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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 127 - Oktober 2009


Aus der Landeskirche

von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

* Die Ausstellung „Hakenkreuz und Christenkreuz“ über den Kirchbau zur Zeit des Nationalsozialismus in der Brüdernkirche ist nach zweimonatiger Dauer erfolgreich zu Ende gegangen. Für Braunschweiger Verhältnisse ist ein täglicher Besuch von 20-30 Personen für eine derartige Ausstellung sehr erfreulich. Frau Skrabal hat Aufsicht und Buch geführt.

Einige Eintragungen aus dem Besucherbuch:
Ich war heute hier gewesen und es hat mich sehr beeindruckt und gut gefallen.
Bernd Poleratzki, BS, 30.05.09

Eine gute Ausstellung, zu einem wenig bekanntem Thema. Danke, dass Sie dies organisiert haben und hoffentlich finden Sie noch viel Beachtung.
Roman Berthold, BS, 30.05.09

Ich finde die Ausstellung sehr einseitig und unkritisch.
M. Dithmann, 06.06.09

Das war cooll!
09.06.09

Danke für die Möglichkeit einen Einblick in die „sakrale Kunst“ im Nationalsozialismus hie in Braunschweig zu gewinnen.
Ohne Distanzierung und Kommentierung könnte diese Ausstellung missverständlich sein, denn diese Art von Kunst hat mit der Botschaft des Alten und Neuen Testaments nichts gemeinsam. )
B. Kommoss, 09.06.09 Raatz, 09.06.09

Eine eindrucksvolle Ausstellung, sehr informativ
H. Fuhrmann, 26.06.09

Dank sei Dir Gott!
K. Fuchs, Stöckheim, 27.06.09

Diese notwendige Aufarbeitung eines dunklen Zeitabschnitts unserer Kirche beeindruckt uns sehr - auch gerade an diesem Ort. Diese Vergangenheit dürfen wir nicht außer Acht lassen, wenn wir derartiges in Zukunft verhindern wollen.
Brigitte und Martin Müller, 27.06.09

Für ästhetische Anpassung gibt es manche Gründe. Von den Auseinandersetzungen, Anpassung und Anpassungsdruck kommt etwas wenig zum Ausdruck.
Horst Backhaus u. Luise Bollmann,
30.7.2009

Das Thema ist ein Dauerbrenner. Ich habe wieder neue Aspekte wahrgenommen und freue mich, dass ich hier war.
Ingrid Kaufz, 31. Juli 2009

Es wurden 13 Vorträge von acht verschiedenen Referentinnen und Referenten gehalten. Der best besuchte Vortrag war der vom Münchner Dozenten Dr. Fuhrmeister mit 110 Zuhörerinnen und Zuhörern. Aber auch sonst war der Besuch mit 40 – 80 Personen erfreulich. Der Abend in der Gedenkstätte Schillstraße über den Alltag im Nationalsozialismus mit Dr. Ludewig war überfüllt. Die vorläufige Abschlussveranstaltung am 28. Juni war besonders von Braunschweiger Heimatpflegern besucht. Aber auch sonst meldeten sich immer wieder Gruppen zu Führungen an. Es wurden 11 Führungen angeboten und überdurchschnittlich besucht. In der Katharinen-, Petri- und Paulikirche sowie im Dom wurde das Thema in Gottesdienst und Ansprachen eingebunden. An den Braunschweiger Kirchen, die in jener Zeit entstanden wurden von den Pfarrerinen und Pfarrern „Worte zum Ort“ gesprochen.
Die ganze Veranstaltung wird dokumentiert. Den Sponsoren, der Baufirma, die das aparte Stangengerüst aufbaute, dem Kirchenvorstand von Brüdern, dem Predigerseminar für die Organisation, dem Landesbischof für die vorbehaltlose Unterstützung und natürlich vor allen den Berliner Frauen Frau Geyler-von Bernus, Frau Rossie und Frau Endlich für die Ausstellung, Aufbau und Abbau, Einleitungsvortrag gebührt großen Dank. Die Ausstellung war ein schönes Beispiel, dass man mit paar Leuten in dieser Landeskirche was auf die Beine stellen kann.

* Seit 1950 gibt der Braunschweigische Pfarrerverein zum Pfarramtskalender einen Anhang mit zahlreichen Angaben über Kirchenleitung, Pfarrrer und Gemeinden heraus. In ununterbrochener Reihenfolge bis 2008. Eine hervorragende Quelle für jeden Lokalhistoriker. Plötzlich stockte die Sache. Das Landeskirchenamt wünschte es nicht mehr. Wir wurden aufgefordert, noch einmal unsere Angaben zur Person zu machen. Es war alles, aber auch alles in der Behörde richtig vermerkt. 2009 erschien erstmals kein Pfarramtskalender. Ausgesprochen ärgerlich und unverständlich. Dann nahm es der Pfarrerverein doch wieder in die Hand, und für 2010 erschienen zwei Kalender: der übliche vom Pfarrerverein, die Angaben zum Landeskirchenamt waren sehr reduziert. Aber ansonsten wie gewohnt. Auch dazu wurden wir zweimal aufgefordert, die üblichen Angaben zu machen, obwohl alles so geblieben war. Außerdem gab es ein vom Landeskirchenamt autorisiertes Anschriftenverzeichnis. Dort werde ich auf S. 160 als „Pf.i.R.Dietrich Küßner Braunschweig“ geführt, auf Seite 195 als „Dietrich Kuessner“. Ob es sich um dieselbe Person handelt oder dem passenden Sternbild Zwilling gerecht werden will, bleibt das Geheimnis der Behörde. Ärgerlich an beiden Verzeichnissen finde ich, dass Orts- und Personenregister nicht gesondert geführt werden.

* Ist es auch gleich Wahnsinn, hat es doch Methode.
Zur gescheiterten Propsteireform

Propsteireformen sind absolut üblich und wurden immer wieder vorgenommen, teils weil die Kirchenkreise, Propsteien zu klein geworden waren, teils aus politischen Gründen. Aber sie waren begründet. Die Gemeinden wurden nicht viel gefragt. Es wurde vollzogen, zack.
So geht das heute nicht mehr. Die Kirchengemeinden haben sich ein Mitspracherecht erkämpft und über die Köpfe der Kirchenvorstände hinweg und ohne sie gründlich überzeugt zu haben, läuft heute nichts mehr. Es sei denn, man will die autoritäre Konsistorialbehörde wieder zum Leben erwecken. Ich habe es selber in der Landessynode erlebt, wie mal Schöppenstedt, mal Vechelde aufgelöst werden sollte, aber die Gemeinden wehrten sich erfolgreich.
Ein erster, neuer Anlauf scheiterte in der vergangenen Synodalperiode. Die Verkleinerung der Anzahl der 13 Propsteien auf ca 6 – 8 ist ein alter Traum von OLKR Dr. Fischer. Er hält dies für rentabler, ohne es den Kirchenvorständen vorzurechnen. Denn eine Zusammenlegung verursacht auch Kosten in den neuen Propstzentralen. Aber keiner sagt, wie viele.
Nun sollte es mit den Pröpsten gemeinsam erarbeitet werden. Gute Idee. Es wurde eine Arbeitsgruppe Propsteistruktur gebildet, der alle 13 Pröpstinnen und Pröpste und noch je ein Mitglied des Propsteivorstandes angehörten, insgesamt 26 Mitglieder zusammen mit OLKR Vollbach 27. Diese brüteten ein „Konzept künftige Propsteistruktur 2020“, die Kirchenregierung nahm einige Korrekturen vor und OLKR Vollbach verfasste dazu ein Gesetz. Im August wurde alles bekannt und im Internet veröffentlicht. Was wurde vorgeschlagen?
Die Pröpstearbeitsgruppe schlug vor, acht Regionen zu bilden: Wolfenbütterl + Schöppenstedt/ Königslutter+Vorsfelde+Helmstedt/ Bad Gandersheim+Seesen/ SalzgitterBad+Lebenstedt/ Braunschweig+Vechelde. Goslar und Bad Harzburg bleiben unverändert. „D bis zum Jahr 2015 für acht Pröpste/Pröpstinnen und ebenso innerhalb der Mitarbeiterschaft Einschnitte im Blick auf die Stellen gegeben sind, ergibt sich hier die Möglichkeit, entsprechende Veränderungen vorzunehmen. Innerhalb dieser sieben Jahre müssten Entscheidungen sowohl in kirchenrechtlicher Hinsicht als auch unter Einbeziehung aller Beteiligten in einem transparenten Prozess erfolgen“, heißt es im Pröpstepapier. Die Reform soll dann bis 2020 durchgeführt werden. „Der eingeleitete Prozess wird ein langfristiger sein,“ heißt es und warnt, die Entwicklung übers Knie zu brechen..
Entscheidende Gesichtspunkte für eine neue Propstei soll sein: ca 35.000 Mitglieder und noch visitabel sein, übersichtlich für eine Visitation.

Welche Veränderungen die Kirchenregierung vorgenommen hat, ist unbekannt.
Das Gesetzentwurf sieht folgende Veränderungen vor: Vorsfelde soll für sich bestehen bleiben, und die Reform soll beschleunigt werden, Lebenstedt und Bad bereits 2011 , Schöppenstedt und Wolfenbüttel 2012, Helmstedt und Königslutter 2015 und Bad Gandersheim und Seesen bis 2016 fusionieren.. Dieser Zeitplan wird in § 1 geregelt und also weit nach vorne an die Spitze des Gesetzes gerückt. Zeitbestimmungen gehören in der Regel an das Ende eines Gesetzes.

Nun gehört es zum guten Stil, wenn derlei gravierende Veränderungen vorgenommen werden, das Gesetz noch einmal der Pröpstearbeitsgruppe vorzulegen. Das ist nicht passiert und war ein sehr schwerer Fehler. Das Gesetz sollte offenbar ohne Abstriche durchgepaukt werden. Man hat aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt.
Keine Propsteisynode hat dem Gesetz in der vorliegenden Form zugestimmt. Vechelde, Salzgitter-Lebenstedt und Bad, Gandersheim haben es komplett abgelehnt, andere wesentliche Veränderungen verlangt. Braunschweig lehnt einen Anschluss von Vechelde ab, Helmstedt will keinesfalls die sieben Randgemeinden zu Braunschweig hin mit übernehmen, Seesen will ein viel langsameres Tempo.
So entsteht derf groteske Eindruck, dass die Pröpstinnen und Pröpste ihr eigenes Konzept über den Haufen geworfen haben. Die Synodalin Fay stürmte bei der Prosteisynode Braunschweig nach vorne und fragte Propst Hofer, wie er von dem Pröpstepapier wieder abrücken könne. Propst Hofer erwiderte: er habe in den verschiedenen Gremien verschiedene Hüte auf. So ist eine gedeihliche Zusammenarbeit beim besten Willen nicht möglich.

Der Schaden ist groß: Hunderte von Propsteisynodalen, die nun getagt haben, müssen den Eindruck haben, dass in der Landeskirche völlig unkoordiniert nebeneinander und gegeneinander gearbeitet wird. Die Kirchenregierung kann die Kirchengesetzesvorlage angesichts der verheerenden Voten der Propsteisynoden zurückziehen. Aber es erscheint unzumutbar, in dieser Synodalperiode noch einmal ein neues Gesetz den Propsteisynoden vorzulegen. Die Kirchenregierung kann sich der Debatte in der Landessynode stellen und auf ein günstiges Abstimmungsergebnis hoffen. Unerquicklich bliebt die Sache auch für die Landessynode. Mir ist auch nicht verständlich, warum nicht das Kollegium der Behörde das Gesetz noch einmal in den Pröpsteausschuß gegeben hat.

Man könnte eine Propsteireform noch einmal und zwar radikaler angehen. Es hat in der Synode immer einer Gruppe gegeben, die die Abschaffung der Mittelinnstanzen gefordert hat.
Das würde bedeuten:
Auflösung der Propsteihaushalte und Verteilung der Propsteirücklagen auf die Kirchengemeinden. Allmähliche Bildung von mehreren Seelsorgereinheiten innerhalb einer Region, zu der sich 5-6 Pfarrerinnen und Pfarrer zusammenschliessen. Viel grössere Visitationsdichte durch den Propst, vor allem Entbürokratisierung der vorhandenen Visitationsordnung. Das Amt des Propstes ist ausschließlich koordinierend und seelsorgerlich. Personalangelegenheiten bleiben beim Ref. I. und in einer der drei Verwaltungsstellen. Sowas lässt sich peu a peu gemütlich durchführen.

* Es grummelt im Hintergrund. Die Veranstaltung der BZ im Braunschweiger Dom mit dem Bundespräsidenten anläßlich einer Preisverleihung der CDU Stiftung ist inzwischen auf Kritik gestoßen. Auch die Veranstaltung der Handelskammer zur Freisprechung ihrer Gesellen gehört in diese Kategorie. M.E. gehören diese Veranstaltungen zum lange betriebenen Konzept des Domes, also insofern verstehe ich die jetzige Kritik nicht. Aber man will offenbar nur noch Veranstaltungen mit erkennbarem gottesdienstlichen Charakter. Andrerseits sind die täglichen 17.00 Andachten mit Wochenabendmahl am Freitag ein beispielloses gottesdienstliches Gegengewicht. Das müsste man auch in Beziehung setzen.

* Am 23. August ist Prof. Dr. Wilfried Theilemann mit einem musikalisch opulent ausgefüllten Gottesdienst in der Katharinenkirche in den Ruhestand verabschiedet worden. Theilemanns Vater Robert war seit 1951 Pfarrer an der Petrikirche und schlug sich auf die Seite der kirchlichen Rechten zu Bibel und Bekenntnis. Der Sohn Wilfried indes promovierte über den Philosophen Nietzsche und dachte sein Leben lang über die philosophische Frage des Verhältnisses des Menschen zu sich selbst nach. Das füllte auch die Einleitung seiner Abschiedspredigt aus. Theilemann war drei Jahre lang an der Katharinenkirche junger Pfarrer, wechselte dann ins Predigerseminar und wurde dessen Direktor. Zahlreiche ehemalige Vikare, die er ausgebildet hatte, nahmen an dem Abschiedsgottesdienst auch teil. Die Stelle war befristet und es blieb eine quälend lange Zeit unklar, wo Theilemann seinen weiteren Dienst versehen würde. Katharinenpfarrer Vahrmeyer sprach dies auch sehr deutlich in der auf den Gottesdienst folgenden Gemeindeveranstaltung im Gemeindesaal an. Theilemann ging dann als theologischer Fachmann ins Landeskirchenamt und wechselte da häufiger die Referate. Zum Schluss mahnte er vom Referat II aus die Pfarrer hinsichtlich der Kollektenführung. Toll! Wir wünschen Dr. Theilemann einen erfüllten weiteren Lebensabschnitt.
Ich hatte gedacht, diese Theologenstelle würde im Landeskirchenamt eingespart. Mitnichten. Sie wurde ausgeschrieben und Pfarrer Dr. Kumitz-Brennecke gibt seine gut geführte Gemeinde in Schladen auf, wo er zwar wohnen bleibt, aber nun in die Behörde wechselt. Die Propstei Schöppenstedt verliert damit auch ihren stellvertretenden Propst, was in der gegenwärtigen unruhigen Lage bezüglich Propsteien auch nicht so edel ist. Den Jüngern Jesu ist ja verheißen, gefahrlos auf Schlangen zu treten. Vorsicht ist trotzdem in der Schlangengrube geboten.

Am 27. September wurde Pfarrer Hans Günther Ludewig, einen Tag vor seinem 65. Geburtstag, von der Wolfenbüttler Trinitatisgemeinde mit einem vielstündigen Gemeindefest in den Ruhestand verabschiedet. Die Kirche ist noch eingerüstet und wird mit barocken Pastellfarben
aufgehübscht. Bei der letzten Renovierung in den 70ern war alles mehr oder minder weiß gestrichen worden.
Ludewig war im Zuge der Verkleinerung der Braunschweiger Innenstadtgemeinden erst vor vier Jahren von der Katharinengemeinde, wo er seit 1992 tätig war, gelöst und nach Wolfenbüttel gesetzt worden. In beiden Gemeinden vertiefte sich Ludewig in die jeweilige Geschichte der Kirchengemeinden, mit Jugendlichen der Katharinengemeinde fabrizierte er ein eindrucksvolles Modell des Hagenmarktes, das lange Zeit im Westturm gezeigt wurde.
Ludewig war vor seiner Braunschweiger Zeit Assistent vom Prof. für Neues Testament Wilckens gewesen, der jedoch unter den 68er gelitten hatte. Ludewig, wohl zunächst Sympathisant der Linken, wechselte dann wie Wilckens auf die kirchliche Rechte. Ludewig ist Verfasser einer Arbeit über Gerhard Tersteegen. Seine spirituelle Liebe galt hier dem Kloster Riechenberg bei Goslar, wo er Freizeiten und Stille Zeiten durchführte. Wir wünschen dem Ehepaar Ludewig eine geruhsame weitere Wegstrecke mit neuen kirchengeschichtlichen Erkenntnissen. Ludewigs bleiben in Wolfenbüttel wohnen. Ein Abschiedsinterview im Gemeindebrief Nr. 18, worin sich auch ein Nachruf von Karl Heinz Oelker, dem früheren Trinitatispfarrer und Propst, auf Karl Heinz Büchsel befindet.

Keene Lust mehr auf Konföderation wird Frau Bischöfin Käßmann nachgesagt. Sie ist eingeschnappt. Hannover will aussteigen. Das wäre sehr infantil und albern und qualifiziert Frau Käßmann nicht gerade zur EKD Ratsvorsitzenden. Richtig wäre es, die Konföderationssynode als Organ aufzuheben und stattdessen einen Arbeitsausschuß zu bilden. Die Konföderation muss natürlich bleiben.




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