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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 138 - Dezember 2015


Zu diesem Heft

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Im Ernst - können wir das wirklich singen und auf uns beziehen – vom Volk, das im Finstern wandelt? Wir haben es in Offleben wegen der herben Melodie im Advent immer und immer wieder gesungen. Ich vermisse es. Aber in diesem Jahr? Zu keinem Zeitpunkt ging es der Masse der deutschen Bevölkerung derart gut, wie heute. Den Kirchen inbegriffen. Den Pfarrhäusern auch. Im Finstern? Wir – das Volk, das im Finstern wandelt? Wenn nicht wir - wem gilt dann die Verheißung vom großen Licht?
Vielleicht hilft das Wort „Advent“ (Ankunft) zum Verstehen von dem Finsteren. Advent gleich: Christus kommt. Wer kommt, ist nicht da. Wer noch kommt, ist noch nicht da. Christus kommt ja, d.h. er ist jetzt nicht da. So erlebe ich den Advent, als die Zeit des abwesenden Christus. Kirche ohne Christus. Gewiss, in Erwartung, aber noch nicht da. Die Gemeinde muss die Erfahrung der Abwesenheit des Heilandes zunächst zulassen. Mehr noch: die Erfahrung der Abwesenheit Gottes. Er habe sich, so die a.t. Lesung für den 2. Advent, in den Himmel zurückgezogen. Der Himmel müsse aufgerissen werden, singt die Gemeinde. Sie müsse, so die Figur des 3. Advent, des Johannes d. Täufers, umkehren. Umkehren zu Gott und ihrem Heiland. Sie befindet sich woanders, nicht in der Nähe Gottes.
Wie fühlt sich das an, Welt ohne Gott, Kirche ohne Christus? Wirklich so schlecht? Mal ganz frei, mal ohne Aufsicht von oben. Mal nach eigenen Gesetzen und Werten! Ohne die Bergpredigt regieren und die Welt gestalten. Ohne lästige Gebote, die man sich sonst mühsam zurechtinterpretieren muss. Mal nicht weltfremd, sondern in der Welt und mit der Welt, eben ganz modern.

Es ist nicht die Abkehr der sündigen Welt von Gott, das Thema ist ja nun oft genug gepredigt worden, sondern die Abkehr Gottes von seiner Schöpfung. Nicht das erste Mal.
Und die Abkehr des Christus von seinen Jüngern, der im Weggehen zu ihnen sagt: „Es ist euch gut, dass ich hingehe.“ Gut für uns ohne Christus? Gut für uns ohne transzendentale Aufsicht?

Die Gründungsmutter der ökumenischen Kommunität Imshausen bei Bebra, Vera von Trott zu Solz, antwortet auf die selbstgestellte Frage: „Wer ist Jesus von Nazareth für mich?“ so: „Er ist der immer Fortgehende. Ich kann mich nicht einrichten mit Ihm. Immer neu steht alles in Frage. Ich möchte das anders. Ich möchte endlich angekommen sein, mich einrichten dürfen, wissen, woran ich bin. Und ich höre doch nur sein: „Es ist euch gut, dass ich hingehe.“
Das also gilt es auszuhalten, die Finsternis einer Kirche und eines Lebens ohne Christus und ohne Gott.
In der Finsternis mag eine Sehnsucht entstehen. Kirche in der Welt sehnt sich nach Gott, nach dem erlösenden Wort. Wirklich? Was nach der Erlösung kommt, weiß keiner. Denn: gibt es Erlösung ohne Umkehr? Das weiß sie, denn das sagt ihr Johannes der Täufer. Also: Risiko!

Wo sind wir? Beim Volk das im Finstern wandelt? Mit dem Wörtchen „noch“ im Hinterkopf. Noch im Finstern wandelt. Das öffnet einen Spalt in der Finsternis. Aber es steht nicht im biblischen Text. Es bleibt bei vier Adventswochen: Gemeinde ohne Christus und ohne Gott.

Dieses Heft ist ein Rückblick auf Einiges im letzten Vierteljahr in unserer Landeskirche. Zufällig, dies und das und wie es uns erreicht. Aber doch besser als gar nichts.
Es grüßen die Leserinnen und Leser herzlich zum Advent, Weihnachtsfest und Jahreswechsel mit der letzten Strophe des umseitig zitierten Liedes EG 20:

„Dann stehen Mensch und Mensch zusammen vor eines Herren Angesicht und alle alle, schaun ins Licht und er kennt jedermann mit Namen.“

Ihre Herbert Erchinger und Dietrich Kuessner




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