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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 129 - März 2010


Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät, denn du wirst keinen treueren Ratgeber finden
Jesus Sirach 37,13.

von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

Dieses Bibelwort machten zahlreichen Zeitungen zur Überschrift für den Bericht vom Rücktritt der Bischöfin Käßmann. Sie hatte das Bibelwort selber in ihrer Rücktrittserklärung zitiert. Ein guter Freund habe ihr bei den Beratungen am Mittwoch dieses Wort genannt. Als viel bibelbelesene Frau hätten der Bischöfin und ihren Ratgebern in jenen Stunden auch andere Worte der Bibel über das menschliche Herz einfallen können, etwa jener geläufige Anfang der Bachkantate "es ist ein trotzig und verzagt Ding um aller Menschen Herzen", also auch um das ihre. (Jeremia 17,9) Es gibt noch gröbere: Sprüche 28,26: "Wer sich auf sein Herz verlässt, ist ein Narr", so die alte Lutherübersetzung. Und aus derselben Spruchsammlung "Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, aber der Herr allein lenkt seinen Schritt" (Sprüche 16,9). Der Fromme in Psalm 139, 23 rät nicht dazu, sich auf sein Herz zu verlassen, sondern bittet: "Erforsche mich Gott und erkenne mein Herz". Eben weil wir im Durcheinander unsres Herzens und in dem Schrecken, was sich da alles vorfindet, auf eigene Erkenntnisse besser verzichten und Gott bitten, er möge es erkennen, und zwar gründlich erforschen: "erforsche mich Gott".
Das geht nicht in ein paar Minuten und Stunden und Tagen ab. Was ist los in meinem Herzen, Gott, erforsche mich, prüfe mich, sieh, auf welchem Weg ich mich befinde! Dazu muss man Gott und auch sich selber Zeit lassen.
Ein mir wohlgesonnener Oberlandeskirchenrat hat mir in einer wohl kritischen Entscheidungsfindung gesagt: Jeder normale Mensch sollte in kritischen Situationen auf keinen Fall am selben Tag eine Entscheidung fällen, sondern eine Nacht drüber schlafen, und fügte hinzu: "Und Sie schlafen bitte zwei Nächte da drüber!" Er kannte meine Impulsivität.

Die Bischöfin hatte keine Berater, die ihr die Vielfalt der biblischen Aussagen präsent machten und ihr rieten, erstmal zwei Nächte zu schlafen.
Ich bin über die einseitige Interpretation der Bibel zum Zwecke der Bestätigung einer eigenen Situation doch verwundert, gelinde gesagt. Die Bibel ist dann am echtesten, wenn sie uns widerspricht.

Es ist mir höchst verdächtig, dass auch in der Kanzelabkündigung der Kirchenleitung gleich zu Anfang dieses Bibelwort zitiert wird. Schon die Schnelligkeit der Abkündigung ist merkwürdig. Man hätte der Bischöfin ja auch etwa Zeit lassen können für eine endgültige Entscheidung. Daraus spricht die große Erleichterung über den Rücktritt und auch, dass Margot Käßmann den Rücktritt nicht wieder rückgängig gemacht hat. Hatte die Kirchenleitung Angst vor einem solchen Schritt? Daher dann auch die falsche Meldung in der Abkündigung,, dass Frau Käßmann an die Gemeinden geschrieben habe. Eine Zeitung machte daraus eine Überschrift: Abschiedsbrief. In der Abkündigung heißt es: "Margot Käßmasnn lässt Sie herzlich grüssen und schreibt (!): "Ich war mehr als zehn Jahre mit Leib und Seele Bischöfin.." Also doch ein Abschiedsbrief der Bischöfin? Die Pressestelle verneint das Vorhandensein eines solchen Briefes. Da war wohl wieder der Wunsch der Vater des Gedankens der Hannoverschen Kirchenleitung. Ein Abschiedsbrief hätte den Abschied endgültig gemacht. Aber es gibt keinen! Geradezu peinlich finde ich die Hast, in der den Gemeinden der Interimsnachfolger genannt wird. Das soll Handlungsentschlossenheit signalisieren. Es signalisierte leider auch das andere: Frau Käßmanns Zeit ist abgelaufen. Es geht nun ohne sie weiter. Da werden sich die Kirchenleitenden wohl irren.




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