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[Kirche von unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Das attraktive Bischofsamt in der Braunschweigischen Landeskirche

von DietrichKuessner
Vorabdruck aus KvU Nr. 101

Der Landesbischof unserer Landeskirche hat eine ungewöhnlich attraktive Stellung.Nach der Verfassung kann er in moderner Weise Führung und Moderation miteinander verbinden.

Das Bischofsamt ist neben der Landessynode, der Kirchenregierung und dem Landeskirchenamt eines der vier Verfassungsorgane der Landeskirche. Diese vier Verfassungsorgane sind einander zugeordnet. Keines steht über dem andern.

Die Landessynode ist die Versammlung der Gemeinden, in der alle wesentlichen Dinge und Belange der Landeskirche vorgetragen, beraten und beschlossen werden.

DasLandeskirchenamt bereitet Beschlüsse vor, nimmt an den Beratungen derLandessynode teil und setzt ihre Beschlüsse um.

DieKirchenregierung als ein Mischorgan aus Landessynode und Landeskirchenamt im Verhältnis 5:2 regelt zwischen den Sitzungsperioden der Landessynode die weitere Arbeit in innerer Überereinstimmung mit den Intentionen in der Landessynodeund überwacht die Umsetzung durch das Landeskirchenamt. Im Bischofsamt versteht sich der Landesbischof als pastor pastorum, als Seelsorger unter Seelsorgern und an den Seelsorgern. Er ist für die Förderung und Kommunikation unter der Pfarrer/Innenschaft maßgeblich verantwortlich. Dieses geschieht durch Predigt und Besuchsdienst. Als pastor pastorum hat er die ganze kirchliche Mitarbeiter/Innenschaft im Blick. Insofern die Landessynode die Versammlung der Gemeinden darstellt, hat darin der Landesbischof als pastor pastorum, sozusagen als Sprecher der PfarrerInnenschaft ein gewichtiges Wort.

Außerdem ist das Bischofsamt ein zwischen den drei Verfassungsorganen moderierendes Amt. Das ist notwendig, weil zwischen den Verfassungsorganen eine natürliche Spannungen besteht.

Es gibt ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen der Landessynode und dem Landeskirchenamt, das sich dann besonders ausprägt, wenn das Landeskirchenamt Beschlüsse der Landessynode nicht umsetzt und die Landessynode besondere Wunschvorstellungen des Landeskirchenamtes nicht in Beschlüsse umsetzt. Beides haben wir in den letzten Jahren erlebt. - Es gibt auch ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen Kirchenregierung und Landeskirchenamt, wenn trotz der Überlegenheit im Abstimmungsverhältnis die synodalen Mitglieder der Kirchenregierung von der im Landeskirchenamt vorhandenen Verwaltungspräsenz überrollt und zu Entscheidungen gedrängt werden,die dem inneren Sinn der Absichten der Landessynode widerstreben. Der Landesbischof hat deswegen eine attraktiv starke Stellung, weil er nicht nur ein eigenes, eben moderierendes Verfassungsorgan darstellt, sondern als Vorsitzender des Kollegiums des Landeskirchenamtes an der Vorbereitung und Umsetzung von Synodalbeschlüssen zentral beteiligt ist. Seine Rolle imLandeskirchenamt ist führend.

Außerdem ist er als Vorsitzender der Kirchenregierung an der weiteren Arbeit in der Landeskirche mit überwachend tätig.

Der Bischof hat also vier Funktionen in unserer Landeskirche: in die Gemeinden hin predigend und fördernd, nach innen im Landeskirchenamt führend, in der Kirchenregierung mit überwachend, zwischen den Verfassungsorganen moderierend. Predigen - führen - überwachen - moderieren sind die vier Fähigkeiten, die ein Landesbischof in unserer Landeskirche excellent ausüben und ausleben kann. Eine reizvolle Aufgabe..

Gegen diese attraktive, vielseitige Rolle des Landesbischofs sind immer schon Einwände erhoben worden.

Diese Vierzahl der Funktionen wäre eine Überforderung. Der Bischof solle seine führendeFunktion im Landeskirchenamt abgeben an einen Präsidenten des Landeskirchenamtes, wie es in der hannoverschen Landeskirche üblich ist. Die Hannoversche Landeskirche jedoch ist um ein mehrfaches größer als die Braunschweigische. Die Verwaltungsarbeit hat einen unvergleichlich größerenUmfang. Ebenso ist die Visitationsaufgabe erheblich weiträumiger. Ein anderer Einwand will das Bischofsamt auf ein reines Seelsorgeamt beschränken. Eine solche Diskussion wird zur Zeit auch hinsichtlich des Pfarramtes geführt. Aber:Seelsorge hat auch eine verwaltungsmäßige Dimension und die Verwaltungsarbeit kann auch geistlich verantwortlich geführt werden. Ein Erbe der Bekennenden Kirche besteht im Festhalten des Zusammenhanges von Verwaltung und Seelsorge.

Wir stehen am Ende einer Bischofszeit, von der man den Eindruck gewinnen kann, dass dieAuffassung des Bischofsamtes grundlegend missverstanden worden ist.

Als ich während einer Synodalsitzung nach Bekanntwerden einer epd-Meldung, wonach der Landesbischof in einem Jahr 22 Mal in der Landeskirche gepredigt habe, diese Zahl als äußerst gering kritisiert hatte, wurde mir von einem Mitglied der Kirchenregierung entgegengehalten, es wäre nicht die Aufgabe des Bischofs, in unserer Landeskirche viel zu predigen. Das rührt an einen Dissens in Grundfragen. Der Bischof wird als pastor pastorum unglaubwürdig, wenn er sein Amt nicht tragend als sonntägliches Predigtamt versteht. Und zwar gerade nicht zu festlichen Anlässen, sondern in den Normalsituationen der Gemeinden.

Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit hat Bischof Krause um eine zusätzliche ganze Pfarrstelle samt Sekretärin in seinem Referat 01 gebeten. Die Landessynode hat beides bewilligt.Zusätzlich ist auch Frau Ostelmann für das Referat 01 tätig. Die Landessynode hat durchaus die Fülle des Amtes gesehen und gewürdigt. Sie wurde außerdem mit zusätzlichen ökumenischen Aufgaben begründet. Bischof Heintze hatte nach einem Jahr alle Pfarrhäuser der Landeskirche durchbesucht. Bischof Krause hat am Ende seiner Dienstzeit nach sechs Jahren die meisten Pfarrhäuser nicht besucht. Wie der Kontakt des Ortspfarrer/ der Ortspfarrerin zur Gemeinde durch den Gemeindebrief geschieht, so wurde der regelmäßige Kontakt zu den Pfarrhäusern durch die Bischöfe Erdmann, Heintze und Müller durch regelmäßige Bischofsbriefe gefestigt und vertieft. Bischof Krause hat diese Tradition sofort nach Amtsantritt ohne Angabe von Gründen abgebrochen. Ihm hätte in der Informations- und Pressestelle der Landeskirche, die er eng an sein Referat 01 angebunden hatte, dafür ein hilfreiches Organ zur Seite gestanden.

Die Visitation der Gemeinden erfolgte ohne einen persönlichen Besuch im Zusammenhang mit der Visitation, sondern vom Schreibtisch aus. Stattdessen führte Bischof Krause sog. "Besuche der Region" ein. Dabei wurde vor allem auch der Kontakt zu staatlichen oder wirtschaftsführenden Organen gesucht. Solche Besuche in der Region sind ohne Frage wichtig und nötig. Sie dürfen aber nicht zur Alternative für eine Visitation gesehen werden. In seiner Tätigkeit als pastor pastorum beobachte ich eine grundsätzlichen Veränderung des Bischofsamtes im Kern durch Bischof Krause. Das hat unserer Landeskirche nicht gut getan.

Aber auch eine merklich moderierende Tätigkeit zwischen den Verfassungsorganen wurde etwa beiden Verhandlungen in der Landessynode nicht spürbar. In Artikel 70, Satz 2 unserer Verfassung heißt es: "Er sorgt für das Zusammenwirken aller Kräfte in der Landeskirche".

Stattdessen trat Bischof Krause mit eigenen Projekten und Anregungen hervor, die er später auch immer wieder erwähnte, z.B. die Schaffung eines Geistlichen Zentrums in Riddagshausen, einer Stabsstelle im Landeskirchenamt, eines "Zukunftministeriums", einer Theologischen Kommission. Diese Projekte wurdenvon den Landessynode teils aus Kostengründen oder fehlendem Bedarf abgelehnt, teils scheiterten sie nach nur wenigen Monaten, wie z.B. die Stabsstelle, weil ihre Stellung zu den Verfassungsorganen ungeklärt blieb. Die Theologische Kommission tagte seit zwei Jahren nicht mehr. Der Bischofverstand die ihn umgebenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Angehörige eines "Stabes", die ihm quasi als "General" zuarbeiteten und seine Ideen umsetzen sollten. Diese völlig neue Auffassung des Bischofsamtes war mit den in der Verfassung unserer Kirche vorgezeichneten Strukturen nicht in Übereinstimmung zu bringen. Die sich daraus ergebenden Reibereien und Unzuträglichkeiten gegenüber der Pfarrer/Innenschaft und den Verfassungsorganen unserer Landeskirche sind mit ein wesentlicher Grund dafür, dass der Landesbischof zum 62. Geburtstag sein Bischofsamt abgibt, andere Ämter jedoch behält.

Auch dieser Vorgang ist einzigartig und zeigt die Einordnung und Wertung des Bischofsamtes durch Dr. Krause. Es ist verständlich, wenn ein Bischof alle Ämter niederlegt, wenn er krank oder alt ist. Das ist bei Bischof Krause sichtlich nicht der Fall. Daher nimmt er andere ebenfalls wichtige Ãmter weiterhin wahr. Das kann als eine Zurücksetzung oder Herabstufung des Bischofsamtes gegenüber anderen, nunmehr bevorzugten Ämtern verstanden werden. So ist es dazugekommen, dass das Bischofsamt in der Braunschweiger Landeskirche innerhalb der EKD in seiner Darstellung nach außen als ein schwieriges Amt gilt. Das halte ich für unberechtigt. Der Bischof der Braunschweiger Landeskirche hat ein attraktives Amt, in denen unterschiedliche Gaben entfaltet werden können. Die Braunschweiger PfarrerInneschaft und die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten vom Bischofswahlauschuß, dass zwei Kandidatinnen/ Kandidaten für das Braunschweiger Bischofsamt zur Wahl anstehen, die die attraktiven Herausforderungen des Braunschweiger Bischofsamtes gerne wahrnehmen würden.


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