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[Kirche von unten]

Die Braunschweiger Landeskirche in den 70er Jahren

und ihr Bischof Gerhard Heintze

22 Rundbriefe von Landesbischof Heintze in Auswahl und Auszügen

16. Zum Jahrestag der Kapitulation

Rundbrief 6.5.1975

an die Pfarrer und sonstigen Mitarbeiter der Landeskirche

Liebe Schwestern! Liebe Brüder!

Anbei schicke ich Ihnen den Lage- und Tätigkeitsbericht zu, den ich auf der letzten Tagung unserer Landessynode für das Landeskirchenamt zu erstatten hatte. Vielleicht ist das eine oder andere darin auch für Sie von Interesse. Über eventuelle Reaktionen Ihrerseits würde ich mich freuen.

In diesen Tagen sind es dreißig Jahre her, seit der Zweite Weltkrieg mit seinen Schrecken und dem vielfältigen Unrecht, das ihm voraufging und in ihm geschah, beendet wurde. Neben dem Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zu diesem Anlaß, das Sie kennen werden, hat mich eine vom Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR zum 8. Mai angestellte Besinnung über das Thema „Befreiung“ beeindruckt. In ihr heißt es u.a.: „Müßte nicht die Erinnerung an den 8. Mai 1945 in uns Impulse des Evangeliums neu freisetzen? Das heißt kritisch zu werden gegenüber allen Situationen, in denen der Tod noch seine Feste feiert, bereit zu werden im Dienst für andere zu leben und zu leiden?
Die Kirche als eine Gemeinschaft von Befreiten und Versöhnten:
   Gehen wir so miteinander um?
   Tragen wir unsere Konflikte so aus? ...
In der Antwort auf die Fragen, die uns die Besinnung auf den 8. Mai 1945 stellt, wird sich erweisen, ob wir die Hoffnung auf Gottes Reich, die uns trägt, weitertragen.“

Herzlich grüße ich Sie alle zum bevorstehenden Pfingstfest. Gerade dieses Fest gibt Anlaß, die Grundfrage, die Dietrich Bonhoeffer in seiner letzten Lebenszeit – am 9.4. war sein 30. Todestag – vor allem bewegte, neu zu bedenken: „Wer ist Christus heute eigentlich für uns?“ Sie wird nicht nur für unsere Verkündigung, sondern für unser ganzes Christ-Sein und Kirche-Sein die Grundfrage bleiben. Mir ist dabei neu wichtig geworden, was Eberhard Bethge in seiner großen Bonhoeffer-Biographie über den unauflöslichen inneren Zusammenhang sagt, in dem für Bonhoeffer „Weltlichkeit“ und „Arkandisziplin“, Praxis des Glaubens und Solidarität mit der Welt miteinander stehen, und über Bonhoeffers unbedingtes Vertrauen, daß der Heilige Geist Gottes selber die rechte Zeit der Verkündigung weiß und heraufführt (vgl. besonders a.a.O. S. 992). Möchte die Bitte um den Geist Gottes uns in der Antwort auf die uns gestellte Grundfrage miteinander ein Stück weiterführen!

Herzlich gedenke ich aller derer unter Ihnen, die durch Krankheit oder sonstige Sorgen belastet sind, wie auch derer, die in den nächsten Wochen in Urlaub gehen können.

Mit herzlichen Grüßen Ihr Heintze

Anlage

Quelle: Landeskirchliches Archiv LBf 15 und Nachlass Landesbischof Heintze
– Acc. 102/07


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Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/Heintze/, Stand: November 2015, dk