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[Kirche von unten]

Gott dem Herrn Dank sagen

Festschrift für Gerhard Heintze

Armin Kraft

"Transparochial"

Zur Situation der evangelische Kirche in der Großstadt Braunschweig

zu Beginn des 3. Jahrtausends

Die einzige Großstadt in der ev.-luth. Landeskirche Braunschweig ist die Stadt Braunschweig – nach Hannover die zweitgrößte Stadt Niedersachsens mit 239 855 Einwohnern (2001). Hier konzentriert sich vieles – von der Bezirksregierung über Forschungsanstalten des Bundes und kulturelle Angebote bis hin zu herausragenden Kirchengebäuden. Dennoch stellt die Stadt Braunschweig alles andere als ein Zuzugsgebiet dar. Von 1990 bis 2000 ist die Einwohnerzahl der Stadt von 257 521 auf 240 144 zurückgegangen, immerhin ein Rückgang um 6,7%. Betroffen davon waren vor allem die Innenstadt (- 13,1%), die Nordstadt (-13,4%) und Viewegs Garten/ Bebelhof (-12,9%).

Kirche in dieser Stadt ist mehr als andernorts in unserer Landeskirche Kirche auf dem Markt, auf dem Markt religiöser, weltanschaulicher und kultureller Vielfalt. Kirche in dieser Stadt ist zugleich auch Kirche in der Tradition einer Stadt, in der die Zugehörigkeit zu einer der christlichen Kirchen bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts keine fraglose Selbstverständlichkeit mehr ist. Zu nennenswerten Kirchenaustritten kam es jedoch erst seit der Einführung einer Landeskirchensteuer im Jahr 1922. Im Jahr 2001 schließlich waren 104 791 Einwohner der Stadt Braunschweig evangelisch gemeldet (das entspricht 43,7% der Gesamtbevölkerung), 35 473 römisch-katholisch (14,8%) und 99 591 als keiner bzw. "sonstigen" Religionen angehörig (41,5%). Knapp 10 Jahre zuvor betrug der Anteil der evangelischen Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung noch 49,7%, der der römisch-katholischen 15,8% (1992). Die Kirchenaustritte (aus der ev.-lutherischen Kirche von 1990 bis 2000 insgesamt 18 590) haben zur Folge, dass viel kirchliches und religiöses Wissen nicht mehr weitergegeben wird oder sich in säkulare Bereiche (Sportvereine, Musikszene etc) oder in Richtung Weltanschauungen, Patchwork-Religion, Esoterik verlagert.

Doch die evangelische Kirche in der Stadt Braunschweig ist keine resignierende Kirche. Ihre Gemeinden reagieren auf die genannten Entwicklungen. Das ist zwar ein anstrengendes Geschäft, aber es entstehen Reformvorhaben und neue Projekte und es wird der Versuch unternommen, sich aus christlicher Verantwortung heraus der gewandelten Situation zu stellen. Kooperation und Quartiersbildung sind hier wichtige Stichworte. Und auch die klarere Trennung von Verwaltung und geistlichen Aufgaben in dieser Propstei zählt dazu: ein Kirchenverband ist gegründet worden und viele Stadtrandgemeinden, die zwar nicht zur Propstei, wohl aber zur Stadt Braunschweig gehören, treten diesem Verband bei, um gemeinsam, über Propsteigrenzen hinweg, ihre Interessen im Gegenüber zur Kommune wahrzunehmen.

Kirche in der Stadt Braunschweig – in den meisten Fällen bedeutet das den Spagat zwischen einer Gemeindearbeit im traditionellen Sinn und einer Stadtkirchen- bzw. Citykirchenarbeit. Dazu gehört auch, sich der Tatsache zu stellen, dass die überkommene kirchliche Struktur der Parochie ihre Relevanz für das Leben der meisten Menschen in der Stadt längst verloren hat. Die Menschen suchen sich selbst ihren Glaubensbedürfnissen, ihrem Freiheitsverständnis entsprechend Mitmenschen und Gruppen, Pastorinnen und Pastoren, Angebote und Veranstaltungen. Es kommt darauf an, theologisch profiliert, aber auch transparochial darauf zu reagieren. Denn: "Das parochiale Wohnsitz-Prinzip mag noch Bedeutung haben für die Vorstädte und den ländlichen Raum sowie für Menschen mit eingeschränkter Mobilität überall. Im Innenstadtbereich wird es mehr und mehr abgelöst vom konfessionellen, vom funktionalen und vom personalen Prinzip." Parochieübergreifende, transparochiale Projekte und Kooperationen werden entwickelt, um dieser Situation der Kirche in der Stadt gerecht zu werden. Einige davon stehen schon auf einer guten Basis, wie die LÖW-Kooperation der Kirchengemeinden Lamme, Ölper und Wichern am nordwestlichen Stadtrand. Ausgehend vom Bereich der Konfirmanden- und Jugendarbeit geschieht dort seit 1999 konkrete transparochiale Arbeit: Konfirmandenkurse, die mit Jugendlichen aus allen drei Gemeinden belegt sind, gemeinsame Konfirmandenferienseminare in Südtirol, Jugendandachten in der Wichernkirche und vieles mehr. Aber was am Stadtrand so schnell und beinahe leichtfüßig daherkommt, scheint in der Innenstadt mehr Zeit zu brauchen. Doch auch hier geschieht einiges: Seit 10 Jahren gehen in der Innenstadtkonferenz die Pfarrerinnen und Pfarrer der großen und alten Innenstadtkirchen St. Martini, St. Magni, St. Andreas, St. Katharinen, St. Michaelis, St. Petri, St. Ulrici/Brüdern gemeinsam mit dem Dom und der reformierten Kirche St. Bartholomäus Schritte in Richtung Zusammenarbeit und Kooperation. Hier sind insbesondere das Stadtgeläut, die sommerlichen Kirchgänge, gemeinsame Senioren- und Konfirmandenprojekte zu nennen.

Zugleich wird daran gearbeitet, dass jede Kirchengemeinde ein Profil herausbildet, mit dem sie sich von den Gemeinden in der Nachbarschaft deutlich unterscheidet. "Gib deiner Kirche ein Gesicht" – so könnte das Motto hier lauten und das ist mehr als ein Wunschtitel, denn es gibt tastende Versuche: St. Katharinen als Kirche für die Studierenden und den Hochschulbereich, St. Magni im Bereich Jugend- und Friedensarbeit, St. Petri als Diakoniekirche mit der angegliederten Begegnungsstätte für Behinderte und Nichtbehinderte, St. Michaelis als Kirche für Handwerk und Polizei, St. Andreas mit dem höchsten Turm der Stadt als Kunst- und Kulturkirche, St. Martini als Bürger- und Ratskirche, St. Ulrici/Brüdern mit einer hochkirchlichen Frömmigkeit, St. Bartholomäus für den jüdisch-christlichen Dialog und amnesty international, der Dom als Bischofskirche mit einer klassischen City-Kirchen-Arbeit, ebenso wie die Klosterkirche Riddagshausen eng verbunden mit Angeboten für Touristen und Wochenendbesucher. Die Bedeutung dieser alten Braunschweiger Kirchen und ihrer Arbeit geht weit über die Grenzen der Stadt Braunschweig hinaus. Das wird am deutlichsten sichtbar im Bereich der Kirchenmusik, gilt aber nicht nur in diesem Bereich. Die Entwicklung eigener, besonders kenntlicher Gemeinde-Profile geschieht nicht nur in der Innenstadt. Die Kreuzgemeinde im Stadtteil Alt-Lehndorf bspw. entwickelte sich über die Jahre zu einer besonders im sozialen Bereich engagierten Kirchengemeinde, die Kirchengemeinde Weststadt wird immer mehr zu einer integrierenden und prägenden Größe im größten Wohngebiet der Stadt.

Trotz erster Erfolge und vieler guter Schritte in Richtung Profilierung und Kooperation, Quartiersbildung und transparochialer Arbeit stehen die Gemeinden in der Propstei Braunschweig vor besonderen Problemen. Die hohe Konzentration alter und erhaltenswerter Kirchengebäude, historisch und künstlerisch wertvoll, ist über kurz oder lang auch ein finanzielles Problem. Wie nutzen wir unsere kirchlichen Räume und Gebäude so, dass sie den Menschen in der Stadt nutzen und dass sie die Menschen in der Stadt nutzen? Hier kann an den Kirchengebäuden exemplarisch deutlich werden, wie Kirche in der Braunschweig gefordert ist als Forum der Stadtöffentlichkeit, als Gedächtnis, Gewissen und Hoffnungsort für die Stadt. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Kirchen heute in vielen Stadtteilen die einzigen Gebäude sind, "die ohne eine kommerzialisierte Nutzung der Stadt- oder der Stadtteilöffentlichkeit potentiell zur Verfügung stehen", kann es eine Herausforderung sein, diese Räume auch als öffentliche kenntlich zu machen und zur Verfügung zu stellen. Zugleich steht Kirche in der Stadt auch als Anwältin für die Stummen, steht für die Notwendigkeit der Barmherzigkeit und der sozialen Verantwortung – eine Rolle, die von der Kirche insgesamt im derzeitigen philosophischen Diskurs wieder verstärkt eingefordert wird. So war es der Philosoph der zynischen Vernunft, Peter Sloterdijk, der auf dem Deutschen Trendtag im Mai 2002 die christlichen Tugenden einer Würdigung unterzog. Sein Ruf nach einer "christlichen Dämpfung" der Kämpfe ums schönere Leben, um immer mehr Geld und elastischere Körper macht deutlich, dass bei einer Abkehr vom moralfreien Diskurs die Kirchen wieder als Bündnispartner gefragt sein werden – auch in der Stadt Braunschweig. Neben den treuen Kirchennahen – also denjenigen, die sich in Gottesdiensten und Gruppen zu ihrer Kirche halten, machen das die treuen Kirchenfernen deutlich. Sie sind Kirchensteuerzahler und unterstützen nach wie vor mit ihrem Geld die Institution, ohne ihre Angebote in Anspruch zu nehmen. Und auch die vielen kirchennahen Untreuen, die trotz fehlender finanzieller Steuerzahlungen engagiert für bestimmte Projekte mitarbeiten, suchen und sehen in der Kirche den Ort und Hort des ethischen Diskurses, der sozialen Verantwortung. Christliche Werte, kirchliches Leben müssen nicht schwinden, sie können auch zurückkehren.

Zu den Feldern, auf denen die evangelische Kirche in Braunschweig besonders gefragt ist, gehört auch ihr ureigenstes: das der Frömmigkeit, des gelebten Glaubens im Alltag, der Weitergabe der christlichen Tradition. Welche christlichen Inhalte werden weitergegeben? Wie steht es mit den christlichen Interessen? Im Streit zwischen Goeze und Lessing wurde dieses Problem einst auf einen prägnanten Satz gebracht. "Die Frage, über die ich mich mit Herrn Lessing streite, ist: Kann die christliche Religion bestehen, wenn auch die Bibel völlig verloren ginge? Lessing sagt: "Ja", ich sage: "Nein". Hier liegt ein weiteres Problem der kirchlichen Entwicklung. Ist der Geist des Christentums in Braunschweig abhängig von der zweifelsfreien Anerkennung traditioneller Autoritäten, oder gibt es so etwas wie den Geist des christlichen Glaubens, der auch außerhalb geprägter Institutionen wirksam ist und den Namen des Evangeliums zu recht trägt? Gibt es vielleicht sogar so etwas wie eine "christliche Lebenskunst"?

Hier gilt es, die alten und neuen Kirchen als Gebäude mit ihrer religiösen Sprache, ihren christlichen Symbolen immer wieder in den Blickpunkt einer breiten Öffentlichkeit zu rücken und so von der christlichen Tradition in der Stadt Braunschweig zu erzählen und weiterzugeben. Besondere Kirchenführungen wie in St. Martini, Turmführungen in St. Andreas, die Kirchgänge zu den Innenstadtkirchen und andere Aktionen in den Sommermonaten, aber auch die Nachtangebote im Braunschweiger Dom, die Aktivitäten der großen Domsingschule und kirchenpädagogische Projekte sind hier zu nennen. Zugleich werden spezielle Gottesdienste für einzelne Adressatengruppen, z.B. Singles, Familien, Menschen in oder nach Scheidungssituationen, Trauernde, einzelne Berufsgruppen wie Polizei, Bundeswehr, Handwerker angeboten, um die lebensbegleitende Nähe Gottes in konkreten Situationen erfahrbar zu machen. "Gott ist mit uns schon längst unterwegs" – das wollen und sollen besonders auch die sinnenhaft zugesagt bekommen, die sich im geschäftigen Leben der Großstadt allein gelassen und isoliert fühlen oder die in persönlichen Lebenskrisen nach dem Sinn ihres Lebens und dem Grund ihres Glaubens fragen. Die seelsorgerlichen Gesprächsangebote der Gemeinden und die übergemeindlichen Angebote in Telefonseelsorge, Ehe- und Lebensberatung, Krisenberatung, Jugendberatung und Krankenhausseelsorge sind hier ebenso zu nennen wie das "Offene Ohr", eine Gelegenheit zum Gespräch mit Pfarrerinnen und Pfarrern an jedem Freitag Nachmittag in St. Katharinen, der großen Innenstadtkirche am Hagenmarkt. Erstrebenswert wäre ein K-Punkt, ein zentral gelegener Kirchenladen, der ein breitgefächertes Service- und Informationsangebot zu Kirche in der Stadt mit diakonischem Engagement in der Innenstadt verbindet.

Evangelische Kirche in der Stadt Braunschweig – welches sind die Leitbilder, was sind mögliche Konsequenzen und Perspektiven für die Arbeit in den nächsten Jahren?

Auf dem Hintergrund der beschriebenen Situation wird es Vorrang haben, die bereits begonnenen Kooperationen, Quartiersbildungen und Profilierungen einiger Gemeinden weiter zu unterstützen und fortzuschreiben. Zugleich bedarf es dabei, mit Blick auf das Gesamtbild der evangelischen Kirche in Braunschweig, einer verstärkten inhaltlichen Arbeit, und das in theologischer und organisatorischer Richtung. Es steht nicht weniger an als die Entwicklung einer ekklesiologisch begründeten Gesamtkonzeption kirchlicher Arbeit in der Stadt, die der Komplexität des städtischen Lebens standhält, die die traditionellen Formen von Gemeindearbeit ebenso wie transparochiale Entwicklungen und die Aspekte von Stadtkirchen- und City-Kirchenarbeit ausbalanciert und forciert.

Nehmen wir die Gesamtheit der Kirchengemeinden, der kirchlichen Einrichtungen und Dienste in der Stadt, ihre Beziehung zueinander und ihr Gewiesensein aneinander in den Blick, so bietet sich als Wahrnehmungs- und Entdeckungshilfe für ihre jeweiligen Aufgaben das klassische Modell der drei kirchlichen Funktionen oder Säulen an, das auf mögliche Konsequenzen für die kirchliche Praxis in der Stadt hin ausgeleuchtet werden müsste. Ich möchte das an dieser Stelle nur skizzenhaft umreißen.

Seit der Versammlung des ökumenischen Rates der Kirchen in Neu Dehli 1961 dient die Trias Kerygma – Koinonia – Diakonia (Zeugnis, Gemeinschaft und Dienst) zur Kennzeichnung des Auftrages der Christlichen Kirche und Gemeinde. Der Systematiker Christof Gestrich hat sie schlicht als die drei Säulen bezeichnet, auf die eine Kirche gebaut sein muß, wenn sie christliche Kirche sein will. Und der katholische Theologe Michael Sievernich umschreibt sie mit den Begriffen "Repräsentation – Animation –Inkarnation". Wobei mit "Repräsentation" die Funktionen kirchlichen Handels gemeint sind, die mit Verkündigung und Zeugnis (z. B. Gottesdienst, Bildung) beschrieben werden können, unter "Animation" die "beseelenden" (z. B. Spiritualität, Seelsorge) und unter "Inkarnation" die diakonischen Aspekte kirchlicher Arbeit in der Stadt. Mit Hilfe der Fragestellung: "Wo sind in dieser Zeit in dieser Stadt das repräsentative, das animierende, beseelende und wo das diakonische Handeln der evangelischen Kirche?" könnte es möglich sein, mit den Gemeinden und Diensten in der Propstei in einen Meinungs- und Handlungsprozeß einzutreten, in dem deutlicher werden könnte, wer welchen Aspekt der Kirche in der Stadt warum und wie wahrnimmt – und auch, wer das in Zukunft nicht (mehr) tun wird. Die Zielrichtung, die sich hier andeutet, ist die einer "gegliederten Gesamtgemeinde": in bezug auf die drei Grundfunktionen kirchlichen Handelns entscheiden die Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen der Propstei Braunschweig dabei gemeinsam, welche Aufgaben von jeder Gemeinde wahrgenommen werden und gewissermaßen parochialen Charakter haben. Sie entscheiden, auf welchem Gebiet mehrere Gemeinden / Dienste/ Einrichtungen kooperieren, um für einen Stadtteil eine oder mehrere Aufgaben zu übernehmen (z.B. Konfirmandenunterricht oder diakonische Aufgaben). Und sie entscheiden, welche für die ganze Stadt relevante Aufgabe an einer dafür von ihrer Lage oder ihrem Personal oder sonstigen Voraussetzungen her besonders geeigneten Gemeinde oder Kirche angebunden wird bzw. von bestimmten dafür qualifizierten Personen wahrgenommen wird.

Ein so umrissener Prozeß in Richtung einer "gegliederten Gesamtgemeinde" wird Zeit und vielfältige Gespräche brauchen, wird auch in einem Klima stattfinden müssen, das nicht unter dem Damoklesschwert rapider Stelleneinsparungen steht, sondern den Wunsch im Vordergrund hat, die kirchliche Arbeit in der Stadt zu verbessern. Zu diesem Prozeß gehört freilich auch, das die in der Stadt tätigen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Bezugsfeld "Großstadt" auch als solches wahrnehmen. Konkret am Beispiel Pfarrerinnen und Pfarrer: das Berufsfeld "Pfarrer/Pfarrerin in der Großstadt" ist ein anderes als das des Pfarrers/ der Pfarrerin auf dem Land. Und das muß auch konkret sichtbar werden, sei es mit der Bezogenheit ihrer Arbeit auch auf die "Tagesordnung der Stadt", sei es mit der Orientierung an spezifischen Gruppen der städtischen Gesellschaft wie Singles, WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen etc etc.. Berufsbegleitende Beratung und Fortbildung mit der spezifischen Fragestellung des "Pfarrer / Pfarrerin-Sein in der Großstadt" ist hier ebenso nötig wie die generelle Arbeit an einem Leitbild "Pfarrer/Pfarrerin" in unserer Gesellschaft und die Thematik der Zusammenarbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Evangelische Kirche in Braunschweig wird den geistlichen, frommen und seelsorgerlichen – für die Seele sorgenden und um die Seele sich sorgenden - Kern des christlichen Glaubens als ihr ureigenstes Element wiederentdecken. Evangelische Kirche wird zugleich die christliche Verantwortung in der städtischen Öffentlichkeit ansprechen und wahrnehmen. Eine solche selbstbewusste evangelische Kirche in der Stadt ist gefragt. Es geht um eine Kirche, die wirklich einladende, empfangsbereite Kirche ist, mit genügend Nischen für diejenigen, die einen Winkel der Stille oder des Ausruhens suchen. Eine Kirche ist gefragt, die wirkliche Sprechstunden hat, in der aber auch das freie Wort geduldet wird, in dem der "glimmende Docht nicht gelöscht und das geknickte Rohr nicht zerbrochen" (Jes 42,3/ Mt 12, 20) wird. Sie bietet auch ein vertrautes Dach, wo sich Menschen bei alten Ritualen geborgen fühlen. Andererseits hat Paul Tillich recht, wenn er sagt: "Die Grenze ist der eigentlich fruchtbare Ort der Erkenntnis."

Kirche in der Stadt wird diese Erfahrung, diese geistliche Entwicklung erleben und aushalten. Auch eine andere Tillichsche Erkenntnis gilt: "Die Zukunft der Religion verlangt eine Verbindung ihres vertikalen und ihres horizontalen Elements." So ist sie unterwegs auf den Verlässlichen und Ermutigenden bezogen, dienend und kämpfend, von der Verheißung des Himmlischen Jerusalems zu neuen und auch ungewohnten Handlungsmöglichkeiten in der Stadt befreit.

 

 

 

 

 


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