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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 140 - Dezember 2016


Predigt in St Petri Braunschweig am 2. Advent 2016

von Herbert Erchinger
(Download als pdf hier)

Lk 21,25-33

Liebe Gemeinde
Katastrophenängste sind heute mitten unter uns: Klimawandel, Tsunamis, Atomunfälle,Cyber-Angriffe, Überschwemmungen, Krankheitsepidemien, Kriege, Flugzeugabstürze, Millionen Flüchtlinge. Plötzlich sind die Sicherheitsgefühle, die Geborgenheit einer Wohlstandsgesellschaft, der 70 Jahre Frieden geschenkt wurde, wie weggewischt. Abgründe tun sich auf. Die nüchterne Zuversicht des „Wir schaffen das“ ist wie weggeblasen.

Liebe Gemeinde . Katastrophenängste begleiten die Menschen aber schon immer. In allen Kulturen, allen Religionen,in allen Familien und Biografien. Wir müssen ihnen ins Auge sehen. Das lehrt uns auch Jesus in unserem Bibeltext: „Auf Erden wird den Völkern bange sein und die Menschen werden vergehen vor Furcht.“ Aber Jesus verbindet diese Ängste mit der Hoffnung auf seine Wiederkunft im Reiche Gottes. Doch wie passt das zusammen?
Die ersten Christen haben ja die Wiederkehr Jesu Christi mit dem Reiche Gottes am Jüngsten Tage
noch zu ihren Lebzeiten erwartet. Sie glaubten aber, dass dieser Wiederkehr Christi am Jüngsten Tage eine Katastrophe vorausgeht. Erst der Weltuntergang, dann das Reich Gottes. Das hört sich schlimm an, hat aber die Hoffnungsfähigkeit gesteigert. Sie ließen sich durch schlimme Entwicklungen und Katastrophen nicht beirren. Jesus wird kommen! Sie schauten durch die Ängste und Katastrophen hindurch selbst in der mörderischen Christenverfolgung des Kaisers Nero voller Hoffnung auf die Wiederkehr Christi und das Kommen des Reiches Gottes.
„Denn dort, wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch!“ bringt es der Dichter Hölderlin auf den Punkt.
Aber woran können wir heute denn erkennen, dass die Welt nicht untergeht trotz aller Katastrophen und dass das Reich Gottes nahe ist und Jesus Christus wiederkommt?
Liebe Gemeinde: Ganz einfach: An der Nächstenliebe, am Verzeihen und Versöhnen, an den kleinen Zeichen der Barmherzigkeit, die uns zeigen, dass die Welt nicht untergeht.
„Alles vergehet, Gott aber stehet ohn alles Wanken. Seine Gedanken, sein Wort und Wille hat ewigen Grund. Sein Heil und Gnaden die nehmen nicht Schaden, heilen im Herzen die tödlichen Schmerzen, halten uns zeitlich und ewig gesund.“ Das dichtete Paul Gerhard mitten in der Katastrophe des 30jährigen Krieges. Das heißt: Wir Christen wollen uns nicht verwirren lassen durch Ängste, Katastrophen und Pessimismus.

Die Naherwartung der Wiederkehr Jesu Christi hat die Christenheit lange beschäftigt . Insbesondere die Sekten. So stiegen die Adventisten noch im 19.Jh in Amerika auf die Berge, weil sie aus dem Buch der Offenbarung des Johannes den Tag der Wiederkunft Jesu Christi genau berechnet zu haben glaubten. Ohne Erfolg, es kam niemand..

Die Erwartung der Wiederkunft Jesu Christi ist ja tatsächlich ein großer Impuls für echte Frömmigkeit und verantwortungsbewusstes Leben. Wer mit der Erscheinung Jesu rechnet, der nimmt seinen Glauben ernst. Wir sehen das heute aber theologisch anders.
Denn Jesus kommt täglich und nicht erst am Jüngsten Tag. Und wie er kommt in seinem Segen, in seiner Ermutigung, in der Nächstenliebe, in Verzeihung, Barmherzigkeit und Friedfertigkeit, das müssen wir lernen, zu erkennen. Dazu dient die Adventszeit.

Ja, auch wir sind Adventisten, aber wir steigen nicht mit einer Taschenuhr auf die Berge, sondern sehen auf die Herausforderungen und Chancen des Lebens, wo Jesus täglich mitten unter uns gegenwärtig wird. “Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“ „Darum sehet auf und ehebet Eure Häupter , darum, dass sich Eure Erlösung naht!“
Jeden Tag die Adventstür neu aufmachen, um Jesus Christus zu erkennen in Toleranz und Liebe.
Jeden Tag bereit sein für positive Überraschungen des Lebens. Auch im Kleinen das Große erkennen. Auch in denen, die uns brauchen Jesus erkennen.“Was Ihr getan habt einem meiner geringsten Schwestern und Brüder, das habt Ihr mir getan“.So betont Jesus seine Gegenwart. So verstehen wir heute die Wiederkunft Jesu Christi.

Heute ist auch der Klimawandel tatsächlich ein großer Angstfaktor der Menschen. Genau wie es im Predigttext heißt: „Sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres und die Menschen werden vergehen vor Furcht und Erwartung der Dinge, die da kommen sollen.“
Diese biblische apokalyptische Prophezeiung erscheint heute hoch realistisch und aktuell angesichts der Erderwärmung.Die Überschwemmungskatastrophen nehmen deutlich zu, die Ozeanpegel steigen ständig.

Und theologisch kommt noch dazu, dass wir Menschen inzwischen wissen, dass wir selber schuld daran sind durch maßlosen Energieverbrauch und Verschmutzung der Atmosphäre Um diese Ängste abzubauen, müssen wir selber tätig werden und uns ändern. Aber das geht nur, wenn wir nicht von unseren Ängsten gelähmt werden.

Und genau hier setzt der Glaube an in der Zuversicht, die Jesus uns schenkt. Das will uns der Advent vermitteln: Macht das Licht an, zündet Kerzen an und trotzt damit der Dunkelheit der Ängste! Wir sind nicht verloren, die Zukunft vernichtet uns nicht, sondern wird mit Gottes Hilfe gerettet werden. Das Meer der Ängste wird uns nicht überschwemmen.Das ist die Zuversicht der Adventszeit. Ja, viele Advents- und Weihnachtslieder singen von der Rettung der Menschheit: „Welt ging verloren- Christ ward geboren!“ „Er wird nun bald erscheinen in seiner Herrlichkeit und all euer Klag und Weinen verwandeln ganz in Freud.“ „Ich lag in schweren Banden, die kommst und machst mich los. Ich stand in Spott und Schanden, du kommst und machst mich groß.“

Es geht also nicht nur um Rettung aus äußeren Gefahren. Es geht um Rettung aus Angst, Pessimismus, Ratlosigkeit, Depression und Verzweiflung in die Aktivität der Hoffnung und Zuversicht, in Barmherzigkeit und Nächstenliebe, die Jesus uns schenkt .
Nur wer die Angst überwindet durch den Glauben an Jesus Christus und nicht vor Angst den Kopf in den Sand steckt wie der Vogel Strauß, wird die Zukunft bewältigen mit Gottes Hilfe.
Ja, dort wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch.

Als Christen wollen wir uns nicht von negativen Prognosen beirren lassen. Wir wollen Pfeiler der Hoffnung bleiben mitten im Meerestoben der Ängste.
Jetzt erst recht treten wir ein für Frieden, Versöhnung, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Da ist Jesus ganz schnell bei uns.
Diesem Perspektivwechsel dient die Adventszeit.
Amen




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