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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 135 - Mai 2012


Beobachtungen zur achten Kirchenvorstandswahl

von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

Die Kirchenvorstandswahl ist passe, aber die Kirchenvorstände sind noch nicht eingeführt, das ist der richtige Moment, sich noch einmal über die Wahl und die Arbeit in den Kirchenvorständen auszutauschen.
Es war die achte Kirchenvorstandwahl seit 1972. Es wurde zwar auch schon vorher gewählt, aber 1960 und 1966 konnten die Kirchenvorstände eine Wahl ausfallen lassen, wenn nur soviel Kandidaten aufgestellt waren, wie benötigt wurden. Davon wurde gerne Gebrauch gemacht. Diese Möglichkeit gab es seit 1972 nicht mehr. Es mussten mehr Kandidaten aufgestellt werden. Also seit 1972 gibt es eine Auswahl unter den Kandidaten, daher diesmal die achte. Die erste 1972, dann 1978, 1984, ausnahmsweise schon nach vier Jahren 1988, erstmals hatten die 16 Jährigen Wahlrecht, dann die fünfte 1994 noch mit 413.795 Wahlberechtigten, im Jahr 2000 sank die Zahl auf 378.014, 2006 auf 354.113 Wahlberechtigte und dieses Mal bei der achten waren es noch 330.561 Wahlberechtigte. 1972 gab es fast 100.000 Walberechtigte mehr in der Landeskirche, genau 432.540. Die Landeskirche wird kleiner, was sich jedoch auf die Arbeit in und mit dem Kirchenvorstand kaum auswirkt.

Allerdings: die Kirchenvorstände rutschen zahlenmäßíg in nicht wenigen Kirchengemeinden zusammen. In allen Propsteien wurden von vorneherein weniger Kandidaten aufgestellt, die Kirchenvorstände also verkleinert, in der ganzen Landeskirche insgesamt 316 weniger. Dieses Minus lässt sich nicht auf die Gemeinden umlegen. Es gibt auch Gemeinden, die mehr Kandidaten aufgestellt haben als nötig. Die Entwicklung in den Kirchenvorständen ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Insgesamt aber hat die diesjährige Kirchenvorstandswahl nicht den befürchteten Einbruch bei der Suche nach den Kandidaten gebracht.

Einladende Kirche am Wahltag
Insgesamt kamen 74.377 Kirchenmitglieder in die Pfarr/Gemeindehäuser und wählten, oder sie hatten schon per Brief gewählt. In vielen Gemeinden, so z.B. in der Stadt Goslar, lockten Kaffee und Kuchen die Wählerinnen und Wähler. Einige Gemeinden empfingen ihre Wählerinnen und Wähler mit einem zusätzlichen Programm über den ganze Wahlsonntag. Die viereinhalb Tausend Wahlberechtigten der Gemeinde Martin Luther in Bad Harzburg konnten den Turm besteigen, kirchenpädagogisch begleitet die Kirche besichtigen. 515 Bad Harzburger machten davon Gebrauch, In der Stiftskirche Bad Gandersheim wurden am Wahltag die Konfirmanden im Gottesdienst vorgestellt, die Eltern zum anschließenden Kirchenkaffe ermuntert und so in die Nähe der Wahlurnen geschleust, wo sich im Laufe des Tages 485 Gemeindemitglieder einfanden. Wo die Gemeindearbeit in die dörfliche Vereinsarbeit eingebunden ist, ergaben sich weitere Möglichkeiten. Der Gemeindebrief von Westerlinde enthielt am Jahresanfang alle Vereinstermine des Dorfes für das neue Jahr und also auch den 18. März als Kivowahltermin. Bei den Jahresanfangsfesten der Dorfvereine (Feuerwehr, Sport) konnte der eingeladene Dorfpfarrer um rege Beteiligung am 18. März werben. In Gr. Dahlum hingen die Wahlplakate bei der Feuerwehr und beim Bäcker aus, eine ständige Erinnerung beim Einkaufen und Üben. Der Wahltag mobilisierte mancherorts eine beträchtliche Geschäftigkeit mit zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Überdurchschnittliche Beteiligung
Die folgende Tabelle fördert ein erstaunliches Ergebnis zu Tage: in 210 Kirchengemeinden beteiligte sich jeder zweite oder dritte Wahlberechtigte an der Kirchenvorstandswahl. Das wirft ein gutes Licht auf die Landgemeinden. Folgende Bemerkung ist rasch zur Hand: auf den Dörfern, wo Wenige wohnen, ist „natürlich“ die Wahlbeteiligung viel höher. Das ist rechnerisch nicht falsch, aber der hochnäsige Unterton unangebracht.

Gemeinden mit weit überdurchschnittlicher Wahlbeteiligung

nach Propsteien geordnet

Name der Propstei

Anzahl der KG

über 50 %

33 - 49 %

Gandersheim

33

11

15

Goslar

33

5

8

Helmstedt

28

4

5

Königslutter

44

5

19

Sz Bad

18

2

10

Sz-Lebenstedt

33

5

11

Schöppenstedt

45

15

20

Seesen

29

4

11

Vechelde

26

1

14

Vorsfelde

29

5

11

Wolfenbüttel

26

3

7

Insgesamt

373

66

144 


Von den 66 Kirchengemeinden mit über 50 % Beteiligung haben 20 keine hundert Gemeindemitglieder, sind also Minigemeinden, was die Redensart bestätigt. Aber schon 31 weitere haben zwischen 100 und 200, und 12 zwischen 200 und 300 Wahlberechtigte; eine zwischen 300 und 400, und zwei zwischen 400 und 500 Wahlberechtigte, nämlich Lengde aus der Propstei Bad Harzburg bei Vienenburg mit 417 Wahlberechtigten und 53,72 % Beteiligung und Evessen mit 451 Wahlberechtigten und 52,77 % Beteiligung. Es sind also keineswegs ausschließlich die Kleinstgemeinden, die eine hohe Wahlbeteiligung erzielen. Wir sind nun eben mal eine fein- und kleingliedrige Landeskirche, aber es pulsiert noch.
Auch unter den 144 Kirchengemeinden, in denen zwischen 33 % und 49 % der Wahlberechtigten zur Kirchenvorstandswahl gingen, verfügten nur 38 über 100 Wahlberechtigte und 36 über 200 Wahlberechtigte. Die andere Hälfte jedoch sind etwas größere und sogar sehr große Dorfgemeinden, in denen sich wenigstens jeder dritte Wahlberechtigte zur Kivowahl einfand. Es sind ausgezählt 25 Gemeinden mit über 300 Wahlberechtigten, 17 Gemeinden mit über 400 Wahlberechtigte, 10 mit über 500 Wahlberechtigte, vier mit über 600 Wahlberechtigte (Wenzen, Wieda, Völkenrode, Heere), fünf Gemeinden über 700 Wahlberechtigte (Salzdahlum, Kaierde, Bettingerode, Burgdorf-Assel, Lesse) zwei mit über 800 Wahlberechtigte (Immenrode, Gr. u.Kl. Döhren), eine mit über 900 Wahlberechtigte (Gr. Twülpstedt) und eine mit über 1.100 Wahlberechtigte (Bortfeld). Diese hohen Ergebnisse von über 33 % wurden in allen Propsteien erzielt. Es weist nach, was in anderen Gemeinden von vergleichbarer Größe auch möglich wäre. Die Latte von 33 % ist demnach für die Landgemeinden durchaus erreichbar, wie es an 144 Gemeinden ersichtlich ist.
Das ist ein wichtiges Argument gegen alle Zentraltheoretiker in der EKD und in Wolfenbüttel. Auch in den kleinen und etwas größeren Gemeindeeinheiten gibt es ein erhebliches Interesse an der Kirche vor Ort.

Zunehmende Wählerschaft
Eine andere Beobachtung ist ebenso überraschend: es gibt eine Reihe von Kirchengemeinden, in denen die Wählerschaft stabil blieb oder sogar zunahm. Der Trend ging ja in die entgegengesetzte Richtung: die Zahl der Wahlberechtigten ging in der Landeskirche insgesamt um 23.552 Gemeindemitglieder zurück. Das entspricht in etwa der alters- und wegzugbedingten Schrumpfung der Landeskirche in den letzten sechs Jahren. Entsprechend sank landeskirchenweit auch die Zahl derer, die zur Wahl gingen: in absoluten Zahlen: von 85.863 Gemeindemitglieder im Jahr 2006 auf 74.377, also 11.484 Wahlberechtigte weniger. Die Wahlbeteiligung fiel von 24,25 auf 22,560 %.
Umso auffälliger ist es, dass auch Gegenteiliges zu beobachten ist.

 

Kirchengemeinden mit zunehmender Wählerschaft in absoluten Zahlen

 Kircheng.

 Zahl der Wahlberechigten  

 Zahl der WählerInnen 

Beteiligung

Propstei

 

2006

2012

2006

2012

2006

2012

 

Astfeld

1.280

1.202

358

371

27,97

30,87

Seesen

Volkersheim

535

485

162

169

30,28

34,85

Seersen

Denstorf

477

481

218

221

45,7

45,95

Vechelde

Duttenstedt

433

406

146

156

33,72

38,42

Vechelde

Grafhorst

552

513

178

183

32,25

35,67

Vorsfelde

Nordsteimke

844

922

249

270

29,5

29,28

Vorsfelde

Apelnstedt

231

225

80

115

34,63

51,11

Wolfenbüttel

Hötzum

380

361

128

143

33,68

39,61

Wolfenbüttel

M. Luther

1.879

1.799

212

222

11,28

12,34

Wolfenbüttel

Sickte

2.032

2.072

306

395

15,06

19,06

Wolfenbüttel

Friedensk.

2.879

2.562

258

273

8,96

10,66

Sz-Lebenst.

Salder

704

622

159

167

22,59

26,85

Sz-Lebenst.

Beddingen

222

192

103

112

46,4

58,33

Sz-Lebenst.

Üfingen

411

359

154

160

37,47

44,57

Sz-Lebenst.

Westerlinde

196

193

148

155

75,51

80,31

Sz-Lebenst.

Gitter/Hohenr.

520

480

163

168

31,35

35

Sz.Bad

Flachstöckh

574

508

180

193

31,36

37,99

Sz.Bad

Dreifaltigkeit

1.936

1.878

348

356

17,98

18,96

Sz.Bad

Schandelah

876

882

183

217

20,89

24,6

Königslutter

Bienrode

1.008

949

285

336

28,27

35,41

Königslutter

Gr.Kl. Döhren

901

822

287

367

31,85

44,65

Goslar

Jerstedt

1.945

981

247

277

23,64

28,24

Goslar

Kl- Elbe

176

158

1200

1154

56,82

72,15

Goslar

Schlewecke

1.493

1.413

411

452

27,53

31,99

Harzburg

Tettenborn

453

391

143

155

31,57

39,64

Harzburg

Lochtum

409

378

102

147

24,94

38,89

Harzburg

Kaierde

643

717

291

330

45,26

46,03

Gandersheim

Delligsen

1.937

1.896

484

613

24,99

32,33

Gandersheim

Evessen

445

451

181

238

40,67

52,77

Schöppenst.

Marien/ Kübl.

656

632

141

155

21,49

24,53

Schöppenst.

 

Diese 30 Kirchengemeinden dokumentieren, was bei dieser Kirchenvorstandwahl auch möglich gewesen war. Die Zunahme von Wählerstimmen war nicht die Ausnahme, sie war auch nicht selbstverständlich, aber sie war durchaus möglich. Die Zunahme der Wahlbeteiligung ist bei neun Gemeinden im einstelligen Bereich (zwischen fünf und neun Personen) durchaus gering, es gibt von ihnen noch einige mehr, die ich ausgelassen habe, und im zweistelligen Bereich ein Zuwachs zwischen 10 und 89 wählenden Gemeindemitgliedern. Das ist besonders auffällig, wenn in 24 Gemeinden die Zahl der Wahlberechtigten abgenommen hat. Regionale Unterschiede sind nicht erkennbar. Die Zunahme erfolgte in allen Propsteien mit Ausnahme der Propstei Helmstedt. Es sind unterschiedlich große Gemeinden.

Ein Vergleich der Kirchengemeinden mit über 3.000 Wahlberechtigten
In allen sehr großen Gemeinden von rund 3.000 und mehr Wahlberechtigten hat die Zahl der Wahlberechtigten trendgemäß abgenommen, aber die Wahlbeteiligung schwankt ganz erheblich zwischen 21,37 % und 8,77 %, in Zahlen: zwischen 813 und 444 WählerInnen. Ein Hinweis, dass sich Strukturveränderungen auf die Wahlbeteiligung negativ ausgewirkt hätten, - das Schlusslicht, die Apostelgemeinde, ist ein jüngere Fusion der Matthäus- und Paulusgemeinde – kann nicht überzeugen, denn auch die Gemeinde Oker hat mit erheblichen Strukturfragen zu tun, und trotz geringerer Anzahl von Wahlberechtigen als die Apostelgemeinde ein mehr als doppelt so gutes Ergebnis eingefahren.

Kirchenvorstandswahl 2012 Kirchengemeinden mit über 3.000 Wahlberechtigen

Kirchengemeinden

Wahlberechtigte

WählerInnen

Briefwählerinnen

Wahlbeteiligung

Jahr

2006

2012

2006

2012

2006

2012

2006

20,12

Stiftskirche Gandersheim

3.389

3.096

813

662

211

177

23,99

21,37

Oker Goslar

2.977

2.663

595

510

87

88

19,99

19,15

Salzgitterr-Gebhardshagen

3.155

2.757

512

414

66

57

16,23

15,02

Thomas Wolfenbüttel

3.899

3.714

609

506

148

106

15,62

13,62

Trinitatis Wolfenbüttel

3.220

3.060

468

393

120

127

14,53

12,84 

Sz Bad St.Mariae Jakobi

3.365

3.035

439

383

94

112

13,05

12,62

Sz. Lebenstedt Apostelgem.

3.145

2.724

444

239

88

20

14,12

8,77


Besonders belebend wirkt es, wenn Kirchengemeinden in einen unerklärten Wettlauf miteinander eintreten. So lässt sich das Wahlergebnis der beiden großen Kirchen in Königslutter lesen.

Wettlauf in Königslutter

 

Wahlberechtigte

Zahl der WählerInnen

Briefwähler

Wahlbet- 2006

Wahlbeteil 2012

Stadtkirche

1.927

218

61

11,66%

11,31 %

Stiftskirche

1.846

413

100

26,00%

22,37 %


Mit einer fast gleich großen Anzahl von Wahlberechtigten konnte Pfarrer Trümer an der Stiftskirche doppelt so viele WählerInnen am die Wahlurne locken wie Propst Weiß an der Stadtkirche.

Zu einem Wettkampf mehr untereinander kam es auch in den vier Kirchengemeinden des Pfarrerehepaares Mattias Bischoff und Frau Coordes-Bischoff in Westerlinde, Osterlinde, Binder und Wartjenstedt. Alle vier Ortschaften hatten bereits 2006 außergewöhnliche Prozentzahlen erreicht und wollten diese nun noch übertreffen („toppen“ sagt man heutzutage in schlechtem Deutsch).

Ergebnis des Wettstreites in den Gemeinden Westerlinde,Osterlinde, Wartjenstedt, Binder

Gemeinde

plus der Wählerschaft

von 2006

auf 2012

2006

2012

Osterlinde

13

98

111

47,80%

51,15%

Binder

13

82

95

67,77%

79,17%

Westerlinde

7

148

155

75,51%

89,31%

Wartjenstedt

48

174

222

74,36%

89,99%


Ein solches Ereignis fällt nicht vom Himmel sondern ist eine Anstrengung aller kirchlichen Mitarbeiter der Pfarramtssekretärin, der Organisten, der Küster, Pfarrer und der Einbindung der Gemeindearbeit in die dörfliche Vereinsarbeit. Der Landesbischof besuchte die vereinten Kirchenvorstände und gratulierte zu dem herausragenden Ergebnis.

Große Abstürze
Es ist allgemeiner Trend, dass fast alle Gemeinden eine geringere Wahlbeteiligung aufweisen. In einigen Kirchengemeinden hingegen ist der Verlust dramatisch. In der Kirchengemeinde Michaelis, Helmstedt sank die Wahlbeteiligung von 48,28 % auf 17,81 %; in Zahlen 2006: 464 Wähler/Innen, 2012: 158, also 306 Gemeindemitglieder weniger. Ein Grund ist deutlich: es gab fast 200 Briefwähler weniger. Die Zahl der Wahlberechtigten sank verhältnismäßig geringfügig um 74 von 961 auf 887 und rechtfertigt nicht die Höhe des Verlustes. Die Wahl im Jahre 2006 lag noch in den Händen von Pfr. Meerheimb, der die Gemeinde gewechselt hat.
Im benachbarten Emmerstedt sank die Wählerschaft von 317 (27,42 %) auf 170 (17.00 %) fast um die Hälfte. In dieser Gegend ist die Quartiersbildung misslungen,

In Calvörde mag die Zurruhesetzung von Pfr. Knauf den Verlust der halben Wählerschaft von 399 Wählern (2006) auf 188 (2012) erklären. Er erfolgte außerdem von einem hohen Niveau von 47,22 % im Jahre 2006, jetzt: 24,67 % ein Minus von 22,55 %. Es gestattet auch einen Blick auf die pfarrerzentrierte Gemeindearbeit.
Ebenfalls fast halbiert hat sich die Wählerschaft der Apostelgemeinde, eine Zusammenlegung der Matthäus- und Paulusgemeinde, von 444 (2006) auf 239 (2012) WählerInnen um 205 Gemeindemitglieder.

Propstei Schöppenstedt
Die 45 Kirchengemeinden der Propstei Schöppenstedt werden von 16 Pfarrerinnen und Pfarrern „versorgt“. 43 der 45 Kirchengemeinden erreichten eine Wahlbeteiligung über dem landeskirchlichen Durchschnitt, 15 sogar eine über 50 %ige Beteiligung. Das ist ganz außerordentlich. Der stellvertretende Propst Axel Bothe, seit 19 Jahren Pfarrer in Gr. Dahlum,(insgesamt vier Gemeinden), meinte, auf den Dörfern gehörte die Wahl noch zum Dorfleben und sei nichts außergewöhnliches. Jeder wisse Bescheid, die Hälfte geht hin. Der Anteil der Dissidenten und Katholiken in der Propstei sei relativ niedrig. Ca 70 % der Dorfbevölkerung gehöre noch der Landeskirche an.
Das klingt nach dörflich, sittlich, christlich.
Ehepaar Cachej-Büttner verwaltet folgende fünf Kirchengemeinden mit dieser Wahlbeteiligung: Evessen 451 Wahlberechtigte / 238 Wählerinnen u. Wähler/ (52,77 % ), Gilzum 103/ 49/ (47,57 %), Kneitlingen 76/ 50/ (65,79 %), Eilum 162/ 76/ (56,86 %), Ampleben 162/ 76/ (46,91 %). Die Wahlbeteiligung ist außerordentlich hoch. Frau Pfrn Büttner berichtet, es sei überhaupt keine besondere Werbung veranstaltet und keine Plakate in den Geschäften ausgehängt worden. Die Wahl bekommt den Charakter eines casus: man geht zur Taufe, Konfirmation und Trauung und eben auch alle sechs Jahre zur Kirchenvorstandswahl. Und zwar in der beachtlichen traditionellen Höhe.

Die Ergebnisse in der Propstei Braunschweig
Die erste Beobachtung überrascht. Ein Vergleich der Zahl der Wahlberechtigten zwischen 2006 und 2012 (erste und zweite Spalte) ergibt, dass sich diese Zahl zwischen 2006 und 2012 ganz gegen den trend in 10 Gemeinden vermehrt hat. Mehr erwachsene Wählerinnen und Wähler in Randgemeinden und Innenstadtgemeinden: in Lamme um 147/ in Stöckheim um 89/ in Katharinen um 62/ in der Christuskirche um 60/ in Jakobi um 57/ in Magni um 51/ in Martin Chemnitz um 42/ am Dom um 38/ in St. Georg um 35/ in Andreas um 17. Lamme und Stöckheim sind Zuzugsgebiete, das Wachstum ist erklärlich, aber keineswegs selbstverständlich und kennzeichnet die Gemeindearbeit. Aber auch alle anderen Zahlen sprechen, besonders in den Innenstadtkirchen, für das Konzept: einladende Kirche. Dieser positive Trend bedeutete in zwei Gemeinden, auch eine Vermehrung der Wähler, am Dom um 21, in Lamme um 43 Gemeindemitglieder. Die anderen acht Gemeinden verzeichnen trendgenmäß einen Rückgang der Wahlbeteiligung.

Auch eine zweite Beobachtung hat mich überrascht: noch zwei weitere Gemeinden (neben Lamme und Dom) haben geringfügig mehr Wähler erreicht (Lukas und Martini), und fünf weitere Gemeinden ihr Vorwahlergebnis mit verschwindend geringen Verlusten fast gehalten: Christuskirche (-8), Jakobi (-7), Magni (-5), Michaelis (-2), Matthäus (- 11).

Schließlich dritte Beobachtung: sieben Kirchengemeinden liegen über dem landeskirchlichen Durchschnitt von 22,5 % nämlich
52,25 % Martin Chemnitz (Jünke)
29,12 % Dom (Hempel-Kohn)
27,73 % Mascherode (Bartling)
27,54 % Auferstehungskirche (Plümke-Meiners)
25,52 % Hondelage (Paret)
25,71 % Markus (Kopkow)
24,24 % Christuskirche (Borchardt)

Nicht tolerabel ist es dagegen, dass 14 Kirchengemeinden nur noch eine „Wahlbeteiligung“ von unter 10 % erzielten. 2006 waren es noch sieben Gemeinden. Die Zahl der nicht hinnehmbaren „Wahlunbeteiligung“ hat sich also verdoppelt. Das muss nicht sein.
9,41 % St. Magni
9,31 % St. Matthäus
9,05 % St. Johannis
8,42 % St. Trinitatis-Rühme
8,17 % St. Petri
7,86 % St. Martini
7,81 % St. Katharinen
7,12 % Weststadt
6,79 % St. Georg
6,29 % St. Jakobi
5,04 % St. Michaelis

Der gern behauptete Gegensatz von den Innenstadtgemeinden und Außenbezirken ist eine Ausrede. Der Dom mit seinem zweitbesten Ergebnis liegt in der Innenstadt. Da ist in den Gruppen mehr mobilisiert worden. Es ist doch ein Witz, wenn am Dom mit seinen 841 Wahlberechtigten genauso viel Leutchen zur Wahl schreiten, nämlich 245 wie in St. Georg, nämlich 234 bei 3.447 Wahlberechtigten. Die Weststadt (473) und Riddagshausen (471) haben die gleiche Anzahl an Wählern und Wählerinnen an die Urne gebracht, obwohl die Weststadt zweieinhalb mal so viel Wahlberechtigte hat (6.645) wie Riddagshausen (2.489). Wirft das keine Fragen auf?

Eine ähnliche Delegitimierung lässt sich auch anderswo beobachten: die Johanniskirche in Wolfenbüttel, die so beliebte Hochzeitskirche, bringt von 2.724 Wahlberechtigten nur 256, also 9,40 % ins Gemeindehaus zur Wahl, die Martin Luther Gemeinde in Lebenstedt von 1.668 Wahlberechtigten nur noch 149 Wähler/Innen, 8,93 %, 2 % weniger als vor sechs Jahren, auf diesem bereits sehr niedrigen Niveau. In dem mehr dörflichen Steterburg sackte bei gleichbleibendem Pfarrer Frisch die Wahlbeteiligung von 13,24 % auf beschämende 9,99 % also 206 WählerInnen von 2.062 Wahlberechtigten. Da wäre eine themenspezifische Visitation wohl angebracht.

Ein Bedankbrief
Ein Vorschlag am Ende der unmaßgeblichen Betrachtungen, der vermutlich nur Stöhnen auslösen wird, weil er wieder Arbeit bedeutet:
Wie, wenn die gewählten und berufenen Kirchenvorstandsmitglieder bei den Wählerinnen und Wählern einen Bedankbrief abgeben würden. Etwa so:

„Sie haben an der Kirchenvorstandswahl am 18. März teilgenommen. Damit haben Sie uns eine Freude gemacht. Sie sind auf uns zugekommen und haben Interesse an unserer Kirchengemeinde gezeigt. Nun kommen wir auf Sie zu und zeigen unser Interesse an Ihrem Leben und was sie bewegt und beschäftigt. Wir danken für Ihr Entgegenkommen und grüßen Sie freundlich Ihre ....“

Der neue Gemeindebrief, der dem Bedankbrief beigelegt ist, informiert den Empfänger über den Einführungsgottesdienst.




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