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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 124 - Dezember 2008


Industrie-Terror in der Asse

von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

Die schwarz/rote Regierung, die sich mit dem Terrorismus anderswo beschäftigt, ist blind für den Terrorismus, der seit Jahrzehnten zwischen uns blüht, wächst und gedeiht. Die Einlagerung von zunächst leichtem, dann mittelschwerem, dann bis an die obere Grenze gehenden mittelschweren Atommüll in die Asse und seine Versiegelung mit Salz aus Grasleben in den 70er Jahren war blanker Industrie-Terror. Verlogene Informationen, keine Beteiligung bei Anhörungsverfahren. Führermäßig.
Es gründete sich das „Bürgerforum Asse“. Auf dem Hessenkopf fand im Mai 1978 eine Tagung des Forums statt, bei dem es heißt, alle Genehmigungsverfahren zur Verfüllung wären bereits abgelaufen. Es fällt das Wort vom „Atomklo“.
Pfarrer Helmut Stammberger erklärt in der EZ vom 11.3.1979, warum er sich in dieser Sache engagiere. Überschrift des Artikels: „Atommüll bleibt „für immer“ in der Asse“. Es gibt die sog. „Braunschweiger Gespräche für Gesellschafts- und Sozialpolitik“, die von Helmut Stammberger schon seit einigen Jahren organisiert werden. „Kirche nicht im luftleeren Raum“, so die EZ am 6.1.1980, wobei es in der Braunschweiger Stadthalle um die Energiepolitik geht.
Aber es wird weiter verfüllt, unrückholbar (!) versiegelt und versalzt, und schon damals Warnungen über Warnungen: es leckt. So ist es später in Morsleben auch.

Dann kam in den 80ern Schacht Konrad und die Kirchenleitung spielte klamm heimlich den Part der Industrie – Terroristen.
30 Jahre später - also wieder Asse. Diesmal mit hoher Politik. Der Umweltbundesminister fürchtet um seinen Wahlkreis und macht Dampf. Die Grünen im Landtag auch. Pfarrerin Kerstin Müller, Wittmar, gestaltet im Sommer 08 mit der Propstei Jugend Schöppenstedt einen Gottesdienst am Asse II Endlager. Weitere folgen. Der Landesbischof zeigt sich empört, nun reagiert auch der Umweltbeauftragte Kiy. „Asse – Aufpasser machen mobil. In der Landeskirche wird mit scharfer Kritik und Empörung auf den Skandal um das atomare Endlager reagiert“ titelt die EZ am 21.9. Die Propsteisynoden von Schöppenstedt und Wolfenbüttel beschäftigen sich thematisch mit dem Endlager und verfassen Protesterklärungen wie auch auf Veranlassung des Landesbischofs die Landessynode. Es ist gut, dass so viele Synodale sich mit dieser Sache befassen. Ein Fortschritt, gewiß. Und?
Und?

Ende September hielten Jugendliche zusammen mit Landesjugendpfarrer Labuhn, Pfri. Müller, Pfr. Lauer erneut an der Schachtanlage eine Andacht. Die nächste soll am 21. 12. stattfinden.
Am Reformationsfest hat Pfr. Harald Welge in der Kirche von Wittmar erklärt: „Was hier passiert, ist bereits vor 20 Jahren gesagt worden“. Christinnen und Christen bei den Grünen formulierten 95 Thesen gegen Atomenergie.
Am 7.11. war eine größerer Diskussionsveranstaltung im Gemeindehaus von Gr. Denkte.

Jürgen Kumlehn hat inzwischen Prof. Dr. Klaus Kühn angezeigt wegen „besonders in den 80er Jahren mit Gefahren abwiegelnden Äußerungen“ (BZ Wf 2.9.).

Sind wir gedanklich 30 Jahre zurückgeworfen, als wir dachten: macht kaputt, was euch kaputt macht?
Was bedeutet im Fall Asse die biblische Losung, das Böse mit Gutem zu überwinden?
Es haben lediglich die Generationen gewechselt. Die Probleme sind nicht nur geblieben, sie haben sich verschärft. Stammberger lebt noch, im übrigen seit letztem sehr glücklich. Er wird 75 Jahre alt und im Januar sich kirchlich trauen lassen. Jetzt sind die Jüngeren Andreas Riekeberg, Kirstin Müller und Stefan Lauer dran. Wie sind ihre Antworten? Wo sollen im Falle der m.E. völlig unrealistischen Rückholbarkeit der Fässer diese denn nun hin? OLKR Fischer schlägt ja Schacht Konrad vor? Was soll mit den Verantwortlichen geschehen? Und? Und?
Gibt es überhaupt noch ein theologisch gesellschaftspolitisches Umfeld, aus dem heraus man predigen und agieren kann? Gehört das auch zum Atelier Sprache und der hohen Kunst der aktuellen Predigt? Und? Glaube keiner, dass derlei Industrie-Terroristen verschwinden. Sie wechseln nur ihren Standort, mal München mal Salzgitter.
Wer sich näher über die Geschichte des Asse Endlager beschäftigen will, greife zum Buch Hubert Mania Eine kurze Geschichte des Atommüllendlagers Asse II. im Internet auch unter spurensuche-meinung-bilden.de




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