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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 137 - August 2015


Das blutige Opfer Christi –
eine heilsnotwendige Glaubensaussage?

von Ingrid Kaufmann Pieper und Klaus Pieper
(Download als pdf hier)

So eine vorgestrige Frage mag mancher denken. Doch wie sprechen und singen wir bei (fast) jedem Abendmahl?
„..dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden...“ und „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt...“
Also: vorsichtig mit der Vorstellung, das sei überholt.
Ingrid und ich waren ein halbes Jahr im Auftrag der EKD als sogenannte Outreachpfarrer in Stellenbosch bei Kapstadt in Südafrika - angegliedert an die deutschsprachige lutherischen Gemeinde. In dieser eher konservativen Gemeinde mit 380 Mitgliedern gibt es 5 Biblische Gesprächsrunden, die sich einmal wöchentlich oder zweimal monatlich treffen. Respekt! - Wo gibt es das bei uns noch?!? Sie haben oft anspruchsvolle Themen. Eine beschäftigte sich z.B. mit dem Hebräerbrief und eine lud uns eben zu obigem diesem Thema.
Es treffen sich ca. ein Dutzend Menschen in einem Altenheim. Erst die Arbeit; dann hatte jede etwas zu essen oder zu trinken mitgebracht
Zunächst hieß es: wie ist es mit dem blutigen Opfer Christi“? Muss man daran glauben, damit einem die Sünden vergeben werden?
Dass diese Frage überhaupt gestellt wurde, rief einen erheblichen Widerstand hervor, Das sei doch unumstößlich, die Argumente unterfüttert mit einer Fülle von Biberzitaten und Gesangbuch - Versen. Dagegen eine, eher zaghafte, Stimme: Ich gehe gar nicht mehr zum Abendmahl. Mir wird einfach schlecht, wenn gesagt wird: „Christi Blut für dich vergossen“
Bei dieser sehr engagierten Diskussion wurde deutlich: selbst hier, in diesem frommen und eher konservativen Umfeld ist es keineswegs mehr für alle selbstverständlich, dass man das glauben müsse.
Ich rief dann in Erinnerung, dass zwei unserer Haupt- Glaubensaussagen, das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis (sowohl Apostolikum als auch Nicänum ), das blutige Sühnopfer Christi nicht kennen. Das ließ die „Gegner“ der Sühnetod -Vorstellung aufatmen und machte sie mutiger.
Wir sprachen dann über die Bilder von Gott in den unterschiedlichen bibl. Glaubensaussagen, der eigenen Erfahrungen... ein stark empfundenes Bild: der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Deutlich wurde, mit diesem Vater-Bild z.B. ist die Sühnetod -Vorstellung nicht zu vereinbaren.
Am Ende hatten wir den Eindruck, dass für die Mehrheit der Teilnehmenden hilfreich bzw. sogar befreiend war, dass es zahlreiche unterschiedliche Bilder und Vorstellungen gibt und dass nicht eine gegen die andere ausgespielt werden darf. In einer bestimmten Zeit sind bestimmte Vorstellungen dominant geworden und haben sich, verstärkt durch Lieder, Bilder, Symbole, Rituale, durchgesetzt und so oft andere Vorstellungen verdrängt. Wir betonten, dass alles, was für den eigenen Glauben hilfreich sei, seine Berechtigung habe, eben auch die Vorstellung vom blutigen Opfer. Dass es aber unchristlich und vor allem unjesuanisch sei, allen anderen ebenfalls die eigene Glaubensvorstellung aufzuzwingen.
Unser Eindruck am Ende des Abends war, dass sich die „kritischeren Geister“ innerhalb der Runde nicht mehr als weniger fromm oder gar als ungläubig sahen (in die Ecke hatten sie sich bisher gedrängt gefühlt). Erleichterung war zu spüren und wurde wiederholt ausgesprochen, nicht allein zu stehen, nicht „Christen zweiter Klasse“ zu sein.
Rituale – wie z.B. das Abendmahl, – haben qua institutionalisierter Rituale eine dominante Stellung erhalten. Zu fragen ist, ob es heute noch verantwortlich ist, einen elementaren
Ritus als inhaltlich verbindliche Glaubensaussage festzuhalten.
Dazu Martin Walser in seinem Roman „Halbzeit“: „Ich kann mich nicht mehr so verrenken. Ich habe Gott mit diesen Formeln geerbt. Jetzt verliere ich ihn durch solche Formeln.“
Können wir als Kirche uns das auf Dauer leisten?




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Impressum  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/kvu137/dasblutigeopferchristi .htm, Stand: August 2015, dk