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[Kirche von unten]

Die Braunschweiger Landeskirche in den 70er Jahren

und ihr Bischof Gerhard Heintze

Kapitel 8

Kirche im Dienst der Versöhnung mit dem Osten

Die Ostdenkschrift und die Reaktionen in der westdeutschen Gesellschaft / Der Inhalt der Denkschrift / Der Rundbrief vom 25.10.65 / Die Behandlung der Denkschrift vor der Landessynode / Heintzes Agitation für die Ostverträge 1972 als Teil seiner Versöhnungsarbeit / Vorbereitung einer zustimmenden Erklärung / Reaktionen des Landeskirchenamtes / Erklärung der 25 zu den Ostverträgen / Das Presseecho / Die Ablehnung von Bischof Wölber / Das Echo der Parteien in Niedersachsen / Der Briefwechsel Heintzes mit Richard v. Weizsäcker / Der Rundbrief vom 5.4.1972 / Die scharfe Erwiderung Heintzes an Bischof Wölber / Reaktionen aus der Braunschweiger Landeskirche / Das überwältigend zustimmende Echo aus den Landeskirchen und die Isolierung Wölbers und des Rates / Versöhnungsarbeit durch Jugendarbeit.

Mir sind die persönlichen Gründe für den enormen Einsatz Heintzes für die Versöhnungsarbeit mit dem Osten nicht deutlich. Er hatte von Haus keine Beziehungen zu Landschaft und den Menschen der früheren deutschen Ostprovinzen. Erstmals begegnete er während des Krieges dem Osten, als er an der Ostfront stationiert war. In Memel wäre er beinahe in sowjetische Kriegsgefangenschaft geraten.1 Was hatte er von dem Vernichtungskrieg gegen den „Untermenschen“ dort selber erlebt und was von den Judenausrottungen in den baltischen Ländern? Waren Erlebnisse aus jener Zeit zu verarbeiten, die ihn so nachdrücklich und wiederholt von der deutschen Schuld sprechen ließen? Er hat sich dazu nicht geäußert und gehört wie fast alle zu der schweigsamen aktiven Kriegsgeneration. In drei Phasen seiner Biografie wird die Versöhnungsarbeit besonders bezeichnend: beim Eintreten für die Ostdenkschrift 1965, bei seiner Mitarbeit in der Konferenz Europäischer Kirchen und beim Zustandekommen der Erklärung der 25 für die Ratifizierung der Ostverträge 1972. Im Ruhestand setzte er diese Absicht bei der jahrelangen Teilnahme am Pastoralkolleg in Warschau und anderswo fort.


Die Ostdenkschrift und die Reaktionen in der westdeutschen Gesellschaft

Am 19. Oktober 1965 veröffentlichte der Rat der EKD die sog. Ostdenkschrift, die von der Kammer für öffentliche Verantwortung unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Ludwig Raiser ausgearbeitet worden war.2 Keine Äußerung der evangelischen Kirche hat in der Nachkriegszeit ein derartiges massives Echo gefunden wie die sog. Ostdenkschrift, die eigentlich eine Vertriebenendenkschrift war. Am Montag dem 18. Oktober 1965 meldete die Braunschweiger Zeitung „Proteste der Vertriebenen gegen Kirchen-Denkschrift. EKD plädiert für Lebensrecht des polnischen Volkes“. Die Denkschrift sei ein „eklatantes Beispiel für den Dilletantismus, mit dem in manchen Kreisen der Bundesrepublik Politik betrieben wird,“ protestierte der Vertriebenverband. Sie bedeute einen Missbrauch kirchlicher Autorität. Die Redaktion stellte die Reaktion der Vertriebenenverbände vor die Nachricht von der Denkschrift. Der Braunschweiger Leser sollte die Nachricht durch die Brille der Vertriebenverbände lesen. Es häuften sich in der Braunschweiger Zeitung noch in derselben Woche die ablehnenden Stellungnahmen von verschiedenen parteipolitischen Seiten. Der Vorsitzende des CDU/CSU Landesverbandes Oder-Neiße Josef Stingl kritisierte die Denkschrift.3 Wenzel Jaksch, Mitglied der SPD, stellte als Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV) fest, die Denkschrift arbeite dem Kommunismus in die Hände und verachte die Gefühle der Vertriebenen.4 Der schleswig-holsteinische Bischof Reinhard Wester sei von seinem Amt als Beauftragter der EKD für Flüchtlingsfragen aus Protest zurückgetreten.5 Noch bis Ende Oktober erreichten den Berliner Bischof als Ratsvorsitzenden und das Amt der Kirchenkanzlei in Hannover ca. 110 ablehnende Zuschriften, mal handschriftlich im Ärger rasch hingeworfen, mal ausführlich mit Schreibmaschine auf mehreren Seiten, auf Postkarten mit Aufschriften wie „Dreigeteilt niemals“, „Oder Neiße Grenze niemals“, „Verzicht auf deutsches Land ist Landesverrat“.6 Es sind emotionale Reaktionen auf die ersten Zeitungs- oder Rundfunkmeldungen, fast alle ohne Kenntnis des Wortlautes der Denkschrift. Sie sind ausnahmslos Ausdruck einer namenlosen Enttäuschung. Jahrzehntelang hatten die Vertreter aller Parteien den Vertriebenen eine Rückkehr in die angestammte Heimat versprochen. „Ich bin Heimatvertriebener aus Schlesien,“ schrieb ein Architekt, „und warte seit 20 Jahren auf die Rückkehr in die Heimat, die uns Herr Dr. Adenauer schon vor vielen Jahren versprochen hat,“7 und ein anderer Schlesier: „Zwanzig Jahre lang werden wir schon vom Staat, von der Regierung und vom Bundestag zu Geduld und Ausharren und Vertrauen ermahnt, und es wird uns klar gemacht, dass die Schicksalsfrage unserer Heimat von dem Friedenstag (muß heißen Friedenvertrag D.K.) mit Deutschland abhängt. Das hängt uns schon zum Halse heraus, denn wir wollen Taten sehen und in die Heimat zurückgeführt werden. Dabei zu helfen wäre m.E. Aufgabe der ev. Kirche, denn Schlesien war doch zu 2/3 evangelisch.“8 Längst war den Regierungsparteien klar, dass eine Wiederherstellung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 illusorisch und bei den Westmächten undurchsetzbar war. In internen Gesprächen hatte Adenauer bei der englischen Regierung zugesagt, dass für seine Regierung die Frage der Oder-Neiße Grenze endgültig geregelt sei. Aber er war zu feige, diese bittere politische Einsicht seinen CDU Wählern und der westdeutschen Bevölkerung zuzumuten. So luden nun die Vertriebenen ihre maßlose Enttäuschung bei der evangelischen Kirche ab: „Der Inhalt und Sinn der Denkschrift setzt ja der Gemeinheit die Krone auf. Der Sinn der Schmutz-Denkschrift ist ja eine ganz schwere und ungehörige Beleidigung der Toten beider Weltkriege und der Vertriebenen nach beiden Weltkriegen.“9 „Sie gießen Wasser auf die Mühlen des Panslawismus und fallen allen Vertriebenen in den Rücken“.10 Ein Berliner: „Betr.: Ihren Hochverrat der Oder-Neiße Grenze. Ich kehre einer solchen landes- und volksverräterischen Kirche den Rücken“,11 „eine Propagandaschrift für Sowjetpolen.“12 „Als evangelischer Christ und Patronatsherr meiner heimatlichen Kirche, aus altem Hugenottengeschlecht stammend, sehe ich mich veranlasst, zur Denkschrift Stellung zu nehmen. Wir verzichten auf keinen einzigen Quadratmeter und fordern den Rücktritt des Rates“.13 „...Mit welchem Recht und unter welcher Voraussetzung fallen Sie den Heimatvertriebenen mit vergifteten Pfeilen in den Rücken, wenn wir geraden und aufrechten Menschen mit allen unsern Fasern des Lebens und mit unbeugsamen, festen Charakter für unsere Heimat kämpfen, für die Heimat unserer Väter und Mütter, Großeltern und alle, die dort vorher waren.“14 „Würde das evangelische vertriebene deutsche Volk eine derartige Verzichterklärung abgeben, dann sei ihr der Fluch Gottes, das Strafgericht des Obersten Richters, der Fluch und der Haß all der vertriebenen Toten, die vom polnischen Volk erschlagen, erschossen, an den Fluchtwegen erfroren, verhungert, auf See ertrunken und letztlich der Toten, die seit Jahrhunderten deutsche Heimaterde bedeckt, gewiss und gerecht.“15.Ein Dozent aus Witten: „Aus Hass gegen Hitler verraten sie Deutschland.“16 Bischof Lilje wurde von der Allgemeinen Zeitung mit dem Urteil zitiert: „Welch ein Phänomen pathologischen Hasses!“ Die Zuschriften, die sich im Laufe der Monate in der EKD Kanzlei bis auf 500 Stück steigerten, legten die gefährliche rechtsradikale Stimmungslage wie eine breite Schlammschicht offen, die die Vertriebenenpolitik der CDU/CSU in der Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik erzeugt hatte. Sie reichte von den Vertriebenenverbänden bis weit in die Reihen der CDU. Dabei war offensichtlich nicht allen Beteiligten klar, dass ein Deutschland in den Grenzen von 1937 das Deutschland Hitlers war. Es gab abgestufte Vorstellungen einer neuen Grenzziehung: „Natürlich bin ich nicht so unrealistisch, dass die Grenze von 1937 wieder hergestellt werden könnte“, meinte ein pommerscher Großgrundbesitzer, „aber wäre nicht bei entsprechender Gegenleistung vielleicht doch eine für uns günstigere Grenzziehung denkbar?“17 Es gab auch rührende Beispiele von Heimatverbundenheit. „Einmal wird unser Herrgott“, schrieb ein in der fremden Heimat Schleswig Holsteins alt gewordenes Ehepaar, „auch die Zuchtrute aus der Hand legen die Gnadensonne wird wieder scheinen, und Er wird uns wieder heimführen in unsre Heimat. Das erflehen wir täglich von Ihm. Eine Verzichterklärung aber wäre Heuchelei. Unserm Herrgott stehen tausend Wege offen, es muss ja nicht gerade Krieg sein. Mein Vater, der ein Gegner der damaligen Regierung war, wurde von den Russen bestialisch abgeschlachtet, meine Mutter kam beim Transport ums Leben, bei der Austreibung waren die Wegränder mit Leichen gepflastert und all diese Greueltaten geschahen nach dem Waffenstillstand.“18 Die Reaktion eines Großteils der westdeutschen Gesellschaft spülte einen radikal-nationalistischen Bodensatz an die Oberfläche, der in seiner Dichte unerwartet war. Im Archiv der Propstei Helmstedt wurden Ausbrüche, die sich in Zeitungen austobten, gesammelt. Das Helmstedter Kreisblatt veröffentlichte einen Bericht mit folgenden wüsten Drohungen, die bei Präses Wilm und den Bischöfen Scharf und Lilje eintrafen: „Du Lump, Du wirst wie ein Sieb durchlöchert werden. Die Pistole ist schon geladen. Wir bringen Dich um“. „Wahrscheinlich waren Sie bei Ihrer Stellungnahme wieder einmal betrunken. Man muss als evangelischer Christ befürchten, dass Sie Gesindel von Landesverrätern unsere Kirche zugrunde richten. Sie gehören an den Galgen statt auf die Kanzel.“ „Nummerieren Sie Ihre Knochen, damit der behandelnde Arzt weiß, wohin sie gehören. Sie sind das Bundesekel Nummer eins.“ „Setzen Sie noch einmal solche politischen Empfehlungen in westliche Zeitungen, dann knallt es, aber an Ihren Haustüren.“19 „Eines Tages werdet ihr von den Leuten, denen ihr im Namen des Christentums ein Drittel deutschen Landes zusprecht, aufgehängt und erschossen werden“. Es war ungewöhnlich und auffällig, dass die ev. Kirche diese teils anonymen Schmutzbriefe der Öffentlichkeit übergab. Der Bundesverband der Vertriebene distanzierte sich umgehend vom Inhalt dieser Drohbriefe, kritisierte jedoch scharf deren Veröffentlichung und fügte hinzu: „Die Adressaten solcher Drohungen machen sich mitschuldig an Hetze und Brunnenvergiftung, wenn sie anonyme Zuschriften dieser Art der Öffentlichkeit anstatt der Staatsanwaltschaft übergeben“20

Die heftigen Reaktionen der Vertriebenenverbände in Niedersachsen waren begreiflich. Ihr politischer Einfluss als „Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ (BHE) war im niedersächsischen Landtag von 15 % der Stimmen und 21 Sitzen im Jahr 1951 auf 8,3 % mit 13 Sitzen 1959 zurückgegangen. Die Bestreitung eines Rechtes auf Heimat und die Behauptung eines Lebensrechtes des polnischen Volkes in den früheren deutschen Ostprovinzen nahmen ihnen ein wesentliches Argument für ihre parteipolitische Agitation und Zukunft.

Für den aufmerksamen zeitgenössischen Beobachter war die Denkschrift keine Überraschung. Schon im Februar 1962 hatten in einem Tübinger Memorandum acht prominente Wissenschaftler erklärt: „Wir sagen nichts Neues, wenn wir die Ansicht aussprechen, dass … das nationale Anliegen der Wiedervereinigung in Freiheit heute nicht durchgesetzt werden kann und dass wir den Souveränitätsanspruch auf die Gebiet jenseits der Oder-Neiße Gebiet werden verloren geben müssen.“21 Dieses Memorandum war der Anlass, eine weiterführende Denkschrift in Auftrag zu geben. Zunächst hatte sich der Rat der EKD gesträubt, dann hatte der Ostkirchenausschuss erfolgreich die Arbeit zeitweise verhindern können, schließlich hatte Präses Scharf von sich aus die bereits gebildete Kommission zur Aufnahme der Arbeit ermutigt.

Der Kammer gehörten u.a. Politiker von CDU, SPD und FDP an, sowie der Kirchentagspräsident v. Thadden, später v. Weizsäcker, Dekan Putz, Erlangen, Prof. Goldschmidt, Berlin und andere. In mehrfachen Sitzungen waren auch Vertreter der Vertriebenenverbände ausführlich zu Worte gekommen sowie die unterschiedlichen Ansichten in der evangelischen Kirche, die durch den eher rechten Lübecker Kreis und den mehr linken Bielefelder Arbeitskreis repräsentiert waren. Die Lübecker wünschten mit Berufung auf ein Recht auf Heimat die Aufrechterhaltung des stagnierenden politischen status quo, die Bielefelder dagegen die Anerkennung der Oder-Neiße „Linie“ als endgültige Grenze zwischen der DDR und Polen als Beitrag zur Versöhnung.22

„Wir stechen mit dieser Denkschrift eine Euterbeule auf, die unsere Innen- und Außenpolitik vergiftet“, hatte der Vorsitzende Raiser dem geschäftsführenden Oberkirchenrat in der Kirchenkanzlei Erwin Wilckens aus Amerika geschrieben, als dieser ihn wegen der Endredaktion kontaktiert und ihn auf mögliche unerfreuliche Reaktionen der bundesdeutschen Gesellschaft hingewiesen hatte.23 Als Ratsvorsitzender schrieb Präses Scharf ein Vorwort und nannte als Motiv die wachsende Sorge der Kirche, dass „die Wunden des Zweiten Weltkrieges ím Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn 20 Jahre nach seinem Ende noch kaum angefangen haben zu verheilen.“ Auch in der Kirche würde oft mit Erbitterung über das Vertreibungsproblem gestritten. Die Denkschrift solle ein Beitrag zur Versachlichung der Diskussion sein. Die Lösung dieser Probleme stehe „in engem Zusammenhang mit der Aufgabe, die notvolle Spaltung Deutschlands zu überwinden.“24 Tatsächlich ist die Überwindung der Spaltung 1989 ohne diese Denkschrift nicht vorstellbar, auch wenn dies längst vergessen ist.


Der Inhalt der Denkschrift

Eine verstümmelte Lektüre reduzierte die Denkschrift auf die Annahme, dass die ehemaligen Flüchtlinge und Vertriebenen nicht wieder in ihre angestammte Heimat zurückkehren würden. Die Denkschrift war umfassender und einfühlsamer. Daher wird ihr Inhalt im Folgenden kurz wiedergegeben.

Der Inhalt der Denkschrift ist kurz folgender: Eingangs stellte die Kammer das Ausmaß des zerrütteten und friedensgefährdend gespannten Verhältnisses zum Osten fest. Das Kriegsende und die folgenden Jahre hatten für Deutschland und seine östlichen Nachbarn einen ungeheuren regionalen und kulturellen Verlust bedeutet. Ein Viertel des Deutschen Reiches war unter polnischer Verwaltung, „ein Verlust großer kultureller Kraftfelder, von denen eine starke Wirkung auf das deutsche und europäische Geistesleben einschließlich seiner religiösen und kirchlichen Elemente ausgegangen ist“. (S. 7) Aber auch die östlichen Nachbarn hätten den Kriegsausgang als menschliche und nationale Katastrophe erfahren, das polnische Volk ebenfalls durch enorme Gebietsverluste. „Dabei hatte das deutsche Volk schwere politische und moralische Schuld gegenüber seinen Nachbarn auf sich geladen“, nämlich in Folge der „Verirrung, in die sich das deutsche Volk vom Nationalsozialismus hat führen lassen.“ (S. 7) 20 Jahre nach Kriegsende sei immer noch keine völkerrechtliche Dauerregelung getroffen worden. „Solange dieser Zustand einer noch ausstehenden Versöhnung besteht, bildet er einen Herd der Unruhe“, alle Bemühungen um eine tragfähige Friedensordnung blieben erfolglos. Es sei die Aufgabe, „gegenwärtige reale menschliche, ethische, rechtliche und politische Probleme zu bewältigen, die durch den Zweiten Weltkrieg und seinen Ausgang in unserm Volk und in seinem Verhältnis zu den östlichen Nachbarn geschaffen wurden.“ (S. 9) In einem zweiten Kapitel „Die Vertriebenen in Gesellschaft und Kirche“ kamen die Verfasser durch eine einfühlsame Beschreibung den Vertriebenen weit entgegen. „In Millionen von Einzelschicksalen wiederholte sich mit dem Verlust der Heimat der Verlust beinahe jeglichen äußeren Besitzes und in den meisten Fällen auch der Verlust von nahen Angehörigen. Millionenfach wiederholte sich mit den Strapazen der Vertreibung und mit dem Kampf um die nackte Selbsterhaltung eine totale Lebenskrise, die auch die seelische, geistige und geistliche Substanz erfasste.“ (S. 7) „Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie und aus anderen Nachbarländern hat die notwendige sittliche und rechtliche Bewältigung bisher nicht erfahren.“ (S. 8) Man müsse damit rechnen, „dass viele Vertriebene bis an ihr Lebensende von der Grunderfahrung der Vertreibung bestimmt bleiben und sich als Heimatlose fühlen werden“. (S. 10) „Auf keinen Fall können die Vertriebenen in besonderer Weise für ihr Schicksal verantwortlich gemacht werden.“ (S. 15). „Vollends kann keine Rede davon sein, dass sich im Rechtssinn eine Schuld der vertriebenen Bevölkerung konstruieren lasse, die das gerade ihr auferlegte schwere Schicksal rechtfertige“ (S. 28) Im dritten Kapitel „Zur gegenwärtigen Lage in den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie“ wurde an Hand von Tabellen der Gebietsverlust Polens im Osten und Südosten und der Zugewinn im Westen als notwendiger Ausgleich dargestellt. Der Gewinn der neuen Westgebiete sei nach Erklärungen des polnischen Staates und der polnischen katholischen Kirche nicht nur lebensnotwendig, sondern auch endgültig. (S. 19) Von den 7,8 Millionen Menschen, die in dem polnisch verwalteten Gebiet lebten, seien 36 % dort geborene und aufgewachsene Kinder und Jugendliche, 21,9 % Umsiedler aus den polnischen Ostgebieten, die ihrerseits für sich ein polnisches Heimatrecht beanspruchen könnten. (S. 23) Auch die völkerrechtlichen Fragen (4. Kapitel) wurden von unterschiedlichen Seiten dargestellt. Durch die deutsche Kapitulation sei nach überwiegender Meinung westlicher Völkerrechtler „die Staatlichkeit des Deutschen Reiches und die an sie gebundene Gebietshoheit nicht vernichtet worden“ (S. 26) Völkerrechtswidrig sei auch die Massendeportation der deutschen Bevölkerungsteile nach 1945 gewesen. Andererseits gebe es eine „deutsche Friedenssicherungspflicht“ gegenüber dem polnischen Staat (S. 28) besonders auch im Hinblick auf den deutsch-sowjetischen Vertrag vom 23. August 1939, der die neue Teilung Polens beschlossen hatte. Darum müsse eine deutsche Regierung heute zögern, einen Rechtsanspruch auf die Rückgabe von deutschen Gebieten zu erheben.

Im Kapitel „Theologische und ethische Erwägungen“ beleuchteten die Verfasser den Begriff des Rechts auf Heimat und stellten die unterschiedlichen und inhaltlich gegensätzlichen Thesen des Bielefelder und Lübecker Arbeitskreises dar. (S. 35-37). Es könne durchaus vom Unrecht auf beiden Seiten gesprochen werden, jedoch nur so, dass die Frage der deutschen Schuld deutlich benannt werde. Dabei warnten die Verfasser: „Eine Politik aus einseitigen Schuldkomplexen oder aus einseitiger Schuldzumessung würde keine haltbare Ordnung für morgen schaffen, sondern den Keim zu neuen Konflikten legen“. (S. 40) Im Schlusskapitel legen die Verfasser klar, dass sie keine politischen Ratschläge erteilen wollen, aber die politische Führung doch auffordern, zu überprüfen, wann ihre begründete abwartende Haltung in der Ostpolitik zu ändern wäre. (S. 42)25

Die Lektüre dieser Denkschrift ist auch heute noch ein Genuss, was an dem gründlichen, abwägenden und einfühlsamen Stil des Kommissionsvorsitzenden Prof. Ludwig Raiser liegt. Sie war damals und ist auch heute keine leichte Kost und gewinnt durch wiederholte Lektüre. Der Adressat der Denkschrift war wie schon das Tübinger Memorandum die Bundesregierung. Die war jedoch mit sich selber beschäftigt, denn am 19. September 1965 war Bundestagswahl gewesen, und eine Regierung musste gebildet werden. 26


Der Rundbrief des Bischofs

Die Pfarrer der Landeskirche hatten die 44 Seiten lange Denkschrift von der Kirchenkanzlei der EKD zur Kenntnisnahme zugeschickt bekommen und konnten sich von der grotesken Verzerrung der Absicht und des Inhalts der Denkschrift in der veröffentlichten Meinung selber überzeugen. Für die meisten war die Frage der Oder-Neiße-Grenze eine politische Angelegenheit und gehörte nicht in den Bereich von Verkündigung und Seelsorge. Auch die ca. 60 sog. „Ostpfarrer“, die nach 1945 in der Braunschweiger Landeskirche ein neues Arbeitsfeld gefunden hatten, hatten sich mit Flucht und Vertreibung abgefunden und waren kaum gewillt, in ihre alte Heimat zurückzukehren und dort einen Gemeindeneubau zu beginnen. Es bestand also für den Landesbischof kein unmittelbarer Anlass, auf die Denkschrift zu reagieren. Er riskierte durch eine Stellungnahme, zur Zielscheibe der Vertriebenenverbände zu werden. Eine die Reaktionen abwartende Haltung, wäre „klug“ gewesen. Eben diese Art von „Klugheit“ widersprach Heintzes Auffassung vom gesellschaftspolitischen Auftrag der Kirche. Er fühlte in dieser Situation die Verpflichtung eines „politischen Diakonates“, also eines Dienstes an der Gesellschaft, und zu einem Akt der Solidarität mit der angegriffenen Kirche und mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Kurt Scharf gedrängt. In seinem ersten Rundbrief vom 25.10.1965 stellte sich der Bischof nur sechs Tage nach Erscheinen der Denkschrift unumwunden hinter ihren Inhalt und drängte auf eine gründliche Lektüre. „Wahrscheinlich werden auch Sie selber mehrfach auf die Denkschrift angeredet sein oder noch auf sie angeredet werden. Ich würde meinen, dass sich ein Gespräch nur lohnt, wenn Sie selber die Denkschrift vollständig haben lesen können, – und darum möchte ich Sie dringend bitten – und wenn auch Ihr Gesprächspartner sie wirklich kennt.“27 Die Aufforderung des Bischofs wird für viele „einheimische“ Pfarrer der Anlass gewesen sein, die Denkschrift überhaupt erst aus der Ablage wieder vorzuholen. Die Empörung beruhe auf „flagranter Unkenntnis“. Im Übrigen sei die Denkschrift keine päpstliche Enzyklika, sondern „ein Hilfsangebot für die eigene, selbständige und sachliche Urteilsbildung“. Der Bischof schlug vor, in den Gemeinden Gesprächskreise zu bilden. Damit wollte er vermeiden, dass sich das Gespräch nur auf die von den Vertriebenen hervorgekehrten Schwerpunkte konzentrierte und zu einem Austausch von Schlagwörtern wurde.

Martin Grubert hat in der Heintze Festschrift 2002 gründlich über den Stand der Diskussion in unserer Landeskirche auf den verschiedenen Ebenen, in den Gemeinden und in der Synode gearbeitet.28 Die Diskussion in der medialen Braunschweiger Öffentlichkeit war gering. Die Zentralausgabe der Braunschweiger Zeitung veröffentlichte in der Wochenendausgabe 27./28 November 1965 eine sachgemäße vierspaltige Inhaltsangabe der Denkschrift unter der Überschrift „Der Versuch zu einem neuen Dialog mit dem Osten“. Leserbriefe gab es in dieser Ausgabe überhaupt keine. In der Landeskirche gab es zwei Protestschwerpunkte, die sich im jeweiligen Lokalteil niederschlugen: einer um Helmstedt, Schöningen, der andere in Salzgitter. In beiden Kreisen hatten große Flüchtlingslager bestanden, die erst langsam abgebaut worden waren, Hier waren auch die Vertriebenenverbände besonders zahl- und wortreich vertreten. Und um Helmstedt war ein unterschwelliges tief eingewachsenes nationalistisches Milieu unverkennbar.29 Der Helmstedter Kreisverband des BdV fragte in einem Offenen Brief Propst Wilhelm Hobom, ob er und die Pfarrer sich „hinter die Denkschrift stellten“, „dass der Raub unserer Heimat ein Gottesurteil“ oder „Gottesstrafe“ sein soll,“ und „ob Sie und Ihre Herren Pastoren wie wir der Auffassung sind, dass der deutsche Rechtsanspruch auf seine fremder Verwaltung unterstellten Gebiete nicht aufgegeben werden kann und es Sache sowohl des Staates als auch jeden Bürgers insbesondere des dem Christentum verhafteten sein müsse, stets und überall für die Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete mutig und entschlossen einzutreten“. Die „Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete“ als unverhüllt formuliertes Ziel der Vertriebenenverbände zeigt anschaulich die Stimmungslage, keineswegs nur im Landkreis Helmstedt, auf die die Denkschrift traf. Eine Bemerkung von „Gottesurteil“ und „Gottesstrafe“ war den Verfassern fremd und war ein von dem Vertriebenenverband aufgestellter Popanz. Die Pröpste von Königslutter Walter Blümel, von Helmstedt Wilhelm Hobom und von Vorsfelde Gotthold Lutschewitz bedauerten in einem gemeinsamen Leserbrief ihrerseits das Schreiben des BdV Kreisverbandes, zitierten aus der Denkschrift, dass diese keine politischen Ratschläge erteilen wolle und dass das Anliegen der Heimatvertriebenen sie „ständig bewege“. Im Übrigen sei der Brief des BdV Kreisverbandsvorsitzenden Bürgermeisters Grau ohne genaue Kenntnis des Wortlautes der Denkschrift geschrieben.30 Das spannungsfördernde, versöhnungsfeindliche Ziel einer Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete hätte eine scharfe Entgegnung verdient, aber die Pröpste versteckten sich hinter der Bemerkung, dass sie selber die Denkschrift erst vor einigen Tagen erhalten hätten. Immerhin entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass zwischen den Vertriebenenverbänden und den evangelischen Pröpsten in der Beurteilung der Ostpolitik ein Unterschied bestünde. Propst Hobom berief daher eine außerordentliche Propsteisynode zum 24.11.1965 in den Gemeindesaal St. Marienberg ein. Aus diesem Anlass richtete die Pommersche Landsmannschaft am 12.11.1965 einen Brief an die Helmstedter Pfarrer und Kirchenvorstände und an die Propsteisynodalen. Die Vertreibung sei „nach Auffassung der Vertriebenen eher ein Werk des Teufels als ein Gericht Gottes“. Das „Denken vom andern her“ habe seine Grenze dort, „wo die uns immer noch feindliche Welt in Ost und West unser Volk in der Frage der Wiedervereinigung in den Grenzen von 1937 so hart bedrängt“. Die EKD vertrete „einseitig polnisch-kommunistische Interessen“. Die Landsmannschaft forderte die Revision des Versailler Vertrages und erinnerte an die „vor Hitler erfolgte Zerstückelung unseres Ostlandes und Entdeutschung Posens und Westpreußens nach dem Versailler Vertrag von 1919“. Statt Denkschriften „erwarten wir von unsern Pfarrern, dass sie Bittgottesdienste für den deutschen Osten halten“. In diesem Brief waren die Kriegsziele der Deutsch – Nationalen der Weimarer Zeit formuliert, die Hitler uneingeschränkt aufgenommen hatte und die zu den Verbrechen am polnischen Volk geführt hatten. Die unverhüllte revanchistische Politik sollte liturgisch durch Gottesdienste „vor Gott gebracht“ werden. Diese pronazistische, versöhnungsfeindliche Bewusstseinslage wird in den großen Werken über die Adenauerzeit nicht ausreichend beschrieben. Denn sie ist die Folge der doppelzüngigen Politik von Kanzler Adenauer. Auf jener Propsteisynode prallten die Gegensätze unvereinbar aufeinander, als der Helmstedter Pfarrer Helmut Scheide den Verfassern und Befürwortern der Denkschrift „Landesverrat“ vorwarf und sich die Ansichten der Pommerschen Landsmannschaft zu eigen machte.31 Die seinerzeit vertriebenen „Ostpfarrer“ in der Propstei hingegen begrüßten in einem Leserbrief die Denkschrift „als ein Wort, das in seelsorgerlichen Verantwortung die Probleme der Vertreibung aus der Heimat sachlich und nüchtern darstellt. Da wir als heimatvertriebene Pfarrer diese Probleme durch die Flüchtlingsseelsorge besser kennen als andere Glieder unseres Volkes, fühlen wir uns verpflichtet, unsere Gemeinden mit dem Inhalt der Denkschrift in ehrlicher und wahrhaftiger Diskussion vertraut zu machen. Ihre auf Frieden und Versöhnung ausgerichtete Tendenz entspricht dem uns im Ordinationsgelübde anbefohlenen Verkündigungscharakter.“32 Solche Diskussionsabende wurden vom „Ostpfarrer“ Dr. Walter Menzel, der aus Breslau stammte, im Schöninger Arbeiterwerk veranstaltet, die auf ein sehr großes Echo stießen, aber in Folge der großen Beteiligung eine detaillierte Beschäftigung mit dem Inhalt der Denkschrift vereitelte. Aber immerhin kamen die Gegensätze nun zur Sprache. So auch in den zahlreichen Leserbriefen in den Helmstedter Regionalausgaben. Dabei profilierte sich die Helmstedter Rundschau im Gegensatz zur Braunschweiger Zeitung durch eine denkschriftenfreundliche Tendenz ihres Schriftleiters Klaus Stephan. In einem Brief an die Leser seiner Zeitung nannte er die Denkschrift „notwendig.“ „Der Mut ihrer Initiatoren ist bewundernswert. Die Schrift fordert die Anerkennung erlittenen Unrechts auf beiden Seiten.“ Man werde ihr nur gerecht, wenn man begreift, dass sie die beiden Gruppen miteinander versöhnen, dass sie aus politischer Feindschaft zur Partnerschaft führen wolle.33 In der Propstei Lebenstedt trafen sich sechs Vertreter der Vertriebenenverbände und sechs Pfarrer zu einem Gespräch unter der Leitung von Propst Harborth und vereinbarten übereinstimmend, dass die Kirche in politischen Fragen mitreden dürfe und das Wort der Versöhnung die Mitte der Denkschrift sei. Über andere Unstimmigkeiten wolle man im Januar weiterreden.34 Als sich im Januar die Propsteisynode traf, war von der Denkschrift nicht mehr die Rede. Damit war zum Inhalt der Denkschrift nichts gesagt, sondern der Streit sollte entschärft werden.


Die Behandlung der Denkschrift vor der Landessynode

Landesbischof Heintze äußerte sich vor den Landesynodalen am 6. Dezember. Ein gesonderter Redebeitrag Heintzes war während der Synode eigentlich nicht vorgesehen., denn es war die klassische Haushaltssynode. Heintze setzte einen „Lagebericht“ als ersten Verhandlungspunkt auf die Tagesordnung, aber er gab keinen Überblick über die in der Landeskirche abgelaufene Diskussion über die Denkschrift der letzten sechs Wochen, sondern stellte noch einmal seine persönliche Position klar.35 Er bedauerte, dass es seit dem Erscheinen der Denkschrift zu einer Versachlichung der Diskussion nicht gekommen sei. Die Denkschrift wolle kein abschließendes Urteil in dieser politischen Frage fällen, sondern ein Gespräch eröffnen. Die Not der Vertriebenen werde in der Denkschrift sehr wohl ernst genommen. Heintze rückte damit die groben Entstellungen der Vertriebenenverbände zurecht. Aber Heintze stellte nun auch unbequeme Gegenfragen: Was sollte denn im Falle einer Rückkehr der Deutschen mit den dort seit 1946 ansässigen Polen geschehen, insbesondere mit jenen, die in der Zwischenzeit dort geboren worden seien? 2,8 Millionen Polen seien dort inzwischen aufgewachsen. Das von den Vertriebenen immer wieder vorgebrachte „Recht auf Heimat“ gelte wohl auch für jene Polen. Und wie hätten die Deutschen ab 1939 das Recht der Polen auf ihre Heimat geachtet? Es gehe daher kein Weg an dem Bekenntnis einer deutschen Schuld vorbei. Es sei daher sinnlos, Schuld gegen Schuld „aufzurechnen, sondern den Christern sei es aufgegeben, „in aller Weise für die Versöhnung einzutreten“. Das eigentliche Anliegen der Denkschrift sei aber „die Einschärfung des Auftrages, in aller Weise für Versöhnung einzutreten, auch wo die Versöhnung durch wechselseitige Schuld fast unmöglich geworden ist.“ Der Auftrag der Versöhnung erfordere mehr, als unablässig nur auf das eigene verletzte Recht zu starren. „Wer selber aus der Versöhnung lebt, die Gott uns als von Ihm abgefallene und immer neu an ihm und aneinander schuldig werdende Menschen in Christus verkündigen lässt, der kann und darf nicht abwarten, bis der Andere, der auch seinen erheblichen Anteil Schuld trägt, von sich aus versöhnungsbereit erscheint. Wer selber weiß, dass er aus der Versöhnung lebt, der bleibt gehalten, wo und wie er nur kann, selber als Erster klare, deutliche Schritte zur Versöhnung zu tun, ohne Rücksicht darauf, wie das Schuldkonto im einzelnen auseinander zu dividieren ist.“ 36 Abschließend wünschte Heintze einen vielseitigen Gebrauch der Denkschrift als „ein am Evangelium von Jesus Christus orientiertes Hilfsangebot zu eigenem selbständigem und damit durchaus auch kritischen Nachdenken über eine der schwersten Lebensfragen, die unserm ganzen Volk und keineswegs nur den Heimatvertriebenen heute zur Bewältigung aufgegeben ist.“ Die Synodalen wussten, wie der Bischof dachte. Er stellte sich hinter Absicht und Inhalt der Denkschrift, er wies die grobe unsachliche Kritik der Vertriebenenverbände zurück, und er rückte das evangelische Anliegen der Denkschrift in die Mitte, nämlich durch das Eingeständnis von deutscher Schuld und durch eine ernsthafte Versöhnungsbereitschaft zur Entkrampfung des Verhältnisses zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk beizutragen. Das Echo der Synodalen auf diese kirchenpolitisch bedeutsame Rede des Bischofs nur wenige Wochen nach seiner Einführung im Dom war typisch braunschweigisch: es gab keine Debatte. In der bayrischen Landesssynode hingegen war die Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern der Denkschrift heftig. Dort hatte das Kommissionsmitglied Dekan Eduard Putz aus der Kommissionsarbeit und der Mitarbeit der Vertriebenen berichtet.37 Auch die Eutiner Synode hatte debattiert.38 In der Hannoverschen Landessynode Anfang November hatte sich Bischof Lilje in seinem Bischofsbericht über die Denkschrift geäußert, was eine lebhafte Aussprache unter den Synodalen ausgelöst hatte. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung titelte am 5. November: „Synode bejaht EKD Denkschrift“39

Die Braunschweiger Synodalen hingegen rührten sich nicht und schwiegen. Am Ende der Tagung könne eine von einem Ausschuss vorbereitete Aussprache stattfinden. Als es so weit war, fragte der Vizepräsident der Synode, Propst Cieslar, etwas hilflos, wann denn in der Synode über die Ausführungen des Bischofs gesprochen werden solle. OLKR Brinckmeier, der dem Bischof den Rücken freihalten wollte und eine zu deutliche kirchenpolitische Positionierung des Bischofs für „untunlich“ hielt, antwortete sybillinisch. „Das müssen wir offen lassen.“40 Die Initiative des Bischofs wäre im Sande verlaufen, wenn nicht der Braunschweigische Schriftleiter des SONNTAG, Richard Grunow, den gesamten Redebeitrag des Bischofs in voller Länge abgedruckt hätte und dabei folgende verständnisvolle Überschriften gewählt hätte:„ Die Denkschrift will ein Gespräch in Gang setzen. Die Denkschrift nimmt die Not der Vertriebene ernst. Die Kirche hat auch zum Unrecht der anderen nicht geschwiegen. Die Denkschrift stellt die heutige Lage der Ostgebiete in Rechnung. Es gibt keinen Weg an der deutschen Schuld vorbei. Das Ziel heißt Versöhnung“.41 Die befürchteten Kirchenaustritte und eine Abwendung von der Ortsgemeinde lässt sich nicht feststellen. Bei den Kirchenvorstandswahlen im März 1966 waren knapp ein Drittel der gewählten Kirchenvorsteher ehemalige Flüchtlinge. Ihr Engagement in den Kirchengemeinden blieb ungebrochen und war hier und da auch ein Ausdruck jener Sehnsucht, dass Gott nach der harten Strafzeit der Vertreibung wieder Gnade und Barmherzigkeit werde walten lassen. Man bleibe, so schrieben die Kreisverbände von Salzgitter an Konrad Raiser, „in der Hoffnung auf Gnade hellwach bis die Gunst der politischen Stunde allem Volk Gerechtigkeit widerfahren lässt.“42 Durfte man für die Rückkehr in die Heimat beten? Wenn auch die Diskussion um die Ostdenkschrift in den nächsten Jahren verebbte, so blieben „Heimat“, „Flucht“, „Unrecht“ aller Eingliederung zum Trotz verletzliche Wunden im Bewusstsein von Hunderttausenden und die an die Oberfläche der Gesellschaft heraufgespülten Schlammschicht legte sich wieder auf den Grund bis zur nächsten Empörung.


Heintzes Agitation für die Ostverträge 1972 als Teil seiner Versöhnungsarbeit

Die Probleme, die 1965 bei der Ostdenkschrift entstanden waren, kamen 1972 bei der Frage einer Ratifizierung der Ostverträge verschärft wieder hoch. Die sozial-liberale Regierung hatte dem Bundestag ein deutsch-sowjetisches Vertragwerk und ein deutsch-polnisches Vertragswerk vorgelegt. Sie sollten die insbesondere von den Westmächten erstrebte und auch von der deutschen Wirtschaft erhoffte Entspannung mit den östlichen Nachbarn bringen, die in der Ostdenkschrift anvisiert worden war. Eine Beschlussfassung im Bundestag war jedoch fraglich geworden, weil sich die Mehrheitsverhältnisse durch einige Überläufer von der SPD/FDP Regierungskoalition zur CDU/CSU Fraktion verändert hatten. Es stand pari pari zwischen den Fraktionen. Damit war die Beschlussfassung gefährdet. Das Vertragswerk sicherte dem polnischen Staat die endgültige Anerkennung der Westgrenze zu. Wie würde sich die evangelische Kirche verhalten?43 Der Rat der EKD hatte am 17. März 1972 einer Erklärung zugestimmt, die nichtssagend alle Optionen im Bundestag offen ließ, sich für Zustimmung aber auch für Ablehnung entscheiden zu können, und diese Position betont an den Anfang der Erklärung gerückt hatte.44 Aber noch während der Ratssitzung kursierte das Gerücht, dass noch eine weitere Erklärung in Vorbereitung sei. Die Kirchenleitung der VELKD unter dem Vorsitz von Bischof Wölber begrüßte in einer Stellungnahme die unentschlossene Ratserklärung und interpretierte sie abwartend im Sinne der CDU/CSU Fraktion.45


Vorbereitung einer zustimmenden Erklärung

Nun rührte sich die bisher schweigende, den Ostverträgen zustimmende Gruppe innerhalb der evangelischen Kirche. Der Bonner Entwicklungsminister Erhard Eppler hatte ein Papier entworfen, das im Ministerium mit dem Bundesverfassungsrichter Helmut Simon, dem Chefredakteur der Zentralredaktion des epd Hans Wolfgang Heßler und dem NDR Redakteur Manfred Linz diskutiert und verändert wurde.46 Die Erklärung verwies auf den von der Ostdenkschrift geschaffenen Spielraum, den die Politiker nun genutzt hätten. „Sie haben versucht, das christliche Friedens- und Versöhnungsangebot in politische Praxis umzusetzen“. „In dieser Stunde sind wir nicht gefragt, ob sich idealere Lösungen denken ließen“, sondern ob man die jetzt gegebene Chance nutzen oder verpassen wolle. Für diese Erklärung mussten nun Unterschriften gesammelt werden. Dazu wurde eine Liste von 30 möglichen Sympathisanten zusammengestellt, die von Gerhard Heintze, Helmut Hild und Karl Immer angeschrieben werden sollten. Diese drei veränderten den Text erneut nicht unerheblich47 und teilten sich die 30 Namen der Adressenliste zum Anschreiben auf. Heintze fügte von sich aus noch die Namen von Oberkonsistorialrat Alfred Burgsmüller, Heinrich Vogel, Heinz Zahrnt, Oberkirchenrat Herbert und Klaus Scholder hinzu, von denen tatsächlich auch alle mit unterzeichneten. Heinz Zahrnt hatte im SONNTAGSBLATT schon vom 12. Februar 1972 einen Artikel unter der Überschrift „Verzicht aus Glauben“ veröffentlicht. Der Grundschade aller Politik in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg bestehe nicht im Verlust der nationalen Einheit sondern darin, dass das deutsche Volk seine Schuld am Kriege niemals wirklich anerkannt und auch seine Niederlage niemals wirklich angenommen habe, dass das Verschuldete und Erlittene darum von ihm nicht innerlich verarbeitet und politisch produktiv umgesetzt worden sei. Zahrnt beschloss den Artikel mit folgendem Fazit: „Nachdem wir für den Krieg so viele und große Opfer gebracht haben, warum wollen wir dann für den Frieden nicht einmal so wenige kleine Opfer bringen.“ Diese Analyse entsprach den Vorstellungen Heintzes. Zahrnt kam also als Unterstützer in Frage und unterschrieb auch die Erklärung der dann 25. Heintze wollte unbedingt vermeiden, dass die Erklärung im Gegensatz zum Ratsbeschluss der EKD verstanden würde und fragte bei den Ratsmitgliedern Raiser und Wilm an. „Meine Sorge ist, dass sich der Rat der EKD von einer solchen Erklärung distanzieren würde.“48 Ludwig Raiser antwortete umgehend unter dem 21. März. Zwar wäre die Erklärung des Rates „positiver, als ich zu hoffen gewagt hatte, aber natürlich für den mit den Umständen nicht vertrauten Leser windelweich“. Gerade nach der Ratserklärung fühle er sich frei und „umso nötiger ist es, dass wir als einzelne Christen sprechen“. Raiser gefiel die Erklärung. Sie wäre „kurz und klar und enthält das, was wir als evangelische Christen zur Sache sagen sollten,“ sie sollte möglichst bald herauskommen.49 Der Brief wird die Befürchtung Heintzes, dem Rat mit der Erklärung in den Rücken zu fallen, erheblich gemildert haben. Diese Befürchtung nahm ihm auch der Brief eines anderen Ratsmitgliedes, der einen Tag später geschrieben wurde. Ernst Wilm, der emeritierte westfälische Präses und Weggefährte aus der KEK, hielt eine Erklärung für „dringend notwendig.“ Es ginge „um die ganz entscheidende und brennende Frage, welchen politischen Weg unser Volk geführt wird und es ist für mich keine Frage, dass der Weg, den die CDU/CSU jetzt geht, in eine neue Katastrophe führt.“ Für Wilm hätte die Erklärung noch „kräftiger, härter, deutlicher sein“ können.50 Im Brief an Dietzfelbinger vom 6. April ging Wilm noch weiter. Die Erklärung wäre noch „verhältnismäßig milde und behutsam ausgefallen. Ich hätte ganz andere Pfeiler gegen die Nein-Sager im Köcher“.51 Für Heintze hingegen war die Zustimmung Wilms, gerade weil er Ratsmitglied und bei der Abfassung der Erklärung mit dabei war, wichtig. Es entkräftete den Eindruck einer Aktion im Rücken und gegen den Rat der EKD. Heintze lag insbesondere an einer Unterschrift seines Hannoveraner Kollegen Eduard Lohse und schrieb ihm am 21. März in den Urlaub. Ihm sei wichtig, dass er und Lohse nicht verschieden reagierten. Lohse signalisierte umgehend seine Zustimmung, wenn die Immerschen Zusätze eingearbeitet würden. „Falls der Rat der EkiD sie sich zu eigen machen würde, schiene mir das am besten. Da das aber möglicherweise nicht erreichbar ist, sollte dann der Kreis der Genannten in eigner Verantwortung sprechen,“ schrieb Lohse. 52 Es waren insgesamt 25 Unterschriften zusammengekommen,53 eine eindrucksvolle Liste anerkannter Protestanten. Vor allem aber: es waren 5 Ratsmitglieder darunter, die das Wort des Rates vom 17. März unterzeichnet hatten: Beckmann, Raiser, Scharf, Viering, Wilm. Eberhard Stammler gehörte sogar dem Evangelischen Arbeitskreis der CDU an, was den Eindruck parteipolitischer Einseitigkeit widerlegen mochte. Mit Absicht waren nicht jene Theologen angeschrieben worden – und deren Namen wir heute unter dieser Erklärung erwarten würden –, die sich offen zur Sozialdemokratie oder noch weiter links von ihr einordneten, wie z.B. Helmut Gollwitzer. 54 Die Namen solcher Theologen waren unter der Erklärung für die Ostverträge unerwünscht. Die „Erklärung der 25“ verstand sich als Dokument der kirchlichen Mitte.


Reaktionen des Landeskirchenamtes

Wie aber würde das Kollegium im Wolfenbüttler Landeskirchenamt reagieren? Am 29. März ließ Bischof Heintze den Text im Kollegium des Landeskirchenamtes ohne die bisher eingegangenen Unterschriften kursieren und schrieb handschriftlich dazu: „Ich habe mich entschlossen, die beiliegende, in den nächsten Tagen erscheinende Erklärung zur Frage der Ostverträge zusammen mit einem großen Kreis parteipolitisch nicht gebundener „prominenter“ Theologen und Nichttheologen aus dem Bereich der EKD persönlich mit zu unterzeichnen. Über das Risiko eines solchen Schrittes, der keine Gegenaktion gegen das Ratswort sein soll, sondern den Gebrauch von der in ihm gegebenen Freiheit macht, bin ich mir im klaren. Ich habe meine Unterschrift vor allem im Blick auf maßgebliche Äußerungen aus den Kirchen der DDR aus jüngster Zeit gegeben und füge insbesondere das diesbezügliche Interview mit Bischof Schönherr bei“. Schönherr war mit Bischof Bräcklein Mitte März zu einem Besuch beim Ökumenischen Rat in Genf gewesen und war vom epd auch bezüglich einer Stellungnahme zur Beschlussfassung über die Ostverträge gefragt worden. Schönherr hatte erwidert, eine Ratifizierung böte „eine völlig neue Phase des politischen Zusammenlebens in friedlicher Nachbarschaft“… Die Aussicht auf Entspannung, auf Wettbewerb in friedlicher Koexistenz kann nur Vorteile haben im Vergleich zu einem feindseligen Gegeneinander.“ 55 Der Bischof wollte vermeiden, dass die Kollegiumsmitglieder durch eine Zeitungsmeldung vom Inhalt und der Unterschrift des Bischofs überrascht würden. Er hatte die Kollegiumsmitglieder nicht dazu aufgefordert, selber zu überlegen, ob sie durch ihre Unterschrift die Erklärung mittragen wollten. Die Rückmeldungen erlauben einen sehr kleinen, aber treffenden Einblick in das Miteinander des Kollegiums. Noch am selben Tag notierte nämlich OLKR Kaulitz auf dem Umlauf handschriftlich: „Ich bedaure die Aktion beim gegenwärtigen Verfahrensstand wegen der Gefahr der Missverständnisse.“ Kaulitz stand als konservativer Jurist und früherer persönlicher Referent des niedersächsischen DP Ministers Langeheine eher der CDU nahe. Kaulitz hätte auch ohne Bemerkung den Empfang bestätigen können, aber er wollte nun Flagge zeigen, und das wird Heintze lieb gewesen sein. „Bedauern“ klang schon hart nach „missbilligen“. Kaulitz stand aber repräsentativ für das tiefkonservative Wolfenbüttler Bürgertum. Am selben Tag erreichte die Erklärung OLKR Kammerer, der ohne Kommentar nur abzeichnete. Das konnte auch wie eine Zustimmung zur Bemerkung von OLKR Kaulitz verstanden werden. Am nächsten Tag lag die Erklärung auf dem Schreibtisch von Brinckmeier. OLKR Brinckmeier, Personalreferent und Stellvertreter des Bischofs, schrieb unter die Bemerkung von Kaulitz: „Ich meine, dass die Öffentlichkeit die persönliche Freiheit kirchlicher Prominenz, in politischen Fragen individuelle Stellung zu beziehen, respektieren wird.“56 Brinckmeier markierte bewusst einen Gegensatz zu der ablehnenden Bemerkung von Kaulitz. Damit verhinderte er den Eindruck einer Isolierung des Bischofs, die durch eine unkommentierte Abzeichnung hätte entstehen können. Wandersleb erhielt den Umlauf erst nach Ostern am

7.4. und Dr. Bluhm am 10.4., die schlicht abzeichneten. Sie übten sich in Neutralität.57


Das Presseecho

Wie geplant erschien der Text der „Erklärung der 25“ in Ausgaben sämtlicher Tageszeitungen der Republik von Gründonnerstag dem 30. März, sodass er über die Osterfeiertage seine Wirkung entfalten konnte. Die Tageszeitungen verstanden die Unterschriften richtig und unterstrichen den nichtamtlichen Charakter. „Evangelische Theologen sprechen sich für Ratifizierung aus“ (WELT und FAZ), die Rheinische Post sprach von „Kirchenvertretern“, die Frankfurter Rundschau von „Evangelischen Theologen“, die Stuttgarter Zeitung „Prominente evangelische Theologen warnen von Ablehnung der Ostverträge“. Größere Tageszeitungen widmeten der Nachricht einen ausgiebigen Kommentar. „Manche waren schon lange irritiert“ überschrieb Volkmar Hoffmann seinen Kommentar in der Frankfurter Rundschau vom 30.3.72, nämlich darüber, „dass aus diesem Bereich kein mahnend-bejahendes Wort zu den Ostverträgen kam. Sie verstehen auch nicht, wieso sich beim evangelischen Teil der CDU/CSU-Opposition im Bundestag offensichtlich keine Gewissenszweifel gegen das Nein der Barzel/Strauss – Schröder/Weizsäcker – Gruppe rühren.“ Der Kommentator der Süddeutschen Zeitung vom 30.3.72 stellte die „Erklärung der 25“ richtig als Folge der „wachsweichen“ Erklärung“ des „ratlosen Rates“ dar. Die Zeit der unisono vorgetragenen Verlautbarungen der Kirchen wäre vorbei. Das mochte für manche irritierend sein, wäre aber „nicht von vorneherein von Übel, wenn sie dazu verhilft, jene auf amtskirchliche Autorität fixierte Haltung des Kirchenvolkes abzubauen, die alles Heil konsumfertig von oben erwartet.... Wenn die Kirchen jetzt ihren Mut verlieren, dann werden sie zwar weniger Provokationen auslösen und erleiden, aber an Bedeutung eher verlieren als gewinnen“. In diesen Sätzen fühlt sich Heintze durch und durch verstanden und strich sie zustimmend am Rand doppelt an. Ihr Verfasser war das frühere Mitglied des Rates der EKD Robert Leicht.58 Die landeskircheneigene Kirchenpresse Der SONNTAG, der die Ratserklärung am 2. April knapp auf der zweiten Seite abgedruckt hatte, machte mit der „Erklärung der 25“ am 9. April auf Seite eins groß auf: „Bischöfe und Professoren für Ostverträge.“ Dazu schrieb der Schriftleiter H.R. Rapp, der schon eine Woche vorher verraten hatte: „Ich bin auch für die Ostverträge“, einen verständnisvollen Kommentar. Jeder spreche nur für sich oder für seinen Kreis. Auch der Rat der EKD spreche keineswegs für die ganze Kirche, sondern nur für sich. Der Anfang der Ratserklärung, dass es nicht Aufgabe der Kirche wäre, Stellung zu nehmen, sei ihm unverständlich. „Es fällt mir schon lange auf, dass in offiziellen kirchlichen Erklärungen der eigentliche Streitpunkt gerne in der Schwebe gelassen wird.“ Bei der „Erklärung der 25“ wisse jeder, dass dies nicht „die Kirche“ sei. Es gebe in der Kirche auch Christen, die anders dächten. „Von der Qual befreit, für alle sprechen zu müssen, können hier 25 Persönlichkeiten von Rang und Namen klar ihre Meinung sagen. Wer sie nicht für richtig hält, kann eine andere Erklärung abfassen und mit seinem Namen dafür gerade stehen“.59


Die Ablehnung von Bischof Wölber

Unter der Meldung im SONNTAG war eingerückt: „Wölber protestiert.“ Anstatt diese Erklärung als eine Ergänzung oder auch Gegenmeinung zum Rat der EKD zu respektieren, mokierte sich Bischof Wölber in einem Schreiben an Heintze, Immer und Hild, dass auch er den Text der Erklärung zugeschickt bekommen habe.60 Etwa auch zum Unterzeichnen? Wölber kannte also den Text und konnte postwendend die „Erklärung der 25“ mit einer saftigen Stellungnahme „kontern“, ohne sich mit dem Lutherischen Kirchenamt in Hannover abzustimmen, wie dieses öffentlich anmerkte.61Die „Erklärung der 25“ sei zwar als private Meinung zu respektieren, „aber selbstverständlich nicht kirchlich maßgeblich.“ Die Unterzeichner hätten „kein Monopol für Versöhnung“, höhnte Wölber. Hatten diese so einen Unsinn behauptet? Wölber betätigte sich spiegelträchtig als Aufklärer des „Hintergrundes“, nämlich dass Hild, Heintze und Immer „für Unterschriften geworben“ hätten. Das wäre „peinlich“. Gezielt setzte Wölber an den Schluss: „Ein solcher gemeinsamer politischer Schritt kirchlicher Repräsentanten auf dieser Ebene ist zweifellos der Versuch, das eindeutige Votum des Rates der EKD zu unterlaufen. Er ist ein Schlag für die Gemeinschaft von Kirchen in der EKD“.62 Wölber hatte diesen Schnellschuss bereits am 20.3. zu Papier gebracht und konnte nicht wissen, wer diese Erklärung mit unterzeichnen würde. Gegenüber dem Präses der EKD Synode Prof. Raiser waren die verärgerten Behauptungen Wölbers lachhaft. Wölber galt innerhalb der Konferenz der Kirchenleitungen seit je als Mann der flotten und auch daneben treffenden Zunge und festigte diesen Ruf mit dieser die Polarisierung in die Kirche hineintragenden Antwort. Vielleicht war es diese Reaktion Wölbers, die Hanns Lilje, den Vorgänger Wölbers im Amt des Leitenden Bischofs der VELKD, einen Tag später zu einem Interview in der Hannoverschen Presse veranlasste. Eine Ratifizierung wäre „in der Tat ein Dienst am Frieden“, eine wirkliche Alternative zu den Verträgen wäre nicht gegeben, es entstünden sonst „ernstere Folgen, als den meisten bewusst sein wird,“ erklärte er dem Reporter. Er wiederholt diese Antwort im Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt vom 9.4.: „Wir haben keine Möglichkeit, weitere Alternativen zu erörtern. Die grundsätzliche Frage können wir gar nicht anders entscheiden, als dass wir diese Verträge bejahen und weiter verfolgen“. „Dann bin ich für die Ostverträge“, setzte das Sonntagsblatt über dieses Interview als Überschrift. Das bedeutete nun wirklich eine Abkehr von der EKD Raterklärung. Lilje war sogar Mitformulierer des Textentwurfes der Ratserklärung. Lilje möge als Abt im Kloster Loccum lieber die Horen lesen, als sich politisch zu äußern, erboste sich ein Leserbriefschreiber in der WELT,63 und Wölbers Antwort ließ im selben Blatt nicht auf sich warten. In der Ausgabe vom 12. April erklärte er: „Die Volkskirche kann sich diese Kontroversen auf die Dauer nicht leisten“. Wie Lilje äußerte sich auch Präses Scharf noch am Karsamstag, dem 1. April, und erklärte freimütig, warum es im Rat zu keiner eindeutigeren Stellungnahme gekommen wäre. Es gäbe im Rat der EKD eingeschriebene SPD und CDU Mitglieder, sogar des Bundesvorstandes, und tatsächlich stammte der Entwurf für die Erklärung des Rates unter anderen vom Ratsmitglied Richard v. Weizsäcker.64 Auch die Braunschweiger Zeitung hatte die Meldung von der „Erklärung der 25“ am Gründonnerstag gebracht und zitierte die von Karl Immer eingefügte Textpassage in der Überschrift „Ablehnung würde große Enttäuschung hervorrufen – Prominente evangelische Theologen und Laien sprechen sich für Ratifizierung der Ostverträge aus.“65 Im Text reportierte die Braunschweiger Zeitung auch die andere eingefügte Passage: „Wir befürchten, dass bei einer Ablehnung der Verträge sich auf lange Zeit hinaus keine günstigere Situation für erfolgreichere Verhandlungen ergeben wird.“ Genau das Gegenteil aber war die Position der CDU Bundestagsfraktion. Sie forderte neue Verhandlungen und hoffte auf eine „günstigere Situation“.


Das Echo der Parteien in Niedersachsen

Das Echo aus dem Kreis der regionalen CDU war prompt. „Die CDU Niedersachsen verurteilt Aufruf zu Ostverträgen“. Ihr Vorsitzender Hasselmann nannte ihn einen „bedauerlichen Missbrauch bischöflicher Autorität“. „Die unglückselige Wirkung der politischen Äußerung der Bischöfe“ nehme keinerlei Rücksicht auf die unterschiedlichen Meinungen der ihnen anvertrauten Kirchenmitglieder.66 Das war eine groteske Vorstellung, dass Bischöfe und Pfarrer erst reden und gar predigen dürften, wenn eine einheitliche Meinung der Kirchenmitglieder hergestellt worden sei. An jedem Sonntag versammelte sich unter der Kanzel eines Pfarrers eine Vielzahl von unterschiedlichsten religiösen Meinungen, die keinesfalls auf einen einheitlichen Nenner zu bringen waren. „…hat der Gemeinschaft der Kirche keinen Dienst erwiesen, zutiefst enttäuschend“, so Bundestagsabgeordneter Hans Edgar Jahn. Heintze erwidert Jahn, dass einige Mitunterzeichner „seit langem aktive Mitglieder im Ev. Arbeitskreis der CDU sind“.67 Der Fraktionsvorsitzende der CDU Fraktion im Rat der Stadt Braunschweig, Joachim Clemens, schrieb, es gebe „genügend Probleme auf sozialem und caritativen Gebiete“ für die Kirche, der Bischof habe die „äußerste Neutralität eklatant verletzt“. Im übrigen sei es eine unüberbietbare Naivität anzunehmen, dass die Kommunisten zu Gegenleistungen bereit wären. Sie hätten ja dem Bundestag entgegen kommen können, indem „die DDR vor der Ratifizierung den Schießbefehl an der Mauer aufhebt oder menschliche Erleichterungen als Dauereinrichtung schaffen würde“.68 Die Helmstedter CDU hatte unter ihren Funktionären 22 Unterschriften gesammelt, Heintze möge seine Zustimmung vor der Landessynode wieder zurücknehmen.69 „Auch Schweigen sei eine Stellungnahme“ verteidigte sich Bischof Lohse gegen die Angriffe aus der CDU, die nämlich die Dinge so laufen lasse wie sie gehen.70 Als Bischof Lohse zu einem offiziellen Besuch in den Kirchenkreis Burgdorf kam, blieben sämtliche Vertreter der CDU dem Empfang für die Vertreter des öffentlichen Lebens ostentativ fern. Der niedersächsische Ministerpräsident Kubel (SPD) hingegen hatte die Erklärung prompt öffentlich begrüßt, darauf wollte sich Hasselmann offenbar Heintze vorknöpfen. Wilfried Hasselmann berichtete von dem Gespräch, Heintze habe ihm angeblich versichert, in Zukunft „etwas diskreter“ zu agieren.71 Aber das war apologetisches Politikgetöse.


Der Briefwechsel Heintzes mit Richard v. Weizsäcker

Heintze hatte außer der Kampagne für die Erklärung auch sonst für eine Zustimmung im Bundestag geworben und am 21. März 1972 an den stellvertretenden CDU Fraktionsvorsitzenden Richard v. Weizsäcker geschrieben. Heintze nahm die Tatsache, dass v. Weizsäcker als Mitglied des Rates der EKD bei Heintzes Vortrag am 17. März noch nicht zur Sitzung erschienen war, zum Anlass, ihm die großen Erwartungen der DDR Kirchenleitungen zu schildern, die „die Verabschiedung der Verträge nur dringend wünschen könnten.“ Eine Ablehnung würde „mit ziemlicher Sicherheit eine neue ‚Eiszeit’ im Verhältnis der beiden deutschen Staaten“ herbeiführen.72 Heintze bekannte sich in diesem Brief offen zu den Befürwortern und bedauerte die Koalition zwischen der CDU und rechtsradikalen Kräften. „Dazu ist die Bundesgenossenschaft, die die CDU in dieser Frage mit der katastrophalen Rechthaberei der Heimatvertriebenverbände und neuerdings sogar der NPD eingegangen ist, äußerst bedenklich. – Natürlich achte ich Ihre Gewissensentscheidung. Aber verstehen tue ich Sie nicht. Ihre jetzige Entscheidung scheint mir auch so wenig zu Ihrer früheren Mitarbeit im Deutschen Evangelischen Kirchentag zu passen. Entschuldigen Sie bitte, dass ich so offen schrieb... Ich meine es Ihnen und anderen jedenfalls schuldig zu sein, klar und offen meine großen Besorgnisse über die Haltung Ihrer Partei in dieser Frage auszusprechen.“73 Heintze traf mit dieser Feststellung eine Argumentationslage, die damals häufig in evangelischen Kreisen ausgesprochen wurde. So schrieb Volkmar Hoffmann in seinem Kommentar der Frankfurter Rundschau am 30.3: „Tatsächlich ist es unbegreiflich, daß zumindest Männer wie der CDU-Abgeordnete und frühere Kirchentagspräsident Richard v. Weizsäcker, ein Bruder des Philosophen, oder der hessische CDU Abgeordnete Berthold Martin undifferenziert und stur bei einem Nein zu den Verträgen bleiben.“ Beide hätten nämlich 1965 jener Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD angehört, die die Ostdenkschrift verfasst hatte.

V. Weizsäcker antwortete zunächst nicht, veröffentlichte aber in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18. April 1972 eine Absage an die Position der Unterzeichner unter der Überschrift „Entspannung ist keine moralische Reifeprüfung“. Der feste Versöhnungswille der Unterzeichner konnte als „moralische Reifeprüfung“ interpretiert werden. v. Weizsäcker sah jedoch die Sowjetunion auf dem Wege zu ihrem „europäischen Fernziel... hier allein die beherrschende Supermacht zu sein“. V. Weizsäcker antwortete dem Bischof erst einen Tag nach der Abstimmung, ging aber mit keinem Wort auf irgendein Argument oder irgendeine Sorge, besonders die Vorstellungen bei den DDR Kirchenleitungen ein.74


Der Rundbrief des Bischofs vom 5. April 1972

Heintze sah sich noch in der Osterwoche zu einem Bischofsbrief genötigt, obwohl der letzte gerade erst 14 Tage zurücklag.75 Das Echo auf die Erklärung wäre „recht gegensätzlich“, schrieb der Bischof am 5. April einleitend und stellte dann „mit allem Nachdruck“ fest, die Erklärung wäre keine kirchenamtliche Verlautbarung und dahinter stünde auch keine bischöfliche Autorität. Sie werde nicht in Anspruch genommen und könne daher auch nicht missbraucht werden. „Ich bin ohnehin der Überzeugung, dass mit einem Pochen auf amtskirchliche Autorität heute wenig auszurichten ist und dass auch sonst, was Vertreter der Kirche sagen – einerlei welchen Rang und Namen sie haben – für eine kritische Überprüfung durch jedermann offen sein muss.“ „Wohl aber haben die Unterzeichner sich zum Sprecher von Besorgnissen und Befürchtungen gemacht, die heute viele Menschen in unseren Kirchen und weit darüber hinaus im Blick auf die Ratifizierung der Ostverträge bewegen.“ Ohne die Erklärung der 25 könnte der Eindruck entstehen, als seien die Denkanstöße und Impulse der Ostdenkschrift von 1965 vergessen oder preisgegeben. „Das trifft aber für viele Kirchenmitglieder ohne Zweifel nicht zu. Ich meine auch, dass diese Stimmen das gleiche Recht auf öffentliches Gehör haben wie die derjenigen, die ihr „Nein“ mit christlichem Vorzeichen begründen“. Damit sprach Heintze den Auslöser der Erklärung an: die plakative Alleinvertretung des sog. „Christlichen“ in den „Christlichen“ Parteien. Es gälte, trotz verschiedener politischer Ansichten die Gemeinschaft untereinander zu bewahren. Einen ganzen Absatz widmete Heintze indes der Stimmung und dem Meinungsbild in der DDR, und er wiederholte dieses Argument immer wieder, und es wurde von Befürwortern der Ostverträge auch übernommen. Insbesondere hätten ihn Äußerungen aus der DDR und der Ökumene bewegt. Heintze zitierte ausgiebig aus dem Interview des epd mit Bischof Schönherr. Im Falle der Nichtratifizierung würden viele Möglichkeiten zu persönlichen Kontakten und zum Dialog mit den Menschen in der DDR und insbesondere in Polen gefährdet. „Christen in der DDR besorgt“, zitierte der SONNTAG Bischof Schönherr. Die Menschen in der DDR würden durch die Ostverträge unmittelbar berührt, sie seien „ein längst fälliger Beitrag zur Entspannung in Europa.“76 Im letzten Absatz stellte der Bischof noch einmal unmissverständlich klar, dass er natürlich auch gegenteilige Entscheidungen respektiere. „Ich erwarte keineswegs Ihrer aller Zustimmung. Ich respektiere, wie gesagt, jeden, der sich gewissensmäßig anders entscheidet. Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie mir und den andern Unterzeichnern abnehmen würden, dass auch wir meinen, nicht leichtfertig gehandelt zu haben. Und sicher stimmen Sie zu, dass es sich um keine Bagatellfrage, sondern um eine wirkliche Schicksalsfrage handelt, in der Meinungsbildung ohnehin weit über den Bereich des Parlaments hinaus, das die eigentliche Entscheidung zu treffen hat, in breitem Umfang in Gang gekommen ist. Die Unterzeichner der Erklärung wissen sehr wohl, dass jede derartige Erklärung missverstanden werden kann, aber durch Schweigen in der gegenwärtigen Situation wäre nach unserer Überzeugung die Gefahr, schuldig zu werden, noch größer gewesen.“ Heintze legte den kompletten Text der Erklärung mit den Namen sämtlicher Unterzeichnern bei, der bis dahin den PfarrerInnen noch nicht bekannt war. Der Bischof verlor sich nicht in eine ausgedehnte Erörterung, wie sich seine persönliche Entscheidung zu seinem kirchlichen Dienst verhalte und ob er durch seine Unterzeichnung noch überzeugend „für alle Mitglieder seiner Landeskirche“ präsent sein könne sondern stellte sein Bürgerrecht souverän neben sein Dienstrecht und erkannte keinen Widerspruch. Ihm erschien seine Unterschrift als ein Akt von Befreiung von einer geheuchelten Neutralität, die in Wahrheit doch eine politische Stellungnahme darstellte. Heintze hätte auch mit der alten lutherischen Unterscheidung der beiden Regimente argumentieren können, deren korrekte Anwendung er durch die Erklärung souverän handhabte. Diese Unterscheidung fiel Ernst Christian Lerche, einem Beobachter bei der Landessynodaltagung im März, auf, und schrieb es dem Landesbischof: „Auf der letzten Sitzung der Landessynode gingen Sie in Ihrem Bericht zur Lage auch auf politische Fragen ein. Als Sie vom Vertrauen zwischen den Völkern sprachen, brachen sie ab. Logischerweise hätte nun eine positive Wertung der Ostverträge folgen müssen, aber als Bischof in kirchenamtlicher Funktion vor der Landeskirche konnten sie nicht mehr sagen. Ich habe mich aber sehr gefreut, dass Sie danach, allerdings nicht in amtlicher Eigenschaft, in der Öffentlichkeit Stellung für die Ostverträge genommen haben.“77 Die Braunschweiger Zeitung veröffentlichte an diesem Tag ein Interview mit Bischof Heintze, das noch vor der Veröffentlichung des 30. Bischofsbriefes stattgefunden hatte, unter der Überschrift „Unterschrift entsprach dem Recht auf Meinungsfreiheit“.78 Darin kündigte Heintze eine persönliche Antwort auf Wölbers Verriß an und verriet nebenbei, dass der Ratsvorsitzende Dietzfelbinger von der Erklärung Bescheid gewusst habe. Es wurde Zeit, dass der engere Kreis einmal Bilanz zog und ein einvernehmliches weiteres Vorgehen absprach. Am Freitag, dem 7. April trafen sich die Ehepaare Heintze und Lohse in Hannover, am Sonnabend stieß Hild dazu, und es gab einen fruchtbaren Gedankenaustausch. Heintze brachte seinen 30. Bischofsbrief mit und bei diesem Treffen wurde auch vereinbart, dass und wie Heintze als der Ältere auf die grobe Entgegnung Wölbers reagieren sollte.


Die scharfe Erwiderung Heintzes an Bischof Wölber

Heintze erwiderte Bischof Wölber am 10. April mit einer bei ihm sonst kaum zu beobachtenden Schärfe.79 Wölbers Hinweis, dass die Unterzeichner „kein Monopol für Versöhnung haben“, sei „überflüssig“ gewesen. Wer von uns hätte das jemals behauptet?“ Im Brief vom 23. März, den Wölber zur Information zugeschickt bekommen hatte, hatte es geheißen, dass der Rat der EKD nicht mehr hatte sagen können. Es wurde um Prüfung gebeten, ob nicht einzelne Christen darüber hinausgehen könnten und sollten. „Es wäre brüderlicher von Ihnen gewesen, wenn Sie das in Ihrer eigenen Erklärung berücksichtigt hätten.“ Heintze erinnerte dann Wölber daran, dass dieser selber bei seinen Berichten als Leitender Bischof vor der Generalsynode keineswegs davor zurückscheue, eine persönliche Meinung zu vertreten, die nicht einfach selbstverständlich „die Meinung der Kirche“ darstelle. Heintze beendet diesen Gedankengang nicht ohne Schärfe: „Ich hätte mich allerdings gefreut, wenn Sie die Befürchtungen, die wir im Namen vieler Mitglieder unserer Kirchen ausgesprochen haben, etwas ernster genommen hätten, statt sie von vornherein als „selbstverständlich nicht kirchlich maßgeblich“ abzuqualifizieren. Wir sollten uns doch angewöhnen, auch Anliegen, die nicht „kirchenamtlich“ vorgebracht werden, zu beachten und sachlich darauf einzugehen, selbst wenn es sich nur um das Votum Einzelner handelte.“ Heintze gab am Ende dieses dreiseitigen Schreibens zu erkennen, wie angewidert er von dem rechten Rand der bundesrepublikanischen Gesellschaft war. „Mit Schrecken ist mir an einer großen Anzahl der Reaktionen von Gegnern der Unterzeichnung der Ostverträge bewusst geworden, in welchem Masse in unserem Volk erneut der Geist nationalistischer Engstirnigkeit um sich greift und die eigentlichen Grundfragen, um die es seinerzeit in der Ostdenkschrift ging, und die damals weithin in der EKD Zustimmung fanden, völlig aus dem Bewußtsein zu schwinden drohen. Gerade an der Art und Weise der Gegenreaktion bin ich der Überzeugung, dass ein solches Wort, wie wir es in persönlicher Verantwortung versucht haben, am Platz war. Viele haben uns das auch gedankt.“ „Ich möchte mich mit Ihnen auf keine öffentliche Auseinandersetzung einlassen. Wir werden ja wahrscheinlich Gelegenheit haben, in der Bischofskonferenz am 26. April die Frage weiter mündlich zu erörtern.“80 Diese Antwort von Bischof Heintze zeigt eine bestechende gedankliche Klarheit, ein Maß an persönlichem Überzeugtsein von der Richtigkeit seines Handelns ohne eine Spur von Überheblichkeit, aber von einer deutlichen, ja scharfen Zurückweisung, wo er – hier zu Recht – Arroganz und Anmaßung empfand. Heintze führte diese Diktion auf der Ebene von dienstlich Gleichgestellten. In seinen Antworten an seine Kritiker in seinem pastoralen Verantwortungsbereich blieb Gerhard Heintze von einer bewundernswerten Langmut. „Du musst Dich auch mal wehren“, riet ihm nach manchen öffentlichen Angriffen seine Frau Ilse.


Reaktionen aus der Braunschweiger Landeskirche

In der eigenen Landeskirche erreichten Bischof Heintze allerhand Beschwerdebriefe „ich protestiere entschieden“, so Richard Borek 81, „erweisen unserer Kirche einen Bärendienst“ (Erich Brandes) 82, „bringen Sie viele, sehr viele Glaubensbrüder in seelische Konflikte“ (Sparkassendirektor i.R. Bock) 83, ein Staatsanwalt: „werde austreten“84, „eindeutig für die Anerkennung von Unfreiheit, Gewalt und Menschenverachtung ausgesprochen. Ich trete aus,“ so ein Garten- und Landschaftsarchitekt, 85 „dem Gebot der Brüderlichkeit und Liebe zuwider gehandelt“ (Friedrich Linke),86 „werde meinen Austritt und den meiner Frau aus der ev.-luth. Landeskirche vor dem Amtsgericht erklären“,87 „habe den Eindruck, dass man nur noch außerhalb der verfassten und verwalteten Kirche protestantischer Christ sein könne (Richter Manfred Elshoff, Helmstedt, Landessynodaler)88, „einen Teil der durch meinen Kirchenaustritt gesparten Steuern werde ich in Zukunft zweckgebunden einsetzen,“89 „Als verantwortungsbewußter ev. Schlesier, der seit über 25 Jahren im Raum Ihrer Landeskirche lebt und auch hier viele Jahre als Kirchenvorsteher Verantwortung getragen hat, bin ich nicht gewillt, meine Rechte aufzugeben. Deshalb führe ich den Kampf gegen diese Verträge“. Der Schreiber forderte Heintze auf zurückzutreten. „Bei Ihrem Engagement werden Sie gewiß bald einen einträglichen Posten finden, ohne der Kirche zu schaden.“ 90 „Die Zustimmung der ev. Kirche zu den ungerechten Ostverträgen gibt mir Veranlassung, der Kirche endgültig den Rücken zu kehren. Was die SS damals nicht geschafft hat – mich aus der Kirche zu kriegen – hat die Kirche selbst geschafft.“ 91 Einiges war auch nur auf NPD-nahe Flugblätter gekritzelt: „Verzicht ist Verrat“, „Dokument der Schande“, „Ihr seid charakterlose Verräter“ gehörte zu den Standardformulierungen. „Sie Predigen Demokratie und Fördern Deutschlands Preisgabe.“ „Breslau, Königsberg, Stettin, Deutsche Städte wie Berlin“. Diese Auswahl kulminierte in der Schmutzkampagne der Neuen Braunschweiger, die in einer Auflage von 135.000 Stück im E. Jungfer Verlag erschien und folgende Überschriften produzierte: „Kirchenaustritte im Hintergrund; Eine Schwächung der Position der evangelischen Kirche und weitere Kirchenaustritte erscheinen unausweichlich“.92 „Hier Christentum – dort Marxismus – Geistlicher gegen Teufelskreis Kommunismus“. „Der Kommunismus und alles, was mit ihm zu tun hat, ist vom Teufel“.93 „Bischöfe als Kirchenspalter“: „Sie (Lohse und Heintze) sollten sich umgehend zurückziehen und am besten gleich Parteifunktionäre werden“.94 Sie bezeichnete die Hannoversche und Braunschweigische Landeskirche pauschal als „mit dem Talar getarnte Super-Marxisten“, die die „kirchensteuerzahlende Bevölkerung fortwährend politischen Pöbeleien und Beleidigungen aussetzten“,95 und fragte noch im Juli auf Seite eins: „Pfarrer als Genosse Kommunist? – Mut vor Bischofs-Thron Mangelware.“96 Dass sich die Kirchliche Sammlung nicht zu schade war, dort ihre Stellungnahmen zu veröffentlichen, gehört zu den düsteren Seiten der Landeskirchengeschichte. Der hasserfüllte Antikommunismus, die Dreistigkeit der Sprache, der Mangel an Gedankenführung und die Kurzschlüssigkeit der Konsequenz gehören zum beschämenden Teil der Braunschweiger Stadtgeschichte, der weit in die bürgerlichen Kreise mit glanzvollen Namen und Titeln reichte. Nicht selten war die Stellungnahme des Bischofs nur der Auslöser, den aufgestauten Ärger über die Kirche loszuwerden: „Betrachte ich mir das Seminar Ihres Amtsbruders Stammberger, in dem er Extremisten und Atheisten eine Plattform gibt, ihre Thesen gutgläubigen und treuen Anhängern der Kirche vorzutragen, so bin ich der Meinung, dass dies ein selbstzerstörerisches Unterfangen ist.“97 Heintze beantwortete jeden Brief, der einen Absender hatte, persönlich und ließ sich auch durch keine Unverschämtheit provozieren. In der Öffentlichkeit sei der Eindruck entstanden, dass das Nein zu den Verträgen die einzig mögliche christliche sei, ausgedrückt durch das „C“ im Anspruch der CDU. Dieser falsche Eindruck sollte zurecht gerückt werden. Heintze bestand in seinen Antworten auf die Möglichkeit eines Meinungsstreites in der Kirche. Der Briefschreiber habe mit seiner Meinungsäußerung sich selbst bereits in den fälligen Meinungsstreit begeben. Eine sog. Amtsautorität habe in dem Streit keine Bedeutung, wie ihm die Form vieler Briefe zeige. „Im übrigen zeigen die vielen heftigen Reaktionen, die ich auf diesen Schritt erhalte, wie gering heute die Gefahr ist, dass Äußerungen von Bischöfen in der Öffentlichkeit als von Kirchemitgliedern ungeprüft zu übernehmen und als autoritäre Weisungen verstanden werden.“98 Manchen schickte Heintze seinen inzwischen erschienenen Rundbrief mit. Es gehe den Unterzeichnern um nichts anderes als darum, wie die dunkle Hinterlassenschaft der Kriegs- und Nachkriegszeit endlich beseitigt werden könne. Denen, die mit dem Kirchenaustritt drohten, erwiderte er: „Sie sind doch auch vorher nicht um meiner Person willen Kirchenmitglied gewesen!“ 99 Damit entblößte Heintze die Tatsache, dass der Kirchenaustritt des Empfängers noch ganz andere Gründe hatte. Auf den Vorwurf, der Bischof habe keine politischen Ratschläge zu geben“, erwiderte der Bischof hilflos, er sei völlig missverstanden worden. Heintze begegnete in den Briefen einem massierten autoritären, führerhaften Amtsverständnis, das gerade in christliche konservativen Kreisen intensiv gepflegt wurde. Das machte ihn einsilbig. Es gab aber auch zustimmende Briefe von Kirchenvorständen Pfarrern und Gemeindemitgliedern. Hartmut Albath dankte dem Bischof, er teile die Erklärung inhaltlich und „begrüße auch, dass Sie mit Ihrer Unterschrift an die Öffentlichkeit getreten sind.“100 Aus Hondelage traf ein von den Pfarrern Hartmut Barsnick, Jürgen Brinkmann, Propsteijugendwart Walter Bradt und zwei anderen kirchlichen Mitarbeitern unterzeichnetes Telegramm ein: „Sehr geehrter Herr Landesbischof. Ihr Votum zu den Ostverträgen wird von uns voll unterstützt. Wir sind uns bewusst, dass Sie dadurch erheblichen Angriffen ausgesetzt sind. Gerade deshalb möchten wir Ihnen mitteilen, dass es Glieder unserer Landeskirche gibt, die sich mit diesem Schritt politischer Diakonie identifizieren.“101 Fritz Seifert schrieb für die Ev. Arbeitnehmerschaft: „Ich weiß von vielen Kollegen in den Betrieben, dass sie Ihre mutige Haltung begrüßen“.102 Hilfsprediger Hellmut Winkel aus Sauingen: „…für mutigen Einsatz tiefen Dank aussprechen“. Pfarrer Taeger von St. Georg, Braunschweig hatte den Bischofsbrief im Kirchenvorstand besprochen und ließ den Bischof das Ergebnis wissen. „Er (der Kirchenvorstand) begrüßt, dass der Landesbischof seine persönliche Haltung zu politischen Tagesfragen äußert, die uns alle betreffen. Wir – der Kirchenvorstand – sind der Ansicht, dass ein Christ die Pflicht hat, in solchen Fragen sich eine Meinung zu bilden, und Stellung zu beziehen.“103 31 Mitglieder der übergemeindlichen Werke dankten dem Bischof. Er habe „ein gutes Beispiel verantwortlichen Handelns gegeben, wie es u.E. dem Auftrag der Kirche entspricht“.104 Während die Pfarrer Alexander Knackstedt, Joachim Klieme und Robert Mehlhose zustimmten, lehnten Georg Althaus und Curt Albrecht Geisler ab. Überraschend war die Zustimmung des pensionierten OLKR Dr. Reinhold Breust. Es wäre „eine grosse Freude, Ihre Unterschrift unter der Erklärung zu sehen“.105 In einer ganzseitigen Annonce in der Braunschweiger Zeitung vom 26. April für die Ratifizierung, die von den Gewerkschaften dominiert war, beteiligten sich auch die Pfarrer Helmut Bertram, Wilhelm Blöhbaum, Hans Martin Brackhahn, Rainer Kopisch, Helmut Padel, Klaus Pieper, Rudolf Quitte, Bodo Sander, Christfried Seefeldt und Helmut Stammberger. In einer weiteren DGB/FDP Anzeige zwei Tage später unterzeichneten die Pfarrer Hartmut Albath, Friedrich Grotjahn, Hasso v. Mortzfeldt, Martin Quandt und Hans Joachim Schwartz mit Berufsbezeichnung. Einen Offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten unterzeichneten eine Reihe von Pädagogen und Theologen aus dem Helmstedter Landkreis, in dem es hieß: „Jetzt kann die Bundesrepublik einen Schritt zur Verständigung tun, indem sie die Unantastbarkeit der bestehenden Grenzen in Europa vertraglich garantiert… Wir hoffen, dass durch die Ratifizierung das verständliche Misstrauen auf beiden Seiten langsam gemildert wird und das Vertrauen zueinander wächst.“ Den Brief unterzeichneten Pastorin Böttger und die Pfarrer Albath, Beichler, Kuessner, v. Monkiewtsch, Kirchenmusikdirektor Büchsel und Kirchenvorstandsmitglieder aus Helmstedt und Offleben. Es wogte zwischen Zustimmung und Ablehnung hin und her. Zu einer kontroversen Debatte kam es im Pröpstekonvent am 9. Mai 1972. Der Gandersheimer Propst Knüppel dankte dem Bischof unmittelbar nach dem Pröpstekonvent noch einmal schriftlich „für das deutliche Wort“. Er hatte dem Bischof sein Wort zum Sonntag in der Gandersheimer Ausgabe der BZ vom 15./16. April zugeschickt, in dem Knüppel sehr ausführlich aus dem Bischofsbrief zitierte und sich ausdrücklich hinter den Bischof stellte. „Ich halte diesen Schritt unseres Landesbischofs zugunsten der Ratifizierung der Ostverträge in der gegebenen Situation für richtig“ und am Ende: „Jeder möge sich sein eigenes Urteil bilden, aber niemandem das Recht zur Meinungsäußerung absprechen, auch wenn es sich um Leute in öffentlichen Ämtern handelt.“106 Der dem Bischof theologisch nahestehende Lebenstedter Propst und Synodale Hans Harborth, einer der ersten von Heintze brüderlich visitierten Pröpste, hatte schon vorher sehr deutlich seine ablehnende Haltung mitgeteilt. Amt und Person wären nicht so zu trennen, wie Heintze vermutete. Die Erklärung wäre eine politische Aktion, die über den Rahmen einer persönlichen Erklärung weit hinausgehe. Harborth erinnerte Heintze bei dieser Gelegenheit an eine Szene bei ihrem ersten Zusammentreffen vor seiner Bischofswahl: „Mit solchen Aktionen mussten wir rechnen, da Sie uns beim ersten Gespräch in ihrer Hildesheimer Dienstwohnung über eine Kandidatur für das Bischofsamt ganz offen gesagt haben, Sie seinen „mehr links“ angesiedelt.“107 Fairerweise hätte Harborth ihm bei dieser Gelegenheit sagen können, dass er während seiner Goslarer Zeit als Parteiloser bei der CDU im Rat der Stadt gesessen hatte. Der Bischof konnte sich trotz der unterschiedlichen Meinungen in seiner Position auch in seiner Landeskirche verstanden und anerkannt sehen. Eine besonders ausführliche, zwei Seiten lange Ausarbeitung schickte der 1897 geborene Pfarrer Walter Staats an Heintze. Er verglich die Bedeutung der Ratifizierung mit der Friedensresolution des Reichstages vom Juni 1917, die er bereits als 20 Jähriger miterlebt hatte, und mit dem Ermächtigungsgesetz vom März 1933. Die Ratifizierung bedeutete eine nochmalige Teilung. Staats zeigte sich äußerst reserviert gegenüber allen Hoffnungen auf Erleichterung im Verhältnis zum Ostblock, hielt eher einen Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes wie seinerzeit in Budapest und Prag für denkbar und befürchtete für diesen Fall eine Bombardierung Westdeutschlands durch amerikanische Bomber. Er hielt den Befürwortern der Ostverträge zugute, dass sie noch schlimmere Zustände wohl verhindern wollten und empfahl den Regierungsparteien die Zustimmung und der CDU/CSU Stimmenenthaltung. Eine Entscheidung würde erst mit den nächsten Wahltermin fallen.108 Es ist bezeichnend für diese Generation, die noch gerade aus dem 19. Jahrhundert stammte, dass ihr mehr als der jüngeren bewusst war, dass eine Jahrhunderte lange Geschichte des „deutschen Ostens“ mit der Ratifizierung tatsächlich vorbei war. So richtig das überzeugende Argument Willy Brandts war, man gebe nichts auf, was nicht durch Hitler schon ab 1945 verspielt worden wäre, so spürbar war nur der älteren Generation der gravierende historische Einschnitt.


Das Echo aus den anderen Landeskirchen

Die 25 Protestanten hatten ihre Absicht, mit der Erklärung die schweigende Mehrheit zum Sprechen zu bringen, überwältigend erreicht. Bereits am 30. April 1972 berichtete der SONNTAG von einer „Welle von Stellungnahmen“. In der nordelbischen Kirche unterzeichneten 400 Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens darunter der Lübecker Bischof Heinrich Meyer, Oberkirchenrat Horst Göldner, vier schleswig – holsteinische Pröpste, Hauptpastor Reblin, die Direktoren der Ev. Akademien. Sie ließen verlauten: „Ein abstraktes und allgemeines Reden über Versöhnung halten wir für gefährlich. Versöhnung ist in dieser Situation nur in konkreten politischen Akten vollziehbar…“. Über 100 Unterzeichner aus der Hamburgischen Landeskirche wiesen die Position ihres Bischofs Wölber zurück. Mehrere hundert Theologieprofessoren, Pfarrer, Theologiestudenten, kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der westfälischen Kirche äußerten sich wohltuend deutlich: „Wenn irgendwo, so hat die Kirche hier ein eindeutiges Wort zu sagen. Sie kann sich nicht mit der Sache einer Partei identifizieren, aber sie muss sich mit der Sache des Friedens identifizieren, wo immer diese betrieben wird. Sie darf nicht schweigen, wenn die politische Bemühung um Versöhnung planmäßig diffamiert und dagegen Kräfte des nationalen Egoismus beschworen werden. Wir erklären weiter, dass wir es nur als Verschleierung der Situation ansehen können, wenn Erklärungen wie die der fünfundzwanzig leitenden Theologen und Laien als private Stellungnahmen bagatellisiert, ja sogar als der Sache der Kirche abträglich gerügt werden. Das Gegenteil ist richtig.“ Durch die Erklärung der 25 sei „die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Zeugnisses für Frieden und Versöhnung wieder hergestellt.“109 300 Mitglieder der Oldenburgischen Landeskirche widersprachen ihrem Bischof Harms, der in einem Rundbrief vom 5. April die Erklärung nicht gebilligt hatte. Die Ratifizierung wäre „außerordentlich wichtig, damit der so hoffnungsvoll begonnene Prozess der Versöhnung mit den Völkern und Staaten im Osten nicht unterbrochen und damit möglicherweise in Frage gestellt wird.“ Harms hatte Heintze seinen Rundbrief zur Kenntnisnahme zugeschickt und dazu geschrieben: „Du kannst ganz sicher sein, dass unsere brüderliche Gemeinschaft durch die verschiedene Beurteilung in dieser Frage nicht leidet. Ich hoffe, bei der neusten Bischofskonferenz in Hannover dabei zu sein und freue mich schon auf das Feuerwerk, das dabei zu erwarten ist.“ 110 Diese Zeilen sind ein schöner, aber seltener Beleg dafür, dass die „Erklärung der 25“ nicht nur überreizte Reaktionen wie bei Wölber, Wenzel und Dietzfelbinger auslöste, sondern die Grundlage der „brüderlichen Gemeinschaft“ diese Differenz aushielt, wie es im alltäglichen Miteinander der Kirchengemeinde auch ganz selbstverständlich war und durchlebt wurde. Die „Interessenvertretung für den kirchlichen Dienst in Hessen-Nassau“ rief in einem Schreiben im April 1972 alle Mitarbeiter und Kirchenvorstände auf, sich ausdrücklich mit Kirchenpräsidenten Hild zu solidarisieren. Eine Ablehnung der Verträge gefährde die ökumenische Einheit mit den Bruderkirchen in Ost und West. 78 Frankfurter Pfarrer, Pfarramtskandidaten und Theologiestudenten hielten es für bedenklich, die Ostverträge für parteipolitische Interessen zu instrumentalisieren. In West-Berlin unterzeichneten mehr als 300 Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter eine Erklärung für die Ratifizierung, weil nur auf diesem Wege eine Verbesserung für Berlin zu erreichen wäre. Bischof Dietzfelbinger musste zur Kenntnis nehmen, dass der Arbeitskreis für Evangelische Erneuerung in der bayrischen Landeskirche unter Leitung des Kulmbacher Dekans Hermann v. Loewenich die Erklärung der 25 ausdrücklich begrüßte und eine Unterschriftenaktion in Bayern mit ausdrücklicher Zurückweisung des Wölberschen Protestes startete. Die „Erklärung der 25“ finde in Bayern breite Zustimmung. Die Ev. Akademikerschaft verabschiedete mit 69 gegen 13 Stimmen ihre Zustimmung zu den Verträgen. Der polnische ökumenische Rat begrüßte die „Erklärung der 25“.111 Sein Pressesprecher bemerkte anlässlich eines Besuches einer Delegation des polnischen ökumenischen Rates in Frankfurt, bei einer Reihe von Kirchenvertretern sei seit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis ein Meinungsumschwung eingetreten. Die „Erklärung der 25“ hätte in der polnischen Bevölkerung ein positives Echo ausgelöst. In der Bundestagsdebatte am 10. Mai 1972112 verlas Kanzler Brandt aus einem Brief von Generalsuperintendent Günter Jacob, Cottbus. Darin hieß es, die Mehrheit der Bürger in der DDR hoffte dringend auf die Zustimmung des Bundestages. Willy Brandt war so zartfühlend, jenen Briefabschnitt nicht zu verlesen, der die CDU Fraktion betraf. Er lautete: „Mir fehlt jedes Verständnis für die gefährliche Obstruktionspolitik der CDU. Über viele Jahre hindurch hat die CDU geglaubt, uns Bürger in der DDR mit irrealen „Durchhalteparolen“ und hohlen Deklamationen hinhalten zu können. Jetzt, wo durch Ihre Ostpolitik und durch die Überwindung des „kalten Krieges“ sich endlich Möglichkeiten auch für gar nicht zu überschätzende menschliche Erleichterungen abzeichnen, versucht eben diese CDU, die neuen und verheißungsvollen Ansätze wiederum mit den sattsam bekannten Phrasen einer längst bankrotten „Politik der Stärke“ zu blockieren“.113 In der Sitzung am 17. Mai 1972 enthielten sich 238 Abgeordnete der CDU/CSU Fraktion bei der Abstimmung über den deutschsowjetischen Vertrag der Stimme und 231 bei der Abstimmung über den sog. Warschauer Vertrag. Die CDU Fraktion habe ihr Gewissen auf Enthaltung gestellt, spottete Willy Brandt. Die Haltung der CDU/CSU Fraktion war einerseits keine Unentschiedenheit, weil sie auf diese Weise die Verträge „passieren“ ließ, andrerseits war es in einer solchen historischen Abstimmung doch eine kümmerlich neutrale Haltung, die der Erklärung des Rates durchaus entsprach und im nachhinein dem Ratsbeschluss der EKD vom 17. März eine christlichdemokratische Einfärbung bescherte. Die vorgezogene Bundestagswahl im November 1972 stand tatsächlich ganz im Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung der Ostverträge, die Regierungskoalition von SPD/FDP wurde bei einer Wahlbeteiligung von 91,1% mit insgesamt 54,6 % der Stimmen glatt bestätigt. Die Stellungnahme zu den Ostverträgen hatte die Gegensätze in der Landeskirche offen gelegt.


Versöhnungsarbeit durch Jugendarbeit

Die Bemühung um ein besseres Verhältnis zum Osten war damit keineswegs beendet. In einigen Jugendgruppen der Landeskirche begann abseits vom Tourismus über die Aktion Sühnezeichen vertrauensbildende und aufklärerische praktische Arbeit oft in den Gedenkstätten der ehemaligen Konzentrationslagern. Der Sozialpädagoge Ulrich Cohrs im Stadtjugendpfarramt begann in Zusammenarbeit mit der Aktion Sühnerzeichen seit 1978, Jugendliche für eine praktische Tätigkeit in einer polnischen Gedenkstätte zu interessieren und fuhr acht Jahre lang mit einer Gruppe von 16-25 Jahre alten Jugendlichen in die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig, Der Aufenthalt war mit einer gründlichen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und den Verhältnissen in den KZ verbunden. Daran schloss sich eine Fahrt durch Polen mit Begegnungen mit polnischen Jugendlichen und Informationen über die aktuelle Lage in Polen an. Schon vorher und unabhängig von der Jugendarbeit in der Propstei Braunschweig hatte der Propsteijugendwart und spätere Pfarrdiakon Günter Bassen der Propstei Vechelde ein ausgedehntes Auslandsangebot für Jugendliche erarbeitet, das wiederholt nach Israel in ein Kibbuz mit Arbeit an behinderten Kindern führte, aber auch nach Frankreich und nach Polen. Dort arbeiteten die Jugendlichen in der Gedenkstätte des KZ Majdanek und lernten in einer zweiten Woche die gegenwärtigen Fragen der polnischen Gesellschaft kennen. Diese Arbeit in Vechelde wurde von Propst Schliephack tatkräftig unterstützt. Aus dieser Arbeit entwickelte sich für die Jugendlichen eine neues Verhältnis zur Kirche. Diese Arbeit wurde in der Propstei Vechelde von Pfarrer Harald Welge fortgesetzt.


Anmerkungen zu Kapitel 8

1 Unvollständige Lebenserinnerungen, 20 Rückseite.
2 Hartmut Rudolph: Evangelische Kirche und Vertriebene 1945 bis 1972 Bd II, Göttingen 1985; Martin Greschat: Der Protestantismus in der Bundesrepublik Deutschland (1945-2005), Leipzig 2010, 85-91.
3 BZ 21.10.1965. 4 BZ 23./24.10.1965. 5 BZ 22.10.1961. 6 in: EZA 2/1437. 7 EZA 2/1437 Schreiben vom 26.10.1965. 8 EZA 2/1437 Schreiben vom 26.10.1965. 9 ebd. Seesen 18.10.1965 handschriftlich. 10 EZA 2/1437 27.10.1965. 11 EZA 2/1437 vom 25.10.1965. 12 EZA 2/1437 22.10.1965. 13 EZA 2/1425. 14 EZA 2/1428 Gerhard D. Württemberg Januar 1966. 15 EZA 2 / 1428 Walter B. aus Elmshorn 10.1.1966.
16 EZA 8.11.1965 2/1437.
17 EZA 2 / 1425 Schreiben vom 24.10.1965.
18 EZA 2/1437 Schreiben aus Eckernförde am 26.10.1965.
19 Helmstedter Kreisblatt 10.11.1965.
20 ebd.
21 Kirchl. Jahrbuch 1962, S. 74 – 86 Das Memorandum war unterzeichnet worden von Rechtsanwalt Hellmut Becker, Präses Joachim Beckmann, Intendant Klaus v. Bismarck, Prof. Werner Heisenberg, Prof. Ludwig Raiser, Prof. Carl-Friedrich v. Weizsäcker.
22 Denkschrift 35-37.
23 in: Hartmut Rudolph: Evangelische Kirche und Vertriebene Bd II 147.
24 Denkschrift 6.
25 Die Denkschrift war nicht aus einem Guss. Die Kapitel stammten von verschiedenen Verfassern und waren in der Endredaktion nicht mehr gegengelesen und gemeinsam verabschiedet worden.
26 Der Adressat der Denkschrift war wie schon das Tübinger Memorandum die Bundesregierung. Die war jedoch mit sich selber beschäftigt, denn am 19. September 1965 war Bundestagswahl gewesen, und Bundeskanzler Ludwig Ehrhardt, der am 20.10. zum Bundeskanzler gewählt worden war, war mit der Kabinettsbildung beschäftigt. Die CDU/CSU hatte mit 47,6 % der Stimmen mit Abstand gewonnen und bildete mit der FDP (9,5 %) die Regierung. Das EKD Kommissionsmitglied Elisabeth Schwarzhaupt (FDP), gehörte als Gesundheitsministerin dem Kabinett an. Von der Bundesregierung war in nächster Zeit keine Stellungnahme zu erwarten. Für sie war die Denkschrift inhaltlich keine derart große Überraschung, vielmehr war sie über deren Entstehung und Inhalt über die Teilnehmer aus ihren Parteien informiert gewesen. Der Krawall der Vertriebenenverbände kam ihr innenpolitisch jedoch gelegen, weil dadurch deren Klientel an ihre CDU-Wählermasse gebunden blieb.
27 LAW LBf 189 Rundbrief 25.10.65.
28 Martin Grubert: „Die EKD als Vorreiter der Gesellschaft – die Ostdenkschrift. Die Diskussion in der braunschweigischen Landeskirche, Gott dem Herrn Dank sagen, 291-303.
29 Dietrich Kuessner: Gemeinsam – zärtlich – radikal, Büddenstedt 2001, 349 – 354.
30 Braunschweiger Zeitung Helmstedter Ausgabe 3.11.1965.
31 BZ (He) 27./28.11.1965.
32 Archiv der Propstei Helmstedt Zeitungsdausschnittsammlung undatiert vermutlich BZ..
33 ebd. undatiert vermutlich Helmstedter Rundschau.
34 Salzgitter Kurier 7.12.1965.
35 LAW Syn 213 Verhandlungsprotokoll 5. 12.1965.
36 ebd. S. 18.
37 Helmstedter Rundschau 29.10.1965 berichtete unter dem Untertitel „Sie ging von den Vertriebenen aus.“
38 Von der Aussprache in der Eutiner Synode hatte die Presse gemeldet, sie bedauere „um der Liebe zum deutschen Volke, dass einzelne Aussagen der Denkschrift den Eindruck einer einseitigen kirchlich autorisierten Stellungnahme zu umstrittenen politischen Fragen des Völkerrechts, des Rechts auf Heimat und der künftigen Ostgrenze erweckt.“ ((DIE WELT 6.11.1965).
39 Gerhard Lindemann: Die hannoversche Landeskirche und die „Ostdenkschrift“ in: Heinrich Grosse, Hans Otte, Joachim Perels: Kirche in bewegten Zeiten, 31 – 54; hier 41 f.
40 LAW Syn 213 Protokoll der Sitzung.
41 SONNTAG 16.1.1966, 6 – 8: „Landesbischof Dr. Gerhard Heintze zur Denkschrift der EKD über die Lage der Vertriebenen.“
42 Salzgitter Kurier 13.11.1965.
43 Zu diesem Thema befindet sich im Landeskirchlichen Archiv ein für die Geschichte der EKD hochinteressanter Elba-Ordner acc 22/82 mit dem Titel „Die Erklärung der 25“, der einen internen Blick in das Verhältnis der lutherischen Bischöfe untereinander zur Frage der Ratifizierung erlaubt und ein anderes, bisher unbekanntes Bild von Gerhard Heintze zeigt. Er ist nicht der angebliche Zauderer, der durch Abwägen aller möglicher Argumente vor allem der Gegenseite gerecht werden will, sondern ein Agitator, Unterschriftensammler und der gegenüber dem Andersvotierenden eine sehr scharfe Sprache sprach. Ich habe den Aktenbestand erstmals gründlich für die zweite Festschrift Heintze: „Gott dem Herrn Dank sagen“ in dem Beitrag „Die „Erklärung der 25“ zu den Ostverträgen im März 1972 und der 30. Rundbrief“ ausgewertet und verweise im Folgenden auf ihn. Da es erlaubt ist, aus den eigenen Arbeitern ohne Gänsefüßchen zu zitieren, greife ich im Wesentlichen auf die dortige Abhandlung zurück.
44 KJ 1972, 123 EKD Rat: „Es ist nicht Aufgabe der Kirche in der notwendigen Auseinandersetzung der politischen Parteien über die Ratifizierungsfrage für oder gegen eine der beiden Seiten Stellung zu nehmen“, und lediglich am Schluss sprach der Rat davon, „den Weg der Versöhnung.. nach vorn zu gehen“.
45 KJ 1972 124.
46 LAW acc 22/82 Ostverträge Schreiben von Manfred Linz an Heintze 18.3.1972.
47 ebd. Schreiben von Heintze, Hild und Immer mit handschriftlich hinzugefügten Adressen vom 23.3.1972.
48 ebd. Schreiben Heintze an Raiser und Wilm am 20.3.1972.
49 ebd. Schreiben Raiser an Heintze 21.3.1972.
50 ebd. Schreiben Wilm an Heintze 22.3.1972.
51 ebd. Wilm an Dietzfelbinger 6.4.1972; an Heintze eine Durchschrift zur Kenntnisnahme. Es ist ein sechs Seiten langer Brief.
52 ebd. Lohse handschriftlich an Heintze am 22. 3.1972.
53 Es waren insgesamt 25 Unterschriften zusammengekommen. Der zustimmende Professor für NT in Bethel Wolfgang Schweitzer hatte bei Heintze zu spät angerufen. Es unterzeichneten Präses i.R. Joachim Beckmann, Prof. Eberhardt Bethge, Prof. Martin Fischer, der Generalsekretär der Ev. Akademikerschaft Horst Bannach, Oberkonsistorialrat Alfred Burgsmüller, Bischof Heintze, OKR Herbert, Kirchenpräsident Hild, Präses Immer, OKR Locher, Bischof Lohse, Prof. Moltmann, Eberhard Müller, Prof. Picht, Präses Scharf, Prof. Sontheimer vom Präsidium des Kirchentages, Eberhard Stammler, Prof. Tödt, Landesuperintendent Viering, Prof. Vogel, Prof. Carl Friedrich v. Weizsäcker, Präses i.R,. Wilm, Heinz Zahrnt, Präsident des Kirchentages, Prof. Scholder und Prof. Raiser, Präses der Synode der EKD.
54 Der Berliner Prof. Helmut Gollwitzer war damals Mitherausgeber des Blattes „Neues Forum“, zu dessen Redaktionsbeirat auch Wolfgang Abendroth, Ernst Bloch, Herbert Marcuse und die Theologen Johannes B. Metz, Jürgen Moltmann und Paul Oesterreicher gehörten. Gollwitzer arbeitete zu der Zeit an einem Artikel „Grundgesetz deckt Linksradikale“, in dem er sich mit dem Radikalenerlaß Brandts auseinandersetzte und der sozial-liberalen Bundesregierung ins Stammbuch schrieb: „Linksradikalismus ist nicht Missbrauch der Demokratie“. Der Aufsatz erschien in der Juninummer des Neuen Forum.
55 Dokumentation epd 12/72 vom 20.3.1972.
56 LAW acc 22/82 Ostverträge Schreiben Heintze 29.3.1972 an die Kollegiumsmitglieder und handschriftliche Antworten auf dem Schreiben Heintzes als Rücklauf.
57 Gerhard Lindemann berichtet in seinem Beitrag „Die hannoversche Landeskirche und die Ostdenkschrift“ in Grosse, Otte, Perels (Hg.): Kirche in bewegten Zeiten 53 „In den Leitungsgremien und -organen der hannoverschen Landeskirche überwogen ebenfalls die kritischen Stimmen.“ Hier wäre eine nähere Darstellung interessant gewesen. Von wem wurde Bischof Lohse unterstützt?
58 LAW acc 22/82 Ostverträge, Zeitungsausschnitte.
59 SONNTAG 9.4.72 1 „Die Kirche als solche.“
60 LAW acc 22/82 Ostverträge Wölber an Heintze, Hild und Immer 30.3.72.
61 BZ 5.4.1972 Unterschrift entsprach dem Recht auf Meinungsfreiheit Die Erklärung Wölbers sei ein „Alleingang“, der mit der Kirchenleitung der VELKD nicht abgesprochen worden sei.
62 ebd. Erklärung des Leitenden Bischofs der VELKD, D. Wölber. Hannoversche Allgemeine Zeitung 8./9.4.1972, 10 „Politisches Engagement entzweit die „Brüder“ von Ludwig Harms.
63 WELT Leserbrief vom 13.4.1972: Glauben Geistliche den Zug verpasst zu haben?
64 LAW acc 22/82 Wilm an Dietzfelbinger 6.4.1972; an Heintze eine Durchschrift zur Kenntnisnahme. Es ist ein sechs Seiten langer Brief. „Dass eine solche innere Befreiung durch das gemeinsame Ratswort nicht ausgelöst werden konnte, war Ihnen doch gewiß klar. Ich denke, Sie haben es meinem Briefwechsel mit Br. v. Weizsäcker, meinem Beitrag in der Aussprache des Rates am 17. März und meiner Reaktion auf die Vorlage der drei Brüder Lilje, Raiser und v. Weizsäcker abgespürt, dass dieses Ratswort nun wirklich für mich das Mindeste war, was wir in dieser entscheidenden Situation zu sagen hatten.“ (S. 1)
65 BZ 30.3.1972: Ablehnung würde große Enttäuschung hervorrufen.
66 SONNTAG 16.4.1972, 2 Hasselmann: Bedauerlicher Missbrauch.“
67 LAW acc 22/82 Ostverträge Heintze an H. E.Jahn 11.4.1972.
68 ebd. Clemens an Heintze 12.4.1972 2 „Hasselmann: Bedauerlicher Missbrauch.“
69 ebd. Sammelunterschriften darunter die CDU Mitglieder Reinemann, Nolting, Altrogge an Heintze 30.3.1972.
70 BZ 8.4.1972.
71 BZ 18.41972 „Nicht eine Spur von Alternative bei der CDU.“ Kubel: Niedersachsen mit der längsten Demarkationslinie zur DDR sei an guten Beziehungen zum östlichen Nachbarn interessiert. Hier auch die Notiz über ein Gespräch Hasselmann/Heintze. „Hasselmann teilte mit, bei einem Gespräch mit Landesbischof Heintze sei man übereingekommen, mit öffentlichen kirchlichen Erklärungen zur Politik in Zukunft „diskreter“ umzugehen“.
72 ebd. Heintze zitierte ausführlich aus dem Interview des epd mit Bischof Albrecht Schönherr, dem Vorsitzenden des Bundes der Ev. Kirchen in der DDR im epd 12/72 vom 20.3.1972.
73 ebd. Heintze an Richard v. Weizsäcker 21.3.1972.
74 ebd. Weizsäcker an Heintze 18.5.1972.
75 LAW LBf 14.
76 SONNTAG 26.3.1972, 1 „Christen in der DDR besorgt. Bischof Schönherr: Ostverträge, eine europäische Lebensfrage.“
77 LAW acc 22/82 Ostverträge Ernst Christian Lerche an Heintze 4.5.72.
78 BZ 5.4.1972 „Unterschrift entsprach dem Recht auf Meinungsfreiheit. Landesbischof Heintze wehrt sich gegen Vorwürfe“; SONNTAG 16.4.1972, Lohse: Auch Schweigen ist eine Stellungnahme.“
79 SONNTAG 16.4.1972 „Heintze weist Vorwürfe Wölbers zurück“.
80 LAW acc 22/82 Ostverträge Heintze an Wölber 10.4.1972;
81 ebd. Borek an Heintze 2.4.1972.
82 ebd. Brandes an Heintze 11.4.1972.
83 ebd. W. Bock an Heintze 17.4.1972.
84 ebd. Ulrich G. 2.4.1972.
85 ebd. Rolf E. am 1.4.1972.
86 ebd. Linke an Heintze 17.4.1972.
87 ebd. Herr K. aus Lebenstedt an Heintze 15.4.1972.
88 ebd. Manfred Elshoff an Heintze 1.4.1972.
89 ebd. Adolf H. an Heintze 30.3.1972.
90 LAW acc 22/82 Ostverträge Schreiben aus Lehre vom 16.5.1972.
91 ebd. R. Schütz, Marienthal an Heintze 19.4.1972.
92 Neue Braunschweiger 27.4.1972.
93 Neue Braunschweiger 12.5.1972.
94 Neue Braunschweiger 1.6.1972.
95 Neue Braunschweiger 8.6.1972.
96 Neue Braunschweiger 6.7.1972.
97 LAW acc 22/82 Ostverträge Rittmeier an Heintze 17.4.1972.
98 ebd. Heintze an Linke 18.4.1972.
99 ebd. Heintze an Staatsanwalt Ulrich G. 7.4.1972 und öfter.
100 ebd. Albath an Heintze 19.4.1972.
101 ebd. Telegramm vom 7.4.1972 an Heintze.
102 ebd. Fritz Seifert an Heintze 7.4.1972.
103 ebd. Täger an Heintze 12.4.1972.
104 ebd. Schreiben vom 10.4.1972.
105 ebd. Breust an Heintze 13.4.1972.
106 ebd. Wort zum Sonntag BZ (Gandersheim) 15./16.4. 1972.
107 LAW acc 22/82 Ostverträge Harborth an Heintze am 24.4.1972.
108 ebd. Pfarrer Walter Staats an Heintze 20.4.1972.
109 SONNTAG 30.4.1972, 2: „Welle von Stellungnahmen;“ Erklärung westfälischer evangelischer Theologen und Laien zur Diskussion um die Ostverträge.
110 LAW acc 22/82 Harms an Heintze 19.4.1972.
111 SONNTAG 30.4.1972 2 „Politische Normalisierung dient auch kirchlichen Beziehungen. Polnischer Ökumenischer Rat begrüßte ‚Erklärung der 25’.“
112 In der Sitzung am 10. Mai 1972 wurde eine gemeinsame Entschließung eingebracht, über die dann in der Sitzung am 17. Mai abgestimmt wurde.
113 der ganze Brief abgedruckt in JK 1972, 303 – 304;


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Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/Heintze/, Stand: November 2015, dk