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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 135 - Mai 2012


Osterglaube in der Landeskirche

von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

Vor vielen Jahren war in KvU die „Geschichte der Osternacht“ in unserer Landeskirche beschrieben. Mehr katechetisch sollte der Beitrag „Wir haben die Auferstehung hinter uns“ sein, nämlich in der Taufe, und bei uns in der Gegenwart in der Wendung zu Christus. „Hilf, dass ich an diesem Morgen geistlich auferstehen mag“. Ihm liegt ein Tafelbild im Konfirmandenunterricht zum Thema „Ostern“ zu Grunde.
Es kursieren in unserer Landeskirche drei unterschiedliche Auffassungen von der Auferweckung Jesu, die dann auch Hintergrund der Osterpredigten ist.
Die einen berufen sich auf die Autorität der Bibel, lesen die biblischen Texte als Heilshandeln Gottes an den Jüngern und auch an uns und lassen alle weiteren kritischen Anfragen abprallen. Die Bibel ist ein von Gottes Geist, wenn auch nicht Wort für Wort, so doch inhaltlich inspirierter Text. Ostern ist für sie ein historisches Handeln in der Vergangenheit. Sie verbreiten die Zuversicht: so ist es gewesen, so, wie es da steht und zu lesen ist. Sie fordern Gehorsam und mehr kindliches Glauben als Verstehen. Sie versprechen der Gemeinde einen „Halt“, auf den sie ihren Glauben gründen soll. Mir ist nicht bekannt, ob diese Art der historischen Auffassung an den Universitäten gelehrt wird. Vielleicht an der kirchlichen Hochschule in Oberursel. Früher sagte man eine derartige Auffassung Prof. Udo Schnelle in Halle nach. Er wohnt übrigens in Süpplingenburg.
Eine andere, sehr viel größere Gruppe will Glauben und Verstehen verbinden. Sie lassen die Widersprüche in den biblischen Ostertexten gelten. Sie rücken die Geschichten um die Auferstehung in eine überreale, übersinnliche Welt, die von Gott kommt und geschaffen ist, die Welt des Wunders.
In dieser Wunderwelt ist alles anders als in der realen, sie ist suprahistorisch, es ist der Hauch der Ewigkeit, der von Gott her den auferstandenen Jesus umgeben hat. Die Himmelfahrt Jesu bedeutet die endgültige Entrückung an die Seite und in die Welt Gottes. „Und weil das Haupt im Himmel ist, wird seine Glieder Jesus Christ, zur rechten Zeit nachholen“, singen sie.
Eine dritte Gruppe hat sich von einem persönlichen Gottesbild als einem Lenker der Geschichte im Himme l verabschiedet. Für sie ist die Auferstehung Jesu eine allmähliche Hinwendung der Jünger von einem niederschmetternden Verständnis des Todes Jesu zu einem tröstlichen. Diese Wendung ist in immer neuen Bildern gepredigt und auch aufgeschrieben worden. In erstaunlicher Klarheit ist die Auffassung im Deutschen Pfarrerblatt Heft 3 ab S. 137 von Helge Martens dargestellt worden.

Diese drei Grundauffassungen von der Auferstehung Jesu, von denen es noch vielfältige Zwischen- und Mischformen gibt, schließen sich gegenseitig aus. Sie führten in den 60er und 70er Jahren zu einem erbitterten Streit zwischen den Theologen und auch Predigern. Die Gegensätze bestehen weiter, auch in unserer Landeskirche, aber sie werden auf einer anderen Ebene ins zweite Glied verwiesen. Nämlich beim Singen der Osterchoräle. Da befinden sich zur Osterzeit in den Ostergottesdiensten an den sechs Ostersonntagen sich ausschließende Auffassungen von der Auferstehung Jesu in den Gemeindegottesdiensten, aber beim Singen der Osterlieder finden sie eine erquickliche Tonart jenseits des Glaubensstreites, denn jeder legt in eben dasselbe Lied seinen fröhlichen, kritischen Osterglauben.
Und es klingt!




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