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[Kirche von unten]

Gott dem Herrn Dank sagen

Festschrift für Gerhard Heintze

Dietrich Kuessner

Die "Erklärung der 25" zu den Ostverträgen im März 1972 und der 30. Bischofsbrief

Die zweite Märzhälfte 1972 brachte für unsere Landeskirche einige besondere Höhepunkte und für den Landesbischof ein dichtes Programm.

Kirchenvorstandswahlen und Lagebericht im März

Bischof Heintze hatte schon früh die merkwürdige Angewohnheit Braunschweiger Kirchenvorstände bemängelt, die Kirchenvorstandswahlen ausfallen und den amtierenden Vorstand mangels aufgestellter Alternativen einfach weitermachen zu lassen. 1966 hatten die meisten Kirchengemeinden auf eine Wahl verzichtet. Im März 1972 sollte das anders werden. Die Wahl wurde unter das Motto "Mitdenken Mithandeln Mitwählen" gestellt, das Amt für Volksmission rührte die Werbetrommel, die Landessynode hatte das Wahlalter gesenkt, das Durchschnittsalter der Kandidaten war von 56 auf 48 Jahre gesunken, der Bischof warb unermüdlich und tatsächlich fanden am 12. März in allen Kirchengemeinden Kirchenvorstandswahlen statt. Von 454.143 Wahlberechtigten waren 103.973 Kirchengemeindemitglieder zur Wahl gegangen, das waren 22,95 %: ein Erfolg für das kirchenreformerische Programm einer "Demokratisierung der Kirche" im Sinne von mehr Mitbestimmung aller am Leben in den Kirchengemeinden. Das Wahlergebnis war im Verhältnis zur Wahl von 1966 ein großer Fortschritt und die BZ wählte die Überschrift: "Überraschung bei den Kirchenvorstandswahlen. Landeskirche freut sich über hohe Wahlbeteiligung". (BZ 14.3.). Trotzdem resumierte der Bischof im 29. Bischofsbrief vom 21. März 1972 zurückhaltend: "Gerade diejenigen, die hauptsächlich für die Vorbereitung und Durchführung der kirchlichen Wahlen verantwortlich waren, sind keineswegs der Illusion erlegen, mit der Wahl schon die innere geistliche Erneuerung erreicht zu haben, die allein vom Wirken des Geistes Gottes zu erwarten und zu erbitten ist. Dennoch meine ich, dass im Rückblick auf die Wahlen zu Recht dem Dank die erste Stelle gebührt und nicht der Kritik."

In derselben Woche tagte am 17./18. März 1972 die Landessynode im Katharinengemeindehaus in Braunschweig, der der Bischof einen 24 Seiten langen "Bericht zur Lage" erstattete und den er seinem 29. Bischofsbrief an die Pfarrerinnen und Pfarrer beilegte. Heintze beschäftigte sich mit den Kirchenvorstandswahlen und der übergemeindlichen Zusammenarbeit, die Heintze mit Nachdruck förderte. Der Weg zu größerer Verbandsbildung und überparochialer Zusammenarbeit müsse weiter beschritten werden. "Insbesondere ist davon eine Verwaltungsvereinfachung und damit eine spürbare Entlastung der Pfarrer auf dem Lande zu erhoffen, die durch die unproduktive und zeitraubende Verdoppelung und Verdreifachung von Verwaltungsaufgaben.. oft überlastet sind." Ausführlich skizzierte Heintze das Verhältnis zur röm. katholischen Kirche. Später wird die Synode beschließen, die ökumenische Textfassung des Apostolischen Glaubensbekenntnis im Gottesdienst zu verwenden. Heintze war auch stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Bundesrepublik und warb für deren Arbeit. Einen besonders breiten Raum nahmen die Ausführungen zu der in Arbeit befindlichen Leuenberger Konkordie ein, die die Landessynode dann im Oktober 1973 als erste der lutherischen Synoden beschließen wird. Der etwa zweistündige Lagebericht schloß mit einer Darstellung der gesellschaftspolitischen Verantwortung der Landeskirche (fast ein Drittel des Lageberichtes), in der Heintze das damals höchst umstrittenen Antirassismusproblem behandelte, außerdem die Welthandelskonferenz in Santiago/Chile, zu der die Synode eine Entschließung verabschiedete, und die Diskussion um den § 218, auf die sich natürlich die Presse stürzte und die Überschrift bildete: "Heintze: Schutz des Lebens oberstes Gebot bei der Reform". (BZ 21.3.)

Der Besuch des Kardinals

Kaum hatte die Synode am Freitag Nachmittag begonnen, da wurden ihre Verhandlungen unterbrochen, was nur in ganz außerordentliche Fällen denkbar ist, und die Synodalen eilten zur 17 Uhr Andacht in den Braunschweiger Dom. Dort war ein Jahrhundertereignis der Braunschweiger Regionalgeschichte mitzuerleben. Zum ersten Mal seit 470 Jahren, so stellte der Kirchenhistoriker Dr. Gottfried Zimmermann fest, war ein leibhaftiger Kardinal im Dom, nicht irgendeiner, sondern der Nachfolger des hoch angesehenen Kardinals Bea im Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen, Jan Kardinal Willebrands. Nicht zur Besichtigung des Domes, sondern zu einem gemeinsamen Gottesdienst. Heintze resumierte in einer Kurzpredigt: "Unsere Bemühungen, über Kirchengrenzen hinweg einander besser zu verstehen und die verlorene Einheit wiederzufinden, haben dann am ehesten Aussicht weiterzuführen, wenn wir lernen, besser und tiefer als bisher miteinander nach dem einen Herrn und seinem Willen zu fragen. Möchten wir durch diesen Tag im gemeinsamen Fragen und im gemeinsamen Antworten-können ein Stück weitergeführt werden."

Willebrands predigte über Johannesevangelium Kap.15, 9 ff: "Bleibet in meiner Liebe" Er rühmte die "ökumenische Brüderlichkeit als den Gipfel christlichen Lebens", sie sei die "einzige und naturgemäße Antwort auf unsere Erwählung durch Christus. Ist es nun nötig zu betonen, wie die Welt den Beitrag unserer Liebe braucht?" Das Leben eines jeden Christen müsse zu einer Quelle lebensspendenden Wassers für den Herrn werden, schloß der Kardinal seine Predigt.

Die Braunschweiger Zeitung veröffentlichte am folgenden Tag auf der Innenseite einen dreispaltigen Bericht mit der Überschrift "Kardinal Willebrands sieht erste Ergebnisse des ökumenischen Dialogs" und auf Seite eins ein Bild mit Willebrands und Heintze, beide im dicht gefüllten Dom gemeinsam singend. Dieser Gottesdienst am 17. März 1972 war der Höhepunkt einer langsam gewachsenen ökumenischen Beziehung zwischen der katholischen und evangelischen Kirche im östlichen Raum Niedersachsens. Gut ein Jahr vorher hatten der Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen und Bischof Heintze am 7. Januar einen ökumenischen Gottesdienst anlässlich der 800. Wiederkehr der Ermordung Thomas Becketts im überfüllten Dom gefeiert. "Zum ersten Mal seit der Reformation predigte ein katholischer Bischof im Braunschweiger Dom", schrieb der SONNTAG. Die Pröpste Freese (kath.) und Stange (ev.) waren im Ornat erschienen, ebenso wie Domprediger Quast. Der eigentliche historische Anlass trat weit hinter der Tatsache einer gewissen ökumenischen Demonstration zurück. Bischof Janssen beendete seine Predigt über Johannesev. Kap.15 mit: "Wir gehören zu Christus. Je weiter wir zu ihm gelangen, desto näher kommen wir uns selbst." Die Kirchenpresse veröffentlichte ein Bild von beiden Bischöfen, wie sie den Schlußsegen erteilen. Solche Bilder überspielen alle dogmatischen und kirchenrechtlichen Abgrenzungen der Kirchentheologie gegenüber der Sehnsucht der Gemeindefrömmigkeit nach einer aufrichtigen geistlichen communio.

Das Treffen ein Jahr später, am 17. März 1972, war aber insofern eine Steigerung ökumenischer Intensität, da Willebrands bereits am Nachmittag vor einer katholisch-evangelischen Pfarrerkonferenz mit 150 Teilnehmern in der Wolfenbüttler Herzog August Bibliothek unter dem Thema "Typen, Ergebnis und Aussicht des ökumenischen Dialoges" über den gegenwärtigen Stand der interkonfessionellem Beziehungen des Vatikans referiert hatte.

Überraschend zurückhaltend beurteilte der Kardinal das nach vierjähriger Arbeit vom Lutherischen Weltbund und dem Einheitssekretariat verfasste Dokument "Evangelium und Kirche". Die Schwierigkeiten seien nicht zu verkennen, die die Arbeit der Kommission begleitet hätten. Mit der anglikanischen Kirche sei dagegen in der Eucharistielehre eine substantielle Einigung erreicht, auch wenn die Diskussion über das Amtsverständnis noch nicht begonnen habe. Geradezu warmherzig sprach Willebrands von der Gemeinschaft mit der russisch-orthodoxen Kirche. Man versuche zu lernen, "immer intensiver die Gemeinschaft zu leben, die unter uns kraft unserer Einheit in Christus schon besteht und sich auf diesem Wege langsam auf die volle und vollkommene gegenseitige Gemeinschaft vorzubereiten. Eine solche immer intensiver werdende Gemeinschaft muß stark genug sein, um auch schmerzliche Meinungsverschiedenheiten in voller Treue gegenüber dem eigenen Glauben, gegenüber den eigenen Überzeugungen, aber auch in der Fülle der Liebe anzufassen und deren Lösung zu suchen." Es blieb dem Bericht nach offen, ob dies auch für den Dialog mit den protestantischen Kirchen gelte. Willebrands schloß sein Referat, das Ziel der Ökumene sei die "Verwirklichung der von Christus gewollten und heiß erflehten Einheit aller, die an ihn glauben, Einheit, so wie er und der Vater eins sind."

 

Am Vormittag desselben Freitag hatte der Direktor des Ökumenischen Institutes des Lutherischen Weltbundes, Prof. Dr. Vilmos Vajta, der schon am Vorabend mit den Vikarinnen und Vikaren im Braunschweiger Predigerseminar diskutiert hatte, vor dem Pfarrkonvent sozusagen das evangelische Gegenstück geliefert. Vajta schilderte das unterschiedliche Verhältnis der protestantischen Kirchen zum Vatikan, warnte vor einer modischen Ökumene oder vor zwanghaften Einigungsäußerungen von Kirchenleitungen, sondern Ökumene müsse "Bewegung" bleiben. Der SONNTAG machte dies zur Überschrift über seinen ganzseitigen Bericht.

Dergleichen hat es bis zum heutigen Tag nicht wieder in der Landeskirche gegeben und wäre ein Anlaß zu persönlichem und kirchlichen Triumphgeheul gewesen. Heintze lieferte vor der dann wieder tagenden Landessynode am nächsten Tag seine Wertung des Treffens. Daß solche Begegnungen heute möglich wären, wäre Anlaß zu großer Freude und Dankbarkeit, stellte der Bischof knapp fest, um dann von den Schwierigkeiten im Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche zu berichten. Man dürfe sich keiner Täuschung hingeben, der Weg zur Wiederherstellung der verlorenen Einheit der Christenheit wäre noch weit, in der katholischen Kirche gäbe es Besorgnis, die eigene Identität zu verlieren, daher würde es auch keine Fortsetzung des Augsburger ökumenischen Pfingsttreffens von 1971 geben, sondern in Zukunft wieder getrennte Kirchentage. In dieser Lage sei es indes doppelt wichtig, unermüdlich die ökumenische Gemeinschaft zu fördern. "Auf keinen Fall darf es bei uns selber zum Rückfall in konfessionelle Selbstzufriedenheit und Überheblichkeit kommen. Bestehende oder neu entstehende Schwierigkeiten dürfen nicht zu dem Kurzschluss führen, der Dialog mit Rom habe im Grunde doch keinen Zweck, und jeder bleibe deshalb lieber wieder für sich. Die Spaltung der Christenheit in verschiedene Kirchen und Gemeinschaften, die keine volle Gemeinschaft untereinander haben, bleibt das große Ärgernis, das wir Christen selber dem Kommen der Gottesherrschaft bereiten und bleibt schwere Schuld...Wenn wir uns mit dem Getrenntsein abfinden, versündigen wir uns mehr, als wenn es beim Suchen der verlorenen Einheit vielleicht hier und da zu voreiligen Grenzüberschreitungen kommt." Solche Grenzüberschreitung hatte es zu Pfingsten in Augsburg gegeben, als ein katholischer und evangelischer Pfarrer ein gemeinsames Abendmahl mit der dort versammelten vorwiegend jungen Gemeinde gefeiert hatten. Der katholische Pater musste sich eine neue Gemeinde suchen.

Es war eine für Bischof Heintze wahrhaft aufregende und gefüllte Woche, aber es kam noch mehr; denn unmittelbar nach den Kirchenvorstandswahlen und vor dem Kardinalsbesuch nahm Heintze am Mittwoch, dem 15. März in Berlin an der Kirchenkonferenz und am darauf folgenden Tag als referierender Gast an der Sitzung des Rates der EKD teil. Diese beiden Tage wurden zum Auslöser des größten Skandals innerhalb des Rates der EKD und, wie manche behaupteten, der evangelischen Kirche in Deutschland: zum Auslöser der "Erklärung der 25".

Die innenpolitische Situation in der BRD im März 1972

Dieser Skandal hing mit der in der Bundesrepublik im Frühjahr 1972 ungeheuer aufgeladenen innenpolitischen Situation zusammen. Der Baader-Meinhoff Gruppe und der "Bewegung 2. Juni" gelangen einige terroristische Anschläge. Die Regierungschefs von Bund und Ländern beschlossen unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt im Januar den sog. Radikalenerlaß, der eine Jagd auf sog. linksextremistische Elemente im Öffentlichen Dienst eröffnete. Am 23.-25. Februar hatte der Bundestag die Debatte über die Ratifizierung der sog. Ostverträge, nämlich mit der UdSSR, mit Polen und der DDR begonnen. Mit einen Wandel durch Annäherung sollte eine neue Ostpolitik eingeleitet werden, was zugleich den endgültigen Verzicht auf die früheren deutschen Ostgebiete, also die Festschreibung der Oder-Neiße-Grenze und eine weitere Anerkennung der DDR bedeutete. Der frühere Außenminister Gerhard Schröder und Vorsitzende des Ev. Arbeitskreises der CDU nahm nach langer Zeit wieder das Wort im Bundestag und erklärte kühl: "Die Interessen Deutschlands könnten ohne die Verträge besser wahrgenommen werden." Am letzten Tag entglitt die Debatte, als dann die zweite Garnitur der Opposition sich nur noch in Angstpolemik verlief und Herbert Wehner nach einer Rede des Abgeordneten Marx (CDU) der CDU Fraktion zubrüllte: "Wollt ihr den totalen Krieg?" Der Verteidigungsminister Helmut Schmidt beschloß von der Regierungsseite die Serie der Vorwürfe an die Oppostion mit der Aufforderung: "Legen sie doch endlich ihren deutsch-nationalen Größenwahn ab." Das war nicht weit hergeholt. 1966/67 hatte überraschend die NPD Einzug in zahlreiche Länderparlamente gehalten: in Hessen 8 Sitze, in Bayern 15, in Schleswig Holstein 4, im Rheinland-Pfalz 4; in Niedersachsen 10, in Bremen 8 in Baden Württemberg 12. Bei der Wahl zum Bundespräsidenten im März 1969 hatte die CDU in der Bundesversammlung ungeniert mit der Mehrheit der 22 NPD Abgeordneten koaliert, um ihren Kandidaten Gerhard Schröder gegen Gustav Heinemann durchzusetzen, was an nur sechs Stimmen gescheitert war. Den Einzug in den Bundestag hatte die NPD im September 1969 mit 4,3 % der Stimmen zwar verfehlt, aber ihre 1,4 Millionen Wählerinnen und Wähler konnten mit anderen eine schauerliche nationalistische Demagogie in der Öffentlichkeit entfalten.

Die NPD verlor zwar bei den Wahlen 1970/71 auch wieder sämtliche Sitze in den Landtagen,

aber ihre Wählerinnen und Wähler zierten nunmehr unbelehrbar und unbekehrbar den rechten Rand der anderen Parteien. Vertriebenenverbände und die Rechtsextremisten tummelten sich auf die Strasse. In diesen Kreisen skandierte man: "Breslau, Königsberg, Stettin. Deutsche Städte wie Berlin".

Im Frühjahr 1972 bröckelte die Mehrheit der sozial-liberalen Koalition im Parlament durch Überläufer von links nach rechts, sodass für die CDU/CSU sogar die reelle Aussicht bestand, die Regierung Brandt/Scheel bereits nach drei Jahren Regierungszeit vorzeitig zu stürzen. Am 27. April begründete Richard v. Weizsäcker das sehr selten angewandte konstruktive Misstrauensvotum gegen Kanzler Brandt, aber die CDU/CSU verfehlte völlig überraschend sehr knapp die erhoffte Mehrheit. Das Gerücht von durch Herbert Wehner eingekauften Stimmen aus der CDU Fraktion machte die Runde. Die Regierung war gerettet, aber der Haushalt des Bundeskanzlers wurde schon am nächsten Tag mit Stimmengleichheit von 247 zu 247 Stimmen abgelehnt. Damit bestand die Chance, auch das Gesetzgebungswerk der Ostverträge zu kippen. In der CDU Bundestagsfraktion kam es zu heftigsten Auseinandersetzungen zwischen dem linken und rechten Flügel über ein geschlossenes Abstimmungsverhalten.

Siegfried von Kortzfleisch beschrieb in der Mainummer der Lutherischen Monatshefte die Situation folgendermaßen: "Der nationale Streit um die Ostverträge hat die Bundesrepublik so aufgerührt wie kaum je ein politisches Thema. Auch sonst bedächtige Bürger wurden hitzig; verbale Ausfälle drohten Freunde auseinander zu bringen; Aggressionen überschwemmten nicht selten alle Versuche, in einem rationalen Prozeß der Meinungsbildung das Für und Wider abzuwägen und Bilanz zu ziehen. Es war offensichtlich mehr im Spiel als nur die Entscheidung über ein, zweifellos weltpolitisch bedeutsames, Vertragsbündel....Nach außen sieht es so aus, als sei das Volk der Bundesrepublik durch die Ostverträge in einen Ja- Block und einen Nein-Block gespalten worden. Doch diese Kluft ist wahrscheinlich nur ein Oberflächenphänomen. Darunter liegen schwerwiegende Differenzen gesellschaftlicher Einstellungen. Die einen erachten Veränderungen ihrer sozialen Umwelt als bedrohlich, die andern als produktiv und lebensnotwendig. Die einen verstehen Demokratie als Staats- und Herrschaftsform und wehren sich gegen das Schlagwort von der Demokratisierung, weil es zu einer Politisierung aller Lebensbereiche führe. Für andere ist Demokratie eine weitreichende Lebensform... Es polarisieren sich eine mehr "konservative" und eine mehr "reformistische" Grundhaltung zu gesellschaftlichen und politischen Vorgängen".

Die Spitzen der EKD waren vorgewarnt. Auf der Bischofskonferenz der VELKD am 2. November 1971 hatte der Schleswiger Bischof Petersen von den getrennten Gesprächen des Rates der EKD mit den Regierungsparteien SPD/FDP, der CDU/CSU-Opposition und dem Bundeskanzler Brandt und einigen Kabinettsmitgliedern (Genscher, Eppler, Ehmke, Leber) berichtet. Mochten die Ostverträge im Gespräch mit den Regierungsmitgliedern nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, so wurden die Mitglieder der CDU/CSU Barzel, Dollinger, Gradl, Schröder, Martin ungewöhnlich deutlich. Bei der Behandlung der Ostverträge könnte es zu "einer totalen Konfrontation kommen", da die CDU/CSU sie "mit gewichtigen Gründen" ablehne, obwohl dies im Augenblick unpopulär sei, berichtete Petersen.

Sollte sich die Kirche mit einem mäßigenden oder klärenden Wort zur Lage an die Politiker oder an ihre Gemeindemitglieder wenden?

Das Votum des Rates der EKD

In dieser aufgewühlten Zeit tagte am 15. März in Berlin die Konferenz der Kirchenleitungen, insgesamt 55 Teilnehmer, zu der auch Heintze gehörte. Präses Immer bat den Ratsvorsitzenden Dietzfelbinger, der die Konferenz leitete, eingangs, auch die Ostverträge in die Verhandlungen einzubeziehen. Der Beauftragte der EKD bei der Bundesregierung Bischof Kunst berichtete abwiegelnd, dass die Kammer für öffentliche Verantwortung darüber mit Staatssekretär Bahr bereits gesprochen habe. Das Protokoll notiert außerdem: "Es werden Äußerungen aus der DDR, insbesondere aus den Gesprächen der Beratergruppe, beigetragen". Dahinter kann sich ein Redebeitrag von Bischof Heintze verbergen, der im Auftrag der EKD zu dieser Beratergruppe gehörte, die die Verbindung zu den DDR Kirchenleitungen halten sollte, und am nächsten Tag dem Rat der EKD auch davon berichtete. Präses Immer schlug am Ende der Sitzung vor, der Rat der EKD möge zur Auseinandersetzung über die Ostverträge Stellung nehmen, ohne sich in die gegenwärtige Polarisierung hineinziehen zu lassen. Damit war erstmals der Vorschlag einer Ratserklärung auf dem Tisch.

Am 16./17. März trat der 14-köpfige Rat der EKD wie üblich mit einer gleich großen Anzahl von beratenden Teilnehmern aus den Dienststellen der EKD zusammen. Zum Rat der EKD gehörten damals Hermann Dietzfelbinger, Joachim Beckmann, Martin Heckel, Hanns Lilje, Wenzel Lohff, Alfred Petersen, Ludwig Raiser, Kurt Scharf, Gerta Scharfenorth, Fritz Viering, Rudolf Weeber, Richard v. Weizsäcker, Ernst Wilm, Wilhelm Niesel. Heintze berichtete als Gast zu Anfang nach der Andacht aus der Arbeit der Beratergruppe. Die Selbständigkeit des Kirchenbundes der DDR wachse erfreulicherweise. "Die Kirchen der DDR bejahen die Position in ihrem Staat und halten gleichzeitig fest an der geistlichen Gemeinschaft mit der EKD." Besondere Schwierigkeiten gäbe es bei der Anmeldepflicht für kirchliche Veranstaltungen, bei der Zulassung von Schülern zur erweiterten Oberschule, bei Studienplätzen an der Universität und den Ersatzdienstleistenden. "Heintze berichtet ferner darüber, in welcher Weise in der Beratergruppe über die Ostverträge gesprochen wurde", vermerkt das Protokoll und schweigt sich über den Inhalt aus, nämlich dass die DDR Kirchenleitungen und weite Teile der DDR-Pfarrerschaft hohe Erwartungen an eine Zustimmung zu den Ostverträgen im Bundestag knüpften und dass sie eine Eiszeit für die deutsch-deutschen Beziehungen bei einer Ablehnung befürchteten.

Unter Top 3 hatte der Ratsvorsitzende im Bericht zur Lage Bischof Kunst das Wort zu einem Kurzreferat über den Stand der Beratung über Ostverträge gegeben. Kunst berichtete laut Protokoll über "die möglichen Folgen einer Nichtverbreitung der Verträge und die Erwägungen zur Auflösung des Parlaments." Der SPIEGEL titelte in dieser Woche: "Nervenkrieg in Bonn: Neuwahlen?" Durch Überläufer aus der SPD/FDP Koalition war eine dramatische Lage entstanden. Kunst stellte die Diskussion in den Parteien allerdings nicht in einen Zusammenhang mit Positionen, die die EKD etwa durch die Ostdenkschrift 1965 oder in der Friedensstudie 1968 eingenommen hatte. Dort hatte es geheißen: "Gerade die Erkenntnis, dass die Deutschen am Beginn eines vermutlich langen Weges zu Koexistenz und Kooperation stehen, sollte ihnen die Gelassenheit geben, Zustände vorurteilsfrei zu sehen und zu beurteilen, die ihnen fremdartig und zum Teil unannehmbar erscheinen."

Zu Tagesordnungspunkt 12 "Entwicklung der Ostpolitik in der BRD" hielt das Ratsmitglied Richard v. Weizsäcker ein Kurzreferat, das eigentlich schon für die Februarsitzung vorgesehen war, an der aber v. Weizsäcker zeitweise gefehlt hatte. Das Protokoll vermerkt folgende anschauliche Zusammenfassung: "v. Weizsäcker stellte in seinen Ausführungen als z.Zt. wesentlich heraus: Folgen einer Nichtunterzeichnung der Ostverträge, die Tatsache der Polarisierung von Flügeln, die Schlüsselstellung des Moskauer Vertrages, die Frage der Zweideutigkeit der Politik der Bundesregierung, die Folgen des Alleinganges der Bundesregierung und die jetzt bewußte und gewollte Polarisierung".

Die v. Weizsäcker behauptete Zweideutigkeit der Politik der Regierung Brandt/Scheel kann sich eigentlich nur auf den Verdacht beziehen, ob diese sozialdemokratische/liberale Regierung wirklich deutsche Interessen verträte oder nicht doch ein trojanisches Pferd der Sowjetunion wäre. Zum Alleingang war die Bundesregierung dadurch gezwungen, dass die CDU Opposition immer wieder neue Verhandlungen forderte, um noch ein angeblich besseres Ergebnis zu erzielen, vermutlich aber, um den Abschluß der Verträge zu torpedieren, wie es der starke rechte Flügel von CDU/CSU und die dahinter stehenden Flüchtlingsverbände forderten.

So hatte v. Weizsäcker bereits in der Bundestagsdebatte Ende Februar die Ablehnung der Verträge durch die CDU/CSU Fraktion damit begründet, dass man die empfindliche Lage der Nation "nicht weiter unterhöhlen" wolle. v. Weizsäcker wiederholte diese Position bei seinem Referat vor dem Rat der EKD. Das war kein sachlich abwägender Bericht v. Weizsäckers, sondern eine unverhüllte Parteinahme für die Position der CDU/CSU Opposition im Bundestag. Es war in dieser aufgewühlten Situation offenbar selbst von Richard v. Weizsäcker, der auch dem Bundesvorstand der CDU angehörte, aber längst aktiv im Kirchentag mitarbeitete, zu viel verlangt, vor diesem Gremium von seiner parteipolitischen Position abzusehen. So wurde eine dramatische Polarisierung entlang der Parteigrenzen in den Rat getragen.

Nach seinem Vortrag lief offenbar das Faß über. Es gab im Rat schließlich auch eingeschriebene SPD Mitglieder wie den Präses Wilm. v. Weizsäcker habe mit seinen Ausführungen "den Anstoß zu einer langen Aussprache gegeben, in der viele weitere Gesichtspunkte gesammelt" worden wären, heißt es im Protokoll sybellinisch. Solche langen Aussprachen waren im Rat offenkundig nicht üblich und ein abgewogener Bericht hätte möglicherweise eine Ratserklärung überflüssig gemacht. Am Ende der Aussprache kam der Rat zu folgendem Ergebnis. "Der Rat wird eine Erklärung abgeben. Eine Gebetsempfehlung oder eine Äußerung des Ratsvorsitzenden allein genügt nicht". Von Präses Scharf stammte nämlich die Idee eines liturgischen Entwurfes, den er später seinen berlin-brandenburgischen Gemeinden zuschickte. Der Vorschlag, dem Ratsvorsitzenden Dietzfelbinger eine öffentliche Äußerung zu überlassen, schien nach dem Vortrag von v. Weizsäcker suspekt. Auch Dietzfelbinger stand als bayrischer Landesbischof politisch eher im Lager der CDU/CSU. Es wurde offenbar im Rat auch der Zeitpunkt der Erklärung debattiert. Ende April waren die Landtagswahlen in Württemberg-Baden, bei denen die Ostverträge im Vordergrund des Wahlkampfes standen. Um von allen politischen Terminen abzurücken, beschloß der Rat, die Erklärung "jetzt" abzugeben. Es wurde ein Dreierausschuß bestehend aus Lilje, Raiser und v. Weizsäcker gebeten, noch während der Sitzung einen Entwurf vorzulegen. "In der Erklärung sollte betont von dem ‚Weg der Versöhnung nach vorn’ und von der Suche nach einem vernünftigen Ausgleich gesprochen werden."

Der Dreierausschuß legte am nächsten Tag, dem 17. März, einen Text vor, der nach einer erneuten Aussprache wieder verändert wurde. Das Protokoll: "Der Rat nimmt die Vorlage des Ausschusses in der Sitzung des 17. März entgegen, stellt den endgültigen veränderten Text fest und beschließt: Die Erklärung ‚Zur gegenwärtigen Auseinandersetzung über die Ostverträge’ wird einstimmig angenommen."

Die Erklärung hatte folgenden Wortlaut:

"Es ist nicht Aufgabe der Kirche, in der notwendigen Auseinandersetzung der politischen Parteien über die Ratifizierungsfrage für oder gegen eine der beiden Seiten Stellung zu nehmen. Weder ist sie über die Voraussetzungen unterrichtet, noch ist ihr Urteil über die Folgen fundierter als das der zur Entscheidung berufenen Politiker.

Der Rat der evangelischen Kirche in Deutschland ist sich dessen bewusst, dass die an den parlamentarischen Entscheidungen verantwortlich beteiligten Politiker ihrem persönlichen Gewissensurteil zu folgen haben. Er weiß, dass es dabei um die nüchterne Suche nach einem vernünftigen Ausgleich der politischen Interessen und Ziele geht. Er ermutigt aber alle Politiker, bei dieser Suche den Weg der Versöhnung mit unsern östlichen Nachbarn, den die Evangelische Kirche seit langem bewusst beschritten hat, nach vorn zu gehen.

In jedem Fall wird es auch weiterhin die schwere Aufgabe der Regierung unseres Staates sein, zu ihrem Teil die Bedingungen für die Erhaltung des Friedens in Europa und der Welt zu verbessern. Dazu nach innen und außen mitzuhelfen, sieht auch die Kirche als ihre Aufgabe an."

Es war die Frage, ob der Rat sich zu einem Wort durchringen würde, das eine ähnliche politische Wucht entfalten würde wie die Ostdenkschrift 1965, oder eine nach allen Seiten hin abgewogene und daher sowohl eine Befürwortung wie eine Ablehnung der Ostverträge ermöglichende Stellungnahme entstehen würde. Der Urheber der Ostdenkschrift von 1965, Ludwig Raiser, gehörte zum engeren Dreierauschuß. In der Märznummer der Evangelischen

Kommentare war ein Vortrag von Raiser in der Ev. Akademie Tutzing "Kirchlicher Auftrag und politisches Handeln" unter der eindeutigen Überschrift "Auch die Propheten durften nicht schweigen" abgedruckt. Raiser befürchtete eine deutsch-nationale, restaurativer Einfärbung

des deutschen Protestantismus durch die volkskirchliche Ideologie, wie sie insbesondere von Bischof Wölber propagiert worden war. Die Kirche habe auch zur Ratifizierung der Ostverträge und ihrem Versöhnungscharakter klare Worte zu finden. Er bejahe eine Ratifizierung, ohne denjenigen, die die Verträge verneinen, es abzusprechen, "dass sie das Nein aus christliche geschärftem Gewissen sprechen". Auch Heintze hatte diesen Artikel gelesen und empfahl seine Lektüre den Pfarrern seiner Landeskirche im Bischofsbrief. Raiser hatte im Dreierausschuß die Möglichkeit zu einer solchen profetischen Deutlichkeit. Möglicherweise ging auf ihn die Anspielung auf die Ostdenkschrift 1965 zurück, die in der Formulierung vom Weg der "Versöhnung mit unsern östlichen Nachbarn" steckt, den die Ev. Kirche "seit langem", eben seit 1965, bewußt beschritten habe. Aber schon der Anfang der Erklärung, dass es nicht Aufgabe der Kirche sei, Stellung zu nehmen, war ungeschickt und dürftig. Anstatt mit einem aufmunternden Wort zu beginnen, beschrieb der Rat öffentlich, was angeblich nicht seine Aufgabe wäre. Die Erklärung häufte negative Feststellungen zur Begründung der fehlenden Stellungnahme und sie beachtete nicht den Beschluß vom Vortag, dass "der Weg der Versöhnung nach vorn" betont werden sollte. Anstatt diese Absicht betont an den Anfang zu stellen, ist dieser Satz in der verabschiedeten Erklärung an das Ende des zweiten Absatzes gerückt, dem dann weitere, eher allgemeine Formulierungen folgen, in denen er dann untergeht.

Die Stimmung im Rat war gedrückt. Ratsmitglied Ernst Wilm beschlich die Ahnung, es wäre besser, dann doch lieber gar nichts zu sagen. Denn mit diesem Votum drückte sich die offiziöse EKD vor einer deutlichen Stellungnahme, enthielt sich der Stimme und die CDU/CSU wie auch die sie unterstützenden, oft unanständig agitierenden Vertriebenenverbände konnten außerordentlich zufrieden sein. Die evangelische Kirche ließ sie gewähren. Entsprang dieses Votum einer persönlichen Gewissensentscheidung, wie sie der Rat von den Politikern erwartete oder nicht doch dem kirchenpolitischen Machtkalkül, sich alle Türen zu jeder möglichen Machtkonstellation in Bonn offengehalten zu haben?

Die Einstimmigkeit der Beschlussfassung ist nach dem Gang der Verhandlung auffällig. Dietzfelbinger wurde gefragt, ob die Ratsmitglieder durch diese Erklärung gebunden oder freigegeben würden. Dietzfelbinger erwidert: "Freigabe." Das mag die Einstimmigkeit erleichtert haben, denn schon während dieser Sitzung kursierte unter den Teilnehmern die Nachricht, dass noch eine andere, offenbar eindeutige Stellungnahme im Entstehen wäre. Vielleicht war dies einer der Gründe, dass man auf eine Zuspitzung im Rat der EKD verzichtete.

Das Votum der Kirchenleitung der VELKD vom 23./24. März 1972

Die Kirchenleitung der VELKD, der die Bischöfe Heintze und Lohse nicht angehörten, tagte am 23./24. März unter seinem Leitenden Bischof Wölber, der sich im Bericht zur Lage ausführlich auch mit der Ratifizierungsdebatte beschäftigte. Die Polarisierung und Verhärtung der Fronten wäre bedauerlich, die Kirchen hätten "der hier und da aufkommenden Vergiftung des Klimas entschlossen entgegenzuwirken". Wölber dankte ausdrücklich dem Rat der EKD, dass er sich nicht in die "Rolle eines Ratgebers der Nation" begeben habe Wölber unterschlug, was dem Rat besonders wichtig gewesen war und was dieser in der Erklärung betont wissen wollte, nämlich dass die Politiker den Weg der Versöhnung nach vorn gehen sollten. Dietzfelbinger, der an der Konferenz der Kirchenleitung teilnahm und als einziger in dieser Runde als Ratsmitglied die Entstehung der Ratserklärung und ihre Gewichtung miterlebt hatte, schwieg sich aus anstatt Wölbers Darstellung zu korrigieren. Erst in der Aussprache kamen auch andere Positionen zur Sprache. Ein Scheitern der Verträge wäre wegen der Ostdenkschrift bedauerlich. Gerade als evangelischer Christ sollte man seine Zustimmung zu den Ostverträgen nicht versagen. Allgemein wurde die geringe publizistische Wirkung der Ratserklärung bedauert. Es wurden eine Reihe von Fragen aufgeworfen: Was ergibt sich aus den Verträgen auf lange Sicht? Welche Rolle spielt bei den gegenwärtigen Verhandlungen der Zeitmaß? Wie können Christen trotz unterschiedlicher Beurteilung der politischen Lage zusammenhalten? Es wurden also überwiegend politische Fragen gestellt, die die Ansicht des Rates widerlegten, dass die Kirchen politisch nicht zu raten und daher auch anders zu fragen hätten. Genau in diesem Sinne indes fasste Wölber die Diskussion einseitig zusammen. Man könne nicht Versöhnung mit den Nachbarn betreiben, und als in sich unversöhntes Volk zurückbleiben. Im Kommunique für die

Öffentlichkeit hieß es, die Kirchenleitung der VELKD unterstütze die Erklärung des Rates der EKD und beobachte mit Sorge die zunehmende Unversöhnlichkeit zwischen Befürwortern und Gegnern der Ostverträge. Man gehe davon aus, dass jeder seinem Gewissen folge. Von einer Weiterentwicklung der in der Ostdenkschrift entfalteten Position war nun keine Rede mehr. Bischof Wölber hatte mit dieser Erklärung die Ratserklärung einseitig zu Gunsten der CDU/CSU Opposition interpretiert.

Die Vorgeschichte der "Erklärung der 25"

Am 16. März, also zeitgleich zur Ratssitzung hatten sich vormittags im Bonner Entwicklungsministerium der Entwicklungsminister Erhard Eppler und sein persönlicher Referent Huonka, der Bundesverfassungsrichter Helmut Simon, Hans Wolfgang Heßler, der Chefredakteur der Zentralredaktion des Ev. Pressedienstes in Frankfurt und der NDR Redakteur Manfred Linz getroffen. Simon, Heßler und Linz hatten bei einer gemeinsamen Eisenbahnfahrt darüber debattiert, dass die sich christlich firmierenden Parteien massiv ablehnend auftraten und sich daneben christliche Stimmen aus dem zustimmenden Lager auffällig zurückhielten. Die schweigende, den Ostverträgen zustimmende Mehrheit müsse endlich zum Reden gebracht werden. In der Märznummer der Ev. Kommentare hatte Helmut Simon in Rahmen eines Interviews festgestellt, dass das Gewicht der kirchlichen Stimme in der Öffentlichkeit abnehmen werde, wenn die Kirche zunächst deutlich und klar spreche, dann aber nicht selbst die praktischen Konsequenzen ihres Reden ziehe. "Welche Konsequenzen hätte das etwa im Blick auf das Verhältnis der Ostdenkschrift zu den heutigen Ostverträgen? Simon: "Es geht doch nicht an, dass die Kirche in der Ostdenkschrift einen mutigen Schritt getan hat und sich jetzt in einer Zeit, in der Konsequenzen zu ziehen sind, ganz in Schweigen hüllt und das schwere Geschäft der Ausführung anderen allein überlässt." Unter dem Vorsitz von Simon hatte die Kammer für soziale Ordnung der EKD die wichtige Denkschrift "Aufgaben und Grenzen kirchlicher Äusserungen zu gesellschaftlichen Fragen" erarbeitet, die Anfang 1970 publiziert worden war und zu kirchliche Äusserungen zu politischen Fragen durchaus ermutigte.

Die drei Eisenbahnfahrer hatten Eppler um einen Termin gebeten, Eppler lud in sein Ministerium ein, und brachte zum Treffen ein Papier mit folgendem Text mit:

" 1. Im gegenwärtigen Streit um die Ratifizierung der Ostverträge erinnern wir an die Denkschrift der EKD "Die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn" vom Oktober 1965. Sie hat damals erklärt, dass ohne Lösung der deutschen Frage alle Bemühungen um eine politische Entspannung in Mitteleuropa und um eine neue tragfähige Friedensordnung zwischen den Völkern erfolglos bleiben müsse; sie hat zur Aussöhnung und zu einem neuen Anfang in den Beziehungen zu den östlichen Nachbarn geraten, und sie hat davor gewarnt, die anstehenden Grundsatzfragen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, weil sonst die Gefahr besteht, dass wir Deutschen mit unseren politischen Vorstellungen neben die politische Wirklichkeit geraten und über unbestimmte Zukunftserwartungen gegenwärtige Aufgaben versäumen.

2. Was damals gesagt wurde, um unser Volk auf notwendige Schritte vorzubereiten und der Regierung zu gegebener Zeit Handlungsfreiheit zu geben, muß jetzt durch politische Entscheidungen verwirklicht werden.

Oder: Es ist jetzt die Zeit gekommen, aus diesen Einsichten Konsequenzen zu ziehen.

Nach unserem Urteil leisten die Verträge von Warschau und Moskau jenen Beitrag zur Aussöhnung und zum Frieden, den nur die Deutschen in der Bundesrepublik leisten können. Die überwältigende Mehrheit der Stimmen aus dem Ausland bestätigt dieses Urteil. Gewiß sind die Verträge nicht ohne Risiko. Aber niemand hat bis heute eine plausible Alternative zu ihnen vorgelegt. Darum erscheint uns der Rat, abzuwarten und auf günstigere Verhandlungsmöglichkeiten zu warten, das größere Risiko zu sein.

3. Mit den Verträgen von Warschau und Moskau wird über eine Lebensfrage des deutschen Volkes entscheiden. Darum dürfen sie nicht in den Strudel des Kampfes um die Regierungsgewalt geraten. Sie dürfen nicht zum Instrument werden, die gegenwärtige Bundesregierung zu halten oder zu stürzen. Wer darum in der Regierungskoalition den Verträgen nicht zustimmen kann, muß sich frei fühlen können. Wer in der CDU/CSU ihnen zustimmen will, den bitten wir, taktische Überlegungen zurückzustellen und nach seinem Gewissen zu entscheiden."

Es kann sein, dass Eppler das Interview Simons mit den Ev. Kommentaren zur Vorlage seines Vorschlags gemacht hat. Wie dort wird eine aktuelle Erklärung als Konsequenz aus der Ostdenkschrift verstanden, und die Zeit zur einer augenblicklichen Erklärung sei reif. Im Interview hatte Simon die Aufhebung des Fraktionszwanges bei der Abstimmung als "ein Beispiel für mögliche politische Diakonie" genannt. Genau darauf zielte auch die Erklärung Epplers.

Über diesen Vorschlag Epplers gab es am Donnerstag vormittag eine ausgiebige Diskussion. So wurde die Frage diskutiert, ob es Aufgabe der Kirche sein könne, sich zur Aufhebung des Fraktionszwanges zu äußern, insbesondere dann, wenn einige Bischöfe diese Erklärung unterzeichnen sollten. Dieser Gesichtspunkt wurde wieder fallen gelassen. Wer sollte überhaupt unterzeichnen? Als Trägerkreis für eine Unterzeichnung war nicht an die Viererrunde gedacht. Es sollte ein Wort kirchlicher Amtsträger an die Politiker sein. Wann sollte die Erklärung herauskommen? Möglichst bald, noch vor Ostern, etwa am 29. März. Der historische Augenblick entbehrt nicht des Witzes: in Berlin zerbrachen sich die Kirchenoberhäupter den Kopf darüber, ob sie sich überhaupt politisch äußern sollten, zu gleicher Zeit zerbrachen sich in Bonn vier Politiker und politisch hochgradig Interessierte den Kopf, was die Kirchenoberhäupter wohl zur selben Lage sagen könnten.

Aus dem Gespräch entstand folgender Text:

"Mehr als einmal, am eindringlichsten in der Denkschrift der EKD zur Lage der Vertriebenen und zum Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn, hat die evangelische Kirche zur Aussöhnung und zu einem neuen Anfang in den Beziehungen zu den östlichen Nachbarn aufgerufen. Sie hat davor gewarnt, die gebotenen Entscheidungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Sie wollte damit unerlässliche Schritte vorbereiten und den Handlungsspielraum der Politiker erweitern.

Nun haben Politiker diesen Spielraum genutzt. Sie haben versucht, das christliche Friedens- und Versöhnungsgebot in politische Praxis umzusetzen und dabei die Interessen unseres Volkes zu wahren.

Ein solcher Versuch ist niemals frei von Risiken; er kann auch nicht alle Wünsche erfüllen.

Die Verträge von Moskau, Warschau und Berlin leisten jenen Beitrag zum Frieden, den nur die Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland leisten können und den unsere Nachbarn in Ost und West von uns erwarten dürfen. Darum finden sie auch international nahezu einhellige Zustimmung, gerade auch in der Ökumene.

Wir sind in dieser Stunde nicht gefragt, ob sich idealere Lösungen denken ließen. Wir sind gefragt, ob wir die jetzt gegebene Chance für ein friedlicheres Europa nutzen oder verpassen wollen."

Dieser Entwurf stammte hörbar nicht aus dem Sprachschatz der Kirche. So redete und argumentierte kein Pastor und kein Bischof. Kein Bibelzitat, kein Adressat, keine emotionale Ansprache waren zu lesen.

Geschickt vermied der neue Text eine direkte Anspielung auf die Politik der Regierung Brandt/Scheel, sondern redete allgemein von Politikern. So konnten sich auch CDU Politiker in die Tradition der Ostdenkschrift von 1965 verstehen und nunmehrige Befürworter jetzt durch Zustimmung Farbe bekennen. Auch die Anspielung auf einen möglichen Regierungssturz war entfernt. Der Hinweis auf die Ökumene war keine Verkirchlichung des Hinweises auf die warnenden Stimmen im Ausland, sondern die Ökumenische Zentrale in Genf hatte sich klar für eine Zustimmung zu den Verträgen ausgesprochen.

Vielleicht hätte eine kirchliche Gruppe die direkte Anrede an die Mitglieder des Bundestages gewählt wie wenige Tage später jene 250 Dekane, Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter der württembergischen Landeskirche, die Ende März in einem offenen Brief die Bundestagsabgeordneten zu einer Befürwortung der Ostverträge aufgerufen hatten. Gerade eine direkte Aufforderung zur Zustimmung zu den Verträgen hatte der neue Entwurf der Vierergruppe aber vermieden. Möglicherweise erschien ihr dies zu plump und auffällig.

Die Vier stellten eine Liste von etwa 30 möglichen Sympathisanten zusammen und wählten Gerhard Heintze, Helmut Hild und Karl Immer als erste Ansprechpartner aus. Der Text der Vier stand also vor der Abfassung des Ratstextes fest. Wieviel den Ratsmitgliedern davon bekannt war, ist unbekannt. Vermutlich hatte sich nur der Termin des 16. März und die Absicht, einen Text zu entwerfen, bei einigen herumgesprochen. Auch die Initiative der Württemberger hatte schon begonnen.

Die Entstehung des Textes der 25

Linz telephonierte mit Heintze, der zu bedenken gab, dass eine solche Erklärung möglicherweise das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erreichen könnte, etwa in der Form, daß der Rat der EKD sich von dieser Erklärung distanzierte. Linz schickte am 18. März aber Heintze den Entwurf zu und schilderte im Begleitbrief die Entstehungsgeschichte. "Es ist doch einfach nicht denkbar, dass sich das protestantische Gewissen heute exakt entlang den Parteigrenzen formiert, daß alle der CDU nahestehenden Befürworter der Denkschrift nun keinen Zusammenhang mehr zwischen damals und heute herstellen und dass wir andern es dabei belassen und in der gesamten Öffentlichkeit, auch gegenüber der SPD und der FDP, den Eindruck erwecken, wir forderten zwar die Politiker zu mutigen Taten auf, aber im Ernstfall ließen wir sie allein. Ich schätze den Verlust kirchlicher Glaubwürdigkeit in der SPD (zu der ich gehöre) nicht gering ein, wenn wir diese Partei in dieser Sache allein lassen, und wenn der fatale Eindruck entsteht, nur die CDU werde im Ernstfall von den Kirchen unterstützt." Heintze streicht sich den ersten Teil dieser Briefpassage an und nimmt später die Argumentation vom Anschein der Alleinvertretung des Christlichen durch die CDU öfters auf.

Helmut Simon schrieb an Karl Immer und bat ihn dringend um Unterstützung. "Die politische Bedeutung der Ostpolitik und die verheerenden Folgen ihres Scheiterns brauche ich Dir nicht zu schildern. Dies hat sogar die FAZ erkannt. Eine bürgerliche schwedische Zeitung schrieb dieser Tage: ’Wir wagen gar nicht zu denken, dass Westdeutschland die Verträge ablehnen könnte. Und käme es doch dazu, wäre dies eine posthume Kriegserklärung Hitlers und der Deutschen an die ganze Welt.’... Unser Schweigen könnte sich kirchlich vielleicht noch folgenschwerer auswirken als politisch. Erweist sich dann nicht unser Reden von politischer Mitverantwortung, von politischer Diakonie und von Gruppenseelsorge als ein nicht ernst zu nehmendes Gerede für Schönwetterseiten, muß dann nicht die Glaubwürdigkeit der Kirche schweren Schaden nehmen?...Daß wir Laien, die wir das schwierige und oft undankbare Geschäft der Übersetzung theologischer Ethik in praktisches Handeln betreiben, verraten vorkommen müssten, mag noch das geringste Übel sein so unerträglich mir auch der Gedanke erschiene, wenn ein Mann wie Willy Brandt an der Kirche irre würde.... Wir wissen, was wir Euch mit dieser Bitte auferlegen. Aber wir können Euch diese Inanspruchnahme nicht ersparen, halten sie im übrigen für voll vertretbar und zumutbar. Was Ihr für richtig haltet, müsst Ihr selbst entscheiden." Für den Fall, dass die drei Bischofe sich weigern würden, plante Simon notfalls eine Initiative mit Posser, Rau, Albertz, Vetter und Mahrenholz.

Nun nahmen die drei Angesprochenen untereinander Kontakt auf. Immer veränderte und verschärfte im Telephongespräch mit Heintze am Montag dem 20.3. den Text. Er knüpfte nicht nur an die Ostdenkschrift von 1965 sondern auch an das Wort des Rates vom März 1972 an. Das war verwegen, denn ein anderer Wortlaut konnte auch als Gegenstück zur Ratserklärung gelesen werden. Andrerseits hatte es am Schluß der Erklärung geheissen, die Politiker möchten "den Weg der Versöhnung nach vorn gehen". Eben diese Schritte "nach vorn" sollten nun formuliert werden.

Im zweiten Abschnitt wurden die Wörter "das christliche Friedens- und Versöhnungsangebot" ersetzt durch: "Sie haben versucht, diese Anstöße in politische Praxis umzusetzen". Damit sollte die neue Formulierung erneut an die Ratserklärung angebunden werden. Präses Immer und Bischof Heintze wollten auf jeden Fall ihre Erklärung nur als Verdeutlichung der Ratserklärung verstanden wissen und jeden gegenteiligen Eindruck vermeiden. Aber es ist schwierig, das zurückliegende Handeln von Politikern als Folge einer Erklärung zu interpretieren, die gerade erst verlautbart worden ist. Insofern ist der Text ungenau und Hanns Lilje merkte später an, der Text wäre hastig entworfen.

Karl Immer nahm das Wort vom Risiko auf und fügte einen neuen Satz ein: "Aber ein Scheitern der Verträge würde aller Wahrscheinlichkeit nach ein ungleich größeres Risiko mit sich bringen." Damit war ein deutliches Votum in Richtung Zustimmung in der Formulierung

enthalten.

Der dritte Absatz des Entwurfes erhielt einen ganz neuen Charakter. Die sehr starken Behauptungssätze wurden als Möglichkeiten dargestellt und die Gewissensbindung vorangestellt.

"Niemandem kann verwehrt werden, sich gewissenhaft ein Urteil zu bilden." Das sagten die Unterzeichner von sich und stellten ihre Erklärung als Ausdruck einer gewissenhaften Prüfung dar, die aber auch denjenigen unterstellt wurde, die zu einem anderen Ergebnis kamen. "Wir meinen aber, dass die Verträge jenen Beitrag ermöglichen (statt des starken "leisten"), den nur die Deutschen leisten können." Karl Immer verschärfte nun die Vorlage durch den neuen Satz: "Nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in der Weltöffentlichkeit würde ihre Ablehnung größte Enttäuschung hervorrufen."

Auch die stilistisch knappe, rhetorische Wendung im Schlußabsatz "nicht gefragt" – "gefragt" wurde verändert. Präses Immer machte daraus drei Sätze und wandte sie polemisch auf die Position der CDU/CSU an, die in der Debatte ständig behauptete, durch neue Verhandlungen und neue Forderungen ein besseres Verhandlungsergebnis erzielen zu können. Der Schluss lautete nun:

"Nach unserer Auffassung geht es jetzt nicht darum, ob das Verhandlungsergebnis hätte besser ausfallen können. Vielmehr steht auf dem Spiel, ob die von den Verträgen zu erwartenden Möglichkeiten zur Entwicklung eines friedlicheren Europas genutzt oder verpasst werden.

Wir befürchten, dass bei einer Ablehnung der Verträge sich auf lange Zeit hinaus keine günstigere Situation für erfolgreichere Verhandlungen ergeben wird." Damit wurde zum Schluss der Erklärung zugespitzt, was "auf dem Spiel steht" und warum eine Zustimmung in der bevorstehenden Abstimmung fällig war.

Die korrigierte Erklärung hatte nun folgenden Wortlaut:

"Mehr als einmal, zuletzt in der Erklärung des Rates der EKD vom 20.3.1972 und am eindringlichsten in der Denkschrift der EKD vom 1.10.1965 über die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn, hat die evangelische Kirche zur Aussöhnung und zu einem neuen Anfang in den Beziehungen zu den östlichen Nachbarnländern aufgerufen. Sie hat davor gewarnt, die gebotenen Entscheidungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Sie wollte damit unerläßliche Schritte vorbereiten und den Handlungsspielraum der Politiker erweitern.

Nun haben die Politiker den Spielraum genutzt. Sie haben versucht, diese Anstöße in politische Praxis zu übersetzen. Und dabei die Interessen unseres Volkes zu wahren. Dieser Versuch ist gewiß nicht frei von Risiken und erfüllt auch nicht alle Wünsche. Aber ein Scheitern der Verträge würde aller Wahrscheinlichkeit nach ein ungleich größeres Risiko mit sich bringen.

Niemandem kann verwehrt werden, sich gewissenhaft ein Urteil zu bilden. Wir meinen aber, dass die Verträge von Moskau, Warschau und Berlin jenen Beitrag zum Frieden ermöglichen, den nur die Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland leisten können, und den unsere Nachbarn in Ost und West von uns erwarten dürfen. Darum finden sie auch international nahezu einhellige Zustimmung, gerade auch in der Ökumene. Nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in der Weltöffentlichkeit würde die Ablehnung größte Enttäuschung hervorrufen.

Nach unserer Auffassung geht es jetzt nicht darum, ob das Verhandlungsergebnis hätte besser ausfallen können. Vielmehr steht auf dem Spiel, ob die von den Verträgen zu erwartenden Möglichkeiten zur Entwicklung eines friedlichen Europas genutzt oder verpaßt werden.

Wir befürchten, dass bei einer Ablehnung der Verträge sich auf lange Zeit keine günstigere Situation für erfolgreichere Verhandlungen ergeben wird."

Immer, Hild und Heintze werben für Unterschriften

Die Vorlage war erheblich verändert worden. Immer, Hild und Heintze teilten sich die 30 Namen der Adressenliste zum Anschreiben auf. Heintze fügte von sich aus noch die Namen von Oberkonsistorialrat Alfred Burgsmüller, Heinrich Vogel, Heinz Zahrnt, Oberkirchenrat Herbert und Klaus Scholder hinzu, von denen tatsächlich auch alle mit unterzeichneten. Auch der Leitende Bischof der VELKD Wölber erhielt einen Brief mit der Liste der 30 Namen von Lefringhaussen in Bonn zugeschickt, ob zur Kenntnisnahme oder aus Versehen ist nicht mehr genau auszumachen. Es war unwahrscheinlich, dass Wölber mit unterzeichen würde. Aber immerhin wusste Wölber nun Bescheid und kannte auch die Absicht der drei, auf keinen Fall dem Rat der EKD in den Rücken zu fallen. Wölber las in dem Begleitbrief: "Es ist durchaus verständlich, dass der Rat der EkiD nicht mehr sagen konnte, als er am 20. 3. getan hat." Deshalb wäre zu prüfen, ob nicht einzelne Christen darüber hinaus jedoch handeln sollten. Das sei eine bestätigende Verstärkung des Wortes der EkiD und angesichts der gegenwärtigen Diskussionslage durchaus dem Niveau der Ostdenkschrift gemäß.

Das von Heintze angeschriebene Ratsmitglied Ludwig Raiser antwortete umgehend unter dem 21. März. Zwar wäre die Erklärung des Rates "positiver, als ich zu hoffen gewagt hatte, aber natürlich für den mit den Umständen nicht vertrauten Leser windelweich". Gerade nach der Ratserklärung fühle er sich frei und "umso nötiger ist es, dass wir als einzelne Christen sprechen". Raiser gefiel die Erklärung. Sie wäre "kurz und klar und enthält das, was wir als evangelische Christen zur Sache sagen sollten," sie sollte möglichst bald herauskommen. Der Brief wird die Befürchtung Heintzes, dem Rat mit der Erklärung in den Rücken zu fallen, erheblich gemildert haben.

Diese Befürchtung nahm ihm auch der Brief eines anderen Ratsmitgliedes, der einen Tag später geschrieben wurde. Ernst Wilm, der emeritierte westfälische Präses, hielt eine Erklärung für "dringend notwendig." Es ginge "um die ganz entscheidende und brennende Frage, welchen politischen Weg unser Volk geführt wird und es ist für mich keine Frage, dass der Weg, den die CDU/CSU jetzt geht, in eine neue Katastrophe führt." Für Wilm hätte die Erklärung noch "kräftiger, härter, deutlicher sein" können. Im Brief an Dietzfelbinger vom 6. April ging Wilm noch weiter. Die Erklärung wäre noch "verhältnismäßig milde und behutsam ausgefallen. Ich hätte ganz andere Pfeiler gegen die Nein-Sager im Köcher". Für Heintze hingegen war die Zustimmung Wilms, gerade weil er Ratsmitglied und bei der Abfassung der Erklärung mit dabei war, wichtig. Es entkräftete den Eindruck einer Aktion im Rücken und gegen den Rat der EKD.

Heintze lag insbesondere an einer Unterschrift seines Hannoveraner Kollegen Eduard Lohse und schrieb ihm am 21. März in den Urlaub. Ihm sei wichtig, daß er und Lohse nicht verschieden reagierten. Lohse signalisierte umgehend seine Zustimmung, wenn die Immerschen Zusätze eingearbeitet würden. "Falls der Rat der EkiD sie sich zu eigen machen würde, schiene mir das am besten. Da das aber möglicherweise nicht erreichbar ist, sollte dann der Kreis der Genannten in eigner Verantwortung sprechen," schrieb Lohse.

Die Unterschrift war für Lohse innerkirchlich nicht ohne Risiko. Lohse war anders als Heintze erst seit einem Jahr im Amt. Sein Vorgänger im Amt, Hanns Lilje, hatte als Ratsmitglied die Ratserklärung mit getragen. So konnte seine Unterschrift als prägnanter Gegensatz verstanden werden. Zwar sollte auch Lilje angeschrieben werden, aber es war damals noch nicht bekannt, ob er auch mit unterzeichnen würde. Lilje unterschrieb nicht.

Wie aber würde das Kollegium im Wolfenbüttler Landeskirchenamt reagieren?

Am 29. März ließ Bischof Heintze den Text im Kollegium des Landeskirchenamtes ohne die bisher eingegangenen Unterschriften kursieren und schrieb handschriftlich dazu: "Über das Risiko eines solchen Schrittes, der keine Gegenaktion gegen das Ratswort sein soll, sondern den Gebrauch von der in ihm gegebenen Freiheit macht, bin ich mir im klaren. Ich habe meine Unterschrift vor allem im Blick auf maßgebliche Äußerungen aus den Kirchen der DDR aus jüngster Zeit gegeben und füge insbesondere das diesbezügliche Interview mit Bischof Schönherr bei". Schönherr war mit Bischof Bräcklein Mitte März zu einem Besuch beim Ökumenischen Rat in Genf gewesen und war vom epd auch bezüglich einer Stellungnahme zur Beschlussfassung über die Ostverträge gefragt worden. Schönherr hatte erwidert, eine Ratifizierung böte "eine völlig neue Phase des politischen Zusammenlebens in friedlicher Nachbarschaft". Noch am selben Tag notierte OLKR Kaulitz auf dem Umlauf: "Ich bedaure die Aktion beim gegenwärtigen Verfahrensstand wegen der Gefahr der Mißverständnisse." Das mag nur ein Grund unter anderen gewesen sein. Kaulitz stand als konservativer Jurist und früherer persönlicher Referent des niedersächsischen DP Ministers Langeheine eher der CDU nahe. Dr. Bluhm und OLKR Wandersleb zeichneten nur ab und übten sich in Neutralität. OLKR Brinckmeier, Personalreferent und Stellvertreter des Bischofs, unterstützte Heintze: "Ich meine, dass die Öffentlichkeit die persönliche Freiheit kirchlicher Prominenz, in politischen Fragen individuelle Stellung zu beziehen, respektieren wird." Die Unterstützung kam nicht unerwartet. Heintze und Brinckmeier waren beide vom Kirchenkampf geprägt und standen der Theologie Karl Barths nahe. Ohne diese Zustimmung Brinckmeiers wäre die Position des Bischofs in der eigenen Behörde schwieriger geworden.

Die Unterschriften

Es waren insgesamt 25 Unterschriften zusammengekommen. Der zustimmende Professor für NT in Bethel Wolfgang Schweitzer hatte bei Heintze zu spät angerufen. Es unterzeichneten Präses i.R. Joachim Beckmann, Prof. Eberhardt Bethge, Prof. Martin Fischer, der Generalsekretär der Ev. Akademikerschaft Horst Bannach, Oberkonsistorialrat Alfred Burgsmüller, Bischof Heintze, OKR Herbert, Kirchenpräsident Hild, Präses Immer, OKR Locher, Bischof Lohse, Prof. Moltmann, Eberhard Müller, Prof. Picht, Präses Scharf, Prof. Sontheimer vom im Präsidium des Kirchentages, Eberhard Stammler, Prof. Tödt, Landesuperintendent Viering, Prof. Vogel, Prof. Carl Friedrich v. Weizsäcker, Präses i.R,. Wilm, Heinz Zahrnt, Präsident des Kirchentages, Prof. Scholder und Prof. Raiser, Präses der Synode der EKD.

Es war eine eindrucksvolle Liste anerkannter Protestanten zusammengekommen. Vor allem aber: es waren 5 Ratsmitglieder darunter, die das Wort des Rates vom 17. März unterzeichnet hatten: Beckmann, Raiser, Scharf, Viering, Wilm. E. Stammler gehörte sogar dem Evangelischen Arbeitskreis der CDU an, was den Eindruck parteipolitischer Einseitigkeit widerlegen mochte.

Mit Absicht waren nicht jene Theologen angeschrieben worden - und deren Namen wir heute unter dieser Erklärung erwarten würden - , die sich offen zur Sozialdemokratie oder noch weiter links von ihr einordneten, wie z.B. Helmut Gollwitzer. Der Berliner Prof. Helmut Gollwitzer war damals Mitherausgeber des Blattes "Neues Forum", zu dessen Redaktionsbeirates auch Wolfgang Abendroth, Ernst Bloch, Herbert Marcuse und die Theologen Johannes B. Metz, Jürgen Moltmann und Paul Oesterreicher gehörten. Gollwitzer arbeitete zu der Zeit an einem Artikel "Grundgesetz deckt Linksradikale", in dem er sich mit dem Radikalenerlaß Brandts auseinandersetzte und der sozial-liberalen Bundesregierung ins Stammbuch schrieb: "Linksradikalismus ist nicht Missbrauch der Demokratie". Der Aufsatz erschien in der Juninummer des Neuen Forum. Die Namen solcher Theologen waren unter der Erklärung für die Ostverträge unerwünscht. Die "Erklärung der 25" verstand sich als Dokument der kirchlichen Mitte.

Veröffentlichungen der "Erklärung der 25" in den Tageszeitungen am 30. März

Wie geplant erschien der Text der "Erklärung der 25" in Ausgaben sämtlicher Tageszeitungen der Republik von Gründonnerstag dem 30. März, sodass der Text über die Osterfeiertage seine Wirkung entfalten konnte. Die Tageszeitungen verstanden die Unterschriften richtig und unterstrichen den nichtamtlichen Charakter. "Evangelische Theologen sprechen sich für Ratifizierung aus" (WELT und FAZ), die Rheinische Post sprach von "Kirchenvertretern", die Frankfurter Rundschau "Führende evangelische Theologen", die Stuttgarter Zeitung "Prominente evangelische Theologen warnen von Ablehnung der Ostverträge".

Größere Tageszeitungen widmeten der Nachricht einen ausgiebigen Kommentar. "Manche waren schon lange irritiert" überschrieb Volkmar Hoffmann seinen Kommentar in der Frankfurter Rundschau, nämlich darüber, "daß aus diesem Bereich kein mahnend-bejahendes Wort zu den Ostverträgen kam. Sie verstehen auch nicht, wieso sich beim evangelischen Teil der CDU/CSU-Opposition im Bundestag offensichtlich keine Gewissenszweifel gegen das Nein der Barzel/Strauss – Schröder/Weizsäcker – Gruppe rühren."

Der Kommentator der Süddeutschen Zeitung stellte richtig die "Erklärung der 25" als Folge der

"wachsweichen" Erklärung des "ratlosen Rates" dar. Die Zeit der unisono vorgetragenen Verlautbarungen der Kirchen wäre vorbei. Das mochte für manche irritierend sein, wäre aber "nicht von vorneherein von Übel, wenn sie dazu verhilft, jene auf amtskirchliche Autorität fixierte Haltung des Kirchenvolkes abzubauen, die alles Heil konsumfertig von oben erwartet.... Wenn die Kirchen jetzt ihren Mut verlieren, dann werden sie zwar weniger Provokationen auslösen und erleiden, aber an Bedeutung eher verlieren als gewinnen". In diesen Sätzen fühlt sich Heintze durch und durch verstanden und streicht sie zustimmend am Rand doppelt an. Ihr Verfasser ist das Mitglied des jetzigen Rates der EKD Robert Leicht.

Die landeskircheneigene Kirchenpresse Der SONNTAG, der die Ratserklärung am 2. April knapp auf der zweiten Seite abgedruckt hatte, machte mit der "Erklärung der 25" am 9. April auf Seite eins groß auf: "Bischöfe und Professoren für Ostverträge." Dazu schrieb der Schriftleiter H.R. Rapp, der schon eine Woche vorher verraten hatte: "Ich bin auch für die Ostverträge", einen verständnisvollen Kommentar. Jeder spräche nur für sich oder für seinen Kreis. Auch der Rat der EKD spräche keineswegs für die ganze Kirche sondern nur für sich. Der Anfang der Ratserklärung, dass es nicht Aufgabe der Kirche wäre, Stellung zu nehmen, sei ihm unverständlich. "Es fällt mir schon lange auf, dass in offiziellen kirchlichen Erklärungen der eigentliche Streitpunkt gerne in der Schwebe gelassen wird." Bei der "Erklärung der 25" wisse jeder, dass dies nicht "die Kirche" sei. Es gäbe in der Kirche auch Christen, die anders dächten. "Von der Qual befreit, für alle sprechen zu müssen, können hier 25 Persönlichkeiten von Rang und Namen klar ihre Meinung sagen. Wer sie nicht für richtig hält, kann eine andere Erklärung abfassen und mit seinem Namen dafür gerade stehen".

Unter der Meldung im SONNTAG war eingerückt: "Wölber protestiert." Anstatt diese Erklärung als eine Ergänzung oder auch Gegenmeinung zum Rat der EKD zu respektieren, mokierte sich Bischof Wölber in einem Schreiben an Heintze, Immer und Hild, dass auch er den Text der Erklärung zugeschickt bekommen habe. Etwa auch zum Unterzeichnen? Wölber wusste dadurch Bescheid und konnte postwendend die "Erklärung der 25" mit einer saftigen Stellungnahme "kontern", ohne sich mit dem Lutherischen Kirchenamt in Hannover abzustimmen, wie dieses öffentlich anmerkte. Die "Erklärung der 25" sei zwar als private Meinung zu respektieren "aber selbstverständlich nicht kirchlich maßgeblich." Taktloserweise nannte Wölber nun andere Namen wie Richard v. Weizsäcker und den früheren Bundesaußenminister Schröder, die sich indes nicht besonders zu Worte melden mussten, weil ihre Namen als evangelische Mitglieder der CDU Bundestagsfraktion und Ablehner der Ostverträge ständig in der Tagespresse standen. Die Unterzeichner hätten "kein Monopol für Versöhnung", höhnte Wölber. Hatten diese so einen Unsinn behauptet? Wölber betätigte sich spiegelträchtig als Aufklärer des "Hintergrundes", nämlich dass Hild, Heintze und Immer "für Unterschriften geworben" hätten. Das wäre "peinlich". Den später viel zitierten sprachlichen "Hammer" setzte Wölber gezielt an den Schluß: "Er (das Votum) ist ein Schlag für die Gemeinschaft von Kirchen in der EKD". Wölber hatte sich offenbar diesen Schnellschuß bereits ausgedacht, ohne zu wissen, wer diese Erklärung mit unterzeichnen würde. Gegenüber dem Präses der EKD Synode Prof. Raiser waren die verärgerten Behauptungen Wölbers lachhaft. Wölber galt innerhalb der Konferenz der Kirchenleitungen seit je als Mann der flotten und auch daneben treffenden Zunge und festigte diesen Ruf mit dieser die Polarisierung in die Kirche hineintragenden Antwort.

Vielleicht war es diese Reaktion Wölbers, die Hanns Lilje, den Vorgänger Wölbers im Amt des Leitenden Bischofs der VELKD, einen Tag später zu einem Interview in der Hannoverschen Presse veranlasste. Eine Ratifizierung wäre "in der Tat ein Dienst am Frieden", eine wirkliche Alternative zu den Verträgen wäre nicht gegeben, es entstünden sonst "ernstere Folgen, als den meisten bewusst sein wird," erklärte er dem Reporter. Er wiederholt diese Antwort im Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt vom 9.4.: "Wir haben keine Möglichkeit, weitere Alternativen zu erörtern. Die grundsätzliche Frage können wir gar nicht anders entscheiden, als dass wir diese Verträge bejahen und weiter verfolgen". "Dann bin ich für die Ostverträge", setzt das Sonntagsblatt über dieses Interview als Überschrift. Auch Lilje war Ratsmitglied und sogar Mitformulierer des Entwurfes wie Raiser. Lilje möge als Abt im Kloster Loccum lieber die Horen lesen als sich politisch zu äußern, erboste sich ein Leserbriefschreiber in der WELT und Wölbers Antwort ließ im selben Blatt nicht auf sich warten. In der Ausgabe vom 12. April erklärte er: "Die Volkskirche kann sich diese Kontroversen auf die Dauer nicht leisten".

Wie Lilje äußerte sich auch Präses Scharf noch am Karsamstag, dem 1. April, und erklärte freimütig, warum es im Rat zu keiner eindeutigeren Stellungnahme gekommen wäre. Es gäbe im Rat der EKD eingeschriebene SPD und CDU Mitglieder, sogar des Bundesvorstandes, und tatsächlich stammte der Entwurf für die Erklärung unter anderen vom Ratsmitglied Richard v. Weizsäcker.

Auch die Braunschweiger Zeitung hatte die Meldung von der "Erklärung der 25" am Gründonnerstag gebracht und zitierte die von Karl Immer eingefügte Textpassage in der Überschrift "Ablehnung würde große Enttäuschung hervorrufen – Prominente evangelische Theologen und Laien sprechen sich für Ratifizierung der Ostverträge aus." Im Text reportierte die Braunschweiger Zeitung auch die andere eingefügte Passage: "Wir befürchten, dass bei einer Ablehnung der Verträge sich auf lange Zeit hinaus keine günstigere Situation für erfolgreichere Verhandlungen ergeben wird." Genau dies aber war die Position der CDU Bundestagsfraktion. Sie forderte neue Verhandlungen.

Das Echo aus dem Kreis der regionalen CDU und der Vertriebenenverbände war prompt. "Die CDU Niedersachsen verurteilt Aufruf zu Ostverträgen". Ihr Vorsitzender Hasselmann nannte ihn einen "bedauerlichen Mißbrauch". Als Bischof Lohse zu einem offiziellen Besuch in den Kirchenkreis Burgdorf kam, blieben sämtliche Vertreter der CDU dem Empfang für die Vertreter des öffentlichen Lebens ostentativ fern. Bei Bischof Heintze verwahrte sich ein CDU Bundestagsabgeordneter energisch gegen einseitige Interpretation, es gäbe "genügend Probleme auf sozialem und caritativen Gebiete" für die Kirche, ein anderer MdB aus dem gleichen Lager schrieb, Heintze habe "der Gemeinschaft der Kirche keinen Dienst erwiesen", er wäre "zutiefst enttäuscht", ein Braunschweiger Industrieller drohte mit dem Kirchenaustritt, auch ein pensionierter Staatsanwalt. Die Helmstedter CDU hatte unter ihren Funktionären 21 Unterschriften gesammelt, Heintze möge seine Zustimmung vor der Landessynode wieder zurücknehmen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Kubel (SPD) hingegen hatte die Erklärung prompt öffentlich begrüßt, darauf wollte sich Hasselmann offenbar Heintze vorknöpfen. "Hasselmann will mit Heintze reden", war später in der BZ zu lesen. Wilfried Hasselmann berichtete von dem Gespräch, Heintze habe ihm angeblich versichert, in Zukunft "etwas diskreter" zu agieren. Aber das war bereits Politikgetöse.

Die CDU/CSU Bundestagsfraktion erwartete, dass sich die leitenden Stellen der EKD von der Erklärung distanzierten. Der Regierungssprecher hingegen wertet diese Erklärung als eine repräsentative Äußerung der Kirche auf.

Besonders drastisch war die Reaktion der rechtsradikalen "Notgemeinschaft ev. Deutscher". Kein anderes Mittel zur Zerstörung unserer ev. Kirche sei denkbarer als die politische Erklärung hervorragender Amtsträger. "Die ‚geistlichen Herren’ scheuen sich nicht, ihren Mitchristen Frieden und Versöhnung anzubieten, wenn nur alle Bürger bereit seien, ihre Nächsten in Mittel- und Ostdeutschland, Glieder der eigenen Kirche, ihrem Schicksal zu überlassen..Christlich also soll es sein, Vertreibung von Mitmenschen und ihre Rechtlosigkeit hinzunehmen, damit man nur selbst Ruhe gewinnt und Risiken vermeidet." Diese kirchliche Rechtspropaganda spiegelt treffend die Stimmung wider, die weit in bürgerliche, christliche Kreise reichte.

"Die Zustimmung der ev. Kirche zu den ungerechten Ostverträgen gibt mir Veranlassung, der Kirche endgültig den Rücken zu kehren. Was die SS damals nicht geschafft hat – mich aus der Kirche zu kriegen – hat die Kirche selbst geschafft," hieß es in einem Brief an den Bischof und in einem anderen: "Als verantwortungsbewußter ev. Schlesier, der seit über 25 Jahren im Raum Ihrer Landeskirche lebt und auch hier viele Jahre als Kirchenvorsteher Verantwortung getragen hat, bin ich nicht gewillt, meine Rechte aufzugeben. Deshalb führe ich den Kampf gegen diese Verträge". Der Schreiber forderte Heintze auf zurückzutreten. "Bei Ihrem Engagement werden Sie gewiß bald einen einträglichen Posten finden, ohne der Kirche zu schaden.." Heintze beantwortete jeden Brief, der einen Absender hatte, persönlich und ließ sich auch durch keine Unverschämtheit provozieren. Einiges war auch nur auf npd-nahe Flugblätter gekritzelt: "Verzicht ist Verrat", "Dokument der Schande", "Ihr seid charakterlose Verräter" gehörte zu den Standardformulierungen. "Sie Predigen Demokratie und Fördern Deutschlands Preisgabe." Die Bischofssekretärin Frau Langer hatte zusätzlich sehr viel mehr zu tun.

Der 30. Bischofsbrief des Landesbischofs

Heintze sah sich noch in der Osterwoche zu einem Bischofsbrief genötigt, obwohl der 29. gerade erst 14 Tage zurücklag. Das Echo auf die Erklärung wäre "recht gegensätzlich", schrieb der Bischof am 5. April einleitend und stellte dann "mit allem Nachdruck" fest, die Erklärung wäre keine kirchenamtliche Verlautbarung und dahinter stünde auch keine bischöfliche Autorität. Sie werde nicht in Anspruch genommen und könne daher auch nicht mißbraucht werden. "Ich bin ohnehin der Überzeugung, dass mit einem Pochen auf amtskirchliche Autorität heute wenig auszurichten ist und dass auch sonst, was Vertreter der Kirche sagen - einerlei welchen Rang und Namen sie haben – für eine kritische Überprüfung durch jedermann offen sein muss."

Heintze wies den Vorwurf einer Spaltung der EKD zurück und nahm die "vorsichtig zurückhaltende Erklärung" des Rates der EKD in Schutz. Verärgert klingt die Zurückweisung des Vorwurfs, die Unterzeichner erhöben einen "kirchlichen Alleinvertretungsanspruch" oder besäßen gar ein "Monopol für Versöhnung". Heintze setzt sich hier mit in der Öffentlichkeit reportierten Äußerungen des Leitenden Bischofs der VELKD, Wölber, auseinander.

"Wohl aber haben die Unterzeichner sich zum Sprecher von Besorgnissen und Befürchtungen gemacht, die heute viele Menschen in unseren Kirchen und weit darüber hinaus im Blick auf die Ratifizierung der Ostverträge bewegen." Ohne die Erklärung der 25 könnte der Eindruck entstehen, als seien die Denkanstöße und Impulse der Ostdenkschrift von 1965 vergessen oder preisgegeben. "Das trifft aber für viele Kirchenmitglieder ohne Zweifel nicht zu. Ich meine auch, dass diese Stimmen das gleiche Recht auf öffentliches Gehör haben wie die derjenigen, die ihr "Nein" mit christlichem Vorzeichen begründen". Damit spricht Heintze den Auslöser der Erklärung an: die plakative Alleinvertretung des sog. "Christlichen" in den "Christlichen" Parteien.

Es gälte, trotz verschiedener politischer Ansichten die Gemeinschaft untereinander zu bewahren.

Einen ganzen Absatz widmete Heintze indes der Stimmung und dem Meinungsbild in der DDR, und er wiederholte dieses Argument immer wieder und es wurde von Befürwortern der Ostverträge auch übernommen. Insbesondere hätte ihn Äußerungen aus der DDR und der Ökumene bewegt. Heintze zitierte ausgiebig aus dem Interview des epd mit Bischof Schönherr. Im Falle der Nichtratifizierung würden viele Möglichkeiten zu persönlichen Kontakten und zum Dialog mit den Menschen in der DDR und insbesondere in Polen gefährdet.

Im letzten Absatz stellte der Bischof noch einmal unmißverständlich klar, dass er natürlich auch gegenteilige Entscheidungen respektiere. "Ich erwarte keineswegs Ihrer aller Zustimmung. Ich respektiere, wie gesagt, jeden, der sich gewissensmäßig anders entscheidet. Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie mir und den andern Unterzeichnern abnehmen würden, dass auch wir meinen, nicht leichtfertig gehandelt zu haben. Und sicher stimmen Sie zu, dass es sich um keine Bagatellfrage, sondern um eine wirkliche Schicksalsfrage handelt, in der Meinungsbildung ohnehin weit über den Bereich des Parlaments hinaus, das die eigentliche Entscheidung zu treffen hat, in breitem Umfang in Gang gekommen ist. Die Unterzeichner der Erklärung wissen sehr wohl, daß jede derartige Erklärung missverstanden werden kann, aber durch Schweigen in der gegenwärtigen Situation wäre nach unserer Überzeugung die Gefahr, schuldig zu werden, noch größer gewesen."

Heintze legte den kompletten Text der Erklärung mit den Namen sämtlicher Unterzeichnern bei, der bis dahin den PfarrerInnen noch nicht bekannt war.

Der Bischof verliert sich nicht in eine ausgedehnte Erörterung, wie sich seine persönliche Entscheidung zu seinem kirchlichen Dienst verhalte und ob er durch seine Unterzeichnung noch überzeugend "für alle Mitglieder seiner Landeskirche" präsent sein könne. Heintze stellt sein Bürgerrecht souverän neben sein Dienstrecht und erkennt keinen Widerspruch. Er sieht die Möglichkeit einer Verwechslung, er riskiert auch jene gezielten, infamen Missverständnisse, die sich einer rationalen Entgegnung entziehen. Er wehrt das häufig zitierte Argument ab, ein Christ könne sich schließlich nicht zu jeder politischen Entscheidung äußern. Heintze bringt Bürgerrecht und Dienstrecht in dieser Situation einer "Schicksalfrage" ins Gleichgewicht und entscheidet sich für das Bürgerrecht der freien Meinungsäußerung. Das ist ihm deshalb möglich, weil eine Gewissensentscheidung sowohl im Dienstrecht wie im Bürgerrecht erforderlich ist. Ob die Bindung an die Ordination die gewissensmäßige Bindung an das Bürgerrecht hindert, stellt sich deswegen nicht, weil Bürgerrecht und Dienstrecht gleichberechtigt nebeneinander stehen und die Gewissensentscheidung unter Wahrnehmung des Bürgerrechts nicht gegen die sich aus der Ordination ergebenden Pflichten steht. Die Unterschrift des Bischofs erscheint als ein Akt von Befreiung von einer geheuchelten Neutralität, die in Wahrheit doch eine politische Stellungnahme darstellte.

Heintze hätte auch mit der alten lutherischen Unterscheidung der beiden Regimente argumentieren können, deren korrekte Anwendung er durch die Erklärung souverän handhabt.

Mit seiner Unterschrift bewegte sich Heintze in dem sog. weltlichen Regiment, ohne es mit dem geistlichen Bereich von Wort und Sakrament zu vermischen. Bezeichnenderweise verwendet die Erklärung auch keine Bibelzitate, sondern beruft sich alleine auf eine aus politischer Einsicht gewonnene Gewissensentscheidung. Diese Unterscheidung fiel Ernst Christian Lerche, einem Beobachter bei der Landessynodaltagung im März auf, und schrieb es dem Landesbischof: "Auf der letzten Sitzung der Landessynode gingen Sie in Ihrem Bericht zur Lage auch auf politische Fragen ein. Als Sie vom Vertrauen zwischen den Völkern sprachen, brachen sie ab. Logischerweise hätte nun eine positive Wertung der Ostverträge folgen müssen, aber als Bischof in kirchenamtlicher Funktion vor der Landeskirche konnten sie nicht mehr sagen. Ich habe mich aber sehr gefreut, dass Sie danach, allerdings nicht in amtlicher Eigenschaft, in der Öffentlichkeit Stellung für die Ostverträge genommen haben."

Als sich Lohse und Heintze später in der Sitzung der Lutherischen Bischofskonferenz rechtfertigen müssen, lud der Präsident des Lutherischen Kirchenamtes Hugo Schnell vorsichtshalber Prof. Wenzel Lohff mit in die Sitzung, "da der 1. Tagesordnungspunkt am vormittag sicherlich mit der Zwei-Regimenten-Lehre Luthers zu tun hat."

Leider spielten theologische Grundsatzfragen in den Gremien kaum eine Rolle.

Die Auseinandersetzung Heintzes mit Dietzfelbinger und Wölber

Die Braunschweiger Zeitung veröffentlichte an diesem Tag ein Interview mit Bischof Heintze, das noch vor der Veröffentlichung des 30. Bischofsbriefes stattgefunden hatte, unter der Überschrift "Unterschrift entsprach dem Recht auf Meinungsfreiheit". Darin kündigte Heintze eine persönliche Antwort auf Wölbers Verriß an und verriet nebenbei, dass der Ratsvorsitzende Dietzfelbinger von der Erklärung Bescheid gewusst habe. Dietzfelbinger hatte alle Ratsmitglieder noch am 30. März angeschrieben und sich "tief betroffen und betrübt" gezeigt, und darüber hinaus beleidigt, weil nicht informiert. Tatsächlich aber hatte vor der Veröffentlichung Dietzfelbinger mit Heintze telephoniert und dieser hatte Heintze gebeten, über seine Unterschrift "noch mal nachzudenken". Dietzfelbinger gab in einem weiteren Briefwechsel mit Heintze auch zu, dass er von dem ganzen Unternehmen und dem Text schon vor der Veröffentlichung gewußt habe, aber eben nicht offiziös und nicht durch die Unterzeichner, was indes eine Übertragungspanne gewesen war. Vermutlich hatte Wölber den ihm kirchenpolitisch freundschaftlich nahestehenden Ratsvorsitzenden Dietzfelbinger sofort von der Sache unterrichtet.

Es wurde Zeit, dass der engere Kreis einmal Bilanz zog und ein einvernehmliches weiteres Vorgehen absprach. Am Freitag, dem 7. April trafen sich die Ehepaare Heintze und Lohse in Hannover, am Sonnabend stieß Hild dazu und es gab einen fruchtbaren Gedankenaustausch.

Heintze brachte seinen 30. Bischofsbrief mit und vermutlich wurde bei diesem Treffen auch vereinbart, dass und wie Heintze als der Ältere auf die grobe Entgegnung Wölbers reagieren sollte.

Heintze sandte Bischof Wölber am 10.April seinen Bischofsbrief zu und wies den Eindruck Wölbers zurück, als ob die Zusendung des Erklärungsentwurfes vom 21.März ohne Unterschriften eine Panne gewesen wäre. Man habe zwar nicht mit seiner Unterschrift gerechnet, "wollten aber Sie wenigstens informieren". Mit einer bei Bischof Heintze sonst kaum zu beobachtenden Schärfe, fuhr Heintze fort: "Überflüssig war ihr Hinweis, dass wir "kein Monopol für Versöhnung haben". Wer von uns hätte das jemals behauptet?" In eben diesem Brief vom 23.März hatte es geheißen, dass der Rat der EKD nicht mehr hatte sagen können. "Es wurde um Prüfung gebeten, "ob nicht einzelne Christen darüber hinausgehen könnten und sollten. "Es wäre brüderlicher von Ihnen gewesen, wenn Sie das in Ihrer eigenen Erklärung berücksichtigt hätten." So verwahrte sich Heintze gegen die Unterstellung, das Votum des Rates unterlaufen zu haben. "Sie hätten das auf Grund des auch an Sie gegangenen persönlichen Schreibens vom 23.3.72 wissen können." Heintze erinnerte dann Wölber daran, dass dieser selber bei seinen Berichten als Leitender Bischof vor der Generalsynode keineswegs davor zurückscheue, eine persönliche Meinung zu vertreten, die nicht einfach selbstverständlich "die Meinung der Kirche" darstelle. Heintze beendet diesen Gedankengang nicht ohne Schärfe: "Ich hätte mich allerdings gefreut, wenn Sie die Befürchtungen, die wir im Namen vieler Mitglieder unserer Kirchen ausgesprochen haben, etwas ernster genommen hätten, statt sie von vorneherein als "selbstverständlich nicht kirchlich maßgeblich" abzuqualifizieren. Wir sollten uns doch angewöhnen, auch Anliegen, die nicht "kirchenamtlich" vorgebracht werden, zu beachten und sachlich darauf einzugehen, selbst wenn es sich nur um das Votum Einzelner handelte." Heintze gab am Ende dieses dreiseitigen Schreibens zu erkennen wie angewidert er von dem rechten Rand der bundesrepublikanischen Gesellschaft war. "Mit Schrecken ist mir an einer großen Anzahl der Reaktionen von Gegnern der Unterzeichnung der Ostverträge bewusst geworden, in welchem Masse in unserem Volk erneut der Geist nationalistischer Engstirnigkeit um sich greift und die eigentlichen Grundfragen, um die es seinerzeit in der Ostdenkschrift ging, und die damals weithin in der EKD Zustimmung fanden, völlig aus dem Bewußtsein zu schwinden drohen. Gerade an der Art und Weise der Gegenreaktion bin ich der Überzeugung, dass ein solches Wort, wie wir es in persönlicher Verantwortung versucht haben, am Platz war. Viele haben uns das auch gedankt.

Ich möchte mich mit Ihnen auf keine öffentliche Auseinandersetzung einlassen. Wir werden ja wahrscheinlich Gelegenheit haben, in der Bischofskonferenz am 26. 4. die Frage weiter mündlich zu erörtern."

Diese Antwort von Bischof Heintze zeigt eine bestechende gedankliche Klarheit, ein Maß an persönlichem Überzeugtsein von der Richtigkeit seines Handelns ohne eine Spur von Überheblichkeit, aber von einer deutlichen, ja scharfen Zurückweisung, wo er - hier zu Recht - Arroganz und Anmaßung empfindet. Heintze führte diese Diktion auf der Ebene von dienstlich Gleichgestellten. In seinen Antworten an seine Kritiker in seinem pastoralen Verantwortungsbereich blieb Gerhard Heintze von einer bewundernswerten Langmut. "Du musst Dich auch mal wehren", riet ihm nach manchen öffentlichen Angriffen seine Frau Ilse und Propst v. Schwartz erinnerte sich im Rückblick, er hätte sich manchmal gewünscht, Heintze hätte gesagt: So nicht! "Heintze hat in solchen Fragen nie verschleiert, welches seine eigene Position war. Wenn dennoch scharfe Grenzziehungen, wie ich sie mir manchmal wünschte, nicht geschahen, dann stand dahinter das Vertrauen auf die Kraft des Wortes und die göttliche Wahrheit. Und ich weiß, dass ich nicht der einzige bin, der es Dr. Gerhard Heintze dankt, wie er bei uns sein Amt als pastor pastorum geführt hat...Brüderliche Leitung, so möchte ich es nennen." Es kam immer auf den Adressaten an.

Die Reaktion des Rates der EKD am 20. April 1972

Am 20./21. April tagte der Rat der EKD in Berlin zum ersten mal nach der "Erklärung der 25" Die große Frage war offen, ob der Rat sich von dieser Erklärung distanzieren würde, wie es die CDU/CSU Opposition bald nach Erscheinen der Erklärung gefordert hatte. Bischof Kunst gab eine Lageanalyse zur gegenwärtigen Diskussion um die Ostverträge in der "BRD", lese ich erstaunt. BRD war 1972 das verpönte Kennzeichen für Linksradikalismus. Man hatte die Kürzel auszusprechen und auszuschreiben: Bundesrepublik Deutschland. Der Ratsvorsitzende Dietzfelbinger schilderte die kirchlichen Auseinandersetzungen um die Ostverträge, auch von der "Eingaben von Gruppen, die den Rat bitten, sich in der Sache der Ostverträge deutlicher zu äußern" und gibt sich schwer enttäuscht über das Verhalten der fünf Ratsmitglieder, die die Erklärung auch unterschrieben hatten, "wobei besonders schwer wiege, daß die andern Ratsmitglieder und er als Ratsvorsitzender nicht rechtzeitig informiert worden sei". Im Anschluß entwickelte OKR. Wilkens Gesichtspunkte zur kirchlichen Mitsprache in politischen Auseinandersetzungen. Die Äußerungen müssten konkret sein dürften aber nicht in die Tagespolitik direkt eingreifen. Das wäre bei der Ostdenkschrift und bei der Friedensstudie gelungen. Die Niederschrift zu dieser Sitzung vermerkt: "In umfassender Aussprache wird eine Fülle von Positionserläuterungen, Klarstellungen, kritischen Anfragen, Beurteilungen der Konsequenzen, sowie Gesichtspunkte für ein gemeinsames Kommunique vorgetragen". Das lässt auf eine dramatische Aussprache schließen, die sich erst nach einem zusätzlichen, geheimen Entwurf einer Niederschrift nur zu diesem Tagesordnungspunkt herauskristallisiert. Danach hatte Wenzel Lohff, der die Position Wölbers uneingeschränkt teilte, die Diskussion mit einem rabiatem Beitrag eröffnet. Er verlange eine "schonungslose Analyse", ob schon vor der Ratssitzung am 17. März diese Erklärung den Unterzeichnern bekannt gewesen wäre. Das wirft ein Licht auf die Kombinationsgabe in der Hamburger Bischofskanzlei. Raiser antwortete ihm in seiner ruhigen, bestimmten Art, dies wäre nicht der Fall gewesen. v. Weizsäcker fragte und forderte "Konsequenzen" für die EKD. Er stellte eine Verbindung zur Erklärung der Württembergischen Theologen und zur kirchlichen Bruderschaft her und konstatierte eine "gefährliche Polarisierung." Scharf wies darauf hin, dass der Ratsvorsitzende selber hinsichtlich der persönlichen Bindung des Ratsvotums von "Freigabe" gesprochen habe, was Dietzfelbinger dann auch bestätigte. Scharf sah keinen Unterschied zu Erklärungen etwa zum § 218, die er auch abgäbe. Frau Scharffenorth fordert zu Recht eine intensivere Vorbereitung von Äußerung zur politischen Lage. Tatsächlich hatte der Rat zu seinem Votum noch nicht einmal eine Tischvorlage zur Beratung, sondern den Wortlaut erst durch den Dreierausschuß im Sitzungsverlauf zustande gebracht. Ein neben der offiziösen Niederschrift angefertigtes nichtöffentliches Protokoll vermerkt 17 befürwortende und ablehnende Redebeiträge. Schließlich gab es noch ein Gerangel über die Presseerklärung, wobei sich Dietzfelbinger, Heckel und Lohff noch einmal deutlich von den fünf unterzeichnenden Ratsmitgliedern distanzierten, die sich aber in der Ratssitzung behaupten konnten.

Die Reaktion in der lutherischen Bischofskonferenz am 26. April 1972

Während der Rat in Berlin tagte, erstattete Wölber einen Lagebericht vor der Hamburgischen Synode, in dem er sich am Ende auch ausführlich mit der "Erklärung der 25" beschäftigte. "Immer wieder wird versucht, das geistliche Amt für ein politisches Votum in Anschlag zu bringen. Seht, ich als privatisierende Pastor oder Bischof empfehle euch dies oder das..Die publizistische Auswertung lautet in jedem Fall: hier ist ein Votum der Kirche von Gewicht und man hat es auch so gewollt. Warum denn sonst die Präsentation mit kirchlichem Amt und Auftrag? So stehen die Dinge. Streuen wir uns doch keine Sand in die Augen.

Schlimmer noch ist der Anspruch im Unterton: es ist die eigentliche Evangelische Kirche.. Schlimm hierbei ist die hybride Behauptung, die Versöhnung aus dem Evangelium sei überhaupt nur durch ein bestimmte politisches Urteil realisierbar... Wie schlimm, wenn eine bestimmte Politik als einzige kirchlich konsequente beschrieben wird. Tritt sie damit nicht an die Stelle des Evangeliums? .....So wie die Dinge stehen, ist die politische Frage ein Pfahl im Fleisch der EKD.. Wir werden beim Weiterbau der EKD nicht vorankommen, wenn wir nicht eine Übereinkunft über das Verständnis von Kirche und Welt erzielen."

30 Jahre nach diesen Ereignissen steht man als lesender Dorfpfarrer em. doch einigermaßen ratlos vor diesen Äußerungen. Gewiß: Wölber mag erregt und erbost gewesen sein. Und auch einem Bischof muß eine Landessynode mal zugestehen, Dampf abzulassen. Das habe ich in der eigenen braunschweiger Landessynode in jüngster Zeit mehrfach erlebt. Aber das geringe Maß an Einfühlung in die Position, die Motivation und die Gedankengänge des Gegenübers liest sich auch heute noch erschreckend. Völlig unbeeindruckt von der Erwiderung Heintzes wiederholte Wölber öffentlich alle zurückgewiesenen Behauptungen und verschärfte sie durch den unfassbaren, schwerwiegenden Vorwurf, die Verfasser der "Erklärung der 25" setzten sich an die Stelle des Evangeliums. Es war ein im Grundsatz anderes Verständnis vom Amt und von der kirchlichen Autorität, das Heintze von Wölber trennte; es war vor allem aber ein Unterschied des persönlichen Anstands.

Wölber stellte nun sogar kirchenpolitisch die Weiterarbeit an der Grundordnung der EKD, die an oberster Stelle der Tagesordnung der leitenden Gremien stand, in Frage und machte sie abhängig von der seit Jahrzehnten kontrovers durchlittenen Frage: wie bleiben wir unter dem Evangelium zusammen, auch wenn uns theologisch und kirchenpolitisch ein Abgrund trennt? Wie seinerzeit 1945 bei der Gründung der Vereinigten Ev. Luth. Kirche vor der Gründung der EkiD – ein Missgriff bei der Entbindung der Neugeburt der Ev. Kirche nach Kriegsende - und bei der Frage der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr Ende der 50iger Jahre. Jetzt also wieder?

Die Äusserungen Wölbers könnten als pathetische Geste vor eigenem innerhamburgischen kirchlichem Publikum abgetan werden, aber Wölber schickte das Wortprotokoll seiner Synodenäusserung an das Lutherische Kirchenamt mit dem Bemerken: "Es ist eigentlich das, was ich in der Bischofskonferenz zu sagen hätte." Diese Bischofskonferenz stand sechs Tage später am 26. April in Hannover an. Damit nicht genug. Wölber schickte seine Synodalrede auch direkt an "Bruder Meyer, Bruder Lohse, Bruder Heintze". Meyer war der Lübecksche Bischof, der bereits bei der Konferenz der Kirchenleitungen im März sich als Befürworter der Ostverträge zu erkennen gegeben hatte und auch eine Sympathieerklärung für die "Erklärung der 25" mitunterzeichnet hatten.

Im Lutherischen Kirchenamt in Hannover entstand erhebliches Unbehagen über einen segensreichen Verlauf der bevorstehenden Bischofskonferenz. Der Präsident des Kirchenamt, Hugo Schnell, ein loyaler Beamter seines leitenden Bischofs, schrieb an ihn am 10. April, die Erklärung der 25 werde bei der Bischofskonferenz "eine erhebliche Rolle spielen. Ich gestehe, dass ich dem mit Unbehagen entgegensehe. Herr Landesbischof Lohse hat sogar geäussert, dass er die Absage an die 25 fast als "ehrenrührig" ansehe. Es ist grotesk. Man sucht die Versöhnung mit dem Osten und zurück bleibt eine unversöhnliche Bischofskonferenz. Hoffentlich wird es gelingen, die Sachdifferenzen auch geistlich zu bereinigen". Am selben Tag bat er OKR Wolf in München um dessen Kommen: "Das Zusammentreffen der Bischöfe nach den kontroversen Erklärungen zur Frage der Ratifizierung der Ostverträge wirft delikate Probleme auf. Mir läge daran, dass die Bischöfe nicht nur unter sich reden, sondern dass die beratenden Mitglieder zugegen sind und als katalysierende Faktoren wirken können."

Im Lutherischen Kirchenamt wurde richtig gesehen, dass durch die Erklärung der 25 die sich längst abzeichnende kirchenpolitische lutherische Achse Hamburg-München/ Wölber-Dietzfelbinger von einer neu entstehenden Achse Hannover-Wolfenbüttel/ Lohse-Heintze durchkreuzt würde. Es hat den Anschein, als ob Schnell sich durch den Brief an OKR Wolf noch Unterstützung für die Achse Wölber/Dietzfelbinger holen möchte. Schnell schrieb auch an Wenzel Lohff, der eigentlich erst für ein Referat am Nachmittag bei der Bischofskonferenz vorgesehen war, ob er nicht auch schon am Vormittag kommen könnte. Lohff hatte einen Lehrstuhl in Göttingen, war Mitglied des Rates der EKD und Vorsitzender des wichtigen Theologischen Ausschusses der VELKD, wohnte in Hamburg und war ein getreuer kirchenpolitischer Weggefährte von Wölber. Er hatte an der Sitzung des Rates am 16./17. März ebenfalls teilgenommen. Nach diesem Unbehagen signalisierenden Brief des Präsidenten Schnell an den Leitenden Bischof ist es noch unverständlicher, dass Wölber eine Woche später seine Synodaläusserung als Diskussionspapier für die Bischofskonferenz an das Kirchenamt schickte. Probleme bereitete dem Präsidenten auch die Sitzungsleitung, denn der zuständige Bischof Wölber schied aus Befangenheit dafür aus, Petersen hatte abgesagt und Maltusch, Kiekbusch und Meyer wären gleichfalls "irgendwie in die Debatte hineingezogen" (so Schnell an Wölber).

Die Sitzung am 26. April wurde von Prälat Dr. Hege geleitet. Präsident Schnell leitete mit einer Beantwortung folgenden Fragen die Aussprache ein: "1. Können Amt und Person in öffentlichen Stellungnahmen getrennt werden? 2. Welche Folgen hat die Erklärung der 25 für die EKD? 3. Wie steht es um die Motivation kirchlichen Handelns im soziopolitischen Raum?" Diese Fragen hatten sich die 25 Unterzeichner bereits gestellt und in der Erklärung beantwortet. Daß Schnell diese Fragen noch einmal aufwarf, ohne die bereits gegebenen Antworten zu referieren, wirkt merkwürdig. Noch auffälliger ist jedoch, dass die zahlreichen Stimmen aus den Gemeinden in diesen Fragen nicht vorkamen.

Schnell referierte ziemlich ausgiebig und erlaubte sich u.a. die pikante Frage, ob das Gebot der Zurückhaltung bei politischen Äußerungen, wie es im Pfarrergesetz § 51,1 niedergelegt sei, auch für Bischöfe gälte. Tatsächlich gab es später dazu eine Kontroverse zwischen Lohse und dem hannoverschen Regierungspräsidenten, der Bischof Lohse "grobe Amtspflichtverletzung" vorwarf, was der Kirchensenat in einer Gegenerklärung mit Nachdruck zurückwies.

Unmittelbar nach dem Referat von Schnelle "ergänzten" – so die Niederschrift - Heintze und Lohse die Ausführungen Schnelles mit einer Darstellung der Entstehung der Erklärung. Tatsächlich wies Heintze in einem ausgiebigen zweiten Teil die Anschuldigungen Wölbers sehr deutlich zurück. Wider besseres Wissen hätte Wölber behauptet, die Erklärung wollte das Votum des Rates unterlaufen, die Abqualifizierung der Unterzeichner wäre eine Brüskierung. In einem dritten Teil beanstandete Heintze ein immer noch verbreitetes autoritäres Vorverständnis des Amtsbegriffes und dass das "C" selbstisch im jetzigen makabren Kampf um die Macht in Bonn hingenommen würde. Schließlich wäre – so Heintze in einem vierten Teil - in politischen Fragen wohl Vorsicht angebracht, hier aber handele es sich um eine Schicksalsfrage. Heintze endete mit den hohen Erwartungen der Kirchenleitungen und Mitglieder in der DDR.

Die Niederschrift vermerkt über den Fortgang prosaisch: "Als eigentliches Grundproblem tritt in der Debatte die Frage hervor, wie in gegebener historischer Situation die Verantwortung der Kirche in politischen Fragen ihrem Auftrag angemessen wahrzunehmen sei und welchen besonderen Auftrag ein bischöfliches Amt habe. In diesem Zusammenhang wird auch die Notwendigkeit hervorgehoben, kirchenpolitische Implikationen von Erklärungen zu politischen Fragen besonderer Beachtung zu schenken."

Diese Niederschrift ist wie ein Vorhang, der den tatsächlichen dramatischen Sitzungsverlauf verschleiert. Nachdem sich Lilje leicht distanziert zur Erklärung geäußert hatte und Lohse noch mal erklärt hatte, dass man sich nicht gegen das Ratsvotum gestellt hätte, trug Wölber seine unverschämten Thesen von der Hamburger Synode auch während der Bischofskonferenz vor.

"Ton und Inhalt der Vorwürfe nahmen ein derart gereiztes Ausmaß an, dass schließlich die Geduld von Bischof Heintze-Braunschweig und mir, die wir die Zielscheibe dieser Angriffe waren, erschöpft war und wir uns solche Weise des Redens verbitten mussten," erinnert sich Altbischof Lohse elf Jahre später in seinem Rückblick "Erneuern und bewahren". Hans Volker Herntrich, Referent im Lutherischen Kirchenamt von damals, berichtet heute, diese Sitzung mit ihrer "gereizten Atmosphäre" habe den Bruch zwischen Wölber und Lohse eingeleitet.

Aber auch die Rolle von Bischof Lilje scheint unklar gewesen zu sein. Lilje wiederholte seine Klage über die theologische Qualität der Erklärung und sprach bei seiner zweiten Wortmeldung

davon, man dürfe "theologische Kategorien nicht verwirtschaften und nicht zu geistiger Polarisierung beitragen". Heintze notierte sich diese Bemerkung auf seinem Konferenzpapier. Das konnte allemal auf Wölber gemünzt sein, vermutlich aber galt es mehr den beiden Unterzeichnern.

Schnell und Lohff wurden gebeten, den Wortlaut eines Kommuniques vorzulegen. Da war wohl eine Wölbersche Version zu erwarten und tatsächlich begann nun eine neue Aussprache über die Vorlage, in der kein Satz unverändert blieb. "Die Bischofskonferenz hat über die in der kirchlichen Diskussion der Ostverträge entstandenen Differenzen, die zu erheblicher Unruhe in den Gemeinde geführt haben, eine freimütige Aussprache geführt," begann die Vorlage für das Kommunique. "Freimütig" bedeutet im kommuniquedeutsch, dass die Fetzen flogen.

Daß in den Gemeinde Unruhe geherrscht habe, war eine delikate Behauptung, denn "Unruhe in der Gemeinde" bedeutet für einen Pfarrer einen Versetzungsgrund, selbst wenn er für diese Unruhe gar nicht Verursacher ist. "Erhebliche Unruhe" ist ein verschärfter Tatbestand, dem eine Kirchenleitung in der Regel rasch nachgeht. Heintze und Lohse kannten das amtskirchliche Vokabular. Unruhe war zwar über die "Erklärung der 25" entstanden, aber auch über die Art der unbrüderlichen Reaktion auf sie und auf die angeblich unpolitische Erklärung des Rates der EKD, die in Wirklichkeit auch als Unterstützung der Kampagne der CDU/CSU gegen die Ostverträge verstanden werden konnte und auch verstanden wurde. Das Wort "erheblich" wurde aus der Vorlage gestrichen.

Der theologisch sonderbare Satz "Die große Aufgabe der Versöhnung mit dem Osten kann nur von einem versöhnten Volk zu Ende geführt werden" wurde aus der Presseverlautbarung ganz gestrichen. Der Begriff "versöhntes Volk" ist in diesem Zusammenhang eine unqualifizierte Verwendung eines verwässerten, politisierten Versöhnungsbegriffes, wie sie in der Wölberschen Diktion jener Tage immer wieder auftauchte und in der Niederschrift der Kirchenleitung der VELKD vom März 1972 verwendet wurde. Es gab weitere Einbesserungen. Kurz: diese Bischofskonferenz erinnert eher an die Räubersynoden der Alten Kirche des 5. Jahrhunderts. Die persönlichen Beziehungen zwischen den Bischöfen waren bleibend beschädigt worden.

Vor allem liessen die Konferenzeilnehmer die große Anteilnahme in der Gemeinden für die "Erklärung der 25" völlig außer Acht. Über die "Erklärung der 25" war in vielen Gemeinden geradezu eine gewisse Begeisterung entstanden. In der hannoverschen Landeskirche hatten allein 800 kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter 400 Theologen, ihrem Landesbischof ihre Zustimmung signalisiert. "Wir danken Ihnen ganz besonders für Ihre Initiative in dieser Sache und hoffen, daß dadurch die Bestimmung des Verhältnisses von politischem Handeln und dem Wächteramt der Kirche in unserer Landeskirche intensiver diskutiert wird und mehr Profil gewinnt." Vier Tage später bat der hannoversche Landesbischof im ev. Pressdienst, von weiteren Unterschriftaktionen abzusehen. Nun müsse man miteinander reden. Mit dieser Gemeindebasis im Rücken ließ sich dem Getümmel in der Bischofskonferenz wohl widerstehen.

Debatte und Zustimmung in der Braunschweiger Landeskirche

Ende April war eine Ratifizierung im Bundestag noch völlig offen, aber wie schon in Hannover erreichten Bischof Heintze außer Beschwerdebriefe ("..bin schockiert und trete aus") nun auch zustimmende Briefe von Pfarrern und Gemeindegliedern. Hartmut Albath dankte dem Bischof, er teile die Erklärung inhaltlich und "begrüße auch, dass Sie mit Ihrer Unterschrift an die Öffentlichkeit getreten sind." Aus Hondelage traf ein von den Pfarrern Hartmut Barsnick, Jürgen Brinkmann, Propsteijugendwart Walter Bradt und zwei anderen kirchlichen Mitarbeitern unterzeichnetes Telgramm ein: "Sehr geehrter Herr Landesbischof. Ihr Votum zu den Ostverträgen wird von uns voll unterstützt. Wir sind uns bewusst, dass Sie dadurch erheblichen Angriffen ausgesetzt sind. Gerade deshalb möchten wir Ihnen mitteilen, dass es Glieder unserer Landeskirche gibt, die sich mit diesem Schritt politischer Diakonie identifizieren." Fritz Seifert schrieb für die Ev. Arbeitnehmerschaft: "Ich weiß von vielen Kollegen in den Betrieben, dass sie Ihre mutige Haltung begrüßen", Hilfsprediger Hellmut Winkel aus Sauingen: "..für mutigen Einsatz tiefen Dank aussprechen". Pfarrer Täger von St. Georg, Braunschweig hatte den Bischofsbrief im Kirchenvorstand besprochen und ließ den Bischof das Ergebnis wissen. " Er (der Kirchenvorstand) begrüßt, daß der Landesbischof seine persönliche Haltung zu politischen Tagesfragen äußert, die uns alle betreffen – Ostverträge -, weil der Kirchenvorstand der Ansicht ist, dass ein Christ die Pflicht hat, in solchen Fragen sich eine Meinung zu bilden und Stellung zu beziehen". 31 Mitglieder der übergemeindlichen Werke dankten dem Bischof. Er habe "ein gutes Beispiel verantwortlichen Handelns gegeben, wie es u.E. dem Auftrag der Kirche entspricht". Während die Pfarrer Alexander Knackstedt, Joachim Klieme und Robert Mehlhose zustimmten, lehnten Georg Althaus und Curt Albrecht Geisler ab. Überraschend war die Zustimmung des pensionierten OLKR Dr. Reinhold Breust. Es wäre "eine grosse Freude, Ihre Unterschrift unter der Erklärung zu sehen", aber der in der Landeskirche viel engagierte Vizepräsident des Oberlandesgerichtes Friedrich Linke lehnte mit deutlichen Worten ab ("dem Gebot der Brüderlichkeit und Liebe zuwidergehandelt") . In einer ganzseitigen Annonce in der Braunschweiger Zeitung vom 26. April für die Ratifizierung, die von den Gewerkschaften dominiert war, beteiligten sich auch die Pfarrer Helmut Bertram, Wilhelm Blöhbaum, Hans Martin Brackhahn, Rainer Kopisch, Helmut Padel, Klaus Pieper, Rudolf Quitte, Bodo Sander, Christfried Seefeldt und Helmut Stammberger. In einer weiteren DGB/FDP Anzeige zwei Tage später unterzeichneten die Pfarrer Hartmut Albath, Friedrich Grotjahn, Hasso v.Mortzfeldt, Martin Quandt und Hans Joachim Schwartz mit Berufsbezeichnung. Einen Offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten unterzeichneten eine Reihe von Pädagogen und Theologen aus dem Helmstedter Landkreis, in dem es hieß: "Jetzt kann die Bundesrepublik einen Schritt zur Verständigung tun, indem sie die Unantastbarkeit der bestehenden Grenzen in Europa vertraglich garantiert...Wir hoffen, dass durch die Ratifizierung das verständliche Misstrauen auf beiden Seiten langsam gemildert wird und das Vertrauen zueinander wächst." Den Brief unterzeichneten Pastorin Böttger und die Pfarrer Albath, Beichler, Kuessner, v. Monkiewtsch, Kirchenmusikdirektor Büchsel und Kirchenvorstandsmitglieder aus Helmstedt und Offleben. Es wogte zwischen Zustimmung und Ablehnung hin und her.

Eine besonders ausführliche, zwei Seiten lange Ausarbeitung schickte der 1897 geborene Pfarrer Walter Staats an Heintze. Er verglich die Bedeutung der Ratifizierung mit der Friedensresolution des Reichstages vom Juni 1917, die er bereits als 20 Jähriger miterlebt hatte, und mit dem Ermächtigungsgesetz vom März 1933. Die Ratifizierung bedeutete eine nochmalige Teilung. Staats zeigte sich äußerst reserviert gegenüber allen Hoffnungen auf Erleichterung im Verhältnis zum Ostblock, hielt eher einen Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes wie seinerzeit in Budapest und Prag für denkbar und befürchtete für diesen Fall eine Bombardierung Westdeutschlands durch amerikanische Bomber. Er hielt den Befürwortern der Ostverträge zugute, dass sie noch schlimmere Zustände wohl verhindern wollten und empfahl den Regierungsparteien die Zustimmung und der CDU/CSU Stimmenenthaltung. Eine Entscheidung würde erst mit den nächsten Wahltermin fallen. Es ist bezeichnend für diese Generation, die noch gerade aus dem 19. Jahrhundert stammte, dass ihr mehr als der jüngeren bewußt war, dass eine jahrhundertelange Geschichte des "deutschen Ostens" mit der Ratifizierung tatsächlich vorbei war. So richtig das überzeugende Argument Willy Brandts war, man gäbe nichts auf, was nicht durch Hitler schon ab 1945 verspielt worden wäre, so spürbar war nur der älteren Generation der gravierende historische Einschnitt. Mein Vater, ein Jahr älter als Staats, fand es stillos, dass die Abgeordneten zur Abstimmung nicht alle in schwarzen Anzügen erschienen waren, eben wegen der beträchtlichen historischen Dimension. Diese ging im primitiven Parteigetöse völlig unter. Staats behielt recht. Am 17. Mai 1972 enthielten sich 238 Abgeordnete der CDU/CSU Fraktion bei der Abstimmung über den deutsch-sowjetischen Vertrag der Stimme und 231 bei der Abstimmung über den sog. Warschauer Vertrag. Die vorgezogene Bundestagswahl im November 1972 stand tatsächlich ganz im Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung der Ostverträge, die Regierungskoalition von SPD/FDP wurde bei einer Wahlbeteiligung von 91,1% mit insgesamt 54,6 % der Stimmen glatt bestätigt. Die Haltung der CDU/CSU Fraktion war einerseits keine Unentschiedenheit, weil sie auf diese Weise die Verträge "passieren" ließ, andrerseits war es in einer solchen historischen Abstimmung doch eine kümmerlich neutrale Haltung, die der Erklärung des Rates durchaus entsprach und im nachhinein dem Ratsbeschluß der EKD vom 17. März eine deutlich christlich-demokratische Einfärbung bescherte.

Vom 4.-6. Mai 1972 tagte die Landessynode auf dem Hessenkopf. Es sollte gründlich das Thema "Die Kirchengemeinde" behandelt werden. Die Synode verteilte sich auf vier Arbeitsgruppen. AG 1 "Selbstverständnis, Auftrag und Funktionsträger der Kirchengemeinde", AG 2:"Möglichkeit der Organisation der einzelnen Kirchengemeinde als Ortsgemeinde und der Kirchengemeinde im Pfarrverband und Kirchenverband", AG 3: "Die haupt- und nebenamtlichen Dienste in den Kirchengemeinden und der pfarramtliche Dienste". AG 4:" Gruppenarbeit und die Arbeit übergemeindlicher Dienste und Einrichtungen im Leben der Kirchengemeinde". Der Gemeindeausschuß hatte die Sitzung gründlich vorbereitet. Bischof Heintze hielt das grundlegende theologische Referat "Die Kirchengemeindeordnung als theologisches Problem" und OLKR Kaulitz referierte grundlegend über "Die Kirchengemeinde in einer veränderten Umwelt". Nachdem 1970 die neue Verfassung verabschiedet worden war, mussten nun die Folgen für eine neue Kirchengemeindeordnung bedacht werden. Es war also kein Platz, die besondere politische Situation zu reflektieren. Anders als Immer, der sich bereits am 10. April vor der rheinischen Synode zur Erklärung klar geäußert hatte und dem es mit Hilfe von Eberhard Bethge, ebenfalls einem der 25 Unterzeichner und Synodalen, gelungen war, eine "neutrale" Erklärung von der Tagesordnung abzusetzen – anders auch als Wölber in Hamburg und Lohse vor seiner Synode im Juni in Hannover wurde auf der Maisynode im Hessenkopf über die "Erklärung der 25" kein Sterbenswörtchen im Plenum der Braunschweiger Landessynode fallen gelassen. Schon anläßlich der Ostdenkschrift hatte die Synode 1965 und 1966 auf eine Diskussion verzichtet. Heintze sah keinen Anlaß, von sich aus dieses Thema anzuschneiden, denn in der Landessynode ging es nicht um die Wahrnehmung seiner Bürgerrechte sondern seiner bischöflichen Pflichten. Freunde des Bischofs wollten ihn möglicherweise auch "schonen" und dann die Sache rasch vergessen lassen.

Aber das Thema kam doch auf den Tisch.

Zu einer kontroversen Debatte kam es nämlich im ersten Pröpstekonvent nach dem Erscheinen des Bischofsbriefes und der "Erklärung der 25" am 9. Mai 1972. Der Gandersheimer Propst Knüppel dankte dem Bischof unmittelbar nach dem Pröpstekonvent noch einmal schriftlich "für das deutliche Wort". Er hatte dem Bischof sein Wort zum Sonntag in der Gandersheimer Ausgabe der BZ vom 15./16. April zugeschickt, in dem Knüppel sehr ausführlich aus dem Bischofsbrief zitierte und sich ausdrücklich hinter den Bischof stellte. "Ich halte diesen Schritt unseres Landesbischofs zugunsten der Ratifizierung der Ostverträge in der gegebenen Situation für richtig" und am Ende: "Jeder möge sich sein eigenes Urteil bilden, aber niemandem das Recht zu Meinungsäußerung absprechen, auch wenn es sich um Leute in öffentlichen Ämtern handelt."

Der dem Bischof theologisch nahestehende Lebenstedter Propst und Synodale Hans Harborth, einer der ersten von Heintze brüderlich visitierten Pröpste, hatte schon vorher sehr deutlich seine ablehnende Haltung mitgeteilt. Amt und Person wären nicht so zu trennen, wie Heintze vermutete. Die Erklärung wäre eine politische Aktion, die über den Rahmen einer persönlichen Erklärung weit hinausgehe. Harborth erinnerte Heintze bei dieser Gelegenheit an eine Szene bei ihrem ersten Zusammentreffen vor seiner Bischofswahl: "Mit solchen Aktionen mussten wir rechnen, da sie uns beim ersten Gespräch in ihrer Hildesheimer Dienstwohnung über eine Kandidatur für das Bischofsamt ganz offen gesagt haben, Sie seinen "mehr links" angesiedelt." Fairerweise hätte Harborth ihm bei dieser Gelegenheit sagen können, dass er während seiner Goslarer Zeit als Parteiloser bei der CDU im Rat der Stadt gesessen hatte.

In seiner Predigt am Sonntag Jubilate, dem 23. April, hatte sich Harborth ausführlich so geäußert, dass die Gemeinde seine reservierte Meinung zur "Erklärung der 25" heraushören konnte. Harborths Predigtnotizen sind ein schönes Beispiel für eine "politische Predigt" aus jener Zeit: "Heute Landtagswahl in B.-W. (Baden-Württemberg D.K.) mit bundesweiter Bedeutung. Leidenschaftlicher Wahlkampf unter bundesdeutschen Aspekten. Hauptthema: die Ratifizierung der Ostverträge.

Auch die Kirche einbezogen. Ausgewogene Stellungnahme des Rates der EKD. Abweichend davon haben drei kirchenleitende Theologen die Aktion der 25 in Gang gebracht, die konkret Partei bezogen hat. Lebhafte Diskussion hat erneut deutlich gemacht, wie zerrissen die evangel. Christenheit in Deutschland ist.

Jeder Christ muß als Bürger des Staates versuchen, in den anstehenden Fragen ein Urteil zu gewinnen. Er hat das Recht, seine persönliche Entscheidung zu treffen und auch zu sagen. Sein Gewissen kann ihn drängen, das öffentlich zu tun. Kein Christ hat dagegen das Recht, die in sachlicher Überlegung und Abwägung gewonnene abweichende Entscheidung eines anderen zu verdächtigen, als wolle der andere z.B. keine Versöhnung oder als wolle er die berechtigten Belange des eigenen Volkes nicht wahrnehmen.

Welche Entscheidung auf die Dauer gesehen richtig ist, wird erst die Zukunft lehren, wahrscheinlich nicht die nahe Zukunft, sondern vielleicht erst nach vielen Jahren. Jeder sollte ehrlicherweise einräumen, dass er sich irren kann und dass seine Entscheidung ein Wagnis ist. Er muß aber wissen, dass er für seine Entscheidung und die sich daraus ergebenden Folgen die Verantwortung trägt.

Was hat das alles am Anfang einer Predigt zu tun? Es geht in dem leidenschaftlichen Streit ja um die Versöhnung zwischen Völkern und um eine bessere Zukunft. Es geht speziell um die Versöhnung zwischen dem deutschen Volke und den Völkern der Volksrepublik Polen und der UdSSR.

Die EKD hat mehrfach und eindringlich ihre Stimme für eine Aussöhnung mit den Völkern des östlichen Europas erhoben. Wir allen wollen Versöhnung und Frieden, auch die sich politisch bekämpfenden beiden Gruppen.

Frage: Wie ist die von allen angestrebte bessere Gemeinschaft unter den Völkern möglich? Anders formuliert: Wie ist eine neue Welt (Himmel und Erde) möglich? Eine Welt, in der das Zusammenleben der Völker nicht von Angst, Verdächtigung, Verunglimpfung, Rachsucht, Vergeltung, Haß, Leid Geschrei, Schmerz und Trauer gekennzeichnet ist?" Damit war Harborth beim 2. Teil seiner Predigt über Offenbarung Johannes 21,1-5 angelangt.

Harborth stellte sich für den kundigen Predighörer zwar auf die Seite der lauen Ratserklärung vom 20. März, ließ hingegen eine deutlichere persönliche politische Entscheidung offen, allerdings mit dem leicht drohenden Zusatz, er müsse dann auch dafür die Verantwortung tragen; man hörte heraus: er müsse dann die Suppe auch alleine auslöffeln. Daher schickte Harborth die Predigt auch dem Bischof zu. Bei den Wahlen in Baden Württemberg, von denen Harborth am Anfang seiner Predigt sprach, gewannen sowohl die CDU und SPD hinzu, aber Ministerpräsident Filbinger blieb an der Landesregierung.

Der Gebetsvorschlag von Präses Scharf

Bischof Heintze erhielt auch andere gottesdienstliche Vorschläge. Bei der Verabschiedung des Ratsbeschlusses hatte Bischof Scharf angeboten, den Kirchenleitungen einen Gebetsvorschlag von Präses Lothar Kreyssig zuzusenden. "Ich meine, wir können auch in der gottesdienstlichen Verkündigung an diesen Ereignissen nicht vorübergehen. Man könnte sich zwar nicht unmittelbar auf ein Schriftwort berufen, aber es wäre doch "das Geschehen in den dreissiger und vierziger Jahren unter Gottes Wort wiederum zu überdenken". Der Gebetsvorschlag, den Bischof Scharf zuschickte, war als Sündenbekenntnis in der Eingangliturgie gedacht, wie es in den unierten Kirchen üblich war. Er hatte folgenden Wortlaut:

"Liturg: In diesen für die Zukunft unseres ganzen Volkes so entscheidenden Wochen treten wir auch als diese Gemeinde vor Gott, den Vater unseres Retters Jesus Christus, beten und bekennen:

Im Ablauf der Geschichte, deren Herr Du bist, stellst Du uns mit der öffentlichen Diskussion der Ostverträge noch einmal vor die Frage, ob wir bereit sind das, was durch uns, durch Deutsche vor drei Jahrzehnten an Juden und Polen und Russen geschah und an Gliedern des eigenen Volkes, vor Dein Angesicht zu bringen. Du fragst uns als einzelne, die wir schuldig geworden sind durch Schweigen und Mithandeln, und als Nation, die sich berauschte an ihrer Geltung.

Wir bekennen Dir: Wir haben vergessen, wie wenig selbstverständlich es ist, dass Du uns das Massensterben, das wir ausgelöst hatten, hast überdauern lassen.

Wir haben uns schnell daran gewöhnt, dass es uns wieder über alles Erwarten gut geht.

Wir wundern uns nicht darüber, dass wir mit dem Brandmal auf dem deutschen Namen wieder etwas gelten in der Welt.

Du fragst uns mit der Entscheidung, die unser Volk zu treffen hat, nach unserer Selbsteinsicht. Hilf uns, die eigene Rolle im Höllensturz unserer vergangenen Geschichte ohne Ausflucht und Beschönigung zu sehen!

Öffne Du uns den Blick, dann sehen wir in einen Abgrund unseres Wesens und unseres Irrglaubens. Wir sind Kain, wir haben Abels Blut vergossen, indem wir Millionen ermordet haben wie Vieh, unvorstellbar geängstete Männer und Frauen und Kinder – Kinder, Herr!

Die Sterbensqual des Einen, Deines Sohnes am Kreuz, umfängt dieser aller Sterben – auch das der unsern dabei und danach -. Sein Sterben schreit zu Dir nach Vergebung für alle. Wir dürfen um seinetwillen zur Dir um Erbarmen rufen:

Erbarme Dich unserer Armut, unserer Ratlosigkeit, unserer Unbussfertigkeit! Hilf uns tun, was Du von uns erwartest! Überwindet unsern Unglauben! Gib Glauben in der Gewißheit der Auferstehung von den Toten –

Durch den, den Du als Erstling aller Entschlafenen aus dem Tode auferweckt hat!

So sprechen wir um dieses Christus willen:

Liturg und Gemeinde: Der allmächtige Gott erbarme sich unser, er vergebe uns unsere Sünde und führe uns zum ewigen Leben. Amen."

Dieser Gebetsvorschlag traf erst am 11. April in Wolfenbüttel ein und konnte von Heintze daher nicht mehr als Anlage seines 30. Bischofsbriefes versandt werden. Es ist mir auch fraglich, ob er in der flüchtlingsstarken Braunschweigischen Landeskirche abgeändert etwa im Fürbittgebet Platz und Gehör gefunden hätte.

Ganz sicher nicht bei den Mitgliedern der kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis, deren Sprecher Wolfgang Büscher in Helmstedt der Presse forsch erklärte, im Grunde genommen wären die Unterschriften von Bischöfen – wie etwa von Gerhard Heintze und Eduard Lohse – "nichts anderes als ähnliche Bekundungen von Hinz und Kunz". Genauso hatte es auch Bischof Heintze gemeint und im Bischofsbrief ausgedrückt, allerdings unterschied beide unter vielem anderen, dass Heintze von Hinz und Kunz offenbar anders als Büscher eine hohe Meinung hatte.

Zustimmende Reaktionen in der EKD und Ökumene

Die 25 Protestanten hatten ihre Absicht, mit der Erklärung die schweigende Mehrheit zum Sprechen zu bringen, überwältigend erreicht. Bereits am 30. April 1972 berichtete der SONNTAG von einer "Welle von Stellungnahmen". In der nordelbischen Kirche unterzeichneten 400 Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens darunter der Lübecker Bischof Heinrich Meyer, Oberkirchenrat Horst Göldner, vier schleswig - holsteinische Pröpste, Hauptpastor Reblin, die Direktoren der Ev. Akademien. Sie ließen verlauten: "Ein abstraktes und allgemeines Reden über Versöhnung halten wir für gefährlich. Versöhnung ist in dieser Situation nur in konkreten politischen Akten vollziehbar... Die mehrfach geäußerte Sorge um die Einheit in Kirche und Gesellschaft halten wir für unbegründet, denn dabei wird verkannt, dass sachliche Auseinandersetzungen und politischer Meinungsstreit unser Zusammenleben nicht gefährden, sondern Lebenselement der Demokratie sind." Eine Ablehnung der Verträge wäre nicht vertretbar. "Sie würde unser Volk in Ost und West mit Recht diskreditieren".

Die Rolle des Hamburgischen Bischofs wurde von über 100 Unterzeichnern aus der Hamburgischen Landeskirche zurückgewiesen.

Mehrere hundert Theologieprofessoren, Pfarrer, Theologiestudenten, kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der westfälischen Kirche äußerten sich wohltuend deutlich: "Wenn irgendwo, so hat die Kirche hier ein eindeutiges Wort zu sagen. Sie kann sich nicht mit der Sache einer Partei identifizieren, aber sie muß sich mit der Sache des Friedens identifizieren, wo immer diese betrieben wird. Sie darf nicht schweigen, wenn die politische Bemühung um Versöhnung planmäßig diffamiert und dagegen Kräfte des nationalen Egoismus beschworen werden. Sie muß an das Unheil erinnern, dass diese Kräfte, ausgehend von unserm Volk, über uns und unsre Nachbarn gebracht haben.

Wir erklären weiter, dass wir es nur als Verschleierung der Situation ansehen können, wenn Erklärungen wie die der fünfundzwanzig leitenden Theologen und Laien als private Stellungnahmen bagatellisiert, ja sogar als der Sache der Kirche abträglich gerügt werden. Das Gegenteil ist richtig." Durch die Erklärung der 25 sei "die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Zeugnisses für Frieden und Versöhnung wieder hergestellt." Das erinnerte an die Sprache des Kirchenkampfes, in der die westfälische Landeskirche als einzige sich der Deutschen Christen bei den Kirchenwahlen im Sommer 1933 erwehren konnte. Es war ein klare Aussage zum notwendigen politischen Mandat der Kirche.

Der Oldenburger Bischof Harms hatte in einem Rundbrief vom 5. April geschrieben, warum er die "Erklärung der 25" nicht billige. "Eine Kirchenleitung würde ihre Kompetenzen überschreiten, wenn sie in die schwierige politische Entscheidung über die Ostverträge eingreifen wollte. Auch die Theologie kann dabei keinen entscheidenden Rat geben. Zwischen der Versöhnung des Menschen mit Gott, wie sie das Evangelium nahe bringt, und einer versöhnlichen Außenpolitik liegen Sach- und Gewissensentscheidungen, welche weder die Theologie noch eine andere Wissenschaft auf sich nehmen kann. Ein Christ – auch ein kirchlicher Amtsträger – kann deshalb die Ostverträge nur im eigenen Namen bejahen oder ablehnen. Wenn er die Versöhnungspredigt des Evangeliums verstanden hat, wird er freilich den, der sich anders entscheidet, nicht verketzern." Diese gewissensmäßige Offenheit der Entscheidung hatten die Unterzeichner in ihrer Erklärung gerade betont. Bisher war in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt, es gäbe nur eine christliche Entscheidung, nämlich die der christlich-demokratischen Union. Und wie mochte den Hunderte von Parlamentariern zu Mute sein, die nun nicht gerade auf dem Feld der Außenpolitik, sondern der Bildungs- oder Arbeitsmarktpolitik zu Hause waren, und doch eine außenpolitische Entscheidung zu treffen hatten? Harms schickte Heintze seinen Rundbrief zur Kenntnisnahme und schrieb dazu: "Du kannst ganz sicher sein, dass unsere brüderliche Gemeinschaft durch die verschiedene Beurteilung in dieser Frage nicht leidet. Ich hoffe, bei der neusten Bischofskonferenz in Hannover dabei zu sein und freue mich schon auf das Feuerwerk, das dabei zu erwarten ist."

Diese Zeilen sind ein schöner, aber seltener Beleg dafür, dass die "Erklärung der 25" nicht nur überreizte Reaktionen wie bei Wölber, Wenzel und Dietzfelbinger auslöste, sondern die Grundlage der "brüderlichen Gemeinschaft" diese Differenz aushielt, wie es im alltäglichen Miteinander der Kirchengemeinde auch ganz selbstverständlich war und durchlebt wurde.

Das Votum von Bischof Harms wirkte allerdings auf viele in seiner Landeskirche nicht überzeugend. Prompt unterzeichneten 300 Mitglieder der oldenburgischen Landeskirche einen Widerspruch. Die Ratifizierung wäre "außerordentlich wichtig, damit der so hoffnungsvoll begonnene Prozeß der Versöhnung mit den Völkern und Staaten im Osten nicht unterbrochen und damit möglicherweise in Frage gestellt wird."

Die "Interessenvertretung für den kirchlichen Dienst in Hessen-Nassau" rief in einem Schreiben im April 1972 alle Mitarbeiter und Kirchenvorstände auf, sich ausdrücklich mit Kirchenpräsidenten Hilf zu solidarisieren. Eine Ablehnung der Verträge gefährde die ökumenische Einheit mit den Bruderkirchen in Ost und West.

78 Frankfurter Pfarrer, Pfarramtskandidaten und Theologiestudenten hielten es für bedenklich, die Ostverträge für parteipolitische Interessen zu instrumentalisieren.

In der Stuttgarter Zeitung nahm Prälat Hermann Rieß ausdrücklich Partei für die 25 Unterzeichner und wies die Kritik Wölbers zurück.

In West-Berlin unterzeichneten mehr als 300 Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter eine Erklärung für die Ratifizierung, weil nur auf diesem Wege eine Verbesserung für Berlin zu erreichen wäre.

Bischof Dietzfelbinger musste zur Kenntnis nehmen, dass der Arbeitskreis für Evangelische Erneuerung in der bayrischen Landeskirche unter Leitung des Kulmbacher Dekans Hermann v. Loewenich die Erklärung der 25 ausdrücklich begrüßte und eine Unterschriftenaktion in Bayern mit ausdrücklicher Zurückweisung des Wölberschen Protestes startete. Die "Erklärung der 25" finde in Bayern breite Zustimmung.

Die Ev. Akademikerschaft verabschiedete mit 69 gegen 13 Stimmen ihre Zustimmung zu den Verträgen.

Die von Bischof Heintze immer wieder geäußerte Befürchtung einer Verschlechterung der Beziehungen zu den Kirchen im Ostblock wurde von den dortigen Kirchen selber deutlich geäußert. Der polnische ökumenische Rat begrüßte die "Erklärung der 25". Sein Pressesprecher bemerkte anläßlich eines Besuches einer Delegation des polnischen ökumenischen Rates in Frankfurt, bei einer Reihe von Kirchenvertretern sei seit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis ein Meinungsumschwung eingetreten. Die "Erklärung der 25" hätte in der polnischen Bevölkerung ein positives Echo ausgelöst.

Die ungarische lutherische Kirchenzeitung kritisierte die Haltung der EKD und VELKD. Eine unwiederholbar geschichtliche Möglichkeit wäre versäumt, weil sie eindeutige konkrete Stellungnahmen vermieden hätte. Sie ließen die Christen allein in dieser für die Zukunft Europas so entscheidenden Sache.

Der Ausklang nach der parlamentarischen Zustimmung am 17. Mai 1972 oder:

die Probe auf das Exempel einer Gewissenentscheidung: Richard v. Weizsäcker

Mit dem nahenden Abstimmungstag rückte die CDU Fraktion von ihrer völlig ablehnenden Haltung langsam ab. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Rainer Barzel, hatte einen Teil seiner Fraktion bis zum 15. Mai bereits für eine Zustimmung umgestimmt. Die Fraktion war gespalten und die Ostverträge hätten mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und einem Teil der CDU ihre große Mehrheit gefunden. Es gelang jedoch Franz Joseph Strauss und seiner CSU Fraktion, Barzel derart unter Druck zu setzen, dass sich die Fraktion bis auf wenige Standfeste entschloß, den Verträgen weder zuzustimmen noch sie abzulehnen. Der Machtkampf ging gar nicht mehr um den Inhalt der Verträge, sondern um die Rangfolge in der CDU Fraktion und Barzel, der Verlierer bei der Vertrauensfrage am 27. April, sollte weiter geschwächt werden. Drei Neinsager und drei Jasager, darunter v. Weizsäcker und Erik Blumenfeld, wollten bei ihrer Meinung bleiben. Aber auch die sechs wurden derart bearbeitet, dass sie schließlich umschwenkten und von ihrer ursprünglichen, auch längst in Gesprächen geäußerten Gewissensentscheidung abrückten und sich der Stimme enthielten.

Das löste insbesondere gegenüber v. Weizsäcker bittere, geradezu höhnische Reaktionen aus.

Ein Kabinettsmitglied erklärte nach der Abstimmung zum Sinneswandel: "Ein hochgebildeter, hochkultivierter, hochintelligenter Waschlappen. Moralisch andere belehren wollen und dann das". Tatsächlich hatte v. Weizsäcker in der Fraktionssitzung für seine Stimmenthaltung gefordert, dass dementsprechend auch ein Neinsager sich der Stimme enthalten müsste. "In einem Kopf-Geschäft wurde Gewissen zu kleinen Preisen gehandelt", kommentierte der SPIEGEL nicht ganz zu Unrecht. Der Vorsitzende des Ev. Arbeitskreises Gerhard Schröder kommentierte die Folgen für seine Stimmenthaltung folgendermaßen: im Interesse der gemeinsamen Schlagkraft müsse die Fraktion wie eine Panzerarmee in den nächste Monaten weiter Gelände gewinnen. Wer fragte nach, in welcher Weise solche prominenten Stimmen aus dem anderen Lager der evangelischen Kirche das Bild der Kirche und die Schätzung des Gewissens in ihr beschädigten?

Gerhard Heintze hatte schon vorher Fragen an Richard v. Weizsäcker. Er hatte die Tatsache, dass v. Weizsäcker als Mitglied des Rates bei seinem Vortrag am 17. März noch nicht zur Sitzung erschienen war, zum Anlaß genommen, ihm in einem persönlichen Schreiben am 21. März die großen Erwartungen der DDR Kirchenleitungen zu schildern, die "die Verabschiedung der Verträge nur dringend wünschen könnten." Eine Ablehnung würde "mit ziemlicher Sicherheit eine neue ‚Eiszeit’ im Verhältnis der beiden deutschen Staaten" herbeiführen. Heintze bekannte sich in diesem Brief offen zu den Befürwortern und bedauerte die Koalition zwischen der CDU und rechtsradikalen Kräften. "Dazu ist die Bundesgenossenschaft, die die CDU in dieser Frage mit der katastrophalen Rechthaberei der Heimatvertriebenverbände und neuerdings sogar der NPD eingegangen ist, äußerst bedenklich. – Natürlich achte ich Ihre Gewissensentscheidung. Aber verstehen tue ich Sie nicht. Ihre jetzige Entscheidung scheint mir auch so wenig zu Ihrer früheren Mitarbeit im Deutschen Evangelischen Kirchentag zu passen. Entschuldigen Sie bitte, dass ich so offen schrieb... Ich meine es Ihnen und anderen jedenfalls schuldig zu sein, klar und offen meine großen Besorgnisse über die Haltung Ihrer Partei in dieser Frage auszusprechen." Heintze traf mit dieser Feststellung eine Argumentationslage, die damals häufig in evangelischen Kreisen ausgesprochen wurde. So schrieb Volkmar Hoffmann in seinem Kommentar der Frankfurter Rundschau am 30.3: "Tatsächlich ist es unbegreiflich, daß zumindest Männer wie der CDU-Abgeordnete und frühere Kirchentagspräsident Richard v. Weizsäcker, ein Bruder des Philosophen, oder der hessische CDU Abgeordnete Berthold Martin undifferenziert und stur bei einem Nein zu den Verträgen bleiben." Beide hätten nämlich 1965 jener Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD angehört, die die Ostdenkschrift verfaßt hatte.

Daß v. Weizsäcker dann von seinem im Februar noch vor dem Bundestag begründeten Nein abgerückt war und sich am 17. Mai der Stimme enthalten hatte, lag vielleicht auch an warnenden Stimme wie der von Bischof Heintze.

Jedenfalls besann sich v. Weizsäcker an den Brief des Braunschweiger Bischofs und schrieb ihm nur einen Tag nach der Abstimmung. In seiner Antwort indes ging v. Weizsäcker mit keinem Wort auf irgendein Argument oder irgendeine Sorge, besonders die Vorstellungen bei den DDR Kirchenleitungen ein. Er erklärte vielmehr, dass sich, durch die Pattlage im Bundestag gezwungen, "die drei Parteien des Bundestages zu einer gemeinsamen Beschreibung der außenpolitischen Grundlage und Ziele verständigt" hätten. Auf der Basis dieser Entschließung wäre ein Scheitern der Verträge verhindert worden. Wenn diese Lagebeschreibung zutreffend ist, bleibt die Frage unbeantwortet, warum dann die CDU Fraktion und vor allem v. Weizsäcker selber den Verträgen nicht zugestimmt haben. v. Weizsäcker mußte offenbar wieder Vertrauen zurückgewinnen vor allem in kirchlichen Kreisen und im Rat der EKD. Hatte das Ratsmitglied v. Weizsäcker nicht den Politikern geraten, nur nach ihrem Gewissen abzustimmen? Welches war nun die Gewissensentscheidung: die geplante Jastimme am 16. Mai oder die Stimmenthaltung vom 17. Mai? Hatte nicht allzu sichtbar die Parteiräson und die Fraktionsdisziplin gesiegt?

Keine Folgen

Die Kirchenleitungen zogen keine Folgen aus dem überwältigend vorgetragenen Wunsch, dass die Kirche sich biblisch begründet und unmissverständlich zu brennenden politischen und gesellschaftlichen Fragen äußern sollte. In der 2. Ausgabe Mai 1972 Nr.10 des Deutschen Pfarrerblattes veröffentlichte die Redaktion auf vier Seiten ganz überwiegend zustimmende Voten aus allen Landeskirchen, dazu einen theologisch etwas mageren Kontroversartikel von Wolfgang Borowsky von der Notgemeinschaft ev. Deutscher und eine Erwiderung von Erhard Domay. Die Redaktion der Ev. Monatshefte bekam ganz offenkundig Schwierigkeiten mit der lutherischen Kirchenleitung, als sie in ihrer Maiausgabe einen Beitrag von Erhard Eppler und den eines CDU Gegners der Verträge zu einem ausgewogenen Gesamtbeitrag zur Diskussionslage veröffentlichen wollte. Der letztere verzichtete auf seinen Beitrag, "Einseitigkeit" drohte, so frotzelte die Redaktion "Wir mussten begreifen, dass dies derzeit nicht geht: kirchenpolitisch nicht wegen der freimütigen Aussprachen. Wir sind nicht waghalsig genug, dies zu übergehen." Der verantwortliche Redakteur Siegfried v. Kortzfleisch war also massiv unter Druck gesetzt worden. So sah es in der Praxis mit der viel gerühmten "Offenheit" und "Freiheit eines Christenmenschen" aus. Er veröffentlichte schließlich eine verkürzte Ausgabe des Epplerscher Beitrages und stellte verschiedene Zitate von Richard v. Weizsäcker zu diesem Thema zusammen.

Im Rat der EKD mäkelte der Vorsitzende in der Junisitzung anlässlich des Lageberichtes darüber, dass die Kirche noch genauer den richtigen Zeitpunkt für Erklärungen zu politischen Vorgängen wählen müsse, sie könne unmöglich zu allen Fragen Stellung nehmen und im übrigen müsse der Auftrag der Kirche als Ausgangspunkt solcher Erklärungen deutlicher herausgestellt werden. Das ließ sich kaum anders als eine weitere Rückwärtsbewegung hinsichtlich des politischen Mandates der Kirche verstehen.

Die regionalen Rechtspresse wie das Anzeigenblatt "Neue Braunschweiger", Auflage 135.000, benutzte die Erklärung auch noch im Juni und Juli, um unermüdlich den obligaten Linksverdacht zu versprühen: sie forderte unter der Überschrift "Bischöfe als Kirchenspalter" auf Seite 1 zum Kirchenaustritt auf (1. Juni 1972), bezeichneten die Hannoversche und Braunschweigische Landeskirche pauschal als "mit dem Talar getarnte Super-Marxisten", die die "kirchensteuerzahlende Bevölkerung fortwährend politischen Pöbeleien und Beleidigungen aussetzten" (8. Juni) und fragten auf Seite eins am 6. Juli: "Pfarrer als Genosse Kommunist? – Mut vor Bischofs-Thron Mangelware."

Es standen weitere dramatische, politische Ereignisse mit weitreichende Folgen an: im Sommer 1972 begann die US Regierung unter Richard Nixon, die Deiche Nordvietnams zu bombardieren. Amerikanischen Christen und Kirchenleitungen protestierten öffentlich. Der Generalsekretär des ÖRK Eugen C.Blake wandte sich an Nixon und solidarisierte sich mit dem Protest der Kirchen in USA. Die Evangelischen Studentengemeinden in Deutschland forderten vergeblich den Rat auf, sich diesem Protest anzuschließen. Im Rat der EKD gab Bischof Kunst einen dramatischen Bericht von den Vorgängen in Vietnam und den Folgen auf die Bundeswehr. Als im November dann die Bundestagswahl bevorstand, die ganz unter dem Vorzeichen der Ratifizierungsentscheidung der Regierungskoalition, schickten die Bischöfe eher ängstliche Signale aus, sich politisch doch äußerst zurückzuhalten. "Gott bewahre uns vor evangelischen Wählerinitiativen", hatte Wölber bei seinem Lagebericht vor der Bischofskonferenz schon am 16. August ausgerufen. Bischof Heintze schrieb zum Wahltag, dem 19. November, den 31. Bischofsbrief und befaßte sich ausschließlich mit dem biblischen Text zum Volkstrauertag, der ebenfalls an dem Wahltag begangen wurde.

Schluß

Die Ereignisse vom Frühjahr und Frühsommer 1972 liegen heute weit zurück. Die Sperrfrist für die Benutzung der Akten in den Archiven im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, in den landeskirchlichen Archiven in Hannover und Wolfenbüttel, die ich benutzt habe, ist abgelaufen

Zu danken habe ich auch für persönliche Auskünfte von Helmut Simon und Hans-Volker Herntrich. Die mittlere Pfarrergeneration hat keine persönlichen Erinnerungen mehr an die Vorgänge vor 3o Jahren. So kann die "Erklärung der 25" und die Ereignisse drum herum der heutigen Generation ein historisches Lehrstück sein für segensreiche, gegensätzliche Verhaltensweisen in unseren Kirchen in einem politischen Konfliktfall, ein Beispiel für Zivilcourage im eigenen Kirchengehäuse, eine Warnung vor den Brüdern im Amt, die auch heute das Schweigen der lutherischen Kirche etwa zur Bombardierung Afghanistans oder zu den Verbrechen des totalen Marktes in einem totalen Kapitalismus für ein markantes lutherisches Profil halten, ein Vorbild in der Beharrlichkeit, eine gewissenhaft geprüfte Position auch bei Gegenwind zu behaupten, ein klares Wort nicht zu scheuen, das brüderliche Gespräch nie aufzugeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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Impressum und Datenschutzerklärung, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/FS90Heintze/, Stand: 18. November 2002, dk