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Aktuell

Zur Wahl von Papst Benedict XVI

von Dietrich Kuessner

Die erste Chance ist bereits vertan. Benedict XVI. hätte den kirchenstaatlichen Charakter des Vatikan zurücknehmen können. Stattdessen gratulieren einige Staatsoberhäupter sogar auf Knieen. Der Vatikan präsentiert sich als Kirchenstaat. Das muß nicht sein.
Zu Erinnerung: Benedict XV (!) regierte die katholische Kirche ohne Kirchenstaat. Er war 1880 zum zweiten Mal im 19. Jahrhundert abgeschafft und in das republikanische Italien eingegliedert. Erst mit den Lateranverträgen 1929 wurde der Kirchenstaat wieder hergestellt. Benedict XVI. steht anders als Benedict XV auf den Schultern Mussolinis. Kein appetitlicher Anblick.
Ein Kirchenstaat könnte auch synodal föderativ regiert werden. J.P. II. und Benedict XVI. entschieden sich für eine monarchistische Struktur mit einem anachronistischen Personenkult. Die Vatikan hat den Feudalismus immer noch nicht verlassen.
Der Vatikan hat immer noch nicht die Aufklärung rezipiert. Lessing und Kant habe sie noch vor sich.
Die vielgepriesene Dialogfähigkeit des Vatikan ist ein Phantom. Zu Recht hat v. Weizsäcker darauf hingewiesen. Der Vatikan führt keinen Dialog sondern verbreitet seine Botschaft. Ein Dialog auf Augenhöhe, dessen Ende beide Gesprächspartner verändert verlassen, führt der Papst nicht und kann ihn auch nicht führen. Das sollten auch die lutherischen Bischöfe endlich endlich begreifen.
Das Bild vom Vorgänger am Fenster des himmlischen Vaters nimmt das Gericht Gottes vorweg. Es dient der für den Feudalismus typischen Infantilisierung der Untertanen. Es wird nicht Mitarbeit sondern Gehorsam, gar Unterwerfung verlangt.
Das Bild von der katholischen Kirche als Garten, das von Wüsten umgeben wäre, wie es Benedict XVI in seiner Predigt bei der Krönungsmesse gebraucht hat, offenbart einen furchtbaren Wirklichkeitsverlust. Offenbar sollen die Ströme aus den vatikanischen Gärten die Wüsten der bösen Umwelt nunmehr bewässern. Ich danke bestens für die schwarz-braune Brühe. Richtiger wäre es, die katholische Kirche in der vom Vatikan dargebotenen Form als Ruine zu bezeichnen.
Erfreulicherweise ist Benedict XVI nur der Stellvertreter Christi und nicht etwa der Stellvertreter der Katholikin X und des Katholiken Y. Jeder Christ, der was von Paulus hält, ist "Botschafter an Christi statt."
Es gibt Gottseindank auch noch eine ganz andere Form von Katholizismus, der allerdings von Benedict XVI nicht repräsentiert wird.
Ich hielte es für angebracht, dass in den kommenden Predigten der himmelweite Unterschied zwischen der protestantischen und dieser Art von katholischen Kirche scharf artikuliert würde. Ich fürchte, es gibt nicht wenige ev. Bischöfe und Oberlandeskirchenräte, die ganz gerne etwas päpstlich sein möchten.

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