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Einleitung
Auch die Geschichte der ev. Kirche zur Zeit der Weimarer Verfassung ist umstritten und wird kontrovers diskutiert. Das übliche Bild zeichnet der Bielefelder Professor Hans Ulrich Wehler im 4. Band seiner „Deutsche(n) Gesellschaftsgeschichte“ aus dem Jahre 2002. Er beschreibt die evangelische Verkündigung als Vergötzung des Volkstums, als Idealisierung des Völkischen, als Billigung des antisemitischen Rassismus, als Anleitung zur prinzipiellen Feindschaft gegen die Demokratie, als Befürwortung eines hasserfüllten extremen Nationalismus. Die Kirche ist also total rechtslastig. Dieses Zerrbild ist weit verbreitet und hängt u.a. mit dem verschiedenen Ausgangspunkt der Darstellung ab. Wer die Darstellung von 1933 aus beginnt, hat immer schon das sog. Scheitern der Weimarer Republik vor sich und sucht die Jahre 1919-1932 nach Ereignissen ab, die zur Krise führten. Wer den Ausgangspunkt dagegen von 1918/1919 aus nimmt, der wird die jeweiligen Fortschritte vom autoritären Kaiserreich zur langsam sich entwickelnden Demokratie im Blick haben.
Die traditionellen Darstellungen enden mit dem Jahr 1932 oder 1933. Ich dehne die Darstellung bis 1945 aus. Die Weimarer Verfassung ist nämlich im Hitlerreich nie aufgehoben worden. Daraus ergibt sich die Frage, wieviel Weimarer Verfassung im Hitlerreich noch vorhanden und virulent war.
Ich beginne meine Darstellung nicht vom Endpunkt, sondern vom Anfangsjahr 1918 und halte die Entwicklung für grundsätzlich offen. Sie lief keineswegs zwangsläufig auf den Nationalsozialismus und die Deutschen Christen zu.
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