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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 124 - Dezember 2008


Trauerfeier für
Paul-Otto Gutmann
* 9. 10. 1921 † 28. 2. 2008

Ansprache und Liturgie von Martin Quandt
(Download als pdf hier)

Orgel

Was tot ist müssen wir begraben
auch das was lebt gehört uns nicht
wir geben weiter was wir haben
blast es nicht aus das Lebenslicht

Verdrängt eure Toten nicht
in das Reich der Schatten
im Dunkel verzerren sie sich in Gespenster
klagen alte Schuld ein
fesseln euer Leben

Versetzt eure Toten nicht in den falschen Himmel
im Halblicht verklären sie sich zu Heroen
fordern streng Gehorsam
prägen euer Leben

Verschont eure Toten nicht
vor dem Urteil Gottes
vom eignen Denkmal befreit
sind sie menschlich
ungeschminkte Bilder
helfen euch zum Leben

Was tot ist müssen wir begraben
auch das was lebt gehört uns nicht
wir geben weiter was wir haben
blast es nicht aus das Lebenslicht
                    Friedrich Karl Barth

Wir bitten DICH
nimm unsere Trauer auf
schenke uns die Sammlung,
die nötig ist, um Paul-Otto Gutmann
seinem Leben und seinem Tod mit Würde zu begegnen.
Schenke uns die Liebe
die fähig ist zu erinnern,
gib uns Geduld und Tapferkeit
an unserer Trauer zu tragen und zu arbeiten,
und die Möglichkeit, loszulassen,
was wir nicht halten können.
Amen


Lied: Was Gott tut, das ist wohlgetan! Er ist mein Licht und Leben. St. 4-6

Psalm 23 im Wechsel

Lied:
Von guten Mächten

Ansprache

Liebe Gretel,
Lieber Hans-Martin und Christoph,
Liebe Dominique und Birgit, liebe Enkelinnen Julie, Stephanie und Anne
Heute wird ganz überwältigend deutlich wie viele Menschen mit Eurem engsten Familienkreis verwoben sind. So folgt auf die ganz persönliche Aussegnung im Kreis der Familie und der Hausgemeinschaft des Abendfriedens nun der öffentliche Abschied. Paul-Otto hat diese Stunde immer wieder bedacht und besprochen. Er hat alle Lieder ausgesucht. In dem Satz aus der Apostelgeschichte „Er aber zog seine Straße fröhlich“ fand er ein zutreffendes Motto für sein gesammtes Leben. Ja, so haben wir ihn erlebt, manchmal vielleicht mit etwas Verwunderung.
So verschieden wir sind, die wir uns heute hier versammelt haben, uns verbindet alle, dass diese lange Lebensstraße, die Paul-Otto voller Freude zog, unsere Lebenswege mehr oder weniger gekreuzt hat. Du, Gretel, warst mehr als 56 Jahre mit ihm gemeinsam unterwegs. Als Vater, Schwiegervater oder Großvater war er auch für Euch wichtig, den jeweils eigenen Weg zu finden und zu gehen. Eure Wege hat er sehr aufmerksam und letzendlich wohlwollend wahrgenommen und begleitet.
Diese Straße, die Paul-Otto in seinem langen und erfüllten Leben fröhlich gegangen ist, war zu weiten Strecken alles andere als leicht. Ich möchte nur an seinen langen Marsch am Ende des Krieges erinnern, als er sich mit einem Freund gemeinsam auf der Flucht vor russischen Truppen von Wien bis zum rettenden Ufer des Inns in die amerikanische Zone durchschlug – zuletzt mit vollkommen wunden Füßen - . Von den Amerikanern wurde er umgehend an die Russen ausgeliefert. Das bedeutet mehrere Jahre russische Kriegsgefangenschaft. Kampf ums Überleben, bei der er niemals die Notlage der russischen Bewacher aus den Augen verlor.
Jeder von Ihnen oder Euch wird in seiner Einnerung auf Spuren von Paul-Otto Gutmanns Lebensweg stoßen, ob das nun in der geinsam erlittenen Gefangenschaft war, in der eigenen Schulzeit hier in Immenrode, in der Kirchengemeinde, vor allem im Singkreis, den er gleich am Anfang seiner Immenröder Zeit ins Leben rief, als Lehrerstudentin oder Vikar in den Schulpraktika oder im Kathechetischen Amt, als Kollege oder Refrendarin in den Ausbildungsseminaren, als Sänger im Gesangverein, der ihm sehr am Herzen lag, als Verwandte und Freunde aus Kühndorf, als Freund und Kollege oder zuletzt als Mitbewohner im Haus Abendfrieden. Diese Fülle von Menschen – allein die bestimmt unvollständige - Aufzählung ist erdrückend. Für Eure Familie war und ist die Fülle, denke ich, bereichernd und belastend zugleich. So bildetete die innigliche Gemeinschaft zwischen Euch beiden, Gretel, mit ihren intensive Gesprächen, dem ausgiebigen Scrabblen, den Reisen und den tiefen Freundschaften einen wohltuenden Gegenpol. In beidem erlebtet ihr eine Fülle des Lebens, die Euch sehr dankbar sein ließ. An dieser Fülle habt Ihr uns teilnehmen lassen.

Liebe Trauergemeinde
Wenn wir unsere Erinnerungen austauschen, dann entsteht ein lebendiges Geschichtsbild. Mehr als ein halbes Jahrhundert macht allein die Zeit in Immenrode aus..
Voller Freude begegnete Paul-Otto uns, hörte zu, vertrat seine Meinung, ließ aber auch unsere Anschauungen gelten,
Besonders eindrücklich war für mich, wie er mit den Einschränkungen der Krankheit und später des Alters umging. Die Kehlkopfoperation raubte ihm vor mehr als 20 Jahren seine Stimme. Nach ganz kurzer Zeit wußte er sich mit der Melodica zu helfen, um den Singkreis und den Männergesangverein auch weiterhin leiten zu können.
Alle Lieder, die er für seine Beerdigung ausgesucht hat, weisen darauf hin, dass ihn neben diesem Lebensmut und seiner Fröhlichkeit auch die ganz anderen Gefühle wie Not, Angst und Schmerz, auf seinem Lebensweg begleitet haben. Sie wurden von seinem grundlegenden Vertrauen in das Leben getragen. In dem Abschnitt der Apostelgeschichte, aus der Paul-Ottos Lebensmotto stammt geht es auch um die Frage, welchen Sinn denn das Leiden habe. Der Kämmerer aus dem Morgenland lernt das Zentrum der christlichen Überzeugung kennen: Leid und Schmerz trennen uns nicht von Gott, dem Urgrund allen Lebens. Das Bild des gotischen Christus aus dieser Kirche begleitete Paul-Otto ständig. Die Verbindung zu diesem Christus ermöglichte ihm seine Gelassenheit. Sie ließ ihn jeden Tag wirklich als ein Geschenk annehmen.
So gilt für mich heute das Lied, das der Singkreis bei jeder Rückkehr nach Immenrode anstimmte in einer wenig aber entscheidend veränderten Fassung:
Wieder einmal ausgeflogen, Wieder einmal heimgekehrt;
Fand ich zwar die alten Freunde, doch die Herzen sind versehrt.
Für alle versehrten Herzen gilt die heutige Tageslosung: „Fürchte dich nicht und verzage nicht!“, damit auch wir unsere Straße fröhlich ziehen können.
Und SEIN Friede, der höher ist als all unsere Vernunft bewahre Eure Herzen und Sinne.
Amen

Singkreis
Auf meinen lieben Gott trau ich in Angst und Not

eventuell Voten der Vereine

Liedstrophe:
Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen,
der große Dinge tut an uns und allen Enden,
der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an
unendlich viel zugut und noch jetzund getan.

Wir denken an Paul-Otto Gutmann
und hoffen, dass sein Leben mit allem, was schön war und schwer angenommen werde und in DIR seine Erfüllung finde.
Wir bedenken, was er für unser Leben bedeutet,
was wir zu erhalten und zu bewahren haben
aber auch, was wir zu verstehen und zu vergeben haben
und was wir selber versäumten und ihm schuldig geblieben sind.
Wir beten für alle, denen der Tod von Paul-Otto Gutmann nahe geht, ganz besonders für Gretel Gutmann
Sie haben diesen Menschen verloren,
lass sie auch dankbar sein, dass sie ihn gehabt haben.
Du, unser Gott, höre auf unser Gebet, aber auch auf das Viele, das hier und vielleicht immer ungesagt bleiben wird.
Wir haben es wieder erfahren, dass unser Leben vergänglich ist und der Tod uns alle Tage begleitet.
Hilf, dass wir den Wert der Tage ermessen,
die uns füreinander gegeben sind,
damit wir es immer besser lernen, unser Leben
miteinander und füreinander zu leben.
So wird uns nichts mehr von DEINER Liebe trennen und wir werden mit DIR das Leben haben

Lied:
Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, St 1-4.

Lassen Sie uns nun zum Grab gehen. Wir geben Paul-Otto Gutmann aus den Händen und legen ihn in die Erde. Wir vertrauen darauf dass er in den Händen des lebendigen Gottes bleibt.
Der Ewige behüte uns heute und in den Tagen, die kommen.

Orgel

Lied:
Ach Herr, lass dein lieb Engelein
Am letzten End die Seele mein
In Abrahams Schoss tragen...

Wir geben Paul-Otto Gutmann aus den Händen
und legen ihn in die Erde.
Erde wird zur Erde werden,
Asche zu Asche,
Staub zum Staube.

An seinem Grab beten wir gemeinsam:
Vater unser im Himmel

DU, nimm Paul-Otto Gutmann in deinen Segen auf,
deine Liebe umhülle ihn ganz
und trage ihn in die Weite der Ewigkeit.
Uns begleite hinaus
in das Leben.
Segne uns auf diesem Weg
und behüte uns,
wenn wir kommen
und wenn wir gehen.
Gehet hin in Frieden.
Amen




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