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[Kirche von unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Zum Beschluß der Kirchenregierung zum Schacht Konrad

Das Ende der Theologie

von Dietrich Kuessner

Der Beschluss der Kirchenregierung , nicht mehr gegen einen Atommüllstandort im Schacht Konrad zu klagen, steht im Widerspruch zu einer unmissverständlichen Willenserklärung der vorherigen Landessynode, gegen die Lagerung von Atommüll in Schacht Konrad zu klagen. Erst eine neue Zusammensetzung der Landessynode und auch der Kirchenregierung hat die veränderte Beschlusslage ermöglicht. Der Wechsel der personellen Zusammensetzung der Verfassungsorgane ist gewollt, und daher entspricht eine Abänderung des Beschlusses den Verfahrensregeln unserer Landeskirche.

Auffällig dagegen ist die emotionale Bewertung des ursprünglichen Beschlusses. Nun brauche man nicht hat mehr zu "lavieren", jetzt erst sei man "redlich", die Kirchenregierung zeige jetzt "Rückgrat". Die Kirchenregierungsmitglieder pfeifen im Walde, weil es finster geworden ist.

Einzigartig ist, dass die Pressestelle die Zusammensetzung der beschlussfassenden Mitglieder nennt. Das verstößt gegen die Geschäftsordnung. Es wird sogar mitgeteilt, dass ein Mitglied der Kirchenregierung gefehlt hat. Es zeigt aber an, auf welchem schwankenden moralischen, theologischen und rechtlichen Boden sich einzelne Mitglieder der Kirchenregierung gefühlt haben.

Es wir hervorgehoben, dass der Beschluß einstimmig erfolgt ist. Auch dies ist durchaus nicht üblich, aber in diesem Falle offenbar erwähnenswert. Somit ist bekannt, dass das Kirchenregierungsmitglied Frau Mattfeldt-Kloth, die aktives Mitglied der Grünen ist, nun für eine Einlagerung gestimmt hat.

Wenn schon diese formalen Äußerlichkeiten des Beschlusses auffällig sind, so ist die Begründung außerordentlich bemerkenswert. Theologischen Gründen wird vor Gericht kein Gewicht beigemessen. Das mag formaljuristisch sogar zutreffen, aber wer, wenn nicht die Kirche, könnte vor Gericht für die Bewahrung der Schöpfung eintreten? Wenn ethische Gründe plötzlich vor einem deutschen Gericht keine Rolle spielen sollen, dann hätte eine betroffene Landeskirche umso mehr die Aufgabe, mit anderen betroffenen Mitgliedern ihrer Landeskirche diese ethische Seite überzeugend geltend zu machen.

Dazu sind alle auf die Bekenntnisse verpflichteten Mitglieder der Kirchenregierung ihrem Gelöbnis als Landessynodale schuldig.

Die Aufgabe des theologischen Gewichts eines kirchlichen Einspruches ist der eigentliche tiefe Schmerz über diesen Beschluss und wird auch von vielen Gemeindemitgliedern so empfunden.

Theologiegeschichtlich verwirklicht der Beschluß der Kirchenregierung in auffallender Weise die sog. Zweireichelehre Luthers in ihrer vulgären Variation. Dort das Gericht mit seinen eigenen Gesetzen, nach deren Regeln die Vorbringung theologischer Grundsätze aussichtslos ist. Hier das eigentlich geistliche Regiment, in dessen Bereich eine Kollekte für Familie Traube und ein Gutachten angeregt wird, aber natürlich völlig unverbindlich.

Noch viel schwieriger jedoch ist, dass die Kirchenregierung den Erfolg zum Kriterium kirchlichen Handelns vor Gericht macht. Damit werden Konturen einer Kirche im Kapitalismus deutlich, die einer Jesus nachfolgenden Kirche vollständig fremd sind.

Inzwischen hat der Braunschweiger OB Bürgermeister Hoffmann (CDU) den Beschluss der Kirchenregierung gelobt und es ausdrücklich für richtig gehalten, dass der Erfolg das entscheidende Kriterium kirchlichen Handelns in diesem Falle zu sein habe. Das ist für die Landeskirche peinlich, die sich allerdings auch nicht dagegen wehren kann, wenn nunmehr der Eindruck entstehen kann, dass ein Verfassungsorgan der Landeskirche eine Art Außenstelle der CDU ist. Die Stadt Braunschweig unter OB Hoffmann hatte sich ebenfalls kürzlich aus der Klage gegen den Müllstandort zurückgezogen.

Unmittelbar nach Bekanntgabe des Beschlusses der Kirchenegierung ist Frau PfaueVogt von ihrem Amt als Vorsitzende der Umweltkammer, als Landessynodalin, als Mitglied des Gemeindeausschusses, dessen Vorsitzende sie in der vergangenen Legislaturperiode war, und als stellvertretendes Mitglied der Kirchenregierung mit sofortiger Wirkung zurückgetreten.

Im Zusammenhang mit diesem Rücktritt sind Zweifel darüber geäußert worden, ob die Sondersitzung der Kirchenregierung ordnungsgemäß zustande gekommen ist.


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