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[Kirche von unten]

Die Braunschweiger Landeskirche in den 70er Jahren

und ihr Bischof Gerhard Heintze

Erinnerungen der Zeitgenossen

Gerhard Heintze – ein Mensch und ein Bischof

Gerhard Hinrichs

Jeder Pastor hat es im Laufe seiner Dienstzeit mit verschiedenen Bischöfen zu tun. Aus meiner Heimatkirche Oldenburg erinnere ich mich gut an den ersten Bischof nach 1945, an Wilhelm Stählin, der auf mich als Schüler bereits einen tiefen Eindruck machte, sowohl als Prediger wie als Liturgiker. Sein Nachfolger im Bischofsamt, Gerhard Jacobi, der mich im Jahr 1961 ordinierte, schien mir dagegen theologisch eher blass zu sein, während Hans-Heinrich Harms väterlich-jovial wirkte. Im Jahr 1978 wechselte ich auf eigenen Wunsch wegen meiner Ehescheidung die Landeskirche. Bereits während der Vikariatszeit gab es Kontakte von Oldenburg nach Braunschweig: Die Oldenburgische Landeskirche hatte kein eigenes Predigerseminar, sie schickte deshalb ihre Vikare für ein Jahr auf das Predigerseminar Braunschweig, das damals von Direktor Brinckmeier geleitet wurde. Da ich diese Zeit in guter Erinnerung hatte, lag ein Wechsel in die Braunschweigische Landeskirche nahe. Bischof Heintze lud mich zu einem Gespräch in das Landeskirchenamt nach Wolfenbüttel ein, in dem ich ihn als bescheidenen, stillen, mehr fragenden als selbst dozierenden Bischof kennen lernte. Das Gespräch gab den Ausschlag dafür, dass ich mich um eine Pfarrstelle in der Braunschweigischen Landeskirche bewarb. Da ich sehr konkrete Vorstellungen von meiner zukünftigen Pfarrstelle hatte, diese aber zunächst nicht erfüllbar waren, übte ich meinen Beruf in drei Dorfgemeinden aus, die zwar sehr unterschiedlich waren, mir aber schnell ans Herz wuchsen. Während dieser Zeit hat Bischof Heintze sich immer wieder um uns gekümmert. Ich bewahre einen Brief von ihm auf, in dem er nicht nur zu meiner Arbeit in den Gemeinden Stellung nimmt, sondern ausdrücklich sich auf einen Gemeindebrief bezieht, in dem ich mich zu der Frage der Pfarrerkleidung äußere. Für mich verstärkte sich der Eindruck, dass hier ein Bischof an der Spitze einer Landeskirche stand, dem das Ergehen des einzelnen Pfarrers nicht gleichgültig war. Dieser Eindruck verstärkte sich, als eine Pfarrstelle zu besetzen war, die meinen Vorstellungen entsprach. Das Besondere im Falle dieser Besetzung war, dass das Besetzungsrecht bei dem Landeskirchenamt lag. Von der Problematik, die hinter dieser Besetzung lag, hatte ich keine Ahnung. Auf jeden Fall kam Bischof Heintze zu uns ins Pfarrhaus, um mir mitzuteilen, dass jetzt eine Pfarrstelle freigeworden sei, die genau meinen Wünschen entspreche. Das Landeskirchenamt sei willens, mich mit dieser Pfarrstelle zu betrauen. Zwar müsse dem Kirchenvorstand vor der Pfarrstellenbesetzung Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem Vorschlag des Landeskirchenamtes zu äußern. Aber unabhängig von dem Votum des Kirchenvorstandes werde das Landeskirchenamt in jedem Fall mir die Pfarrstelle übertragen. Es hat mich doch sehr berührt, dass der Bischof persönlich zu uns kam, um mir diese Mitteilung zu überbringen. Ich fühlte mich unter solch einem Landesbischof geborgen. Hier wurden keine amtlichen Briefe versandt, sondern es wurde menschlich miteinander umgegangen. Diese Verhaltensweise unterschied sich erheblich von der späteren Art und Weise, in der das Landeskirchenamt meinte, seine Pfarrer disziplinieren zu müssen.


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Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/Heintze/, Stand: November 2015, dk