoren und befördert die Idee, immer wieder einmal einen japanischen Pastor für einige Jahre als Gemeindepfarrer in eine Kirchengemeinde unserer Landeskirche einzuladen. Ein zentrales Thema meines bilateralen Gespräches im Anschluss der Konferenz war darum auch, die konkreten Absprachen über die Entsendung eines Pfarrers der JELC in unsere Landeskirche für das kommende Jahr 2003. Bei meinem Besuch in Hiroshima konnte ich bereits den Pastor mit seiner Familie kennen lernen, den die JELC für eine Entsendung in unsere Landeskirche vorgesehen hat. Er war schon tüchtig am Erlernen der deutschen Sprache. Die Sprachprobleme machen umgekehrt die Entsendung von Braunschweig nach Japan schwierig. Die japanische Sprache ist sehr viel schwieriger zu erlernen, weil sie nicht über einzelne Buchstaben sondern über Silben organisiert ist. Das Beherrschen von mindestens 3000 verschiedener Silben-Schriftzeichen ist Vorraussetzung für Schreiben und Lesen.

Natürlich hat meine Frage nach den jeweiligen Erwartungen an einen Pfarreraustausch und Gewinn für beide Partner in unseren Verhandlungen eine herausragende Rolle gespielt. Denn die Entsendung soll über die persönlichen Erfahrungen der konkreten Person hinaus auch einen Nutzen für die Kirchen haben. So wie Pastor Akyama seinen Aufenthalt in unserer Landeskirche genutzt hat, um in Verbindung mit dem Lukaswerk eine Ausbildung als Suchtberater zu absolvieren, die ihn nach seiner Rückkehr zur Leitung der Suchtberatung in Kamagasaki qualifiziert hat. Der japanische Pfarrer, der 2003 in unsere Landeskirche kommen wird, hat bereits einen Schwerpunkt in Hymnologie und Liturgie, den er durch Publikationen ausgewiesen hat. Er soll sich auf diesem Gebiet gerade hier in dem Kontext deutschen praktisch-theologischen Wissenschaft weiterbilden, als ein wissenschaftliches Gegengewicht gegen eine stark amerikanisch geprägte Theologie. Dieser Einfluss hängt u.a. zusammen mit dem generellen Interesse vieler japanischen Familien, ihre Kinder auch der Sprache wegen in den USA studieren zu lassen. Außerdem kennt das amerikanische Bildungssystem ein ausgeprägtes Stipendienprogramm der Hochschulen, das natürlich eine Einladung für Studierende aus Japan ist.

Nach seiner Rückkehr aus unserer Landeskirche soll Pfarrer Matsumoto am Lutherischen Theologischen Seminar in Tokyo diese Fächer in der Pastorenausbildung lehren.

Während meines Besuches und im Kontext der gemeinsamen Konferenz aller Partnerkirchen wurde der neue Direktor des Lutherischen Theologischen Seminars (LTS) in Tokyo eingeführt. Diese Einführung und einen weiteren Besuch habe ich genutzt, um zu sondieren, ob nicht ein Austausch von VikarInnen unseres Predigerseminars und der Studierenden des LTS möglich wäre. Diese Idee hatte ich bereits bei der Partnerschaftskonsultation im März 2001 in Braunschweig der Kirchenleitung JELC angetragen und auch in den bilateralen Gesprächen weiterverfolgt. Das Interesse ist groß und vielversprechend. Meine Grundüberzeugung auch hier lautet: Die Basis für eine dauerhafte und effiziente Partnerschaft kann nicht breit genug sein. Entscheidend ist es darum, Programme und Modelle zu entwickeln, die für beide Seiten realistisch, bezahlbar und nachhaltig sind. Darum mein Ansatz, Kontakt zwischen den beiden Ausbildungseinrichtungen zu initiieren. Weil die künftigen PfarrerInnen natürliche MultiplikatorInnen von Partnerschaften zwischen Kirchen sind. Das Modell, das mir vorschwebt, sieht vor: Seminaristen aus Tokyo für einige Wochen oder Monate zusammen mit einer VikarIn in eine Vikariatsgemeinde in Braunschweig zu schicken (ökumenisches Teamvikariat). Dieses würde ihnen Einblick in unsere normale kirchliche Situation eröffnen; gleichzeitig auch eine Vorstellung unserer Ausbildungskonzeptes vermitteln und schließlich auch die persönliche Situation der Austauschpartner berücksichtigen, wo der Vikar in einer fremden Situation ein ständiger Ansprechpartner wäre, der auch englisch kommunizieren könnte. Umgekehrt würden VikarInnen für einige Wochen oder Monate in dem TLS in Tokyo leben und mitarbeiten und dort die Ausbildung in das Pfarramt der JELC erleben und Einblicke in die Situation einer Kirche in einem fast ausschließlich nicht-christlichen Kontext zu bekommen.

Die tragenden Religionen sind Shintoismus und Buddhismus. Die JELC mit ihren 20.000 Mitgliedern in befindet sich in einer ständigen Herausforderung. Weniger als 1% aller Japaner gehören überhaupt einer christlichen Kirche an. Dieses bedeutet, dass jedes Mitglied und alle MitarbeiterInnen der Kirche in einer nichtchristlichen Verwandtschaft eingebettet ist. Werden bei uns Kinder durch die Taufe in die christliche Gemeinschaft aufgenommen, werden sie in Japan aus der normalen religiösen Gemeinschaft herausgenommen. Bei dem ausgeprägten Gemeinschaftssinn in Firma und Familie ist also schon der sonntägliche Besuch eines Gottesdienstes ein öffentliches Glaubensbekenntnis. Wie also überhaupt der Glaube an Jesus Christus und die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche in Japan ein tägliches Bekenntnis ist.

So wird verständlich, dass die Sonntage in einer normalen japanischen Gemeinde eine herausragende Bedeutung haben: als verbindende Vergewisserung des Glaubens, aber auch als Treffpunkt in aller Regel mit einem gemeinsamen Mittagessen und der wechselseitigen Information über familiäre und persönliche Belange.

Gerade weil der Gottesdienst diesen Bekenntnischarakter hat, sollen sie auch besonders gestaltet sein. Dazu gehört vor allem die Kirchenmusik und die musikalische Begleitung. Ich habe darum mit der Kirchenleitung überlegt, dass die Schulung von Organisten eine neue Säule unserer Partnerschaft werden könnte. Ein konkreter Anlass für einen ersten Versuch Kontakt mit workshops in verschiedenen Kirchenkreisen wird die Einweihung einer neuen Orgel in der lutherischen Kirche in Tokyo im Januar sein. Landeskirchenmusikdirektor (LKMD) Hecker soll das Eröffnungskonzert geben und die Orgel im Einweihungsgottesdienst spielen. Es ist verabredet, dass dieser Besuch so ausgeweitet wird, dass LKMD Hecker in verschiedenen Kirchenkreisen für die Organisten workshops anbieten kann. Klassische Musik und Kirchemusik wird mit Deutschland verbunden. So wird das Interesse an Schulungen mit einem Kirchenmusiker aus der Braunschweigischen Landeskirche hoch sein und zukünftig die Partnerschaftsbasis auch auf Organisten ausweiten. Und es ist eine willkommene Unterstützung der normalen Arbeit in den Gemeinden vor Ort. Ökumenische Partnerschaften brauchen solche überzeugenden und sichtbaren Nutzen für die Kirchenmitglieder in den verschiedenen Gemeinden.

Mit diesen Erweiterungen auf die VikarInnen, Organisten würde das Fundament unserer Partnerschaft sehr verbreitert. Bislang konzentrierte sie sich auf die Unterstützung der diakonischen Arbeit in Kamagasaki. Diese verdienstvolle Arbeit und die vielfältigen Kontakte dorthin auch von Gemeinden aus unserer Landeskirche wird mit aller Kraft fortgeführt werden. Aber ich habe den Eindruck, dass diese tragende Säule der Partnerschaft nach dreißig Jahren nun nicht mehr die ganze Beziehung alleine tragen kann und darum für die Zukunft weitere Pfeiler aufgebaut werden müssen. Die Erweiterung auf die VikarInnen und auf die Kirchenmusik wird die Kontakte neu beleben. Alleine schon deshalb, weil andere Gruppen und neue Personen in die Partnerschaft eingebunden werden. Hinzukommt, dass auch andere kirchliche Bereiche (Liturgie, Theologie, Kirchenmusik) neben der Diakonie einbezogen werden. Aus vielfältigen Gründen ist diese Ausweitung auf andere Bereiche kirchlicher Arbeit notwendig. Und eingebettet in eine breitere Partnerschaftsarbeit Kibo no Ie konkret und die Diakonie generell einen höheren Stellenwert in der JELC finden werden.

Etwas überspitzt formuliert, so mein Empfinden, ist in dem Bewusstsein der JELC Braunschweig für die Förderung von Kibo no Ie und damit im Rahmen aller Partnerschaftskontakte also für die Diakonie zuständig, Mission, Theologie, Mitgliedergewinnung, das ist der große Beitrag der USA- Kirchen und der Finnischen Mission. So schlicht wird es in der Kirchenleitung nicht gesehen, aber in der Breite der Kirche schon. Im Gegenteil hat die Kirchenleitung ein Interesse daran, die theologische und kirchliche Arbeitsbasis mit unserer lutherischen Kirche in Braunschweig zu verbreitern, So verstehe ich eben die Entscheidung für Pastor Matsumoto und die Workshops für OrganistInnen.

Die Hintergründe und Erwartungen für diese vergröberte Aufteilung haben sich mir durch meine vielen Gespräche in den besuchten Gemeinden und mit den Pröpsten erschlossen. Sie haben vor allem dann auf der gemeinsamen Partnerschaftskonferenz eine wichtige Rolle gespielt. Mehrere Motive kommen hier zusammen: zunehmende Überalterung der Kirchenmitglieder und der Pfarrerschaft; zurückgehende Zahlen der Kirchenmitglieder und kleiner werdende Gemeinden und ein "undiakonisches" Kirchenbild. So meine persönliche Deutung und Erklärung..

Gerade weil der Gemeinsaftssinn in der japanischen Gesellschaft und Kultur sehr ausgeprägt ist, hat paradoxerweise die Diakonie einen sehr geringen Stellenwert. Notleidende Menschen werden nach dieser Tradition im eigenen Verwandtschaftsverbund oder in der Firma aufgefangen. Eigentlich dürfte es in Japan gar keine unversorgten Menschen geben. Die Realität hält sich allerdings nicht an dieses Ideal. So sind viele vereinzelte, entwurzelte Menschen unversorgt. Alleine in Kamagasaki, dem Stadtteil von Osaka, wo Kibo no Ie steht , leben 35.000 Menschen. Nur ganz wenige Familien, die meisten sind allein stehende Männer. Von ihnen verdienen etwa 20.000-30.000 ihren Lebensunterhalt als Tagelöhner. 2000 von ihnen leben als Obdachlose auf der Straße, in Pappkartons und blauen Plastikfolien auf Bürgersteigen und Spielplätzen. In Osaka gibt es einen vergleichbaren Stadtteil, wo fast nur Frauen unter ähnlichen Bedingungen leben. Hier ist die kirchlich?diakonische Arbeit unmittelbare Lebenserhaltung. Sie ist im Verbund mit Einrichtungen der katholischen Kirche und einigen Nichtregierungsorganisationen öffentlicher Anwalt dieser Menschen. Sie gibt und lässt den Menschen etwas von ihrer Würde. Wer diese Lebensbedingungen einmal in Kamagasaki erlebt hat, wird verstehen, welche Verdienste Frau Strohm im Aufbau einer solchen zukunftsweisenden Arbeit in den 60 Jahren und Ehepaar Walther später in ihrer Mitarbeit dort erworben haben. Der wird verstehen, warum aus unserer Landeskirche heraus diese diakonische Arbeit weiter unterstützt werden wird.

Aber schon die Westpropstei mit ihrem für die Diakonie hochengagierten Propst Nagayoshi leidet darunter, dass die anderen Propsteien nicht recht einsehen, warum sie ? neben Braunschweig und Westpropstei - ebenfalls noch diese Einrichtung finanziell mittragen sollen. Eine Haltung, die dankenswerterweise nicht von Präsident, Vizepräsident und Generalsekretär geteilt wird. In synodalen Gremien auf Propsteiebene dagegen wohl immer wieder einmal diskutiert wird.

Ich habe in den verschiedenen Zusammenhängen, in denen diese Frage angesprochen wurde, mit dem theologischen Ansatz der "Inneren Mission" argumentiert, wie ihn Johann Hinrich Wichern Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt hat: Die Verbindung von gepredigtem Evangelium (Gottes- und Nächstenliebe) und gelebtem diakonischen Evangelium. Evangelisation und Mission ohne Diakonie d.h. ohne praktische Hilfe bei Bedürftigkeit verkürzt das biblische Zeugnis. Das ist mein Verständnis von Kirche und Theologie.

Mit diesen Argumenten habe ich außerdem Position bezogen in der zentralen, hochaktuellen Diskussion innerhalb der JELC. Die Überalterung der Mitglieder und die zwangsläufig damit verbundene Verkleinerung der Gemeinden hat "membership", Mitgliedergewinnung ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Gegenüber diesem Programm hat es die Diakonie schwer, die sich ja auch um Nichtkirchenmitglieder kümmert. Membership ist natürlich ein Thema, dass sehr stark die Arbeit in den amerikanischen Kirchen und Gruppierungen bestimmt und weltweit gefördert wird. So hat auf der Konferenz mit den ökumenischen Partner dann auch die Bitte an die LCA und die finnische Mission eine große Rolle gespielt, "missionaries" zu schicken. Dieses Anliegen der JELC ist mit sehr verständlich. Denn es muss das Anliegen jeder Kirche sein, den Glauben an die nächste Generation weiterzugeben, neue Menschen für die weltweite Kirche Jesu Christi zu gewinnen. Hier werden diese beiden Partner mit Finanzen und Mensche helfen. In diesem gemeinsamen ökumenischen Modell aber nun den ganzheitlichen Ansatz der unauflösbaren Zusammengehörigkeit von Mission und Diakonie, von Wort und Tat, von Mitgliedergewinnung und Zuwendung zu den Hilfebedürftigen zu vertreten und zu unterstützen, das wird der Beitrag der unserer Landeskirche sein. So wird auch die gewachsene Verbindung und Arbeit in Kibo no Ie zukünftig eine breite Anerkennung in der gesamten JELC behalten oder finden.

Nach 35 Jahren der Partnerschaft zwischen JELC und Braunschweig steht nun eine Zwischenbilanz und Verständigung über die Zukunft an. Eine Konsultation im März 2001 im Predigerseminar in Braunschweig der beiden Kirchenleitungen diente der Rückschau und Bilanzierung. Für dieses bilaterale Treffen hatte OLKR i.R. Henje Becker die Geschichte der Partnerschaft, mit ihren Grundlagen, Zielen und Tätigkeitsfeldern aufgearbeitet und publiziert: "Die Partnerschaft zwischen der ELKiB und der JELC". Dieser Dokumentation ist zu entnehmen, dass die diakonische Arbeit von Frau Strohm (und Frau Henschel) in Osaka die Ausgangspunkt und Grundlage unserer Partnerschaft war. Landesbischof Krause war als damaliger Oberkirchenrat bei der Vereinigten Evangelisch Lutherischen Kirche in Deutschland ( VELKD) in die direkten Verhandlungen zwischen ELKiB und JELC eingeschaltet. Bischof Dr. Heintze förderte die Partnerschaft tatkräftig und sicherte sie in der eigenen Landeskirche ab. Auch "späteren" Braunschweigern wir mir, wurde schon sehr bald erzählt, dass er zu einem Besuch der Partnerkirche mit der Transsibirischen Eisenbahn anreiste. Auch seinem Nachfolger Landesbischof. Dr. Müller lag diese Partnerschaft am Herzen. Der frühere Oberkirchenrat Krause konnte dann als neu gewählter Landesbischof von Braunschweig nahtlos an die Kontakte anknüpfen, die er viele Jahre vorher im Auftrag unserer Landeskirche hergestellt hatte. Bei der Übergabe des Amtes von Landesbischof Dr. h.c. Krause zu Landesbischof Dr. Weber im März 2002 sprach Exekutivdirektor Uno stellvertretend für alle ökumenischen Partner unserer LK das Grußwort. So ist der Stab auch an den neuen Landesbischof weitergegeben. Diese enge Kooperation zwischen jeweiligem Bischof und Ökumenereferent ist ein wichtiges Signal in die eigene Kirche hinein.

Denn es ist die interessante Kompetenz eines Ökumenereferenten, die konkreten Beziehungen zu den Partner zu pflegen und aus zubauen. Visionen, Konzepte und konkrete Projekte für die Zukunft unserer bilateralen Partnerschaft stehen nun an. Meine Gespräche in Tokyo mit der Kirchenleitung dienten der Absprache und ersten Umsetzung. Die Verbreiterung der Kontakte und Partnerschaft über die Unterstützung von Kibo no Ie hinaus, wird nicht nur dieser diakonischen Einrichtung Rückhalt in der JELC geben, sondern auch neue Felder erschließen, wie die Kirchenmusik und die theologische Ausbildung. Gerade die Einbeziehung der VikarInnen aus dem Theologischen Seminar in Tokyo und dem Predigerseminar in Braunschweig wird eine dauerhafte Verbindung schaffen. Denn hier sind Multiplikatoren auf beiden Seiten gewonnen, die die Idee der Ökumene und die konkrete Partnerschaftsarbeit aufnehmen und vor Ort umsetzen. So werden auch unsere jeweiligen Gemeinden und Propsteien stärker in diese Beziehung eingebunden sein. Unsere gemeinsamen Beziehungen haben eine Zukunft und werden die Aufgeschlossenheit für die eine Kirche Jesu Christi in Ländern mit vollkommen anderer Sprache und Kultur fördern.


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