Kirche von unten:
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Tabellenanhangzum Vortrag
Die Stadtgrenzen sind nicht zugleich die Grenzen der Propstei Braunschweig. Daher ist ein Vergleich mit Zahlen aus der Propstei nicht möglich. Die Zunahme der Stadtbevölkerung beruht auf einer erhöhten Geburtenziffer, auf Zuwanderungen, insbesondere nach dem 2. Weltkrieg, und auf Gebietsreformen, in der Dörfer um Braunschweig in das Stadtgebiet einbezogen wurden, insbesondere nach 1933. Entsprechend wächst die absolute Zahl der evangelischen Bevölkerung, während der prozentuale Anteil kontinuierlich abnimmt mit Ausnahme in den 50er Jahren. Der Anteil der römisch-katholischen Bevölkerung nimmt ständig zu, weshalb es mehr als berechtigt war, dass die Ägidienkirche der römisch-katholischen Kirche zuerkannt wurde. In den 50er Jahren nahm der Anteil der Dissidenten ab und der evangelischen Bevölkerung zu. Anhang 2
Quelle: Die Zahlen sind den Angaben der Zusammenstellung der Propstei Braunschweig Stadt aus der Tabelle II entnommen, die sich in der Propsteiablage Statistik Bd I befinden. Der Mitgliederbestand der Landeskirche bleibt in den 50er Jahren stabil, und verändert sich bis 1968 kaum. Die Mitgliederzahlen stammen aus den Angaben bei den Volkszählungen 1950 und 1960. Die Zahl der Taufen steigt seit 1958 in den nächsten zehn Jahr kontinuierlich auf knapp über 2.000 Täuflinge. Die Zahl der Konfirmanden ist stark von den Geburtenjahrgängen abhängig. Die Zunahme bedeutet nicht, dass sich im Verhältnis mehr Jugendliche konfirmieren lassen. Auch die stabile Anzahl der kirchlichen Trauungen zeigt, dass die 50 und die 60er Jahre statistisch gesehen, zusammengehören. Ein Bruch erfolgt Ende der 60er Jahre, der ab 1970 signifikant wird. Das wird an den Austrittszahlen deutlich. In der Eintrittsziffer sind auch Übertritte aus der katholischen Kirche und Erwachsenentaufen enthalten. Deswegen halte ich diese Spalte für unklar. Erst ein Vergleich der in Klammern gesetzten Ziffer, die die Wiedereintritte wiedergeben, mit den Austrittsziffern ermöglichen einen Vergleich von Eintritten und Austritten. Dann wird deutlich, dass die Austritte die Eintritte von Anfang an übertreffen; also 1955: 784: 270; 1959: 746: 233. Ein gewisser Bruch ist bei den Zahlen für den Kindergottesdienst, die in den 50er stabil um 1.600 bleiben und in den 60ern dann sinken. Das ist die bekanntre Tatsache des veränderten Freizeitverhaltens von Eltern und Kindern. Anhang 3
Die Statistik ist nach den Angaben der Tabelle II der Übersicht für die Propstei Braunschweig Stadt erstellt worden. Sie befindet sich in Statistik Bd I der Propsteiablage. Danach hat die Mitgliederzahl zwischen 1955 und 1960 um rund 10.000 Mitglieder zugenommen. Die steigende Zahl der Mitglieder verursacht die Zunahme der Taufen um 288 Täuflinge. In der Regel werden die Kinder bald nach der Geburt getauft. Erstaunlich ist aber die hohe Zahl von 918 Täuflingen im Jahr 1956, die später getauft worden sind. Da eine Differenzierung nach dem Alter aus dieser Tabelle nicht hervorgeht, ist nicht feststellbar, ob Taufen im Zusammenhang mit der Konfirmation "nachgeholt" worden sind. In der Regel ist bei konfessionsverschiedenen Eltern, die eine evangelische Taufe begehren, der Vater katholisch und die Mutter evangelisch. Der Anteil ist proportional etwa gleichbleibend. Wenn die Mutter katholisch ist und doch eine evangelische Taufe gewünscht wird, ist zu vermuten, dass das konfessionsverschiedenen Ehepaar auch evangelisch getraut worden ist. Die Anzahl steigt fortlaufend von 59 (1955) auf 111 (1967). Wenn ein Elternteil nicht der Kirche angehört, so sollte dieser Teil schriftlich erklären, dass er die evangelische Erziehung des Kindes nicht hindern wolle. Wo die Erziehung bei der Mutter lag, erscheint eine solche Erklärung hinnehmbar. Dass allerdings auch dissidentische Mütter die Taufe begehren, was im Verhältnis zur Anzahl der Taufen zwar selten ist, aber doch immer wieder vorkommt, finde ich auffällig. Eine besondere Herausforderung für die Seelsorge sind jene Eltern, die beide nicht der Kirche angehören, und trotzdem ihr Kind taufen lassen wollen und dafür auch einen Pfarrer finden, es sind von 1955- 1960 immerhin 220 dissidentische Elternpaare. Es sprach sich in der Stadt herum, welcher Pfarrer "es" macht und welcher nicht. Die Taufpraxis war in den 50ern Jahren unterschiedlich. Es gab noch keine allgemein verbindliche Lebensordnung als Richtschnur für das pastorale Handeln. Anhang 4
Die Ziffern in der dritten Spalte sind in der vorhergehenden zweiten mit enthalten, ebenso die Eintritts- und Übertrittszahlen in denen von der Landeskirche. Die Kirchenaustritte sind in der Nachkriegszeit und bis in die 50er Jahre hinein eine ausgesprochen städtische Erscheinung. Allerdings fällt in einer kleinen Landeskirche doch das Ausmaß auf. 1948 traten 738 Personen in der Stadt Braunschweig aus der Kirche aus und aus der gesamten übrigen Landeskirche nur noch 115. Im Jahr 1949 ist das Verhältnis ähnlich krass: Stadt Braunschweig: 3.019 Austritte, in der übrigen Landeskirche 640. 1949 vollziehen sich 82 % aller Austritte in der Stadt. Braunschweig, im Jahr zuvor waren es sogar 86 %. In den 50er Jahren verbessert sich das Verhältnis zugunsten der Stadt Braunschweig: 1951 sind es 66 % und 1955 67 %. Ich halte es für trügerisch, die kirchlichen Verhältnisse auf dem Lande für sehr viel besser zu halten, aber die Absicht, die bereits gelockerten Beziehungen zu lösen, sind in der Stadt sehr viel größer. Bei den Kircheneintritten hält sich das Verhältnis Stadt/Land grob gesehen die Waage. Da etwa ein Drittel aller Kirchenmitglieder in der Stadt Braunschweig wohnt, ist die Eintrittswilligkeit in der Stadt größer. Dabei bleibt offen, ob diese Eintritte auch stabil bleiben oder ein Hinweis darauf sind, das die Mitgliedschaft zu besonderen Anlässen in der Stadt eher gewechselt wird. Erstaunlich sind die Übertrittszahlen. Sie erfassen vor allem die Übertritte aus der katholischen in die evangelische Kirche. Danach war die Bereitschaft in der Stadt sehr viel geringer als in der übrigen Landeskirche. Hier wäre eine weitere Differenzierung unter Einbeziehung der Städte Wolfenbüttel, Goslar, Schöningen hilfreich. Die Konfessionsvermischung hat aber offenbar auch die kleinstädtischen und ländlichen Bezirke erreicht. Es wäre auch interessant zu erfahren, wie hoch der Anteil der Übertritte aus der evangelischen zu katholischen Kirche war. Anhang 5
Die Johannisgemeinde hatte 1951 18.000 Gemeindemitglieder und drei Pfarrer und 1959 ca 16.200. Diese Zahl sank bis 1971 auf 11.750 Gemeindemitglieder. Inzwischen war die Martin Chemnitzgemeinde in der Lindenbergsiedlung errichtet und aus der Johannisgemeinde ausgegliedert worden. Der frühere Johannispfarrer Erich Schwaab war der erste Pfarrer der Martin Chemnitzgemeinde. Welche Entlastung die Gemeindeneugründung für Pfarrer und Propst Otto Jürgens und Pfarrer Walter Staats bedeutete, wird an den sinkenden Taufziffern erkennbar. Während in den 50er Jahren 141 bis 223 Taufen pro Jahr vollzogen wurden, sank die Ziffer im folgenden Jahrzehnt auf 91 und 67 Taufen. Auch die Konfirmandenzahlen blieben unerhört groß, zumal zwei Jahrgänge als Vor- und Hauptkonfirmanden nebeneinander unterrichtet wurden. Es stand zwar ein Gemeindesaal zur Verfügung, der allerdings bis 1950 auch als Gottesdienstraum benutzt wurde. Die Anzahl der kirchlichen Trauungen blieb in den 50er Jahren zwischen 70 und 90 stabil, stieg dann zu Beginn der 60er auf 132 an und fiel seither kontinuierlich auf 36 (1971). Das ist die Zeit des Umbruchs, in der auch die Kirchenaustritte ungewöhnlich anstiegen. Anhang 6
Die Andreaskirche blieb von 1944 bis 1965 wegen Bombenschäden und in der Zeit des Wiederaufbaus unbenutzbar. Die Zahl der Gemeindemitglieder betrug etwa 8.000 (1951), stieg auf 10.200 (1961) an und fiel wieder auf den früheren Stand von 7.900 (1971) zurück. Pfarrer Barg hatte die Gemeinde verlassen und am Tag der Währungsreform im Sommer 1948 wurde Pfarrer Gläser in das Andreaspfarramt eingeführt. Er versorgte es bis 1964 allein. Als Ausweichkirche war ihm der nahe gelegene Braunschweiger Dom zugewiesen worden, an den daher kein eigener Dompfarrer berufen wurde. Taufen, Konfirmationen und Trauungen wurden also von ihm im Dom ausgeführt. Der Gottesdienst im Dom wurde anfangs von 200 - 300 Gemeindemitgliedern besucht, Ende der 50er Jahre war der Besuch auf 125 - 180 gesunken und 1961 auf 85 - 131. In der Andreaskirche stieg der Besuch nur leicht an. Die Zahlen sind den Zählsonntagen der Tabelle II entnommen. Angesichts der Konfirmandenzahlen, die er allein zu bewältigen hatte, ist ein pädagogisch sinnvoller Unterricht kaum vorstellbar. Anhang 7
Die Jakobikirche gehörte zu den nur geringfügig beschädigten Kirchen der Innenstadt. Das am Kirchengebäude angebaute Pfarrhaus war abgebrannt. Den Gemeindesaal hatte der Kirchenvorstand an die Petrigemeinde abgetreten, die an hohen Festen auch den großen Kirchenraum benutzen durfte. Regelmäßige gemeinsame Gottesdienste kamen nicht zustande. In der Gemeinde war seit 1929 Pfarrer Gerhard Kalberlah tätig, der 1958 66jährig in den Ruhestand ging. Nach 1945 verwaltete er bis 1951 die Pfarrstelle allein, da der Kirchenvorstand den aus dem Krieg kriegsversehrt zurückkommenden Pfarrer Otto Dietz, der seit 1936 dort tätig gewesen war, nicht wieder einstellte. Für ihn kam 1951 bis 1957 Pfarrer Max Wedemeyer und ab 1958 Pfarrer Klaus Jürgens. Zur Kirchengemeinde gehörten 1951 9.786 Gemeindemitglieder, 1961: 12.000 und 1967 10.350 Mitglieder. Dementsprechend hoch waren auch die Tauf- und Konfirmationsziffern, die nach heutigen Vorstellungen jedoch auch für zwei Pfarrer unerhört hoch waren. Der Arbeiteranteil in dieser Gemeinde war besonders hoch, aber die Arbeiter ließen offenbar ihr Kinder taufen und konfirmieren. Bezeichnend war der hohe Anteil der dissidentischen Väter und Eltern bei den Konfirmanden, von 1951-1959 insgesamt 309 dissidentische Väter und 117 dissidentische Eltern. Und es kam auch vor, dass beide Taufeltern nicht der Kirche angehörten, jedes Jahr 2-5 Mal. Der Kindergottesdienst war in der Regel von 80 Kindern besucht und der sonntägliche Gottesdienst von 200 - 350 Besuchern. Erinnerung an glückliche Zeiten? Anhang 8
An der Katharinenkirche war Pfarrer Siegfried Stange bis 1961 allein tätig. Dann wurde 1961 auf eine zweite Pfarrstelle Ernst Burkhard Müller gewählt. Die Zahl der Taufen und Trauungen ist in den 50ern im Vergleich mit den anderen Hauptkirchen nicht übermäßig hoch. Bei den Taufen gehörten in der Regel beide Elternteile der evangelischen Kirche an. Dissidentische Elternteile sind sehr selten. Das kann mit einer rigorosen Praxis von Pfarrer Stange zusammenhängen, aber auch mit dem bürgerlichen Zuschnitt der Kirchengemeinde, in der die Zahl der Dissidenten möglicherweise geringer ist als in anderen Gemeinden. Allerdings sind nach Angaben von Pfr, Stange in Tabelle II bei den Konfirmanden von 1951 - 1960 immer wieder dissidentische Väter (insgesamt 102), selten dissidentische Mütter ( 8) und dissidentische Eltern (33) anzutreffen. Pfarrer Stange beschreibt im Juli 1963 unter der Überschrift "Aus dem Leben der Gemeinde" in der Kirchenchronik die Gemeindesituation. Er vergleicht den "guten" Gottesdienstbesuch mit 200-400 Besuchern mit der Seelenzahl von 9.000 Seelen, also 2,5 - 4,5 %. "bleibt es eine kleine Schar". "Es mag dahingestellt bleiben, ob hier eine größer werdende Gleichgültigkeit der satten (?) Wohlstandgesellschaft eine Ursache darstellt, ob die stark angestiegene Zahl der Autos in dieser gut situierten Innenstadtgemeinde ins Gewicht fällt (im Blick auf den Rückgang der Konfirmandengottesdienstbesucher scheint das nicht unwesentlich mitzusprechen), ob die Kirche grundsätzlich die Menschen zwischen 20 und 50 Jahren schwer oder kaum noch erreicht" - das alles habe der Kirchenvorstand mit den beiden Pfarrern bedacht. Dagegen Wochengottesdienste mit 20-60 Besuchern, Früh- und Spätgottesdienste am Sonntag seit Herbst 1963, monatliche Abendmahlsgottesdienste haben sich gut eingebürgert - 50 - 100 Besucher - auch die Gleichzeitigkeit von Haupt - und Kindergottesdienst. 1955 gab es noch 120 Jungen in der Jugendarbeit, 1963 20 - 25 Jungen, 40 - 50 Mädchen. In der Gemeinde ist neben einer Gemeindehelferin ab 1962 die Diakonisse Susi Kölling tätig. Siehe handgeschriebene Kirchenchronik S. 28 ff Anhang 9
Die Petrigemeinde war zerstört und zerstreut. Nach dem Tod von Pfarrer Wilhelm Freise 1949 hatte Pfarrer Robert Theilemann die Pfarrstelle 1951 übernommen. Ob alle 1951 genannten 4.1770 Gemeindemitglieder auch im Gemeindebezirk wohnten, müsste erst noch festgestellt werden. Wichtig war es für Theilemann, der Gemeinde einen festen Ort zum regelmäßigen Treffen zu bieten. Dazu wurde ihm der Gemeindesaal der Jakobigemeinde zugewiesen. Dort wuchs die Gemeinde um weitere 1.000 Personen auf 5.500 1960. Die Zahl der Abendmahlsgäste verdoppelte sich von 602 (1951) auf 1.285 (1959). Das kann auch mit einer Vermehrung der Abendmahlsfeiern zusammenhängen. Theilemann sah streng darauf, dass nur jene am Abendmahl teilnahmen, die am Abend vorher oder in der Sonntagsfrühe an einem Vorbereitungsgottesdienst teilgenommen hatten, was er auch im Gottesdienst bekannt gab. Die Anzahl der Konfirmanden blieb hinter der in anderen Innenstadtgemeinden zurück. Das kann am Altersdurchschnitt der Gemeinde liegen, aber auch an einem strengeren Unterrichtsstil. Theilemann und die Gemeinde sahen sich der "Konkurrenz" der beiden Jakobipfarrer ausgesetzt. Nach dem Umzug in die eigene Kirche ab 1959 stieg die Zahl der Trauungen an. Anhang 10
Obwohl die St. Georgkirche im Norden der Stadt auch durch Bombenschaden unbenutzbar geworden war, häufte sich die Zahl der Taufen und Trauungen in heute unvorstellbare Höhe. St. Georg zählte 1951: 12.836 Mitglieder und 1959: 12.692 Mitglieder, obwohl in dieser Zeit die Dankeskirche als Nachbargemeinde mit eigener Kirche errichtet worden war. Neben Erwin Bosse, der seit 1936 dort amtierte, wurde daher die Gemeinde ab 1951 noch vom zweiten Pfarrer Horst Sommer mit verwaltet. Der stark sozialdemokratisch geprägte Bezirk macht sich an der erheblichen Spanne zwischen Kirchenaustritten und Wiedereintritten bemerkbar. Anhang 11
In der Dankeskirche war von Anfang an Pfarrer Paul Finck tätig, zuerst noch von der St. Georgkirche aus. 1951 wurde die Schuntersiedlung und Kralenriede eine eigenständige Gemeinde und ihr erster Pfarrer der seinerzeit bereits 52 jährige Pfarrer Finck (geb. 1899). Finck blieb dort bis zu seiner Emeritierung mit 69 Jahren im Jahre 1968. Es war eine Randgemeinde und wie man an den niedrigen Beerdigungsziffern erkennen kann, eine Gemeinde mit vielen jungen Familien. Daher die unerhört hohen Taufziffern und Konfirmandenzahlen. Daneben existierten zahlreiche Jugendgruppen. Hier war nicht Alt Braunschweig ansässig, sondern eine große Siedlung für Flüchtlinge entstanden. Finck selber war vorher Gemeindepfarrer im Brandenburgischen gewesen. Auffällig ist auch das schwankende Verhältnis von Wiedereintritts- und Austrittsziffer, wobei 1951,1953 und 1958 die Wiedereintritte die Austritte sogar übersteigen. |