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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 130 - Juni 2010


Bibelarbeit zu 1. Mose 9, 8-17
am 13. Mai 2010 beim ÖKT München

von Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber
(Download mit Fußnoten als pdf hier)

Einheitsübersetzung:
8 Dann sprach Gott zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
9 Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen
10 und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Tieren des Feldes, mit allen Tieren der Erde, die mit euch aus der Arche gekommen sind.
11 Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
12 Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen:
13 Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde.
14 Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken,
15 dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch vernichtet.
16 Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch auf der Erde.
17 Und Gott sprach zu Noach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich zwischen mir und allen Wesen aus Fleisch auf der Erde geschlossen habe.

1. Einstieg und Assoziationen
Über diesem Tag steht ein Stück der Sintflutgeschichte - nämlich ihr Ende und Gottes Neuanfang mit uns.
Erinnern wir uns:
Nachdem Gott die große Flut hat kommen lassen, schimmert nun ein wunderbarer Regenbogen am Himmel, der uns zum Zeichen wird, dass schließlich doch noch alles gut wird.
Die Arche landet auf der Spitze des Berges.
Die Flut geht zurück.
Die Taube hat den Ölzweig noch im Schnabel.
Der Regenbogen am Himmel kündet von Gottes Frieden mit uns Menschen.
Das alles sind große Symbole, die für uns eigentlich durchweg positiv besetzt sind:
- die Arche steht für einen Zufluchtsort, den Gott uns schenkt und ist längst nicht nur ein Synonym für die Häuser der offenen Jugendarbeit sondern auch ein Lieblingsmotiv aller Kinderbibeln geworden. Einmütig, friedlich und natürlich auch paarweise ziehen die Tiere in einer langen geordneten Reihe auf das Schiff: Elefanten, Giraffen, Mäuse und Flöhe, Pfauen, Kängurus und Eisbären (Fische sind nicht dabei!!!, denn die biblischen Erzähler waren sehr genau)- keiner gefährdet oder stört einen anderen. Es scheint ein Bild paradiesischer Harmonie zu sein und erinnert in keinster Weise an einen groß angelegten Rettungsplan inmitten einer Naturkatastrophe
- die Taube, ist durch die Zeiten ein Symbol des Friedens gewesen und geblieben - wer kennt nicht Picassos Friedenstaube, die selbst die Bilderwelten der Blocksysteme in den schlimmsten Zeiten des kalten Krieges miteinander verbunden hat...
- schließlich der Regenbogen, nicht nur Greenpeace schmückt sich mit seinen Farben; schon kleine Kinder, die sich vor Gewitter und schlimmen Unwettern fürchten wissen: Wenn der Regenbogen kommt, ist das Schlimmste überstanden.
Man könnte also denken, dies muss eine schöne Geschichte sein und Noah darin ein glücklicher Mann. Immerhin: Gott war als Einzigem mit ihm zufrieden. Nur er war von der Strafe ausgenommen worden und hatte die Katastrophe samt den Seinen überstanden. Überhaupt war es Noahs Anstand und Rechtschaffenheit zu danken, dass Gott überhaupt noch einmal neu mit uns Menschen beginnt.
Noah als Friedensnobelpreisträger par excellance?
Aber manches spricht dagegen, dass dieser ein Glücklicher war.
- Wer ist schon glücklich, wenn er vom Lehrer als Einziger die Strafarbeit nicht aufgebrummt kriegt? Macht einen das nicht eher zum Außenseiter und einsamen Streber als zum herzensfrohen Schüler?
- Es wird nichts erzählt von einem fröhlichen Noah, sondern nur von einem, der schweigt und hinnimmt, was geschieht...
- Schließlich: Wir wissen längst, Katastrophen kann man wohl heil am Leib überstehen, aber unsere Seele und unser Leben zeichnen sie doch, hinterlassen Narben und dünne Stellen. Wir wissen das von unseren Eltern und Großeltern, die als Kriegskinder geboren eine Kindheit in Angst und schrecken überlebt haben, wir wissen das von den Zeitzeugen der schrecklichen Vernichtungsmaschinen der Nazis, wir wissen es von Menschen, die schwere Unfälle oder Krankheiten überlebt haben - "Entronnene sind fürs Leben Gezeichnete"
- und schließlich: Nach dem schrecklichen Tsunami in Südostasien haben wir eine Vorstellung, was eine wirklich große Flut für eine entsetzliche Katastrophe ist. Wenn wir uns außerdem die Ölpest im Golf von Mexiko vergegenwärtigen, dann sehen wir gefährdete, ölverklebte Tiere, und das Wort "Ölzweig" bekommt einen neuen verstörenden Klang.
Wie steht es also mit dem Bund, den Gott mit den Menschen geschlossen hat?
Wie heil ist unsere Welt nach der großen Flut, wie gut kann das Leben in ihr sein?
Viele Gründe genauer nach der Geschichte von Noah zu fragen und deutlich hinzusehen, was uns die biblischen Autoren berichten, damit wir den nächsten Regenbogen richtig verstehen.

2. Der Text in Kontext
Gott hatte in sieben Tagen eine Welt geschaffen, die so war, wie er sie vollkommen fand. Darum heißt es auch. "Und siehe, es war sehr gut." Er hatte sein Werk am Ende gesegnet und die Menschen beauftragt, Kinder zu bekommen und Familien zu gründen und seinen schönen Garten zu bevölkern und diesen Garten zu hegen und zu pflegen samt all den Tieren und Pflanzen, die in ihm lebten.
Es sollte ein beglückendes Miteinander sein - ohne Mühsal, Schweiß und Tränen, ohne Hungersnot und Dürre, ohne Gewalt und Machtkämpfe, ohne Blutvergießen, Hass und Leid - das Paradies eben, eine im wahrsten Sinne des Wortes heile Welt, die sich nur ein grenzenlos Liebender, ein gnadenloser Idealist oder ein Träumer ersinnen kann.
Doch die Menschen, die Gott geschaffen hatte - ihm ähnlich und nach seinem Bilde - wollten selbst bestimmen wir ihr Leben sein sollte - sie zogen Freiheit, Autonomie und damit auch Scheitern und Versagen der behüteten Geborgenheit in Gottes Garten vor.
Im Ergebnis dieser Entscheidung hat Gott sie seines Gartens verwiesen.
Traurig wird er gewesen sein und vielleicht auch gespannt, wie die Menschen sich einrichten würden.
Doch es dauerte nur einen Moment, dann setzte sich in Gang, was wir längst kennen:
Hass, Neid und Konkurrenz. Und es endete mit Gewalt und Mord und Totschlag
Da reute es Gott.
So hatte er seine Erde nicht gedacht.
Das wollte er nicht länger mit ansehen.

Hier nun begegnen wir einem Gedanken, der sich vermutlich mit unserem Bild von Gott reibt, denn wie ist es mit der Reue?
- Wenn ich etwas bereue, dann doch, weil ich einsehe und verstanden habe, dass ich etwas falsch gemacht habe.
- Wenn ich etwas bereue, dann tut mir leid, dass es so gekommen ist, wie es nun ist.
- Wenn ich etwas bereue, dann würde ich gern ungeschehen machen, was ich getan habe.
Kann das auch für Gott zutreffen?
"Es steht viel auf dem Prüfstand, denn antwortet man eindeutig mit Ja oder Nein, so wäre Gott entweder unzuverlässig oder er wäre gnadenlos. Und deshalb kann es keine eindeutige, einlinige Antwort, vielmehr muss es mehrere, durchaus auch widersprüchliche Antworten geben." Auch für die biblischen Autoren muss der Gedanke von Gottes Reue eine komplizierte Vorstellung gewesen sein, vielleicht haben sie ja auch deshalb nicht versucht, den Text in eine konsequente Form zu gießen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war ihnen offenbar wichtig, dass wir verstehen: "Gottes Macht zeigt sich in seiner Fähigkeit zur Schwäche - zu Gefühlen, zum Mitleiden und zur Reue. Das ist Ausdruck der unvergleichlichen Macht Gottes, die darin ihre Besonderheit hat, dass Macht noch über die Macht ist. Gott muss nicht den Regeln der Macht gehorchen - das ist seine Allmacht."
Darum kann es Gott reuen, dass er die Menschen geschaffen hat, denn sie sind böse und eigensüchtig. Darum beschließt er, sie zu vernichten und hinterher mit Noah und seiner Familie noch einmal neu anzufangen.

3. Noah
Über Noah selbst wissen wir nicht viel. Seine Biographie wird nicht erzählt, wir wissen nur, dass im Laufe seines Lebens die große Flut kam, dass es also in seinem Leben ein "davor" und ein "danach" gab, wie man es sich kaum radikaler vorstellen kann. Offenbar umgreift hier also die Lebensgeschichte eines einzelnen kleinen Menschen die große Weltgeschichte und Gottes grundsätzlichen Entscheidungen dazu.
Wenn wir auch wenig über die Lebensumstände Noahs erfahren, so geben die Namen der biblischen Akteure doch in gewisser Weise Auskunft über das Programm ihres Lebens oder erzählen davon, warum ihre Träger Teil der kollektiven Erinnerung des Volkes Israel geworden sind. Noahs Namen könnte man folgendermaßen übersetzen: "Dieser wird uns zum Aufatmen bringen von unserer Hände Arbeit und der Mühsal unserer Hände."
Das mag zunächst überraschen.
Nichts klingt darin von den Wassern der Flut oder Noahs Untadeligkeit an. Doch zeigt sich an diesem Namen, wie wichtig den biblischen Autoren die Kontinuität in der Geschichte Gottes mit uns Menschen ist. Denn mit diesem Namen knüpft Noah an das "davor" also an Adam an, der sich nach dem Rauswurf aus Gottes Garten im Schweiße seines Angesichtes von seiner Hände Arbeit ernähren musste. Gleichzeitig verweist dieser Name auch auf den Neuanfang "danach" und die Hoffnung, dass Leben mehr ist als Mühsal und Arbeit.
Von diesem Mann wird zudem berichtet, dass er Gnade vor Gottes Augen gefunden hatte. In Gottes Augen lebte Noah so, wie Gott sich vorgestellt hatte, dass es mit seinen Menschen sein könnte. Deshalb war dieser war der eine, mit dem er einen zweiten Versuch machen wollte.
Wenn wir uns diesen einen aber genauer ansehen, fällt vor allem auf, dass er schweigt.
Noah spricht nicht. In keiner Phase der dramatischen Ereignisse sagt er ein Wort. Weder kommentiert er Gottes Entscheidung, noch ringt oder hadert er mit ihr. Andere biblische Figuren haben mit Gott stritten ja sogar gefeilscht. Denken Sie an Abraham, der mit Gott um jeden einzelnen Gerechten aus Sodom und Gomorra verhandelt hat! Und wie oft hat Mose bei Gott um Verständnis und Milde für sein ewig unzufriedenes, maulendes Volk gebeten!
Von Noah wird nichts dergleichen berichtet.
Ob es ihm die Sprache verschlagen hat?
Er sagt ja auch nichts, als alles vorbei ist.
Kein Dank, keine Freude, keine Erleichterung - Schweigen.
Auch Gottes Auftrag, ein Schiff - ohne Steuer und Ruder - aber abgedichtet zum Schutz gegen zukünftige Wassermassen zu bauen, nimmt er schweigend entgegen. Immerhin war das ja ein Ansinnen, dass ihm verrückt und abwegig vorgekommen sein muss - Noah lebte schließlich nicht am Meer. Doch er fragt nicht. Er baut den Kasten - anstands- und widerspruchslos, als hätte er mit ihm nichts zu tun.
Aber:
"Noah und die Arche gehören so sehr zusammen, dass man im Deutschen nicht von der Arche Noahs spricht, sondern von der Arche Noah, als ob die Arche selbst so hieße. Ebenso wie Noah zur Arche gehört, gehört die Arche zu Noah. Fragt man nämlich umgekehrt, was eine Arche sei, so wird die Antwort wie selbstverständlich auf Noah und die Sintflut verweisen."

4. Die Arche
Betrachtet man Illustrationen von Kinderbibeln oder gar die entsprechende Playmobilpackung (für so freundlich wird diese Geschichte gehalten, dass man sie Kinder immer und immer wieder spielen lassen will), so muss man denken, dass es sich bei der Arche Noah um ein fulminantes Schiff gehandelt haben muss. Aber eigentlich war die Arche kein Schiff. Sie hatte weder Bug noch Heck und schon gar kein Steuer oder Segel. Sie konnte mithin keinen planvollen Weg zurücklegen, kein Meer queren und schon gar kein Ziel ansteuern. Sie konnte nicht mehr und nicht weniger als die in ihr befindlichen Lebewesen vor dem Ertrinken zu bewahren.
Sie war schlicht und ergreifend ein wasserfester Kasten.
Interessant ist an dieser Arche nun, dass die hebräische Vokabel für diesen Kasten, mit dem Noah, seine Familie und ein Pärchen jeder Tierart auf den Wassern der Sintflut schwimmen, in der Bibel nur noch ein einziges Mal - nämlich für das Schilfkörbchen, in dem der kleine Mose auf dem Nil treibt - verwendet wird. "Offenbar stellt die hebräische Bibel eine enge Verbindung zwischen der Noah- und der Mosegeschichte her, wenn sie an beiden Stellen den bergenden und rettenden Kasten eine teva nennt. Mit Noah beginnt die Geschichte der Menschheit neu, mit Mose beginnt die eigentliche Geschichte des Volkes Israel. Mit Noah und Israel schließt Gott einen Bund."

5. Gottes Neuanfang nach der Flut
In diesem Kasten treiben sie auf dem Wasser, indem alles Leben ertrinkt. Fast könnte man denken, dass es auf der Erde wieder so aussah wie am ersten Schöpfungstag, bevor Gott Wasser und festes Land voneinander schied. "In der Flut, die nun die Erde und das Leben auf ihr auslöschen, wegwischen soll, kehrt etwas vom Zustand der Welt vor der Schöpfung wieder. Kaum deutlicher kann in Wort und Bild kommen, dass die Flut die Schöpfung rückgängig machen soll."
Noah und alle auf der Arche treiben zwischen den Zeiten, zwischen zwei Schöpfungen, bis Gott die Wassermassen zurückweichen lässt und die Taube nicht zurückkehrt.
Noah dankt und opfert und schweigt.
Und Gott entscheidet sich, mit Noah, seiner Familie und allen Tierarten neu anzufangen und diese nicht noch einmal zu vernichten. Er verspricht, die Erde und mit ihr alle Lebewesen zukünftig durch die Wechsel der Tage- und Jahreszeiten zu erhalten. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass seine neuerliche Entscheidung für die Menschen nicht dadurch zu begründet ist, dass sich der Mensch geändert hätte.
"Nach der Sintflut gilt auch für Gott der Grundsatz: Man muss lernen, mit dem Bösen zu leben. Das Böse gehört, jedenfalls alttestamentarisch, von nun an nicht nur zur conditio humana, sondern auch zur conditio divina. Vielleicht hat der göttliche Welterhalter im Spiegel des Menschen sogar gelernt, den bösen Anteil in sich selbst zu entdecken. Das ist die umgekehrte Formulierung des Satzes: dass die Menschen Gott erfanden, indem sie das Böse als Möglichkeit ihrer Freiheit entdeckten und nach einem Weg suchten, damit leben zu können.… Nach der Sintflut kommt es also über den Abgrund des Bösen hinweg zu einem Gottesbund, der zugleich ein Gesellschaftsvertrag ist. Das ist die zweite Schöpfung. Die erste Schöpfung zähmt das Chaos, die zweite Schöpfung das Böse im Menschen. Es zeigt sich, wie grundlegend das anfängliche Chaos und das Böse zusammenhängen. Beide fordern eine Schöpfung im Sinne der Überwindung. Zuerst die Schöpfung der Welt, dann die Schöpfung der Gesellschaft."
Nach der Sintflut entwirft Gott die zweitbeste aller möglichen Welten:
Wie nach der Schöpfung segnet Gott seine Geschöpfe - allerdings nicht Mann und Frau, sondern Noah und seine Söhne. Die zweitbeste Welt ist nicht mehr vollkommen, sondern so wie wir Menschen bestenfalls sein können - auch die Balance zwischen den Geschlechtern ist es nicht mehr.
Auch das Verhältnis zu den Tieren ändert sich grundlegend: "Mit dem Ende der vegetarischen Ernährungsweise, mit der Übereignung der Tiere in die Hand des Menschen werden diese zum Schrecken der Tiere. Damit schließt die Herrschaft des Menschen (todbringende?) Gewalt ein." Aber: "Die gegenüber Tieren nun erlaubte Gewalt soll nicht in zwischenmenschliche Gewalt umschlagen. Es ist die Gottebenbildlichkeit des Menschen, die jeder Hierarchie unter Menschen eine gottgegebene Grenze entgegenstellt."
Damit nun wenigstens diese Welt gelingen kann, gibt Gott den Menschen Gebote: Zukünftig ist es erlaubt, dass Menschen Tiere essen, nicht aber ihr Blut. Und ein für allemal hält Gott fest, dass es den Menschen verboten ist und bleibt einander zu töten.

6. Gottes Bogen in den Wolken
Fast am Ende dieser Bibelarbeit angekommen, haben wir auch das Textstück erreicht, das über diesen Tag gestellt ist. Der Weg dahin war lang aber ich denke notwendig, um zu verstehen, was jetzt geschieht. Denn diesen eben beschriebenen noachitischen Segen und die damit einhergehenden Gebote besiegelt Gott nunmehr mit einem Bund, dessen Zeichen der Regenbogen ist.
Dabei ist "unser Wort ,Bund' nur eine behelfsmäßige Wiedergabe des hebräischen Wortes (Berit). Es kann nämlich die Abmachung selbst, d.h. ihr Zeremoniell, es kann aber auch das dadurch inaugurierte Gemeinschaftsverhältnis zweier Parteien bezeichnen... Es ist keineswegs immer ein Verhältnis der Parität der beiden Partner vorausgesetzt. Oft ist der Bund eine von einem Mächtigeren dem Unterlegenen aufgenötigte Abmachung" Mit anderen Worten: Ein Bund im biblischen Sinne wäre missverstanden, wenn wir in ihm einen Vertrag zweier gleichberechtigter Partner sehen würden. Vielmehr handelt es sich um eine Verpflichtung, die derjenige eingeht, der den Bund schließt. In unserem Fall also Gott.
Wichtig ist dabei immer, mit wem der Bund geschlossen wird, wem die Verpflichtung also gilt. Nach der Flut schließt Gott seinen Bund mit Menschen, Tieren und der Erde. Es ist also eine Selbstverpflichtung Gottes zur Schöpfungsbewahrung: soweit es an ihm liegt (!), soll die Erde nicht noch einmal untergehen. "Die Erde soll nicht mehr verflucht, nicht mehr geringschätzig behandelt, nicht mehr leicht genommen werden. Gott nimmt sie wahr in ihrem eigenen Gewicht, ihrer eigenen Würde." Das bedeutet auch, dass alle Schöpfungsgefährdung, die wir heute erleiden, Menschenwerk ist, denn was Gott betrifft, hat er versprochen, sich diesbezüglich nicht noch einmal zu vergessen.
Sein Bogen in den Wolken schließlich ist kein Wetterphänomen, das Gott zu diesem Zweck erschaffen hätte. Vielmehr stellt er seinen Kriegsbogen in die Wolken und schafft so einen Metapher, die an das prophetische Bild Michas "Schwerter zu Pflugscharen" erinnert.

Zusammenfassung:
Die Welt nach der Sintflut ist nicht mehr heil und nicht mehr vollkommen. Damit trotzdem auch in dieser Welt Leben möglich ist, bedarf es der Selbstverpflichtung Gottes, sie zu bewahren und der der Menschen, seine Gebote zu halten. Aus unseren Überlegungen wird zudem auch deutlich, dass "Gott sich selbst in dieser Geschichte verändert. Gott erscheint zunächst wie ein enttäuschter utopischer Idealist, dessen Maxime ist: Was nicht ist, wie es sein soll, soll gar nicht sein. Am Ende der Geschichte hat Gott sich zum utopischen Realisten gewandelt. Die Zusage gilt einer Welt, wie sie sein kann - nicht ideal, nicht konfliktlos und doch lebenswert."

Zum Schluss:
Hilde Domin
Bitte

Wir werden eingetaucht
und mit den Wassern der Sintflut gewaschen,
wir werden durchnäßt
bis auf die Herzhaut.

Der Wunsch nach der Landschaft
diesseits der Tränengrenze
taugt nicht,
der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten,
der Wunsch, verschont zu bleiben, taugt nicht.

Es taugt die Bitte, dass bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringe.
Dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei,
dass noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden.

Und dass wir aus der Flut,
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.




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