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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 132 - Dezember 2010


Die Abschiedsrede

von Kirchenrätin Freia Bosse
(Download als pdf hier)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender der Propsteisynode,
sehr geehrter Herr Propst Hofer,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte diese für mich letzte Propsteisynode nutzen, um mich bei Ihnen, und zwar bei Ihnen stellvertretend für Ihre Kirchengemeinden für das mir in meiner Zeit als Verwaltungsleitungsleiterin des Kirchenverbandes entgegen Vertrauen zu bedanken.
29 Jahre Tätigkeit im und für den Kirchenverband sind es nun geworden, eine für mich damals als junge Berufsanfängerin unvorstellbare Zahl.
Es war eine intensive und arbeitsreiche Zeit mit immer neuen Anforderungen und Herausforderungen.
Bis zum Jahre 2002 war die Propsteisynode zugleich das zuständige Organ des Kirchenverbandes, hatte also auch die Aufgabe der Verbandsversammlung. Mit dem Jahre 2002 kam die Trennung der Aufgaben, eine strukturelle Trennung, die meines Erachtens gut ist, die aber von den Kirchengemeinden noch stärker als Chance begriffen und auch ergriffen werden müsste.
Trotz dieser strukturellen Trennung durfte ich weiterhin bei Ihnen in der Propsteisynode Gast und Berater, d.h. für mich hat sich an der willigen Zusammenarbeit mit der Propstei wenig geändert.
Als ich vor 29 Jahren meinen Dienst beim damals noch „Stadtkirchenverband“ begonnen habe, wurde ich mit vielerlei Erwartungen, die mit dieser Stelle verknüpft sind, konfrontiert. Eine Erwartung, die mir gegenüber gleich in den ersten Monaten ausgesprochen worden war, die für die Kirchengemeinden zu durchbrechende Dornenhecke, Dornenhecke stand für die rechtlichen Regelungen, die die Kirchengemeinden umgeben. Um in diesem Bild zu bleiben kann ich sagen, ich war während meiner Zeit als Justitiarin und Verwaltungsleiterin sicher nie Dornrösschen und auch nie der mutige Prinz. Dies liegt allerdings nicht darin, dass ich zu schläfrig oder auch zu wenig mutig war, vielmehr sind für mich die rechtlichen Regelungen keine Dornenhecke, ich begreife diese vielmehr immer als Hilfestellung und Leitfaden. So war es auch immer mein Bestreben, Ihnen diese Rechtsvorschriften als Hilfestellung verständlich zu machen und rechtssichere Wege aufzuzeigen. Mein Anliegen war und hier wiederhole ich das, was ich auch schon in der Verbandsversammlung gesagt habe, sie als Kirchengemeinden zu unterstützen, Ihnen Hilfestellung zu geben und Sie zu befähigen, Ihre Rechte, aber auch die Ihnen obliegenden Pflichten wahrzunehmen. Ob mir dies gelungen ist, ob es mir gelungen ist, dies in rechter Weise deutlich zu machen, ob es mir gelungen ist, Ihnen wirklich Hilfestellung und Begleitung zu geben, kann ich nicht beurteilen.
Sicherlich habe ich mit meinen Zielsetzungen und meinem Bestreben nicht nur mich, sondern auch Sie manchmal ganz schön gefordert, vielleicht auch das eine oder andere Mal überfordert. Vielleicht war die Deutlichkeit, mit der ich manches an- und ausgesprochen habe, gewöhnungsbedürftig, vielleicht auch nicht immer bekömmlich, vielleicht und wahrscheinlich auch nicht immer richtig.
Mein Interesse oder gar Absicht waren es aber nie, Ihnen etwas zu erschweren, Besserwisserin zu sein oder meine eigenen Ziele durchzusetzen. Ich wollte es immer nur „ganz richtig“, „hundertprozentig richtig und rechtssicher“ machen und habe da vielleicht für alle die Messlatte manchmal sehr hoch gehängt.
Auch hier möchte ich mich im Hinblick auf das, was ich bereits in der Verbandsversammlung gesagt habe, noch einmal wiederholen und einen Pfarrer zitieren, von dem ich mich mit seiner Äußerung ertappt aber auch sehr gut beschrieben gefühlt habe:
„wenn man die Schrecksekunde überwunden hat, merkt man, dass Frau Bosse hilfreich ist“.

Wenn dies die Quintessenz meines aktiven Wirkens ist, bin ich dankbar; für die Schrecksekunde bzw. für zahlreiche Schrecksekunden bitte ich um Nachsicht und Verzeihung.
Dankbar bin ich auch, dass ich in meinem Arbeitsbereich nicht nur Akten studieren musste, sondern viele Lösungen im Gespräch mit Ihnen erarbeiten konnte und immer wieder Einblicke in die so vielfältige Gemeindearbeit bekommen habe, dass ich das vielfältige Engagement der Kirchengemeinde, der Kirchenvorstände in ihren unterschiedlichen Zusammensetzungen kennen lernen durfte.
Dies hat meinen Blick erweitert und geschärft zugleich hat auch dazu geführt, dass ich meine Entscheidungen immer wieder auf Praxisnähe überprüfen und auch manchmal korrigieren musste. Auch wurde so immer wieder für uns bzw. für mich als „Verwaltung“ den Blick auf das gelenkt, für das wir alle, Kirchengemeinden, Kirchenvorstände, Kirchliche Verwaltungseinheiten gemeinsam einstehen und arbeiten.

Kraft in all den Jahren und das sage ich hier mit aufrichtigem Dank, hat mir Ihr großes Vertrauen und die stetige positive Rückmeldung gegeben. Hätte ich Sie nicht so an meiner Seite gewusst, hätte ich manche Konfliktsituation nicht so gut ertragen und verarbeiten können. Dieses Gefühl, gebraucht zu werden, dass Sie mir immer vermittelt haben, aber auch die Zusammenarbeit mit Ihnen werde ich sicher vermissen. Bis hin zu der schönen Erfahrung, dass mancher dankbar war, wenn ich ihm sagen konnte, wo was steht, dass ich manchmal nur die Rechtsvorschriften mit Betonung vorlesen musste und schon geholfen hatte. Die Erinnerung wird diese schönen Erfahrungen sicher noch ein wenig verklären! Insgesamt darf ich sagen, dass ich aus meiner Zeit im Verwaltungsamt des Kirchenverbandes und der Zusammenarbeit mit der Propstei viel Positives mit nehme.

Für Sie, für die Gemeinden stehen ab 2011 Veränderungen an, nicht nur personeller Art. Ich habe während meiner Dienstzeit gelernt, aber auch erfahren dürfen, dass Klarheit und Offenheit, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen, Transparenz und die Bereitschaft, Entscheidungen zu begründen, aber auch hinterfragen zu lassen Voraussetzungen dafür sind, etwas auf den Weg zu bringen und zwar gemeinsam, Veränderungen und Einschnitte zu akzeptieren, nicht nur hinzunehmen.
Fordern Sie diese Voraussetzungen immer wieder ein, aber erfüllen Sie sie auch selbst.
Strukturen sind nur so gut, wie sie gelebt werden. Dabei ist es wichtig, dass wirkliche Ziel unserer Arbeit nicht aus dem Auge zu verlieren.
Ihnen und auch meiner Nachfolgerin wünsche ich eine ebenso gute Zusammenarbeit, ebenso positive Erfahrungen wie ich sie machen durfte und danken Ihnen aufrichtig für alles, was ich in den zurückliegenden 29 Jahren erfahren durfte und nun auch als Erfahrung und Erinnerung mitnehmen kann.

Gott segne und behüte Sie
Freia Bosse




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