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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 127 - Oktober 2009


Traueransprache für Dr. Konrad Bluhm

von Propst Schade
(Download als pdf hier)

Der Herr, unser Gott, hat uns behütet auf dem ganzen Wege, den wir gezogen sind. (Josua 24,17)

Liebe Trauergemeinde,
verehrte, liebe Frau Bluhm,
liebe Angehörige,

mit einem Dankpsalm haben wir diesen Trauergottesdienst begonnen. Und der diesen Psalm geschrieben hat, der bedankt sich nicht für ein hohes Alter, nicht für Gesundheit, Reichtum und Wohlstand. Er bedankt sich für die Güte Gottes, die ihn sein Leben lang umgeben hat. Er weiß, dass des Menschen Leben wie Gras ist, wie die Blume des Fel-des. Er weiß, dass das Leben des Menschen hineingerissen ist in den Strudel der Ge-schichte, mit ihm umgetrieben, mitgetrieben, in Abgründe gerissen wird. Er bekennt, dass die Schuld den Weg des Menschen begleitet.

Er dankt dem Gott, der seine Gnade walten lässt über denen, die ihn fürchten. Für all das dürfen sie Gott auch dankbar sein. Und darüber hinaus auch noch für ein langes und erfülltes Leben, für Wohlstand und Gesundheit, für Liebe und Glück, für Bewah-rung vor Unfall und Krankheit und für ein friedvolles Sterben.

Der Traueranzeige steht der Satz aus dem Buch Josua voran: Der Herr, unser Gott, hat uns behütet auf dem ganzen Wege, den wir gezogen sein. (Josua 24,17) Und es war ein langer Weg. Ein langer Weg, den er selbst hat gehen dürfen, und ein langer Weg, den sie gemeinsam gegangen sind.

Der Herr hat uns behütet, - dieses Wir ist zunächst gewiss dass wir der Gemeinschaft von Mann und Frau, die ihren Weg über 6 Jahrzehnte lang gemeinsam haben gehen dürfen. Es ist das Wir der Familie, der Eltern, Kinder und Enkel. Und der Verstorbene hätte in den Kreis der Familie, derer zu gedenken ist, gewiss die Eltern und Voreltern einbezogen. In umfangreichen Studien hat er den Stammbaum der Familie bis in 13. Jahrhundert zurückverfolgt. Und was der Familie manchmal zum Schmunzeln gereich-te, hat ihn doch ganz erfüllt. Und sicherlich auch in dem Bewusstsein, dass wir auf die-ser Erde nicht allein stehen. Wir sind eingebettet in die Folge der Generationen, die vor uns gelebt, gelitten und gearbeitet haben. Wir sind Erben dessen, was sie geschaffen haben. Und wir setzen mit dem Weg, den wir gezogen sind, ihren Weg fort.

Der Herr, unser Gott, hat uns behütet. Dieses Wir ist zugleich das der Christenheit, die ihren Weg mit Gott gegangen ist. Und Konrad Bluhm ist seinen Weg bewusst als Glied der Christenheit gegangen. Seit 1949 als Kirchenvorsteher an St. Lorenz in Schönin-gen, seit 1950 als Mitglied der Propsteisynode der Propstei Helmstedt, seit 1951 als Mitglied der Landessynode und 1953 gar als Synodaler in die Kirchenregierung ge-wählt. Aber nicht nur als Inhaber von Ämtern und Funktionen, sondern als Christ unter Christen. Mit dem Gang zum Gottesdienst, den er sich bis ins hohe Alter nicht hat nehmen lassen.

Der Herr, unser Gott, hat uns behütet auf dem ganzen Weg, den wir gezogen sein. – Mit diesem Wort wird schließlich und endlich der Weg der Christenheit verbunden mit dem Weg Israels. So reicht er zurück bis in das 1. Jahrtausend vor Christus. Demütig stehen wir in diesem großen Zusammenhang der Wege Gottes mit den Menschen.

Des einzelnen Menschen Weg ist angesichts dieser Dimensionen ein kleines Stück. In unserer Erinnerung an Konrad Bluhm war es gleichwohl ein langer Weg mit der Geburt am 28. März 1915 in Salzwedel. Da tobte der 1. Weltkrieg. Und ihm fiel auch der Va-ter zum Opfer noch vor der Geburt des Sohnes, im September 1914. Weit geht der Blick zurück in eine Zeit, die nach dem Krieg geprägt war von politischen Umbrüchen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Umstellung von Gasleuchten auf elektrische Beleuchtung hat der kleine Konrad noch bewusst miterlebt. Freundschaften entstanden in der Kindheit, die zu lebenslangen Verbindungen führten. Mit Bruno Wunderlich trat der zweite Mann der verwitweten Mutter in das Leben Konrads und seiner Schwester, der die Kinder väterlich umsorgt hat. Und mit dessen Berufsweg verbunden war der Umzug nach Schöningen im Sommer 1923.

Der Herr hat uns behütet auf dem ganzen Weg. Eine Stadt in bewegten Zeiten. Mit der Schullaufbahn in Schöningen, wo gelernt und gepaukt wurde, und dann in Helmstedt mit den Lehrern, die, wie der Verstorbene in seinen Erinnerungen schreibt, denen der Feuerzangenbowle von Heinrich Spoerl nicht unähnlich waren. Studienjahre in Frei-burg, Marburg, Königsberg und wiederum Marburg folgten bis zur Promotion 1938. Die Referendarszeit wurde unterbrochen von jenem Krieg, den die braune Herrschafts-elite angezettelt hatte. Und wiewohl nicht an den Frontlinien, gab es für Konrad Bluhm mancherlei abenteuerliche und dramatische Begebenheiten zu überstehen. Besonders eindrucksvoll muss für ihn jener Tag gewesen sein im Frühjahr 1945, als er gegen seine Gewohnheit dem Alarm folgte und nach der Rückkehr den Bürostuhl von einem Ge-schoss durchbohrt vorfand.

Behütet auf dem ganzen Weg, den wir gezogen sind. Nun folgten die beruflichen An-fänge als Rechtsanwalt in Schöningen 1945. Und zugleich die Gründung der Familie, die Verlobung und die Hochzeit im Jahr 1946, Anfänge unter einfachsten und beengten Wohnverhältnissen. Die Geburt der Kinder 1947, 1950 und 1954. Die Versorgung der Kinder lag natürlich im Wesentlichen bei der Mutter. Und doch hat der Vater das Wachsen der Kinder und das Gedeihen der Familie mit rührender Anteilnahme und Fürsorge begleitet, wie noch die humorvollen Notizen in seinen Erinnerungen verraten können.

Aber dann hat auch ein sehr erfolgreicher Berufsweg die Zeit und die Kräfte des Ver-storbenen gefordert. 1957 trat er seinen Dienst als Landeskirchenrat im Landeskirchen-amt in Wolfenbüttel an, 1963 wurde er als Oberlandeskirchenrat in das Kollegium ge-wählt. Fast 18 Jahre lang hat er seine Aufgaben als Finanzreferent wahrgenommen. Hierüber werden wir aus berufenem Munde hören. Der Verstorbene hat als Resümee festgehalten: „Rückblickend kann ich sagen, dass mir diese Tätigkeit Freude gemacht und mich voll befriedigt hat.“ Und noch nach dem Eintritt des Ruhestands hat er ehren-amtlich Aufgaben im Vorstand der Niedersächsischen kirchlichen Versorgungskasse und in der KZVK Darmstadt weitergeführt.

Wir alle kennen den Verstorbenen als einen zugewandten, charmanten, geistreichen und geselligen Menschen. Liebevoll den Seinen zugetan, ausgeglichen auch bei Belas-tungen, hilfsbereit, ein liebevoller Ehemann und Vater, so haben sie ihn beschrieben. Bis ins hohe Alter war es ihm vergönnt rüstig seiner Wege zu ziehen. Wer ihm auf der Straße begegnete, erhielt einen freundlichen Gruß und ein Lächeln. Geistig präsent bis zuletzt durfte er seinen Weg gehen im Kreise der Freunde und der Familie.

Der Herr, unser Gott, hat uns behütet auf dem ganzen Wege, den wir gezogen sind. Und so lauten auch seine eigenen Worte am Ende des Lebensrückblicks: „Ich danke Gott für viel Bewahrung vor Gefahren und Krankheiten und meiner Christa für ihre ständige liebevolle Fürsorge auf dem gemeinsamen Wege durch 6 Jahrzehnte unseres Lebens.“ Seit Monaten haben sie miterlebt, wie er schwächer wurde. Dass er am Ende friedlich eingeschlafen ist, dürfen sie als weiteres Zeichen der Gnade und Bewahrung ansehen.

Im Psalm 103 heißt es: Die Gnade aber des Herrn währt immer und ewig. Wir haben als Christenmenschen kein anderes oder weiteres Wissen darüber, wie das ist, das Sein in der Ewigkeit Gottes. Wir bekennen die Auferstehung der Toten und das ewige Le-ben. Aber auch wir sind keine Besserwisser in Jenseitsdingen. Wir haben den Glauben an den Gott, in dessen Händen unser Leben aufgehoben ist. Der Apostel Paulus spricht von einer großen Gewissheit: „Ich bin dessen gewiss, dass weder Leben noch Tod, we-der Hohes noch Tiefes, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch irgendeine Macht uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist.“ Dessen dürfen auch wir gewiss sein.




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