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[Kirche von unten]

Die Braunschweiger Landeskirche in den 70er Jahren

und ihr Bischof Gerhard Heintze

Geleitwort

Da wird einer Bischof, Landesbischof gar, kommt aus einer anderen Landeskirche in die braunschweigische und nimmt sein Amt wahr als Seelsorger der Pfarrer – und dann bald auch der ersten Pfarrerinnen – und öffentlicher Prediger. Er kommt nicht, weil er das so will, sondern weil er sich durch das Wort der Synode berufen weiß. So war das 1965 als Dr. Gerhard Heintze, der Hildesheimer Landessuperintendent nach Wolfenbüttel kam. Anders als in der Bibel – ich denke an Jona, an Amos, an die Berufungsgeschichten im Neuen Testament – wird in der Kirche leider nicht mehr so deutlich von Berufung geredet, da hat man es lieber mit Beruf, dabei gehört beides zusammen.

Martin Luther gebraucht den Begriff Beruf im Sinne von göttlicher Berufung und christlicher Bestimmung. Für ihn gilt, dass nicht nur die Kleriker von Gott zu ihrem Tun berufen sind, sondern dass auch der den Stall reinigende Knecht diese Tätigkeit im Auftrag Gottes tut und – das ist der Sinn solcher Ausführungen – als Knecht ein Zeuge Jesus Christi sein kann.

Damit hat Luther aber auch den Beruf des Pfarrers wie alle anderen definiert. Er führt aus: „Darum soll ein Priesterstand in der Christenheit nicht anders sein als ein Amtmann: Derweil er im Amt ist, geht er vor; wo er aber abgesetzt ist, ist er ein Bauer oder Bürger wie die Anderen …so folgt aus diesem, dass Laien, Priester, Bischöfe und – wie sie sagen – Geistliche und Weltliche, im Grunde wahrlich keinen anderen Unterschied haben, als des Amtes oder des Werkes halber und nicht des Standes halber, – denn sie sind alle geistlichen Standes, – aber nicht gleichen (und) einerlei Werkes…“ (So in: An den christlichen Adel deutscher Nation 1520).

Das heißt also, die Tätigkeit in einem „weltlichen“ Beruf wird als geistliches Wirken verstanden, denn ein jeder ist als Christ an den Ort, an dem er wirkt, immer ein Zeuge Jesu Christi. Der einzige Unterschied zwischen „weltlichem“ und „geistlichem“ Wirken liegt im Amt, das Menschen auszuüben haben.

Dr. Gerhard Heintze war berufen, Landesbischof unserer Landeskirche zu sein. Und er hat dieses Amt, diesen Beruf mit theologischem Tiefgang und politischem Weitblick, mit ökumenischer Offenheit und sozialer Verantwortung geführt. Er hat u.a. durch Predigt, durch Lehre und durch Briefe seine Leitungsverantwortung wahrgenommen. So war er erkennbar als Landesbischof, als Seelsorger und als Ökumeniker. Er hat in seiner Berufung aber zugleich die anderen Berufenen, die ihm besonders anvertraut waren, begleitet: die Pfarrer. Durch Besuche, Gespräche und Briefe hat er das getan. Die Rund10 Geleitwort des Landesbischof briefe an die Pfarrerschaft sind nun in Auswahl wieder zugänglich. Sie erlauben uns einen Blick in die Fragen, die Christen und Christinnen in jenen Jahren zu klären und in denen sie sich als Berufene zu bewähren hatten. Dass dies nicht ohne Gottes Zuspruch und Geleit geschehen kann, wusste Gerhard Heintze sehr gut. Seine Briefe lassen auch dies spüren.

Ich danke von Herzen Pfarrer i.R. Dietrich Kuessner, dem unermüdlichen Kirchengeschichtler unserer Landeskirche, für die großartige Arbeit der Veröffentlichung, Kommentierung und Erschließung der Briefe in Auswahl.

Wolfenbüttel, im September 2013

Prof. Dr. theol. Friedrich Weber, Landesbischof


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Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/Heintze/, Stand: November 2015, dk