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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 130 - Juni 2010


Aus der Landeskirche

zusammengestellt von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

* Der Geburtsjahrgang 1945 ist heuer 65 und geht in Pension.
Am 17. Januar wurde Winfried Karius, der am 2. Februar 65 Jahre alt wurde, in Wenzen mit einem mehr als zweistündigen Gottesdienst festlich in den Ruhestand verabschiedet. Karius gehört zu den im Geschirr abgearbeiteten Ackergäulen der Landeskirche. Er war in der abgelegensten Gemeinde der Landeskirche, weit im Westen, in Wenzen bereits Vikar und ist dann dort hängen geblieben: geschlagene 37 Jahre Pfarrer auf dem Dorfe, (ab 16.6.1972 als Pfarrer auf Probe, damals nannte man das noch Hilfsprediger!) zu dem dann später (1987) die Gemeinden Bunsen und Einem dazukamen. Jetzt insgesamt 1.468 Gemeindemitglieder.
Karius hatte auch nur an einer Uni - (in Göttingen 1964-1970) - studiert. Seit 1989 war er stellvertretender Propst und hat für manchen Ausgleich in der Propstei Gandersheim gesorgt. Durch seine Liebe zur Musik wirkte er weit in das Dorf hinein, leitete auch die dortigen Gesangvereine, pflegte einen guten Draht zur Kommunalverwaltung, was in den Abschiedsworten gewürdigt wurde. Die Einbecker Zeitung würdigte seine Arbeit ausgiebig. Wir lernten uns in der Landessynode kennen, und saßen im Finanzausschuss jahrelang zusammen. Seit langer Zeit die einzigen Gemeindepfarrer in diesem Gremium, nicht immer zur Freude des Finanzdezernenten, weil immer die Gemeinde und die Praxis in der Kirchengemeinde und deren Finanzen im Blick. Wir wünschen dem Ehepaar Karius, das nach Einbeck gezogen ist, einen neuen gelingenden Lebensabschnitt unter der Losung des 17. 1. "Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre."

Mit einer österlichen Bachkantate "Christ lag in Todesbanden" wurde am 25.April Joachim Vahrmeyer aus der Braunschweiger Katharinengemeinde verabschiedet. Vahrmeyer wurde am 27. Mai 65 Jahre alt. Man kann den 45Jahrgang als den der "Trümmerkinder" benennen. Als sie zehn Jahre alt waren, 1955, war die Braunschweiger Innenstadt vor allem durch die geräumten Leerflächen geprägt. Vahrmeyer war Braunschweiger, (der Vater war Apotheker), machte hier Abitur, studierte in Bethel, Heidelberg und Göttingen und war Vikar beim Pfr. Leppin in Helmstedt. Leppin war Gogartenschüler, gehörte zu den Glanztheologen der Propstei Helmstedt und ging bald an die berühmte Elisabethkirche in Marburg. Von ihm hat sich Vahrmeyer den Vorrang der Theologie vor jeder anderen Beschäftigung im Pfarramt abgeguckt und praktiziert. Vahrmeyer war zunächst neun Jahre in Ölper ((1975-84) und dann seit 1984, also 25 Jahre Pfarrer an der Katharinenkirche. Zunächst als jüngerer Kollege des dort angesiedelten Propstes Klaus Jürgens, dann 12 Jahre mit Hansgünther Ludewig zusammen, wie Vahrmeyer der BZ (22.4.) anvertraute "nicht unproblematische, aber dennoch fruchtbare Jahre", - man kann auch sagen: die Chemie stimmte zwischen beiden nicht - und schließlich wegen der radikalen Verkleinerung der Gemeinde seit 2005 alleine an Katharinen.
Vahrmeyer unterhielt einen theologischen Arbeitskreis; ich hatte bei seinen Predigten meist den Eindruck, er predigte vor allem zu fragenden Abiturienten. Er war auch lange Schulpfarrer. Katharinen war auch Sammelstätte für die Semesteranfangsgottesdienste der Hochschulgemeinde. Aber das hatte zu Zeiten des Katharinenpfarrers Propst Stange´(seit 1945) noch einen anderen Stellenwert.
Vahrmeyer hinterlässt eine tipptopp gepflegte Stadtkirche. Der Kirchenvorstandsvorsitzende hebt dies in seinem Abschiedswort im Gemeindebrief auch hervor. Katharinen gehört zu den "verlässlich geöffneten" Kirchen, (also vormittags immer geöffnet) Eine Rundgang bis vorne zu den sehr schönen Chorfenstern lädt an verschiedenen Stellen zum Verweilen ein. Katharinen hat den apartesten, aber wie ich finde, gelungenen Altar total aus Glas. Ein Besuch ist zu empfehlen.
Bei der Verabschiedung geht der Blick vor allem nach rückwärts.
Sein Nachfolger, der 43 Jahre alte Pfr. Jörg Schubert, seit sieben Jahren Pfarrer in Johannes Propstei Vorsfelde, wird ab August seinen Blick nach vorne richten. Er findet folgende Arbeitsfelder in der Stadtkirche vor: wenige Taufen (2009: 14/ 2008: 14; 2007: 17), noch weniger Konfirmanden (2009: 9; 2008: 7; 2006: 10), sehr wenige Trauungen (2009: 2; 2008: 3; 2007: 7), mehr Bestattungen (2009: 23; 2008: 37; 2007: 24;). Ein Altenkreis zusammen mit dem Dom, keine Frauenhilfe, aber Stützpunkt des Landeskirchenmusikdirektors. Gemeindemitgliederzahl im Jahr 2007: 2.616 (Pfarramtskalender 2008).
Im Blick auf diese Zahlen stellt sich die Frage, ob der Pfarrerwechsel nicht doch ein Anlass gewesen wäre, die Zusammenlegung von Katharinen und Andreas zu bedenken, die früher oder später kommen wird.

* Die Situation der Braunschweiger Innenstadtkirchen ist eine drängende Frage, vor allem für den Braunschweiger Propst. Propst Hofer indes hat sich auf Drängen des landessynodalen Ältesten- und Nominierungsausschusses bereit erklärt, nach einer nur dreijährigen Amtszeit als Propst für die Nachfolge von OLKR Kollmar zu kandidieren, neben Pfr. Welge. Das ist alles sehr komisch, denn beide sind schon einmal bei der Propstwahl gegeneinander angetreten (zusammen mit P. Meiners, Martini). Der Ausschuss klärte zunächst, ob man die Stelle ausschreiben und auch für Auswärtige öffnen sollte. Das wurde mehrheitlich abgelehnt. Dann ging man auf Suche in der Landeskirche, und überging z.B. PS. Direktor Rammler. Normalerweise ist diese Stelle für eine Nachfolge in der Behörde prädestiniert. Offenbar hatte nur Welge zugesagt, und es fehlte der/die Zweite. Da sprang Hofer ein. Der frühe Zeitpunkt hat zur Folge, dass der Ältesten- und Nominierungsdausschuss der Propstei, dessen Vorsitz Domprediger Hempel hat, nun auf die Suche eines Braunschweiger Propstes gehen kann für den Fall, dass Hofer im November gewählt wird. Das gibt Unruhe und Füssescharren in der Propstei Braunschweig. Dem Referat II untersteht der Pfarrernachwuchs. Da sieht es mau aus.

* Muss das Predigerseminar in Braunschweig geschlossen werden?
Der Nachwuchs ist der Landeskirche in der letzten Zeit weggebrochen. Das geht anderen Landeskirchen auch so. Die Zahl der Theologiestudierenden der Landeskirche hat folgendermaßen abgenommen (die Zahlen stammen aus den Amtskalendern): 1993: 95 Studierende, 2000: 65; 2008: 35 Studierende. Entsprechend sind die Zahlen der Vikarinnen und Vikare zurückgegangen: Sie betrugen 1993: 39; 2000: 29; 2008: 13. Es lohnt sich also nicht mehr, zwei, drei Vikarskurse einzurichten. Also kooperieren mit anderen Landeskirchen. In den letzten Jahren nahmen Vikare aus der berlin-brandenburgischen Kirche an den Braunschweiger Kursen teil. Eine Zeitlang waren auch Vikare aus der oldenburgischen Landeskirche im Braunschweigischen Predigerseminar. Inzwischen besuchen die Berliner das Predigerseminar in Wittenberg, die Oldenburger wollen nach Loccum gehen. Es wird also unausweichlich, dass auch die Braunschweiger Vikare wenigstens zeitweise nach Loccum gehen werden. Ich gestehe, wenn ich die Wahl zwischen beiden Orten hätte, würde ich immer in die städtischen Verhältnisse gehen. Was also tun, wenn das Predigerseminar eine Zeitlang leer steht? Auf keinen Fall schließen. So ein Institut neu eröffnen ist immer schwieriger. Sehr wünschenswert wäre endlich endlich ein ordentlicher Lesesaal für die Öffentlichkeit, in dem man ein Lexikon und einen Schreibblock bequem neben sich aufschlagen kann. Der nicht dauernd umgeräumt werden muss. Man fragt sich, wozu die schönen, zum Innenhof sich öffnenden Räume eingerichtet worden sind. Theologisches Zentrum? Was passiert mit dem Vortragssaal im dritten Stock? Bei der Novembersynode wird die Sache entschieden.

* Impressionen vom ökumenisdchen Kirchentag in München
von Pfr. a.Pr. Tobias Pfeifer
Wer macht jemanden wie Margot Kässmann zum "Star"? Die begeisterten Massen, sie sich selbst oder die Medien, die jeden Schritt von ihr mit Hunderten von Kameras begleiten, sie in Blitzlichtgewitter hüllen und ihr - so möchte man manchmal meinen - keinen Raum zum Atmen lassen? Vielleicht eine offene Frage. Ich jedenfalls bin auch selbst bei der Bibelarbeit am Donnerstagvormittag über Noah, den Bund und den Bogen gewesen und war begeistert.
Begeistert, weil ich eine Margot Kässmann erlebte, die frei von kirchenleitenden Zwängen exegetisch und theologisch gearbeitet hatte, ja nach meinem Empfinden sehr gut vorbereitet war und sich lange mit dem Text beschäftigt hat, mir durch ihre kreative Auseinandersetzung mit den großen Alttestamentlern von Rad, Westermann und Ebach neue Blicke auf den alten bekannten Text eröffnete. Die Begeisterung in der Messehalle war so, wie es sich für eine gute Bibelarbeiterin oder einen guten Bibelarbeiter gehört, und da ist sie ja zum Glück nicht die Einzige.
Auch ich komme erfüllt und positiv gestimmt aus München zurück. Ich habe Ökumene gespürt, erlebt, gerochen und geschmeckt, allerdings Ökumene, die sich meist von unten, von der Basis, aus den Gemeinden heraus speist. Und da ist die Frage, ob Margot Käßmann als Frau hinderlich ist oder nicht, meines Erachtens überhaupt keine Frage.
Was mir deutlich geworden ist bei all den Menschen, denen ich auf den verschiedenen Veranstaltungen gelauscht habe, ist, wie viel es ausmacht, wenn ein Mensch Ausstrahlung besitzt und wenn diese mit den Aussagen übereinstimmen. Solche Menschen braucht die Kirche! So ging es mir in der Bibelarbeit des Katholiken Pierre Stutz, so ging es mir in einem großartigen Vortrag über guten Gottesdienst von Jochen Arnold aus dem Hildesheimer Michaeliskloster und so ging es mir eben auch bei Margot Kässmann, und so ging es mir zum Beispiel nicht bei Erzbischof Zolitzsch beim Schlussgottesdienst.

Besonders erfüllt hat mich, völlig unaufgeregt gemeinsam Abendmahl zu feiern. Eingeladen hatten am Samstagabend die altkatholische Gemeinde und die anglikanische Gemeinde Münchens, und eingeladen haben sie ganz offen alle, die kommen wollten. Es war ein schöner, stimmiger ökumenischer Gottesdienst, deutsch und englisch, natürlich das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Nach dem Gottesdienst hatte die Gemeinde noch zu einem wunderbaren Stehempfang eingeladen, und ich fand mich im Gespräch mit einem römisch-katholischen Pfarrer aus der Nähe von Ulm. In seinen Gemeinden ist es seit Jahren üblich, beim Abendmahl der anderen Konfession teilzunehmen und gastfreundlich zu sein. Der altkatholische Pfarrer kam dazu und wir hatten eine großartige theologische Dreierrunde.

Ich selber gehe zum Abendmahl überall dort, wo ich mich eingeladen fühle, und das ist seit benediktinischen Klostererfahrungen vor 13 Jahren auch oft in katholischen Messen gewesen.

Seit meiner Studienzeit in Münster bin ich der festen Überzeugung, dass theologisch der gegenseitigen Einladung zum Abendmahl oder der gemeinsamen Feier von Protestanten und Katholiken nicht genug entgegensteht, als dass ich mich von Christus selbst eingeladen fühle und das ist gut so.
Dazu kommt (aber erst im zweiten Schritt), dass den Menschen in den Kirchengemeinden eine Trennung in der Handlung der Gemeinschaft am Wenigsten zu vermitteln ist.
Wobei ich hierzu sagen muss, dass ich über die Abendmahlspraxis hier auf den Dörfern doch einigermaßen schockiert war. Ecclesia semper reformanda ist diesbezüglich ganz schön weit weg. 4 Mal im Jahr, z.T. noch mit Mundkommunion und das nicht aus einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema, den Texten und dem eigenen Verständnis, sondern aus einem "Das war schon immer so" heraus.
Also habe ich mich in München aufgetankt, um hier fröhlich die evangelische Botschaft weiter zu verkündigen.

Grüße aus dem Pfarrverband Winnigstedt, Roklum und Seinstedt,
Pfarrer a.Pr. Tobias Pfeifer

Dennis Sindermann, 30jähriger Pfarrer auf Probe in Volkersheim, schrieb:
"Mit schönen Eindrücken und Erfahrungen bin ich vom Ökumenischen Kirchentag zurück. Tolle neuere geistliche Musik, Ideen und Anregungen für die Gemeindearbeit, Impulse von fröhlich bis nachdenklich habe ich mitgenommen. Glücklicherweise überwiegen diese!
Denn daneben steht einmal die Ernüchterung. Ökumene lebt vor Ort und das ist gut so. Denn die ökumenische Aufbruchsstimmung aus Berlin war leider nicht mehr in gleichem Maße spürbar. Es ist eine harte Arbeit, die Ökumene, aber wir alle müssen sie wahrnehmen, auch aus theologischen Gründen, aber auch, weil wir voneinander lernen können und müssen.
Schade, dass es 'oben' so wenig voranging in der ökumenischen Diskussion. Ich hoffe, dass von diesem Kirchentag ein größerer Impuls in die Gemeinden und nach oben geht, denn "damit wir Hoffnung haben" fand er schließlich statt. Und meine Hoffnung bleibt!"

Zum 8. Mal leitete Wolfgang Buchmeier, Vorsitzender des Braunschweiger HuK (Homosexuelle und Kirche), Bad Harzburg, Landessynodaler, den Stand der HuK auf dem Markt der Möglichkeiten und wurde viel von den Medien interviewt.

Ein Verriss des "sog. ökumenischen Kirchentages" ist im Brüdernrundbrief Juni/August 2010 zu lesen. Brüdernpfarrer Gozdek spießt die Aussage von M. Käßmann, dass die Antibabypille eine Gabe Gottes sei, unter der Überschrift "Greuel der Verwüstung" (S. 6 ff) auf. Die Pille sei "nach langfristiger Einnahme brustkrebserregend". Es sei "dringend angezeigt, die Unvereinbarkeit zwischen wissenschaftlicher Wahrheit, wie die katholische Kirche sie im Hinblick auf dieses Thema nachhaltig vertritt, und dem die Pille beschöningenden Mitlaufen in der EKD eindeutig und öffentlich entgegenzutreten" (S. 8). Der frühere Brüdernpfarrer Jürgen Diestelmann nimmt die BZ Überschrift vom 14.5. "Mit Tricks zur Ökumene" zum Anlass, auf die Luthersche Abendmahlsauffassung hinzuweisen. Schon Philipp Melanchthon habe "mit ähnlichen Tricks jahrelang seinen Freund Martin Luther hintergangen". "Will man eine echte Ökumene anstreben, kann dies nur geschehen, wenn sie auf den gemeinsamen katholischen Wurzeln aufgebaut wird" (S. 10). Beide möchte ich erinnern, dass für Luther das Messopfer völlig unerträglich war. Der Verriss ist ein Hinweis auf die Spannweite der theologischen Positionen nicht nur in unserer Landeskirche.

* Die Landessynode hat eine schwerwiegende Entscheidung getroffen. Es musste ein nichtordiniertes Mitglied für den Vorsitz der Kirchenregierung gewählt werden. Es wurde mit dem nicht gerade prallen Ergebnis 25 Ja Stimmen, 16 Nein Stimmen und 2 Enthaltungen der einzige Kandidat OLKR Vollbach gewählt. Viel Vergnügen allerseits.

* Bei Umweltfragen in der Landeskirche sind alle Augen auf die Asse und auf Schacht Konrad gerichtet. Zu Recht. Aber auch im Umfeld der früheren Braunschweigischen Kohlenbergwerke (Helmstedt/Offleben) gibt es Probleme. Dort sind in letzter Zeit die früheren Wahrzeichen, die hohen Türme, das Kesselhaus und die Phenolanlage gesprengt und beseitigt worden. Der Boden ist hochgradig verseucht. Er müsste auf Kosten der Nachfolgeorganisation EON ausgegraben und fortgeschafft werden. Die BKB sollte dafür Millionen zur Rekultivierung zurückgelegt haben. Die Millionen sind jedoch verschwunden und der giftige Boden soll nicht ausgegraben sondern an Ort und Stelle vergraben werden. Ein weiteres Beispielt für die Verantwortungslosigkeit unserer "freien", weil wertfreien Wirtschaft. In Offleben hat sich eine Bürgerinitiative hochgemacht, die sich im Offleber Pfarrhaus trifft, Infos austauscht und mehr als 1.650 Unterschriften gegen das geplante Vergraben gesammelt hat. EON zierte sich, die Unterschriften überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, dann aber wurden doch am 10. 5 vor dem Verwaltungsgebäude der EON in Helmstedt die Unterschriften übergeben.
Organisatorischer Kopf der Bürgerinitiative ist Ekke Seifert, der Mann der Ortspfarrerin Naumann, Sprecher ist auch der Pfarrverbandsvorsitzende Fredrich. Solche Nachrichten sollten vom Umweltpfarrer gesammelt und berichtmäßig der Landessynode weitergegeben werden. Die Bürgerinitiative wird von der Ortspresse unterstützt. (siehe Bericht in der BZ 11.5. und BLITZ 14. 4.)

Die Gandersheimer Regionalpresse berichtete mehrfach ausführlich. Überraschung gab es bei der Propsteisynode im Mai. Fernsehen und Rundfunk waren erschienen, weil es um die künftige Form der Gemeindebildung in Kaierde, Delligsen und Umgebung ging. Auch hier schrumpfen die Gemeinden, Kaierde ist auf 50 % gesetzt worden, was für Pfarrer Michael Pfau schwer zu verkraften ist. Pfau hat eine über die Gemeinde hinaus wirkende freie, schöpferische Gottesdienstform gefunden., die von der Gemeinde dankbar aufgenommen wird. Sie fürchtet eine personelle Veränderung und demonstrierte vor einiger Zeit mit 250 Gemeindemitgliedern vor dem Landeskirchenamt. Frau OLKRätin Müller und OLKR Vollbach nahmen an der Sitzung teil und mussten hinnehmen, dass die Propsteisynode mit sehr großer Mehrheit beschloss, dass Pfarrer Pfau die Propstei nicht verlassen soll. Es wurde ein neutraler Ausschuss gebildet, der eine für alle erträgliche Lösung finden soll.

* Am 28. April wurde in Helmstedt Pfarrer Wolfgang Büscher begraben, der im Januar seinen 81 Geburtstag begehen konnte. Büscher war 1964 35jährig aus dem Westfälischen, wo er seine Examina abgelegt hatte und zum Pfarrer ernannt wurde, in die Braunschweigische Landeskirche gekommen und hat neben Propst Hobom die zweite Pfarrstelle an der schönen Marienberger Kirche verwaltet. Hobom hatte eine unglückliche Liebe zu liturgischen Formen, zur Mette und Vesper, die regelmäßig und mäßig richtig gesungen wurden. Büscher gehörte zur theologischen Rechten, war lange Zeit Vorsitzender der Kirchlichen Sammlung, orientierte sich an den kultischen Formen der Brüderngemeinde und stand auch politisch scharf rechts. Er sympathisierte offen mit der NPD, die um Helmstedt ein beträchtliches braunes Reservoir pflegt. EKD, Kirchentage, Pfarrerinordination, § 226, Leuenberger Konkordie wurden mit großem Aufwand bekämpft und rücksichtslos gegen anwesende Pfarrerinnen in der Amtskonferenz vertreten. Er wurde 1971 Nachfolger des erklärten Monarchisten Pfarrer Helmut Scheide an der Helmstedter Christophoruskirche und blieb dort bis zu seinem Ruhestand 1994. Wer sich für die stürmische Geschichte der Propstei Helmstedt jener Zeit interessiert, möge in meine Abhandlung "Gemeinsam-zärtlich-radikal" ab S. 341-406 hineinsehen. Die Trauerfeier hielt auf Wunsch Büschers der selbsternannte Bischof der Athanasiusbruderschaft, einer sehr kleinen rechten Splittergruppe, von der sich selbst Mitglieder der kirchlichen Sammlung distanzieren. Von ihm wurde Büscher als Fels in der Brandung der gottesfeindlichen Moderne gefeiert. Als in den 60er Jahren im Landeskirchenamt mit OLKR Rudolf Brinckmeier die Beerdigungsgebete revidiert wurden, wurde auch die Frage der Benennung von Schuld des/der Verstorbenen diskutiert. Man sollte vorsichtig sein, war die Meinung, aber beim Begräbnis eines Pfarrers sei es vertretbar. Wenigstens in der Form des Sonnabendgebetes, Gott möge zurechtbringen, was in unserer Hand verdorben ist. Theologie hat auch eine überaus verletzende Seite. Und je resoluter sie vorgebracht wird, ums größer ist die Versuchung und Gefahr. Ich weiß, wovon ich rede.
Aber Büscher hatte auch viele andere Seiten: er betrieb eine erfolgreiche Jugendarbeit und gründete den Pfadfinderkreis "Elmsritter", der auch einen Gitarrenbeitrag in die Trauerfeier einbrachte, er setzte sich praktisch für den Kindergarten seiner Kirchengemeinde ein, und wir hielten unbeschadet theologischer Gegensätze in einem fünfköpfigen Pfarrerkreis einige Jahre lang gemeinsam siebentägige Bibelwochen in der Propstei Helmstedt und Vorsfelde, bei Schliephak und Christoph Brinckmeier und auch in Offleben. Büscher war gerne gesellig und lebensfreudig. Als ich ihn wenige Wochen vor seinem Tod im Krankenhaus besuchte, hatte er den deutlichen Wunsch, noch ein paar Jahre dranzuhängen. Er gehörte zu den wenigen Pfarrern, mit denen ich mich duzte. Beim Trauergottesdienst hing eine von Frau Büscher gemalte große Auferstehungsmandela in der Friedhofskapelle. Ich fand es schade, dass der Prediger nicht auf das Bild einging. Frau Büscher hatte für die Gemeinde wunderschöne Krippenfiguren getöpfert und in der Christophoruskirche auch Ausstellungen ihrer bildnerischen Arbeiten veranstaltet. Wir grüßen die Familie mit dem Losungswort seines letzten Geburtstages, dem 2. Januar: "Der Herr ist König; des freue sich das Erdreich und seien fröhlich die (theologischen) Inseln, soviel ihrer sind" (Psalm 97,1).

Am 14. Februar wurde der 59 jährige Pfarrer Rolf May auf dem Friedhof in Kissenbrück begraben. Er starb "im Dienst", elf Pfarrer der Wolfenbüttler Propstei im Talar und der Wolfenbüttler Propst begruben ihn, Frau OLKRätin hielt einen Nachruf. May stammte aus einer Arbeiterfamilie in Schöningen und machte eine Ausbildung bei den Braunschweigischen Kohlenbergwerken (BKB) als Elektriker. Dabei blieb er nicht, und das war sein Fehler. Er machte Abitur, studierte Theologie in Hermannsburg/Celle, was von seiner Frau mitfinanziert wurde, und wurde nach einem Vikariat in Grasleben im Braunschweiger Dom im Dezember 1983 ordiniert. Seine 1. Pfarrstelle Rühme musste er nach sechs Jahren verlassen, weil er sich nach 18jähriger Ehe scheiden ließ. Alkohol war im Spiel. Er wurde Berufsschulreligionslehrer, heiratete zum zweiten Mal, aber das Pfarramt überforderte ihn immer mehr und die Sucht veränderte ihn und raubte ihm die Entscheidungsmacht. Die Kirchenbehörde steckte ihn in das Pfarramt Jerxheim/Beierstedt. Schließlich beurlaubten sie ihn vom Pfarramt, und boten ihm am Ende den Pfarrverband Gr. Biewende/Kissenbrück an. Dort heiratete er zum dritten Mal, erkrankte an Krebs und starb am 9.Februar an der Hand seiner Pflegetochter. Der Tod wirft viele Fragen auf: nach der seelsorgerlichen Begleitung gefährdeter Pfarrer durch Pröpste und Personalreferat, nach dem Umfang der Alkoholsucht innerhalb der Pfarrerschaft, die bis auf die Propstebene reichte. Gewiss auch nach der "consolatio fratrum", denn ich kannte Rolf May seit seiner Schöninger Zeit. Der Nachruf des Landeskirchenamt erinnert an das Bibelwort: "Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf seine große Barmherzigkeit."




Nur bedingt aus der Landeskirche:
Wie sich die Stasi irrt, wurde kürzlich auf der Stasikarteikarte meines Onkels Helmut Kuessner, seinerzeit Direktor des Diakonischen Werkes in Mecklenburg, offenbar. Auf jener Karte bin ich als dessen Sohn, wohnhaft in Beuchte vermerkt. Da hat die Stasi in der BRD schlecht gearbeitet. Während meines sechswöchigen Schulpraktikums in Beuchte 1961 war ich nach wie vor im Predigerseminar gemeldet. Mein Vater ist Theodor Kuessner. Stasi ha ha ha!




Aus der Reichshauptstadt
In jener Berliner Martin Luther-Gedächtniskirche, die im letzten Jahr zu der Ausstellung "Kirchbau im Dritten Reich" in der Brüdernkirche geführt hat, ist zur Zeit eine sehenswerte Ausstellung über "Bach und Mendelssohn im Nationalsozialismus" zu sehen. Man staunt: Hitler und die Orgeln, Hitler und das Händelsche Halleluja, Hitler und unser Bach. Die Instrumentalisierung des Barock ist auch am Braunschweiger Staatsdom gut zu zeigen.




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