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[Kirche von unten]

Die Braunschweiger Landeskirche in den 70er Jahren

und ihr Bischof Gerhard Heintze

Vorwort

Der Anlass für dieses Buch war der 100. Geburtstag von Landesbischof Heintze im November 2012. Heintze war sechs Jahre zuvor im Dezember 2006 in Stuttgart verstorben. Landesbischof Dr. Friedrich Weber hatte zu einem Dankund Gedenkgottesdienst in den Braunschweiger Dom eingeladen, anschließend saßen Zeitzeugen und Freunde der Braunschweiger Kirchengeschichte mit Familienangehörigen im Predigerseminar zusammen, und wir tauschten uns aus. Ursprünglich sollte zu diesem Termin ein Buch mit sämtlichen Rundbriefen Heintzes an die Pfarrerschaft erscheinen, die Pfarrer Güntzel Schmidt (Riddagshausen) digitalisiert hatte. Das Projekt hatte sich nicht verwirklichen lassen. Aber eine repräsentative Auswahl der rund 50 Briefe ist als zweiter Teil dieses Buches mit den nötigsten Anmerkungen wiedergegeben. Dieser Briefteil ist als eigenständiger Einstieg in die Abhandlung gedacht, der einen Gesamteindruck der Rundbriefe vermitteln will. Die gewählten Überschriften sollen der schnelleren Information dienen und stammen nicht vom Bischof. Was ursprünglich als einleitende knappe Beschreibung der Braunschweiger Landskirche in den 70er Jahren gedacht war, hat sich im Laufe der Arbeit zu einem selbständigen ersten Teil ausgeweitet.

Man kann fragen, ob dieses Buch wirklich nötig ist. Es gibt ein kleinere Festschrift zum 60. Geburtstag Heintzes, eine umfassendere mit dem Titel „Gib ewigliche Freiheit“ zum 75. Geburtstag, den Heintze im Haus der Kirchlichen Dienste in Braunschweig verlebte, und eine weitere Festschrift „Gott dem Herrn Dank sagen“ zum 90. Geburtstag. Das ist für eine kleine Landeskirche wie die Braunschweigische ein Zeichen sehr hoher Wertschätzung. Die Beiträge der beiden Festschriften berichteten weniger von der Wirksamkeit des Bischofs, sondern sollten ihn an den Arbeiten und Vorhaben der Verfasserinnen und Verfasser in der Landeskirche und weit darüber hinaus teilnehmen lassen. Dieses Buch dagegen beschreibt Leben und Tätigkeit von Gerhard Heintze, allerdings weniger biografisch, sondern nach thematischen Schwerpunkten seiner Arbeit als Bischof. Die Rundbriefe hingegen sind chronologisch geordnet.

In der Gesamtkirchengeschichte „Von der Taufe der Sachsen zur Kirche in Niedersachsen“ ist die Tätigkeit Heintzes in die Chronologie des 20. Jahrhunderts eingebettet.

Ein Ergebnis dieser Veröffentlichung ist, dass der breite Bestand an Heintze- Archivalien im Landeskirchlichen Archiv Wolfenbüttel nun erstmals bearbeitet wird. Während meiner Arbeit verstarb die zweite Frau von Bischof Heintze, Frau Renate Heintze, und hinterließ weitere Unterlagen, zum Beispiel „Unvollständige Erinnerungen“ des Bischofs, die in zwei Fassungen, handschriftlich und maschinengetippt, vorliegen und zu mir gelangt sind. Sie enthalten keine Geheimnisse über landeskirchliche Vorgänge. Sie sind auf Wunsch einer Enkeltochter aufgezeichnet, deren Interesse nicht auf kirchenpolitische Innereien der Landeskirche gerichtet war. Aber sie waren eine wichtige Quelle für die Jugend- und Schulzeit des Bischofs in seiner Familie. In diesen Unterlagen befanden sich auch Briefe und Aufsätze, die den Bestand des Archivs ergänzen. Vor allem befindet sich aus dem Nachlass von Renate Heintze im Archiv eine vollständige Sammlung der chronologisch geordneten handschriftlichen Predigten von Gerhard Heintze, die ich nur noch stichprobenartig benutzt habe. Sie harren einer weiteren Auswertung.

Das Buch schließt inhaltlich an die beiden Arbeiten der damaligen Historischen Kommission der Landeskirche unter Prof. Klaus Erich Pollmann an „Der schwierige Weg in die Nachkriegszeit“ 1995 und „Kirche in den fünfziger Jahren. Die Braunschweigische Ev.-luth. Landeskirche“ 1997 an. Nach Erscheinen dieser beiden Bänden fand im Haus Hessenkopf eine Tagung zum Thema „Die Landeskirche in den sechziger Jahren“ statt. Die Vorträge befinden sich auf Tonband noch im Landeskirchlichen Archiv.

Da Gerhard Heintze bereits im April 1965 gewählt und im Oktober 1965 in sein Amt eingeführt worden ist, beginnen die siebziger Jahre bereits Mitte der sechziger Jahre. Insofern kann man von einem direkten zeitlichen Anschluss an die beiden bereits erschienenen Bände sprechen. Damit ist die Geschichte der Landeskirche bis dicht an die Gegenwart auch im Detail erforscht.

Die Abhandlung erscheint als Nr. 14 der Veröffentlichungen des Freundeskreises für Braunschweiger Kirchen- und Sozialgeschichte, der vor dreißig Jahren gegründet wurde. In dieser Reihe sind die Lebenserinnerungen von Landesbischof Alexander Bernewitz (Nr. 4 1985) und in demselben Buch die von Oberkirchenrat Dr. Lambrecht, sowie von Ottmar Palmer (Nr. 11 2005) erschienen. Die unvollständigen Lebenserinnerungen von Bischof Heintze waren nicht für einen Druck bestimmt, aber die ausführliche biografische Auswertung in der vorliegenden Abhandlung setzt bewusst die Reihe der bereits erschienenen Lebenserinnerungen fort.

Wer die Perspektive wechseln möchte und die 70er Jahre aus der Sicht der Propstei Helmstedt oder einer ländlichen Kirchengemeinden nachlesen will, mag zu der Beschreibung „Gemeinsam-zärtlich-radikal – Ein Dorfpfarrer an der Grenze des Braunschweiger Landes erinnert sich“ aus dem Jahre 2001 und dem dazugehörigen Bild und Dokumentarband 2003 (Nr. 7+9) greifen. Beide Bände sind im Archiv erhältlich.

Im vergangenen Jahr ist vom landeskirchlichen Archiv Hannover der Textband über die Hannoversche Landeskirche in den siebziger Jahren erschienen. Das fordert zu einem Vergleich heraus. Der von Grosse, Otte und Perels herausgegebene Band enthält zahlreiche Beiträge von verschiedenen Personen mit unterschiedlicher kirchenpolitischer Position. Das ergibt ein Kaleidoskop, das von Brüchen nicht frei ist. Andrerseits erzeugt er eine Lebendigkeit, die bei einem einzigen Verfasser bei der Dauer der Lektüre vermisst werden könnte. Immerhin ist nun ein Vergleich etwa der Behandlung der Vertriebenendenkschrift und der Ostverträge oder des Umgangs mit dem Antirassismusproblem möglich.

Das Buch ist ein Gedenkbuch und Werkbuch. Als Gedenkbuch soll es das spirituelle und kulturelle Gedächtnis der Landeskirche auffrischen, als Werkbuch lädt es zu Fortsetzung und kritischer Weiterarbeit von einem anderen theologischen Standort ein.

Ich habe zu danken für die geduldige Materialbeschaffung durch Frau Gabriele Canstein in der Predigerseminarbibliothek, die großzügige, monatelange Bereitstellung von 18 behäbigen Textbänden des SONNTAG, später der Evangelischen Zeitung in der Stadtbibliothek Braunschweig, für die findige Suche nach Unterlagen im landeskirchlichen Archiv und der wiederholten Bereitstellung aus den ca 100 Aktenbänden durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Außerdem für die technische Hilfe am Computer durch Dipl. Ing. Reemt Heijen, schließlich für die vorzügliche verlegerische Betreuung durch den Verlag Uwe Krebs, die er bereits bei dem Buch „Ansichten einer versunkenen Stadt – Braunschweiger Stadtkirchen im Nationalsozialismus“ 2012 erwiesen hat.

Während der Abfassung der Texte habe ich hilfreiche Hinweise und aufmunternde wie kritische Antworten von Zeitzeugen und Kollegen erhalten, alphabetisch geordnet von Kurt Dockhorn, Herbert Erchinger, Wolfgang Jünke, Klaus Jürgens, Hans-Jürgen Kalberlah, Christel und Arnold Kiel, Manfred Laube, Dieter Rammler, Wilfried Steen.

Die Korrekturabzüge wurden durchgelesen von Elisabeth Reiß, Arnold Kiel, Otto Pfingsten, Klaus Pieper und Wilfried Steen, wofür ich sehr dankbar bin.

Die Kurzberichte von Zeitzeugen im dritten Teil sollen das Bild von Bischof Heintze ergänzen und die Beschreibung seiner kirchenpolitischen Absichten vervollständigen und weiterführen.

Die Arbeit ist Landesbischof Dr. Friedrich Weber gewidmet als Dank für seine kontinuierliche, förderliche, nicht unangefochtene Begleitung meiner kirchengeschichtlichen Arbeit seit Beginn seiner Dienstzeit in unserer Landeskirche.

Dietrich Kuessner Oktober 2013


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Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/Heintze/, Stand: November 2015, dk