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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 129 - März 2010


Pfarrerin Kristina Kühnbaum-Schmidt; Dialog Sara und Abraham: Hilla Greulich/ Ursula Borrmann zu dem Bild von Marc Chagall: Abraham und Sara

Predigt zum Gottesdienst am 15. Sonntag nach Trinitatis,
20. September 2009 zu Genesis 18, 1-15
Beziehungsweise: Abraham und Sara

(Download als pdf hier)

Liebe Gemeinde,

Beziehungsgeschichten der Bibel -
da bietet es sich an, mit einem Klassiker zu beginnen,
einer Mann-Frau-Geschichte,
einer Geschichte ganz aus den Anfängen,
der Geschichte von Abraham und Sara.

Obwohl. Eine Mann-Frau-Geschichte?
Vielleicht ist es ja sehr viel mehr eine Frau-Mann-Geschichte,
als es uns auf de ersten Blick scheint.
Irgendwie denken wir ja immer,
Abraham, der Ahnvater Abraham,
das ist die Hauptfigur, und alle anderen,
insbesondere seine Frau Sara,
die dürfen ein wenig mitspielen.

Wenn man aber das Bild von Marc Chagall
auf unserem Gottesdienstprogramm ansieht,
dann scheint eher Sara im Vordergrund zu stehen -
Sara, die ein kleines angedeutetes Lächeln auf ihrem Gesicht hat,
und erst im Hintergrund erscheint dann Abraham,
der reiche und stolze Ahnvater.

Was wird von den beiden eigentlich in der Bibel erzählt?
Bei einem Traugespräch oder einem Gespräch zur Goldenen Hochzeit,
da würden wir sprechen über die Frage:
Wie haben Sie sich eigentlich kennen gelernt?
Aber zu genau dieser spannenden Frage steht in der Bibel kein Wort.

Abraham und seine Frau sind einfach da,
und von Anfang an wird von Sara erzählt
dass sie keine Kinder bekommen kann -
ein Makel für eine Frau in biblischer Zeit,
weil sie die Nachkommenschaft und damit den Weiterbestand der Familie,
der Sippe sichern sollte.

Von Anfang an wird auch erzählt,
dass Sara und Abraham umherziehen,
immer auf Gottes Weisung hin:
kaum verheiratet, ziehen die beiden mit Sack und Pack,
mit Kamelen und Ziegen
und allem, was sie hatten,
in en neues und unbekanntes Land,
nach Kanaan.
Als es dort nach einiger Zeit eine Hungernot gibt,
ziehen sie erneut, wieder mit Sack und Pack,
mit Kamelen und Ziegen, nach Ägypten.

Und dort lernt Sara ihren Mann als einen ziemlichen Feigling kennen:
Weil er Angst um sein Leben hat,
gibt er ihr Leben preis.
Abraham nämlich gibt seine schöne Frau als seine Schwester aus,
damit der Herrscher Ägyptens nicht auf die Idee kommt,
ihn, den Ehemann umzubringen und dann die schöne Sara zu heiraten.
So lebt Sara, als angebliche Schwester Abrahams,
für lange Zeit im Hause des Pharao als eine seiner Frauen,
von ihrem Mann verraten, damit er in Sicherheit ist.

Aber durch Gottes Eingreifen fliegt der Schwindel auf,
und der weise Pharao lässt beide wieder ziehen.
Was mag in einer Frau vorgehen, die so etwas erlebt?
Und was in ihrem Mann?

Wie in jeder spannenden Familiengeschichte
kommt es auch sonst bei Sara und Abraham
zu allerhand Verstrickungen und Verwirrungen:
Abraham streitet sich mit seinem Bruder Lot -
so sehr, dass man nun an getrennte Wege geht.
Und als Sara immer noch keine Kinder bekommt,
bleibt ihr nach damaliger Sitte nur noch ein Weg:
Sie selbst bringt eine ihrer Mägde zu Abraham,
damit diese von ihm schwanger wird,
und Abraham Kinder bekommt, seine Familie fortbesteht.
Was mag in einer Frau vorgehen, die so handelt oder handeln muss?
Und was in ihrem Mann?

Als der Plan schließlich aufgeht,
Saras Magd Hagar einen Sohn auf die Welt bringt,
da ist Sara alles andere als glücklich.
Sie wird traurig und eifersüchtig,
die beiden Frauen streiten sich immer wieder -
eine schöne Familienidylle wird das gewesen sein.

Und dann, nach Jahrzehnten
des Umherwanderns, der Familienstreitigkeiten und
eines, wie wir heute sagen würden,
formidablen Zickenkrieges,
eines Tages, als Sara und Abraham hoch betagt sind,
da kommen drei Männer zu Besuch
und versprechen Abraham und Sara,
dass Sara innerhalb eines Jahres ein Kind zur Welt bringen wird:
einen Sohn.

Was mag in einer Frau vorgehen,
die nach Jahren und Jahrzehnten des ängstlichen Wartens
auf eine ersehnte Schwangerschaft,
nach vielen Hoffnung und Enttäuschungen, so etwas erlebt?
Und was in ihrem Mann?

Dialog Sara- Abraham

Sara: Warum dieser Aufwand - musst du denn ein Kalb schlachten? Du nötigst die Männer doch geradezu, über Nacht zu bleiben.

Abraham: Das sind ja nicht irgendwelche Männer. Gott hat sie uns geschickt. Da können wir ja nicht nur Teigfladen anbieten.

Sara: Wieso bist du so sicher, dass die Männer von Gott geschickt wurden? Ich bezweifle das. Sie reden so komisch.

Abraham: Ich habe eben öfter mit ihm geredet als Du! Und erinnere Dich daran, wie Gott dich vor dem Pharao gerettet hat.

Sara: Ja, das stimmt. Aber in meinem Alter kann ich doch kein Kind bekommen. Schon viele Jahre lang habe ich keine Periode mehr.

Abraham: Das weiß der Himmel. Mir ist das ganze doch auch nicht geheuer. Aber du hättest trotzdem nicht lachen müssen.

Sara: Aber ich kann das, was der Herr da behauptet, nun mal nicht ernst nehmen.

Abraham: Wir sind dabei ja nie schlecht gefahren, wenn wir uns auf Gott verlassen haben. Für ihn scheint ja nichts unmöglich zu sein.

Sara: Dein Vertrauen möchte ich besitzen….

Sara zweifelt.
Und Sara lacht.
Was mag das für ein Lachen gewesen sein?
Erleichtert oder ungläubig? Spöttisch?
Oder ein zynisches Lachen, dass dem Gott gilt,
der sie immer wieder enttäuscht hat,
der ihr und ihrem Mann so vieles zugemutet hat,
und der ihr nun zur Unzeit verspricht,
ihre sehnlichste Hoffnung wahr werden zu lasen?
Soll sie diesem Gott vertrauen,
sich auf diesen Gott verlassen?

Für mich ist dieses unergründliche Lachen Saras
einer der berührendsten Stellen
in der ganzen Geschichte von Abraham und Sara.
Weil Sara uns hier ganz nahe kommt -
ganz nah mit ihrem Zweifel,
ob man sich wirklich auf Gott verlassen kann,
ob man sich wirklich noch auf ihn einlassen mag,
wenn man so vieles erlebt hat,
was eine ganz andere Sprache spricht
als die der Nähe oder der Liebe Gottes.

Sara kommt uns hier ganz nahe,
weil es für einen Moment auf der Kippe steht,
ob sie Gottes Möglichkeiten noch etwas zutraut -
ob sie noch einmal den großen Raum seiner Möglichkeiten betritt
oder ob sie das nicht tut.
Ob sie noch einmal die Perspektive der Hoffnung einnimmt.
Und zwar der Hoffnung, die mehr sieht,
als das, was man mit Augen sehen kann.

Ob sie es noch einmal wagt,
sich auf Gottes Möglichkeiten einzulassen,
sich ihnen zu überlassen -
ob sie sich von Gott gewissermaßen dazu verführen lässt,
nicht nur bei dem zu bleiben,
was um sie herum an irdischen Verwicklungen, Problemen,
Sorgen und Ängsten da ist.
Sondern ob sie sich dafür gewinnen lässt
noch einmal himmelwärts zu blicken.

Vielleicht ist es das,
was uns heute an der Geschichte von Abraham und Sara
besonders ansprechen kann:
Wagen wir es in unserem Leben,
den Raum der Möglichkeiten Gottes zu betreten -
ihm mehr zuzutrauen, als wir mit Augen sehen
und mit unserem Verstand denken können?
Lassen wir uns dafür gewinnen,
himmelwärts zu blicken,
Gott etwas zuzutrauen?

Wenn wir uns trauen,
den Raum der Möglichkeiten Gottes zu betreten,
wo wir uns einlassen auf die Botschaft der Liebe Jesu Christi,
auf die Hoffung auf Frieden und Gerechtigkeit,
dann hat unser Leben inmitten aller Ängste und Sorgen und Bedrohungen
immer noch eine Perspektive mehr.
Immer noch eine Perspektive mehr,
als wir auch nur erahnen können -
eben die Perspektive der Liebe Gottes.

Wenn wir diese Perspektive der Liebe Gottes zulassen,
wenn wir von Zeit zu Zeit den Raum der Möglichkeiten Gottes betreten -
dann können wir uns auch trauen,
immer wieder den neuen Wegen zu vertrauen,
die Gott mit uns geht.
Amen.




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