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[Kirche von unten]

Die Braunschweiger Landeskirche in den 70er Jahren

und ihr Bischof Gerhard Heintze

Erinnerungen der Zeitgenossen

Erinnerungen an die Zeit mit Landesbischof Heintze

Christel und Arnold Kiel

Es war 1971 bei einem Visitationsgespräch in unserem Wohnzimmer (!) im Heimstättenweg in Wolfenbüttel. Ich kann mich noch gut an den Satz erinnern: „Bruder Kiel, unsere Landeskirche braucht jeden Pfarrer, auch Sie. Ich möchte Sie ungern nach Tansania gehen lassen, zumal mit 3 Kindern, von denen einer gehörlos ist.“ Im September sind wir dann doch ausgereist, vermittelt von der Leipziger Mission an die Lutherische Kirche von Tansania (ELCT), kamen aber nach 5 Jahren auch gerne wieder zurück in die Landeskirche, für genau 10 Jahre in der Wicherngemeinde Braunschweig. Es waren unsere intensivsten und arbeitsreichsten Jahre. Bischof Heintze hatte meine Frau 1979 ordiniert, aber eine gemeinsame Tätigkeit auf einer Stelle, die wir anstrebten, war damals noch nicht möglich. So wurde sie von Propst Jürgens eingesetzt: Konfirmandenarbeit mit Brinckmeier am Schwarzen Berg, dann in Hondelage, Vakanzvertretung in Sickte, halbe Pfarrstelle in Lamme, Krankenhausseelsorge. Dazu inzwischen 4 Kinder, der Jüngste war in Tansania geboren. Mit unserem Bischof und der Landeskirche hatten wir weniger zu tun, die Arbeit vor Ort hatte uns voll in Anspruch genommen. Allerdings blieben uns die Akzente Mission und Oekumene wichtig und Kontakte nach draußen wurden gepflegt und auch unterstützt (England, Taizé, Tansania). Es war gut, in einer Landeskirche beheimatet zu sein, die dank Bischof Heintze und OLKR Becker für Mission und Oekumene geöffnet wurde und offen blieb. Schon 1968 war Heintze Delegierter bei der 4.Vollversammlung des ÖRK in Uppsala, zum Erstaunen vieler reiste er mit dem Zug an! Die Konferenz Europäischer Kirchen spielte eine wichtige Rolle, Heintze war einer ihrer Präsidenten. Diese Tradition setzt erfreulicherweise unser jetziger Bischof Dr. Weber fort, der zum Präsidenten der GEKE, Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa gewählt wurde. 1977 bei der 6. Vollversammlung des LWB in Daressalaam war Heintze Delegierter, dazu Renate Apitz und Wolfgang Böttcher. Ich selbst nahm als Besucher 1975 an der der 5. Vollversammlung des ÖRK in Nairobi teil und berichtete später auf Einladung von Propst Kalberlah vor der Goslarer Propsteisynode. Einen eigenen Delegierten der Landeskirche gab es in Nairobi nicht. Barsnick kam aus Kanada zurück. 1983 in Vancouver bei der 6. Vollversammlung des ÖRK waren aus Braunschweig OKR Becker und Harald Welge akkreditierte Besucher. Die damalige Vikarin Margot Käßmann war Jugenddelegierte ebenso wie 1984 wiederum Harald Welge in Budapest bei der 7. Vollversammlung des LWB, Delegierte waren unser Bischof Müller und Frau Unger. Der Generalsekretär des ÖRK Philipp Potter kam 1979 nach Braunschweig. Ich übersetzte ihn bei der ESG, wo er unüberhörbar den Friedensauftrag der Kirchen betonte, später etwas moderater in der Stadthalle, am nächsten Tag im Braunschweiger Pfarrkonvent. Dazwischen war er bei uns im rappelvollen Wohnzimmer mit dem Konfirmandenteam und Mitarbeitern der Gemeinde zu einer intensiven Diskussion über den Auftrag der Ortsgemeinde. Brinckmeier lud 1980 den Botschafter Tansanias Maro in die Gemeinde ein zu Fragen von Mission und dem Entwicklungsauftrag der Kirche, er war unser Übernachtungsgast und traf Heintze bei einem Empfang der Stadt Braunschweig. Es waren bewegte und bewegende Jahre; ob wir selber etwas in der Landeskirche bewegt haben? Wir haben jedenfalls versucht, die vielfältigen Impulse, Anregungen und Herausforderungen der weltweiten Kirche vor Ort einzubringen. Es war die Zeit der der Anti-Rassismus-Debatte, des Früchte-Boykotts der Frauen, der Gesellschaftsverantwortung der Kirche, der Friedensinitiative. Partnerschaftsbeziehungen wurden aufgebaut nach Indien und Japan, zur anglikanischen Diözese Blackburn. Elsbeth Strohm entwickelte ihr Engagement in Osaka, viele Kollekten gingen in das 100-Kapellen-Programm in Südindien. Unsere Landeskirche hatte Gastpfarrer aus Indien und Japan. Uns zog es wieder nach Tansania, die Maasai hatten Bischof Kolowa um Unterstützung ihrer wachsenden Gemeinden gebeten, 6 Jahre konnten wir (über die Vereinte Evangelische Mission in Wuppertal) –jetzt gemeinsam – diesen Dienst tun. In der Zeit besuchte uns auch OKR Becker, inzwischen gab es Beziehungen der Landeskirche zur Pare-Diözese. Kirsten Müller erlebte ihr Gemeindepraktikum in der Maasaisteppe. Insgesamt 14 Jahre in Tansania haben uns bereichert und verändert, ob wir das auch in die Landeskirche und die Gemeinden vermitteln konnten, bleibt eine offene Frage. Aber gilt das nicht für vieles in unserem Leben, auch für das Leben von Ehepaar Heintze in unserer Landeskirche? Diese offene Frage will die vorliegende Publikation aufgreifen.


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Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/Heintze/, Stand: November 2015, dk