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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten
Extrablatt - Mai 2009
zum 75sten Geburtstag von Dietrich Kuessner


Der Landessynodale Dietrich Küssner

- Ein ungehaltenes Interview -

geführt von von Harald Welge
(Download als pdf hier)

I: Sehr geehrter Herr Küssner, ich...

K: Was geehrter? Wissen Sie, was Sie sagen?

I: Soll ich "lieber Herr Küssner" sagen?

K: Nee, lieb bin ich nicht; jedenfalls nicht zu jedem. Den suche ich mir schon selbst aus, zu dem ich lieb bin.

I: Also ohne Anrede. Sie waren gern Landessynodaler? K: Gern? Mit Inbrunst!

I: Sie waren allerdings auch gefürchtet.

K: Das hoffe ich doch.

I: Sie haben sich 1990 von der Propsteisynode Helmstedt in die Landessynode wählen lassen,...

K: Na, na, ich wurde gewählt.

I: und waren dann zwei Legislaturperioden Mitglied. K: Ja.

I Worauf legten Sie besonderen Wert?

K: Auf eine Theologie. Eine Kirche braucht eine theologische Auseinandersetzung. Natürlich nicht losgelöst im theologischen Lokus, sondern für die Gestalt der Kirche. Dazu gehört natürlich der Haushalt. Eine ordentliche Haushaltsführung, die einer Kirche entspricht.

I Und was meinen Sie damit?

K: Natürlich, dass man das Geld nicht nur wie den goldenen Schatz bewacht und betuttelt. Wir wollten in der solidarischen Kirche eine Geldanlage, die auch sozial zu verantworten ist. Und das Geld muss vernünftig ausgegeben werden - also mit Geld macht man auch Politik - oder besser: die Politik arbeitet mit dem Geld; das Geld ist Mittel und nicht Zweck und Ziel.

I Sie gelten als unbequem.

K: Ja für die, die es sich bequem machen wollen, ist das dann wohl so angekommen. Ich habe nur meine Pflicht getan. Auf eine Synodaltagung bereitet man sich vor; das hatten so manche Synodale manchmal vergessen.

I: Sie haben gern Ihre Finger in die Wunde gelegt. K: Die Wunde? Das waren doch mehrere. I: Aber Sie haben es immer wieder gern getan.

K: Wunden muss man nicht eitern lassen. Den Finger drauflegen, heißt, Heilung herbeiführen. Das führt dann zu einem munteren Streit.

I: Sie streiten gern?

K: (lacht laut und noch lauter) Natürlich!

I: Wieso macht Ihnen das Streiten Spaß?

K: Weil man sich dann näher kommt. Weil dann die Tünche weggerissen wird. Weil man sich dann versteht.

I: Das verstehe ich nicht.

K: Der andere und das andere Urteil sind mir nicht gleichgültig. Im Streit zeige ich doch Interesse. Wir streiten viel zu wenig.

I: Sie sind aber auch manchmal aus der Haut gefahren, haben sogar in Harzburg den Synodalraum Türen knallend verlassen.

K: Wenn gelogen wird, kann ich das nicht leiden. Und wenn die Schamgrenze überschritten wird: das verbitte ich mir. Und dieses Recht habe ich - wie jeder andere.

I: Aber Sie waren auch nicht gerade zimperlich im Umgang mit anderen.

K: Joa. Das gehört dazu. Und man kann sich vertragen, auch wenn man in der Sache auseinandergeht.

I: Sie haben als einziger an ein Jubiläum des Präsidenten Eckels gedacht. Sie haben oftmals, für alle überraschend, Bischöfe und Oberlandeskirchenräte positiv herausgestellt, ihnen gedankt. Sie haben Ihre Haushaltsrede mit einem Dank begonnen für all das Geld, das die Kirche bekommen hat. Das passte nicht zu dem zürnenden Küssner, den die Synode so kannte - und dann jeweils überrascht war.

K: Du sollst dir kein Bildnis machen. Ich empfehle die Bibel und Max Frisch, Andorra.

I: Besonderes Aufsehen brachte bei der Landessynode in Königslutter, als Sie mit der Dame, die auch noch Mitglied der Kirchenregierung war, morgens unbekleidet im Swimmingpool schwammen.

K: Naja, das war eben ein bisschen paradiesisch. Aber völlig ungefährlich; war doch ne Frau.

I: Sie hatten mit der Kirche zu kämpfen - sogar vor Gericht.

K: Ich kann mich für diese Beachtung seitens der Landeskirche nur bedanken. Wann wird man schon mal so wichtig genommen.

I Aber am Ende der zweiten Synodalperiode hatten Sie schon eine gewisse Narrenfreiheit.

K: Das war eine Ehre. Bei Shakespeare sprechen die Narren die Wahrheit aus, die ja sonst keiner hören will.

I Ist es richtig, dass Sie einmal zu einem Synodalen, der einen Antrag gestellt hatte, gesagt haben, allerdings sehr leise: Ich spreche jetzt gegen deinen Antrag, dann kriegst Du ihn durch.

K: Das kann sein. Weiß ich nicht mehr.

I: Heißt das, dass Sie sich selbst nicht so wichtig nehmen?

K: (lacht noch lauter) Nein, natürlich nehme ich mich wichtig. I: Sind Sie bußfertig?

K: Das weiß ganz allein nur der liebe Gott (lächelt), nein, nicht der liebe Gott - aber DER.

I: Möchten Sie zum Schluss noch etwas sagen?

K: 0 ja, noch viel.

I: Dann danke ich Ihnen für das Gespräch. Auf wiedersehen Kern Küssner. Bleiben Sie bedeutsam!




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Impressum und Datenschutzerklärung  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/kvuExtrablatt/welge.htm, Stand: Mai 2009, kd