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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 118/119, Mai 2006, Seite 11-17
(Download als pdf hier)


In der Synode rührt sich was

Zur Märzsynode 2006

von Dietrich Kuessner

Von Freitag nachmittag bis Samstagnachmittag 17./18. März traf sich die Landessynode bei frostiger Außentemperatur auf dem Gelände des Landeskirchenamtes in Wolfenbüttel zu ihrer 11. Tagung. Hauptthemen waren die Zukunft der EZ und die Verkleinerung des Kollegium von bisher fünf auf in weiterer Zukunft drei Mitglieder. Dazu weitere Berichte vom Landesbischof über die Vollversammlung der ÖKR in Porto Alegre und von Leiter des Diakonischen Werkes Stempin. Drum herum die üblichen Informationen von Kirchenregierung, Landeskirchenamt und Pressestelle. Der Präsident meldete neun am ersten und 10 fehlende Synodale am zweiten Tag und das war keine Kleinigkeit und sollte sich ungünstig auswirken oder unpassende Neugier an den Tag legt.

Grußwort von Brandt
Zu Anfang ein mich bewegendes Grußwort, das der Militärdekan Dr. Peter Brandt zur Landessynode sprach und seine Bindung an die Landeskirche eingangs und nochmal zum Schluß betonte. Brandt, jetzt 58 Jahre, war ehemals Pfarrer in Bettmar und früh im Predigerseminar tätig gewesen, seit 1989 mit 41 Jahren Propst der Propstei Gandersheim, von Bischof Müller unter höchst problematischen Bedingungen wegen seiner Ehescheidung 1995 aus dem Amt gedrängt, dann Pfarrer in der Bundeswehr, 2000 vom Vorsitzenden des Ältesten- und Nominierungsausschusses gefragt, ob er die Nachfolge von Bischof Krause in seiner alten Landeskirche antreten wollte, aber Brandt winkte ab. Brandt blieb in der Bundeswehr und ist dort seit kurzem im höchsten Amt eines Militärdekans. Wir Alten erinnerten uns gut. Brandt wirkt auf mich wie ein Zivilist, weit weg von markigen Sprüchen in Uniform vor der Truppe. Er betonte den kirchlichen Auftrag, den die Militärpfarrer bei der Truppe hätten, verschwieg nicht die Spannungen zwischen der Bindung an die Ordination und dem militärischem Auftrag, hob die hohe Akzeptanz der begleitenden, nicht missionierenden Militärseelsorge bei der nur noch zu 40 Prozent evangelischen Truppe hervor. Es blieben bei mir natürlich Fragen, vor allem im Hinblick auf die Auslandseinsätze. Brandt wäre was für einen Jahresempfang am Abend der Begegnung, aber mit wenig Sekt und offener Gesprächsrunde. Vielleicht auch mal für den Pfarrertag. Er ist noch Mitglied des Braunschweiger Pfarrervereins.

Aus dem Bericht der Kirchenregierung war u.a. anderem zu entnehmen:
* Die Kirchenregierung hat für Katastrophenhilfe in Indien und für ein Bildungszentrum in Tschechien summa summarum 34.000 Euro spendiert. Nicht wenig. So was gehörte in die Abkündigungen am Sonntag.
* In der letzten Nummer haben wir die Zahl der Kirchenmitglieder genannt: 410.000 waren es Ende 2005. Durch die Kirchenregierung erfahren wir, wie viel diese für ihre Landeskirche rausrücken: 52 Millionen 785 Tausend 019 Euro; noch mal: 52.785.019 Euro. Das sind sogar 785.000 Euro mehr als vom Finanzausschuß geschätzt. Früher kamen die zu üppig geschätzten Millionen in den sog. Ausgleichsstock? Wo bleiben die Piepen jetzt? Prozentual verteilt auf die Kirchengemeinden? Man könnte es auch mal so sehen: Jedes Kirchenmitglied gibt für seine Kirche 128 Euro im Jahr. Ist das wenig? Aber die Rechnung ist ja falsch. Es zahlen nicht alle, nur höchstens ein Drittel. Es ist also sehr viel mehr. Aber man könnte von dem nichtzahlenden Zweidrittel wenigstens ein prozentuale Ortskirchensteuer, Kirchgeld erheben.
Die schlechte Nachricht ist: es sind gute 4 Millionen weniger als 2004.
Daher sind im neuen Pfarrstellenbelastungsplan sieben Pfarrstellen gestrichen.

Nachfragen aus der Synode gab es bei der Nachricht, es würden Überlegungen zur „Zukunftsicherung der kirchenmusikalischen Versorgung“ angestellt. Die Antwort lautete: es würden in Zukunft nicht mehr alle Chorleiterstellen besetzt, sondern sie würden auf die Propsteien verteilt vergeben. Betroffen wären auch „Fragen der Anstellungsträgerschaft bei hauptamtlichen Kirchenmusikern“.

StraussInfos
Nicht vorgelesen und keinerlei Nachfragen gab es zu den Informationen der Pressestelle. Herr Strauss teilte darin mit, dass das Lutherische Verlagshaus eine Initiative zur Rettung der EZ gestartet hätte. Danach wird eine Kooperation mit der nordelbischen und westfälischen Kirche angestrebt. Das Kollegium des LKA hätte am 21. Februar trotz Bedenken von OLKR Dr. Fischer noch mal je 100.000 Euro für die nächsten vier Jahre bewilligt. Die EZ hat heute ca 25.000 Abonnenten, 1995 waren es 50.000. Aus einer Kooperation mit Chrismon hat sich Chrismon selber zurückgezogen. In Hannover war eine Kooperation noch empfohlen worden. Das finde ich sehr gut. Chrismon hat überhaupt keinen Ortsbezug, den die EZ ja auszeichnet. Strauss bedauerte zu Recht, dass die drei Landeskirchen bisher noch zu keiner gemeinsamen Sitzung in dieser Sache zusammengekommen wären. Da das Thema EZ noch ansonsten auf der Tagesordnung stand, verschob man wohl fällige Anfragen auf die spätere Debatte. Das war nicht so gut. Im Bericht von Strauss waren Zahlen und Fakten genannt, die weiter hätten vertieft werde können. Wie steht es außerdem mit der Verankerung der Pressestelle in den Kirchengemeinden? Kooperation mit anderen Landeskirchen ist gut. Kooperation zunächst in der eigenen Kirche ist noch besser.

Vorlage einer Gesetzesänderung zur Verkleinerung des Kollegiums
Da eine Verfassungsänderung in drei Lesungen erfolgen muss, wobei die dritte Lesung erst einige Stunden nach den beiden ersten erfolgen darf, wurde noch am Freitag Nachmittag das Gesetz zur Änderung des Kollegiums beraten. Es geht dabei schlicht um die Reduzierung des bisher 5 köpfigen Kollegiums (zwei Juristen, zwei theologische OLKR, plus Landesbischof ) auf ein dreiköpfiges Gremium, also 1 theolog. OLKR, ein juristischer OLKR, Landesbischof. Wir hatten uns in KvU auch für diesen Vorschlag stark gemacht. Das Landeskirchenamt legte einen sanfteren Vorschlag vor: das Kollegium sollte „bis zu je zwei weiteren ordinierten und nicht-ordinierten Mitgliedern, mindestens jedoch aus dem Landesbischof und je einem weiteren ordinierten und nichtordinierten Mitglied“ bestehen. Damit war eine vernünftige Übergangszeit geschaffen. Man konnte in Nachfolge von Frau Sichelschmidt wieder ein hauptamtliches Kollegiumsmitglied wählen, es aber auch lassen und den/die Nachfolger(in) einen status etwas darunter geben. Die Aussichten für gute Juristen wären nicht schlecht, meinte der Synodenpräsident. Die ganz guten kämen sowieso nicht in die Kirche. Die neuen Oberlandeskirchenräte sollten für die Dauer sechs Jahre mit der Möglichkeit einer Wiederwahl gewählt werden. Es zeichnete sich eine große Mehrheit für das Gesetz ab. Für den Rechtsausschuß begrüßte dessen Vorsitzender Kleemeyer das Gesetz, auch der Vorsitzende Schwanke für den Ältesten- und Nominierungsausschuß, obwohl die Meinungen dort nicht ganz einheitlich wären, Vorsitzender Welge machte für den Gemeindeausschuß einige Bedenken geltend. Es handelte sich bei der Vorlage „um eine beachtliche Idee,“ aber es „blieben zu viele Fragen“, vor allem nach den Folgen für das Landeskirchenamt. Das wäre wohl eher seine Privatmeinung, ließ Eckels vom Präsidententisch verlauten. Das war ein starkes Stück, für das sich Eckels am nächsten Tag auch entschuldigte, aber es war Ausdruck einer untergründigen Nervosität. Welge brachte außerdem einen Abänderungsantrag ein, wonach die endgültige Anzahl der Kollegiumsmitglieder nach einem engeren Wahlmodus ermittelt werden sollte, nämlich nicht mit einfacher Mehrheit, sondern mit der „mehr als der Hälfte der Stimmen der Synodalen“. Das war eine erhebliche Hürde zur Veränderung der Kollegiumszahl und der Antrag wurde mit 22:13 Stimmen bei 5/6 Enthaltungen angenommen. Eine deutliche Gegenposition trug auch Frau Mattfeldt-Kloth, die stellvertretende Rechtsausschussvorsitzende, vor. Man zäume mit diesem Gesetz das Pferd von hinten auf. Erst müsste klar sein, was man überhaupt mit diesem Gesetz beabsichtige, Umgang und Konsequenzen dieses Gesetzes wären unklar; wenn diese klar definiert wären, könnte man ein Gesetz machen. Die tatsächlichen Einsparungen wären minimal. In zwei Abstimmungen erhielt das Gesetz eine große Mehrheit und in beiden Lesungen nur sieben Gegenstimmen.

Zu diesem Thema gehörte auch ein Antrag des Bildungs- und Jugendausschusses, einen Sonderausschuß einzurichten, „der Vorschläge zur Neustrukturierung des Landeskirchenamtes erarbeitet und der Landessynode zur Beschlußfassung vorlegt.“ Der Vizepräsident Hagner begründete den Antrag, aber die Mehrheit der Synodalen hatten zu einem solchen Ausschuß keine große Lust. Umfang, Ziel und Beschreibung der Aufgabe dieses Sonderausschusses wären zu vage. Die Abstimmung sollte später erfolgen.
Mit einer markigen Andacht, bei der alle vier Strophen von „Ein feste Burg“ gesungen wurden und die erste gleich nochmal nach der rhythmischen Melodie, ging dieser erste Tag zu Ende.

Eröffnet wurde der zweite Tag mit einer Andacht von Frau Mattfeldt-Kloth mit einer Besinnung über das Werk von Beuys, zur Erinnerung an seinen 20. Todestag. (siehe Anfang dieser Nummer)

Langweiliger Vortrag vom Promi
Der zweite Tag bot den Vortrag von Prof. Dr. Willi Teichert, Brüssel, dem Vorstandsvorsitzeden der Akademie für Publizistik in Hamburg, der nach meinem Geschmack schrecklich hausbacken war. Er empfahl, was man schon bei Strauss nachlesen konnte, nämlich zur Rettung von der EZ eine Kooperation der Landeskirchen. Was jeder/jede schon wusste, wurde noch mal wiedergekäut: die Presse stecke in der Krise. Die Auflage der Kirchengebietspresse wäre von 550.000 verkauften Exemplaren (1997) auf 420.000 zurückgegangen.. Die Kirchenpresse bedachte er abfällig als Seniorenpresse, zwei Zitate von Robert Geisendörfer und - unvermeidlich! – Hanns Lilje garnierten die Allgemeinplätze. Es gab dann auch kaum eine Aussprache. Die interessanteste Frage stellte Kraft, ob man nicht eine Kooperation mit nicht kirchlich gebundener Presse ins Auge fassen könnte. Für sehr viel ergiebiger hätte ich es gehalten, aus Nordelbien oder Berlin Brandenburg zu hören, unter welchen Bedingungen dort die Kirchenpresse herausgegeben wird (Auflagenhöhe, Verbreitungsgebiet, Subventionen) und funktioniert. Selbst Schaumburg-Lippe hält sich eine eigene Kirchenzeitung. Wie? Die Bedingungen des Gelingens mit anschaulichen Beispiele aus anderen Landeskirchen darzustellen, wäre ergiebig gewesen. Das geschwätzige Nullachtfünfzehn Referat eignet sich höchstens noch für Synode direkt. Da kann es denn auf der Promiseite erscheinen. Der faktische Nährwert war gleich null.

Was wird nun mit der EZ? Die Synode hatte zur Kenntnis genommen, daß das Kollegium 100.000 Euro für die nächsten vier Jahre bewilligt hatte.
Der Gemeindeausschuß hatte eine sieben Punkte Erklärung ausgearbeitet, die von Welge vorgetragen wurde. Darin befürwortet die Synode „eine gesicherte und funktionierende eigene und unabhängige Publizistik“ (1) befürwortet den Erhalt der EZ. Gerade in Zeiten des kirchlichen und gesellschaftlichen Wandels und knapper Finanzen sowie Zusammenlegung von Gemeinden gewinne eine evangelische Wochenzeitung an Bedeutung als Informationsquelle und Diskussionsforum.(3) Nötig wäre zum Erhalt von epd und Redaktionsbüro der EZ eine Haushaltsgarantie (4) nämlich bis 2010 jährlich 115.000 Euro (5). Es wird eine publizistische Nord-West Kooperation angeregt, (6), es müsste mindesten eine halbe Redakteurstelle im Braunschweiger Büro gewährleistet sein. Das waren konkrete Vorgaben. Alles stürzte sich nun auf den Punkt 5 mit den Zahlenangaben. Stellungnahme des Finanzausschusses? Fehlanzeige. Ganz kümmerlich! Ahrens fragte hartnäckig nach dem Gesamtkosten. Nach einer Kurztagung des Finanzausschusses in der Mittagspause (obwohl der erste Vorsitzende und sein Stellvertreter fehlten!) gab der Synodale Bengsch die Auskunft, man könnte keine genauen Angaben über die Unterstützung der Landeskirche machen. Prof. Teichert hatte von verdeckten Subventionen gesprochen. Man wollte alle Zahlen wissen und bekam keine Antwort. Ahrens ist immerhin Mitglied der Kirchenregierung, bei der offenbar auch keine klare Vorstellung über Umfang der Insgesamt-Subventionen der Landeskirche herrschen. Hier bot die Landessynode kein gutes Bild und die Unklarheit des Informationsstandes wirkte auf engagierte Synodale unbefriedigend. Der Punkt 5 mit den Finanzen wurde auf Vorschlag von Eckels mit Billigung von Welge aus dem Antrag herausgenommen und der ganze Antrag einstimmig bei zwei Enthaltungen angenommen.

Bericht des Bischofs von Porto Alegre
Vor dem Mittagessen gab der Landesbischof noch seinen Bericht über die 9. Vollversammlung der Ökumenischen Rates in Porto Alegre, berichtete von den Schwerpunkten der Versammlung (Globalisierung, Dekade zur Überwindung der Gewalt, interreligiöse Dialog und Einheit der Kirchen), von der Ergiebigkeit der Bibelarbeiten in kleinen Gruppen und den Gottesdiensten, vom komplizierten Entscheidungsverfahren und mangelnder Diskussionsmöglichkeit. Die drei Säulen der alten Konzilien wären die Frage der Einheit, der Reform und des Glaubens gewesen. Die Verknüpfung dieser drei Fragen, die auch für die Vollversammlung grundlegend gewesen wäre, bedeutete, dass die brennenden Fragen wie Aids, Armut und Globalisierung eben auch „Fragen des Glaubens“ wären. Die Synodalen erhielten den „Aufruf zur Liebe und zum Handeln“, eine in lange Gebete gefasste Schlusserklärung der Versammlung mit einer Verpflichtung u.a. zur Beseitigung der Armut, zur nachhaltigen Nutzung von Land und natürlichen Ressourcen, zu menschenwürdigen Arbeitsplätzen. Gegenüber den Opfern der neoliberalen Globalisierung müssten die Kirche Rechenschaft ablegen. Es war schade, dass in der Synode keine Zeit mehr zur Diskussion blieb. So wird wohl der synodale Ausschuss für Ökumene den Bischofsbericht vor allem auf die Folgen für unsere Landeskirche durcharbeiten und irgendwann berichten.

Der Reinfall
Am Nachmittag war eigentlich nur noch die dritte Lesung des Kirchengesetzes durchzuführen. Die Debatte war bei der 1. und 2. Lesung geführt, neue Argumente waren nicht aufgetaucht, eine Formalie. Ich hatte erwartet, dass ohne weiteres abgestimmt würde, und war erstaunt, dass der Vorsitzende des Rechtsauschusse Kleemeyer noch mal sehr stark für die Annahme des Gesetzes warb, was Frau Mattfeldt-Kloth bewog, noch einmal ihre ablehnende Stellung sehr deutlich vorzutragen. Die Abstimmung brachte zwar eine Mehrheit von 36 Stimmen zu sechs Gegenstimmen und damit war das Gesetz durchgefallen, denn die verfassungsändernde Mehrheit betrug 38 Stimmen. Diese magische Zahl hatte ich zum letzten Mal bei der Abstimmung über die Wahl des neuen Landesbischofs erlebt, und Eckels hatte die 38 Stimmen als Punktlandung bezeichnet. Jetzt: entsetztes Schweigen in Plenum.

Das Gesetz war daran gescheitert, dass die Befürworter nicht die genügende Anzahl von Stimmen zusammenbekommen hatten und 15 Synodale fehlten. Sowas geht dann schief. Eckels hatte das am Vorabend schon geahnt, dazu Gespräche geführt und offenbar Kleemeyer nochmal zu einem Debattenbeitrag ermuntert.

Die Gründe für das Scheitern liegen tiefer:
* Es gibt in der Synode keine konkurrierenden Gruppen wie früher (Bugenhagen, AK 70, solidarische Kirche), das machte die Abstimmungen berechenbarer.
Die Synode fühlt sich nicht ausreichend in die Entscheidungsprozesse einbezogen und überfahren. Der Vizepräsident Hagner bedauerte, dass die Synode nicht ausreichend bei der Auflösung der übergemeindlichen Ämter einbezogen worden war und fragte: „Wollen wir bei Entscheidungen nur zugucken oder mitbestimmen? Der Synoldale Buchmeier vermißte mit anderen ein Gesamtkonzept, das das Landeskirchenamt in der Novembersynode vorzulegen versprochen hatte.
* Der Synodale Kaufmann vermutete eine Art resignatives Stimmungstief, hervorgerufen über nicht ausgesprochene Themen, z.B. Zentralisierung oder Dezentralisierung und die Unausgesprochenheit des zukünftigen Kirchenkurses und Kirchenbildes.
* Es gibt offensichtlich Kommunikationsstörungen zwischen den Entscheidungsträgern. Offenbar wollten Landesbischof, Kollegium und Präsident Eckels das Gesetz „durchziehen“ und die vorgetragenen Bedenken autoritär erledigen. Das ist nicht gut. Dazu sitzen in der Synode zu viel Leute, die beruflich ebenfalls in größere Entscheidungsprozesse verantwortlich eingebunden sind und sich auf die Dauer nicht einem „Durchmarsch“ beugen.

Die ganze Wut über das Scheitern wurde bei der Debatte über den vom Bildungsausschuss beantragten Sonderausschuss losgelassen. Sie verlief nach dem Motto: wenn ihr uns die schöne Verfassungsänderung vermasselt, bekommt ihr nicht den Sonderausschuss. Für so was keine Zeit (der eine), das Landeskirchenamt könnte keine Kräfte dafür zu Verfügung stellen (ein anderer), alles völlig unklar (der nächste), Einmischung in den Geschäftsverteilungsplan des Landeskirchenamtes gründlich verbeten (einer), ob man das Landeskirchenamt zur Schreibstube der Synode degradieren wollte (wieder einer). Das wirkte auf Außensitzende doch wenig souverän. Als Frau Mattfeldt-Kloth als Namen des Ausschusses „eine Art Verfassungsausschuß“ vorbrachte, gings richtig los: sowas brauchte zehn Jahre Zeit. Da müßten Fachleute ran. Die gezielten vordergründigen Mißverständnisse waren der Ausdruck größter Enttäuschung. Es kam auch Schärfe in die Debatte, als der Vizepräsident Hagner das Landeskirchenamt auf seine Pflicht zur Mitwirkung bei der Arbeit des Sonderausschusses hinwies. In der Maisynode soll der Umfang der Arbeit dieses Ausschusses näher beschrieben werden. Damit war das Projekt nicht abgeschmettert, sondern noch mal in den Bildungsausschuß zurückverwiesen.

Zwei Anträge von Propsteisynoden mussten noch besprochen werden. Die Propsteisynode Salzgitter-Lebenstedt hatte sich gegen eine Zentralisierung der Kindertagesstättenverwaltung ausgesprochen. Die Kirchenvorstände wären nicht bereit, Finanzmittel bereitzustellen und Personalkürzungen vor Ort hinzunehmen. Der Synodale Kiekhöfer begründete den Antrag. Die Propsteisynode Königslutter hatte einstimmig beschlossen, die Haushalte der Propsteien aus der Budjetierung herauszunehmen und stattdessen Sonderzuweisungen nach der Größe der Propstei auszuschütten. Frau Haller, die Vorsitzende der dortigen Propsteisynode, begründete den Antrag. Beide Anträge hätten schon im Finanzausschuß behandelt werden können, nun wurden sie ohne eine Richtungsempfehlung durch die Landessynode in die Ausschüsse überwiesen und sollen bei den Haushaltsberatungen im November wieder auftauchen. Auch so ein Vorgang gehört zu den unbefriedigenden Miteinander. Was sollen die Synodalen den Propsteien nun erzählen, was aus ihren Anträgen geworden sind. Ist der Eindruck ganz falsch: abgeschoben in die Ausschüsse und bis November hingehalten?
Schließlich wurde sogar der Präsident ungemütlich, als OLKR Dr. Fischer noch eine Nachbewilligung von schlappen 60.000 Euro für den Blankenburger Georgenhof als gesicherte Zwischenfinanzierung nachschieben wollte. Das stünde gar nicht auf der Tagesordnung, beschied Eckels, und so ginge es ja nun wirklich nicht. Er wäre auch vorher gar nicht informiert. Das hätte wohl Zeit bis Mai. Hätte es todsicher gehabt. Er könne dann aber Rechnungen nicht mehr bezahlen, klagte der Stiftungsvorsitzende Siebert von der Zuschauerbank. Der Finanzsausschuß hätte auch keine Empfehlung gegeben, beharrte Eckels auf dem Maitermin. Da sprang nun das Mitglied des Finanzausschusses Albrecht ein. Das wäre inhaltlich dem Finanzausschuß längst bekannt. Eckels war so höflich nicht nachzufragen, warum denn dazu nicht ein Antrag des Finanzausschusses vorläge, wenn das alles schon „längst“ bekannt war. Vermutlich hatte Albrecht geflunkert, um „seelsorgerlich“ Dr. Fischer aus der peinlichen Lage zu befreien. Also ließ Eckels die Sache auf die Tagesordnung setzen. Nun war plötzlich auch eine Zweidrittelmehrheit da und die Synode stimmte zu.

Ich hätte mir gewünscht, daß von der Synode noch ein aufmunterndes Wort zur Beteiligung an den Kirchenvorstandswahlen am nächsten Wochenende erfolgen würde, aber irgendwie wollten nun alle doch schnell nach Hause.

Ruhe kam noch einmal in die Synode durch die Schlußandacht der Synodalin v. Veltheim, die Mörickes „Frühling lässt sein blaues Band“ zitierte und einen Naturpsalm, unterbrochen von der Liedstrophe „Lobet den Herrn, alle die ihn ehren“ im Wechsel sprechen ließ. Das ist ein guter Einfall, Eingangslied und Eingangspsalm miteinander zu verbinden. Ich werde das gleich in die „Arbeitshilfe zum Evangelischen Gottesdienstbuch“ aufnehmen. So sind die scheinbar kleinen Dinge am Rande manchmal die ergiebigsten.




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