Kirche von unten: Home - Archiv - Geschichte - Vorträge, Beiträge - Cyty - Glaube

[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 125 - April 2009


Aus der Landeskirche

zusammengestellt von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

* Fusionsideen historisch gesehen
Der Gedanke, Landeskirchen in Niedersachsen zusammenzulegen, ist alt. Ende der 20er Jahre wollten sich die Lutheraner in Norddeutschland zusammenschließen. Das war die Idee des Hannoverschen Landesbischofs Marahrens. Mecklenburg sollte dazugehören, und Braunschweig, Hamburg und Lübeck. Das war wohl als Anfang einer Lutherischen Kirche in Deutschland gedacht. Daraus wurde nichts.
Der zweite Anlauf kam 1933 aus Berlin und kippte die geplante Bischofswahl in Braunschweig. Es musste im September 1933 auf dem 2. Braunen Landeskirchentag der Nachfolger von Bischof Bernewitz gewählt werden. Dafür kam nur der Pfarrer von Katharinen und nationalsozialistische Parteigenosse und Deutscher Christ Johannes Schlott in Frage. Aber kurz vor der Wahl kam ein Brief von der deutsch-christlichen Zentralleitung in Berlin, die Bischofswahl sollte ausfallen. Braunschweig, weil unter 1 Million Seelen, sollte mit einer anderen Landeskirche zusammengelegt werden. Man sollte mit der Wahl warten. Der Braunschweigische Ministerpräsident Klagges hingegen hatte eigene regionale Pläne. Ihm lag an einer Bischofswahl. Schlott wollte der Kirchenleitung in Berlin nicht in den Rücken fallen, trat von der Kandidatur zurück, und es wurde der 30jährige Dorfpfarrer Wilhelm Beye gewählt. Aus den deutsch-christlichen Zentralisierungsplänen wurde später nichts.
Der dritte Anlauf war 1946. Es stand die Wahl von Martin Erdmann als Landesbischof bevor, was den Brüdern des Pfarrernotbundes nicht behagte. Sie schlugen daher vor, Braunschweig mit Hannover zu fusionieren und Hanns Lilje als Bischof zu akzeptieren. Dagegen rief der Braunschweiger Propst Otto Jürgens eine Pastoreninitiative ins Leben und hatte Erfolg. Braunschweig blieb Braunschweig und Erdmann wurde ihr Bischof.
Als 1965 der Hildesheimer Landesuperintendent Gerhard Heintze zum Bischof gewählt wurde, ging die Befürchtung um, er wolle Braunschweig an Hannover ausliefern. Der stellvertretende Bischof Max Wedemeyer strich daher bei der auf die Einführung im Dom folgenden Festversammlung in der Braunschweiger Stadthalle die Braunschweiger Besonderheiten heraus und Bischof Lilje bedankte sich ironisch für die "taktvollen" Begrüßungsworte.
Als 1970 eine neue Verfassung die alte von 1922 ablösen sollte, zögerte Bischof Heintze, weil er angesichts fälliger regionaler Umstrukturierungen eine neue Verfassung für eher hinderlich hielt.
Nun also ein neuer Anlauf. Leitender Gedanke sollte sein: werden die Gemeinden gestärkt?
"Die Zukunft der Kirche ist die Gemeinde" (siehe S. 2)

* Es muss gelesen werden.
Es fällt auf, dass immer mehr Gottesdienste ausfallen, oft auch dadurch, dass sie "zusammengelegt" werden. Sogar an den hohen Festen. Das hängt auch mit der gelegentlich zu beobachtenden Einstellung zusammen, dass man "aus dem Pfarramt möglichst viel herausholen wolle", nämlich an Freizeit. Man schöpft die kirchenrechtlichen Möglichkeiten aus: ein Sonntag frei, - das war früher der freie Montag - Zusammenlegung von Gottesdiensten. Da entsteht ein Bruch, der kaum noch zu kitten sein wird. Es ist also Vorsicht geboten.
Dieses Problem stellte sich viel früher in der provinzsächsischen Nachbarkirche, und Bischof Demke schlug vor: wenigstens einmal in der Woche die Kirche zu öffnen und das Evangelium des Sonntags zu lesen, ein Lied, ein Gebet, ein Segen. Das kann jeder und jede aus dem Kirchenvorstand. Das wäre auch ein schöner praktischer Anfang für die Kuratoren. Und wenn keiner kommt. Macht nichts - es wird geläutet, die Kerze am Altar angesteckt und gelesen. Gewiss - auch das muss organisiert, im Kirchenvorstand besprochen und auch geübt und dann nachgefragt werden. Es ist völlig sinnlos, wenn das Baureferat die alten Kirchen wieder renoviert aber sie bleiben wochenlang geschlossen. Ich habe in der "Arbeitshilfe Gottesdienst" dafür geworben und einen Vorschlag gemacht. Lieber ein Kleinstform als die Kirchen geschlossen halten. Einmal in der Woche, am besten immer zur gleichen Zeit, das kann um die Mittagszeit sein, das kann auch am Sonnabend nach dem Abendläuten sein: es wird gelesen.

* Es wird gebaut
Für 100.000 € ist die Lukaskirche in Heiningen auf Initiative von Ortspfarrer Frank Ahlgrimm außen und innen renoviert worden. Heiningen hat 383 Gemeindemitglieder. Dazu gehört noch Gielde mit 518 und Werlaburgdorf mit 513 Gemeindemitgliedern. In allen drei Dörfern befinden sich kirchlich verwaltete Friedhöfe.

Das Pfarrhaus in Schladen erhält einen Anbau für 380.000 €. 40.000 € hat die Kirchengemeinde angespart. Im Juni soll mit einem Gemeindefest der Anbau eröffnet werden. Schladen hat mit 2.662 Gemeindemitgliedern eine ganze (100 %) Pfarrstelle.

Die Trinitatiskirche in Wolfenbüttel wird für 400.000 € gründlich renoviert. Der letzte Innenanstrich stammt nach der Wolfenbüttler Zeitung aus dem Jahr 1965. Es wird also Zeit.
Die Trinitatisgemeinde hat 3.716 Mitglieder.

Der Renovierung der 60er Jahre fiel der Wandaltar der Kirche in Hötzum aus dem Jahre 1889 zum Opfer. Einzelteile waren in einer Scheune gelagert. Sie wurden entdeckt, unter viel Eigenarbeit und 1.200 € renoviert und werden am Ostermontag in der Kirche montiert. Hötzum hat 460 Gemeindemitglieder und bildet mit Sickte (1.595 Seelen) und Neuerkerode (770 Seelen) ein Pfarramt mit zwei Pfarrern. Eines der beiden Pfarrämter wird Pfrin Marita Bleich, bisher Linden, zusammen mit der Arbeit in den Neuerkeröder Anstalten versorgen..
Nach Linden geht Pfr. Meerheimb, lange Zeit an der Michaeliskirche in Helmstedt. Dort war gerade mit anderen Gemeinden ein Seelsorgequartier gebildet worden, das nun neu besetzt werden muss.

Die Lutherkirche in Bad Harzburg sammelt für zwei neue Glocken. Plus Reparatur des Glockenstuhl sind 100.000 € aufzubringen,.
Die Eckensberger Stiftung hat 4.500 € für neue Tische in der Versöhnungskirche, Wolfenbüttel spendiert.

In der Sehlder Kirche sind 2007 Wandmalereien entdeckt worden, die aus der Barockzeit stammen sollen. Sie werden für 110.000 € erneuert.

Calbecht mit seinen 284 Einwohnern, 188 davon evangelisch, sammelt für eine neue Orgel. Das ganze Dorf ist aktiv dabei. 30.000 € müssen zusammenkommen.

* Die Propsteisynode Wolfenbüttel hat auf ihrer Märzsitzung beschlossen, die kirchlichen Gebäude in drei Kategorien einzuteilen. Kategorie 3 erhält kein Geld mehr. Die Liste soll bis zum Herbst vorliegen. Das gilt wohl für alle Propsteien. Völlig unklar ist, wofür das Landeskirchenamt für zwei Jahre eine Kraft eingestellt hat, die den ganzen Gebäudebestand der Landeskirche auflisten sollte. Die Entscheidung über die Baumittel werde die landeskirchliche Baupflegestiftung treffen. Das ist das größte Bubenstück von OLKR Dr. Fischer. Ich kenne ihn aus meiner 12jährigen Tätigkeit im Finanzausschuss als einen, der den Kirchenvorständen keine Sachkenntnis in Bausachen zubilligte. Dass ein Bauausschuss und die Landessynode über Kirchenrenovierungen zu beschließen hatte, war ihm offenbar auch ein Greuel. Auf seine Initiative wurden hohe Rücklagen als Stiftung frisiert, sozusagen ein zweiter Rücklagenfonds. Über die Zinserträge beschließt ein Vorstand. Vorstandsvorsitzender ist Dr. Fischer. Verfassungsgemäß wäre es, wenn alle Einnahmen über den Haushalt der Landessynode zugeführt und über die baulichen Maßnahmen der synodale Bauausschuss beraten würde. Aber der Bauausschuss ist abgeschafft.

* Ausgesprochen nachahmenswert war ein ökumenischer Segensgottesdienst in Evessen am Valentinstag für alle, "die partnerschaftlich auf dem Weg sind", so die Ortspfarrerin Stephanie Röber und der katholische Gemeindereferent Markus Galonska. Am 14. Februar nahmen 70 Personen am ökumenischen Gottesdienst teil. Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Drei unterschiedlich Paare berichteten von den Erfahrungen ihrer Partnerschaft. In diesem Gottesdienst wurden mehrere Paare einzeln gesegnet, auch Andreas und Jens. Wir gratulieren.

* Eine große Chance lässt sich die Kirche dadurch entgehen, dass durch das neue Personenstandgesetzt eine kirchliche Handlung, Trauung auch ohne den Gang zum Standesamt möglich ist. Es gibt zahlreiche Paare, die verantwortlich zusammenleben, aber ihre Partnerschaft nicht beim Standesamt beschließen wollen. Denen sollte die Kirche wenigstens einen Segensgottesdienst anbieten, meinetwegen auch eine Trauung. Die Behauptung, ein Mann könnte dann ja mehrere Ehen führen, ist ausgesprochen albern. Die kirchliche Trauung hat ja keine öffentlich-rechtlichen Charakter, sondern eben nur noch einen kirchlichen. Damit ist die Trennung von Staat und Kirche in dieser Hinsicht perfekt. Die konservative Wende, die wir gerade in der Gesamtkirche erleben, sträubt sich natürlich dagegen.

* Die Propstei Vorsfelde hat 300 Familien angeschrieben mit Kindern im Alter von 2 -12 Jahre, die nicht getauft worden sind und sie zu einem Tauffest eingeladen, das am 1. Juni um 14.00 entweder in der Kirche oder vor der Kirche oder im Propsteigarten - je nach Belieben - stattfinden soll.
Auch in der Propstei Wolfenbüttel soll eine Zentrale Tauffeier stattfinden, am 7. Juni in Johannis und am 14. und 21. Juni in der Hauptkirche..

* Der Kindergarten von Badenhausen hat zum zweiten Mal den "Felix"-Preis erhalten, der für musikalische Früherziehung verliehen wird. Der Ortspfarrer Thomas Waubke am Keyboard leitete die Musical-Aufführung "Arche Noah", die zur Preisverleihung führte..

* Günter Scholz ist nach seinem 82. Geburtstag im Januar und kurzem Krankenhausaufenthalt im März verstorben. Er sah auf ein bewegtes Leben als Braunschweiger Studentenpfarrer in den 50er Jahren, als Auslandspfarrer in Teheran, zwei Jahre in der diakonischen Zentrale in Stuttgart und dann als reformfreudiger Gemeindepfarrer in Lehre zurück. In seinem Ruhestand wurde er in der Ausbildung der angehenden Pfarrer im ersten Praxisjahr beteiligt. Er nahm mit seiner Frau am Emeritikreis von Kalberlah teil und war ein Leser und Förderer von KvU. Er ruhe in Frieden.

* Der aktuelle Mitgliederstand der Landeskirche beträgt 393.000 Personen. Es kursieren noch Zahlen über 400.000, die alle überholt sind.




[Zurück] [Glaube] [Helfen]
Impressum und Datenschutzerklärung  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/kvu125/landeskirche.htm, Stand: April 2009, dk