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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 140 - Dezember 2016


Bericht über den Lektürekurs „Der Koran und was er mit dem Christentum gemeinsam hat“
in der evangelischen Akademie Abt Jerusalem in Braunschweig im Herbst 2016

von Hans Dieter Schultze
(Download als pdf hier)

Seit fünf Jahren besuche ich die theologischen Kurse, die Akademiedirektor Dieter Rammler in der evangelischen Akademie Abt Jerusalem im Theologischen Zentrum Braunschweig der evangelischen Landeskirche im ehemaligen Predigerseminar in Zeughof veranstaltet. Herr Rammler vermittelt dort fundiert und spannend theologischen Laien historisch-kritisches Wissen über Grundtexte der Bibel. Die Kurse stießen von Anfang an auf lebhaftes Interesse und verzeichneten - etwa bei dem Kurs über die biblische Urgeschichte im letzten Frühjahr - bis zu 50 Teilnehmer.

Diesen Herbst gab es einen interessanten Themenwechsel. Herr Rammler und Pfarrer Janis Berzins von der Paulikirche veranstalteten erstmals einen Kurs zum Thema „Islam“, und zwar zum Thema „Der Koran und war er mit dem Christentum gemeinsam hat“. Der Kurs war mit fast 60 Teilnehmern der bisher am besten besuchte Kurs der bisherigen Veranstaltungsreihe. Den Hauptteil der Vorträge bestritt Pastor Berzins, der als Islambeauftragter der Landeskirche auf diese Aufgabe bestens vorbereitet war. Herr Rammler rundete die Vorträge von Herrn Berzins als Co-Referent jeweils mit Themen ab, die sich in das Grundthema einfügten.

Die Vortragsreihe war so aufgebaut, dass an den fünf Sitzungen von September bis November 2016 jeweils ein Thema – Schöpfung, Abraham, Jesus, Maria und Gericht – aus der Sicht des Christentums und des Islam behandelt wurde. Zu den einzelnen Sitzungen wurden jeweils die einschlägigen Suren-Texte des Koran den Teilnehmern in Kopie zur Kenntnis gegeben und gemeinsam gelesen. Aus der gemeinsamen Lektüre ergaben sich dann jeweils Fragen, die von den Teilnehmern mit den beiden Referenten erörtert wurden. Ich hatte gedacht, dass es wegen der Vielzahl der Teilnehmer zu keiner großen Diskussion kommen würde. Aber die Teilnehmer waren mit erstaunlichem Engagement bei der Sache. Man merkt, dass das Thema „Islam“ die Menschen interessiert!

Was der Kurs wesentlich vermittelte, war die erstaunliche Gemeinsamkeit, die zwischen den heiligen Texten von Christentum und Islam besteht. In den behandelten Koranstellen nimmt der Koran wesentliche Glaubensinhalte des Juden- und Christentum in seinen Kanon auf. Der Koran hat die gleiche Schöpfungsgeschichte und die gleiche Ur- und Vätergeschichte. Hohammes verweist auf die fünf Bücher Mose und die Propheten und anerkennt sie als heilige Schriften auch des Islam. Jesus wird mit seinem christlichen Titel als Gesalbter, also als Christus, anerkannt, Maria wird ausführlich mit Details ihrer Familiengeschichte als Mutter Jesu gewürdigt und auch in der Behandlung des Jüngsten Gerichts bestehen erstaunliche Gemeinsamkeiten. Für meine Verhältnisse löst der Koran manche theologischen Probleme sogar besser als die Bibel: Statt der Jungfrauengeburt, die den christlichen Theologen bis hin zu Uta Ranke-Heinemann erhebliches Kopfzerbrechen bereitet, schickt Allah Maria einen wohlgestalteten jungen Mann, um mit ihr Jesus zu zeugen. Und im Paradies werden die Gläubigen von schönen Knaben und Mädchen umsorgt, statt wie die Christen nur immer „Jauchzet, frohlocket“ zu singen!

Wie sich in der Schlussbesprechung zeigte, bietet der Kurs eine gute Grundlage, um auf der Basis der übereinstimmenden heiligen Texte die Gemeinsamkeiten zwischen den monotheistischen Religionen auszubauen. Es bestand allgemein der Wunsch, weitere Kurse gemeinsam mit Muslimen vorzuhalten. Hier sollten m. E. dann aber auch kritische Fragen angesprochen werden wie der weitverbreitete Fundamentalismus. Es sollten auch stärker die Ergebnisse historisch-kritischer Forschung zum Islam zur Sprache gebracht werden. So werden in dieser Forschung – etwa bei Kurt Bangert, Muhammad, Springer 2016 - sowohl die Existenz Mohammeds als auch die Überlieferungsgeschichte des Islam massiv in Frage gestellt . Nach Bangert ist der Islam eine christliche Sekte auf der Basis des semitischen Christentums!




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