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[Kirche von Unten]

Alternatives aus der/ für die
Braunschweiger Landeskirche

Kirche von Unten Nr. 137 - August 2015


Die Kolchos-Synode im Mai 2015

von Dietrich Kuessner
(Download als pdf hier)

Die Kirchenbehörde glaubt, dem Sinken von Gemeindemitgliedern und später wohl auch abnehmenden Kirchensteuereinnahmen (zur Zeit sprudeln sie ja munter) mit einem Vorschlag von sog. Gestaltungsräumen dauerhaft entgegenwirken zu können. Gestaltungsräume sind künstliche, großräumig zusammengelegte Kirchenflächen, eben wie Kolchosen und wie diese, von oben verordnet. Darüber war Lästerliches schon in der vorhergehenden KvU Nummer 136 zu lesen. Die Landeskirche soll sich laut Gesetz vom 15. Juli 2015 regional in Gestaltungsräume aufgliedern, diesen wird eine Anzahl von Pfarrerinnen und Pfarrern zugeteilt, die von den jeweiligen Pröpsten in den Gestaltungsräume verteilt werden. Das ist eine undankbare Aufgabe von Mangelverwaltung, denn es schrumpfen nicht nur die Gemeinden mitgliedermäßig, sondern es bleiben auch die Pfarrerinnen und Pfarrer aus. Sie fehlen schon jetzt an allen Ecken und Kanten. Das Problem der Landeskirche sind nicht schrumpfende Kirchengemeinden vor allem auf dem Lande, sondern die auffälligen Vakanzen auf dem Lande. Großmundig wird seit Jahren verbreitet, man wolle durch neue Maßnahmen gerade die Versorgung auf dem Lande gewährleisten. Die Wirklichkeit beweist das Gegenteil.
Ende Mai beriet nun die Landessynode über den vorgelegten Gesetzestext, nicht darüber, wie man den Vakanzen zu begegnen gedenke. Der Bischof meinte in seinem ersten Bischofsbericht, die Vakanzen machten ihm Sorge. Das ist zu wenig.
Gegen die Vorlage hatten seit Monaten zahlreiche Kirchengemeinden protestiert, die Behörde hatte diese auch fairerweise im Internet veröffentlicht und im Vorfeld Werbeveranstaltungen gefördert. Aber weder bei der alljährlichen Pfarrerversammlung zum Jahresanfang in Seesen, noch in der Akademie bei einem Vortrag von Prof. Hermelinck, noch bei einem Treffen in Stöckheim wurden Befürworter und Protestierer zum Austausch zusammengeführt, sondern die Behörde zog ihre Linie, das Gesetz „durchzubringen“, durch. So kam es auch bei den Beratungen in der Landessynode, jedoch mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen. Der Vormittag war für die Beratung des Gesetzes vorgesehen, am Nachmittag sollte in Arbeitsgruppen über die Umsetzung des Gesetzes beraten werden. Daraus wurde nichts, die Beratungen zogen sich durch immer neue Änderungsanträge bis in den Abend hinein hin. „Nach langen und kontroversen Debatten“, so berichtete Pressesprecher Strauss im Internet über den Debattenverlauf.
Den Anfang machte Pfr. Thomas Capelle, Hordorf, Wendhausen, der auch im Namen der Propstei Königslutter beantragte, die Beratungen zeitlich aufzuschieben. Der Antrag wurde dann wie viele andere Änderungsanträge gegen eine immer wiederkehrenden Minderheit von 5-7 Stimmen abgelehnt. Die zahlreichen Änderungsanträge aus der Propsteisynode Lebenstedt wurden von Pfr. Michael Wagner, Martin Lutherkirche, Lebenstedt, vehement vorgetragen und verbissen abgeschmettert. Auch die Änderungsvorschläge der Propstei Goslar, die vom Propst und Synodalen Thomas Gunkel persönlich vorgetragen wurden, fanden keine Mehrheit. Es macht sich bemerkbar, dass es in dieser Synode nicht mehr, wie in den früheren, fraktionsartige, synodale Arbeitsgruppen gibt, die den Ablauf einer Synode entscheidend prägen können. Hier verzettelte sich der Protest. Aber er war nicht vergeblich: es wurden einige Änderungen an der Gesetzesvorlage, die Kindergärten und die Anzahl der fusionierenden Gemeinden betreffend, vorgenommen, und der lebhafte, frische Debattenstil machte einen „protestantischen“ Eindruck, wie die BZ vermeldete.

Das Gesetz geht an der Wirklichkeit der Kirchengemeinden nicht haarscharf, sondern meterweit vorbei. Das Gesetz tut so, als ob es eine leere bzw. sich leerende Fläche, „gestalten“ müsste. Die Braunschweigische Landeskirche besteht aber aus seit Jahrhunderten bereits „gestalteten“ Räumen, mit unterschiedlichen Profilen. Der Landesbischof schwärmte in seinem ersten Bischofsbericht nach einjähriger Dienstzeit von seinen persönlichen Reiseeindrücken durch die Landeskirche. Gestaltete Räume sind z.B. die sog. Richtungsgemeinden, also die theologisch profilierten Brüderngemeinde, Braunschweig, Walpurgis, Helmstedt, Martin Chemnitz, Braunschweig und andere. Es ist nicht einfach, diese profilierten Gemeinden mit anderen in einen Kolchos zusammenzupressen. Andere sind eher charismatisch ausgerichtet, wie Hordorf und Clus, Schöningen, auch Werlaburgdorf, oder kritisch-feministisch wie die Christophorusgemeinde, Helmstedt. Wieder andere Gemeinden haben ihren besonderen Schwerpunkt in der Kirchenmusik, und es ist großartig, wenn sich daraus eine gegenseitig anregende, geschwisterliche Nachbarschaft entwickelt. Aber freiwillig, bitte schön, und nicht von oben kommandiert und auch nicht in eine Verwaltungseinheit gepresst. Wo sich diese freiwillig ergibt, gut, aber die Erkenntnis des sog. Kirchenkampfes, dass Verwaltung und Bekenntnis zusammengehören, darf nicht verloren gehen.

Von einer Einsicht in die historisch gestalteten Räume ist in der Vorlage der Behörde nichts, aber auch gar nichts zu spüren. Das ist auch nicht verwunderlich, denn der Rechtsreferent, OLKR Vollbach, stammt aus Sachsen. In welcher Ortskirchengemeinde seine Familie hier zu Hause ist, von der aus er die Landeskirche erkundet, lässt er nicht erkennen.

Nicht nur die Geschichte prägt eine Kirchengemeinde, sondern, wie bereits oben angedeutet, vor allem die aktive Pfarrerschaft und die Schwerpunkte, die er/sie in der Gemeindearbeit setzt. Das kann wie in Immenrode und in den ca 30 an diesem Projekt beteiligten Gemeinden die KFS Arbeit sein. Daraus folgt eine sehr zeitintensive und wg der teamarbeit spurenträchtige Jugendarbeit. Das kann ein diakonischer Schwerpunkt sein, wie in der Braunschweiger Michaeliskirche der Treffpunkt in der Hugo Lutherstraße. Das kann auch eine normale, zusammenführende Gemeindearbeit wie im Pfarrverband Westerlinde. Es gibt auch „Luschen“ unter den Pfarrern, gab es immer und gibt es auch heute. Die also keine Schwerpunkte setzen wollen und können und sich in der Gemeinde ausruhen.
Das Gesetz lässt nicht erkennen, dass es die durch Geschichte und aktive Gemeindearbeit gestalteten Räume bemerkt, würdigt und in die gesetzliche Arbeit einbezieht. Es ist ja bezeichnend, dass in dem vorbereitenden Ausschuss kein aktiver Gemeindepfarrer mit vertreten war. Über diese Ausschussarbeit wollte ich etwas vom protokollführenden Pfarrer Kumitz Brendecke erfahren. Ich habe 5 Mal vergeblich angerufen. Aber: Transparenz, Transparenz auf allen Kanälen. So lange sich das Landeskirchenamt nicht als Gemeinde konstituiert, wird sie immer eine problematische Behörde bleiben. Warum sammelt OLKR Hofer nicht, wie er das bei Propst Schliephak gelernt hat, die Theologen der Behörde zu einer einstündigen Exegese des nächsten Predigttextes am Wochenanfang zusammen?

Ein solches Gesetz kann nur bei einer ordnungsgemäßen Besetzung der Pfarrämter funktionieren. Diese Feststellung traf bereits die Propstei Gandersheim. Während der Synode wurde zwar nach dem aktuellen Krankenstand in der Pfarrerschaft gefragt (offizielle Antwort: fünf Pfarrer), nicht jedoch nach den aktuellen Vakanzen. Da sieht es gebietsweise ganz böse aus, nämlich in den Harzgemeinden der früheren DDR, Propstei Bad Harzburg. Pfarrverband Hohegeiß (1.290 Mitglieder) ist vakant und wird von Braunlage aus vertreten. Aus Heimburg ist der beliebte Pfr. Christoph Gutsche weiter nach Sachsen Anhalt abgewandert, was allgemein von der Pfarrerschaft bedauert wurde. Heimburg mit seinen drei weiteren Kirchengemeinden (Benzingerode, Rübeland, Hüttenrode) und insgesamt 709 Mitgliedern, wird von Hasselfelde vertreten. Hasselfelde mit den zwei Tochterkirchen Stiege und Allrode (1.145 Mitglieder) wird indes in diesem Jahr vakant und von Pastor Leu, Bündheim, vertreten. Bündheim- Hasselfelde ca 50 km Hinfahrt. Blankenburg, Bartholomäus (1.514 Mitglieder) wird zum 1.9. vakant. Frau P. Beyer heiratet ins Oldenburgische. Die Gemeinde wird vertreten von Harlingerode (P. Hauke). Harlingerode-Blankenburg ca 40 km. In Wienrode mit den Kirchen in Börnecke, Cattenstedt, Timmenrode, Altenbrak (511 Mitglieder) amtiert seit fast zehn Jahren der 45 jähriger Pfr. Meißner und musste kürzlich in die Kur und also vertreten werden. Prima Gestaltungsraum, aber mit wem? Pfr. Weiß, der frühere Propst von Königslutter, versorgt in Blankenburg die Sonderpfarrstelle „Kirche auf dem Weg“. Er ist der einzige Geistliche dort vor Ort, (erst seit 2013), der in gut besuchten Glaubenskursen (ca 20 und 15 Teilnehmer) die Kirchenentfremdeten aus der Blankenburger Gegend sammelt und die Vertretung kaum übernehmen kann. Eine Pfarrstellenannonce ist in der Mitteldeutschen Zeitung aufgegeben worden. Wenn ein Glied leidet, leiden alle anderen auch, heißt es bei Paulus,.. Spürt man davon etwas in der Landeskirche. Ein Hilferuf an den Bischof wurde so beantwortet, dass er einen Termin für einen Besuch im Oktober frei habe.

Ein solches Gesetz, bei der die Kirchengemeinden fusionieren können und damit ihre Selbständigkeit und ihre Siegel abgeben, funktioniert nur bei einem offenen, ersprießlichen Austausch zwischen Behörde und Pfarrerschaft. Der jedoch ist nach einer Befragung auf dem Nullpunkt angelangt. Der Br. Pfarrerverein hat kürzlich eine Befragung der Br. Pfarrerschaft über „Strukturreformen und Zufriedenheit von Pfarrerinnen und Pfarrern“ in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Pfarrerblatt Heft 5 2015 S. 273-276 veröffentlicht sind. Da ist zu lesen: „Am höchsten ist die Unzufriedenheit mit dem Umgang der Kirchenleitung mit Pfarrerinnen und Pfarrern und mit der Weihnachtsgeldregelung (beides 76 % sehr oder eher unzufrieden)..“ Naja, nun muss man nicht jedes Ergebnis auf die Goldwaage legen und bei anderen Ergebnissen der Umfrage, etwa bei der als stressig gefühlten Zunahme der Arbeitsbelastung, bin ich entschieden anderer Meinung, aber: die Br. Landeskirche schneidet im Vergleich etwa zur Nordkirche doch schlecht ab. Dazu passt, was man von jenen, die die Landeskirche verlassen, hört: es herrsche anderswo doch ein anderes Klima; mehr Anerkennung, mehr Aufmerksamkeit, mehr Einverständnis, andere geistliche Tiefe. Das kostet alles kein Geld, es ist eine persönliche Einstellungssache. Das spüren auch jene, die von außen in unsere Landeskirche kommen: ein Klima der üblen Nachrede.
Nun sind die Ergebnisse auch in der EZ vom 2. August S. 2 unter der Überschrift „Wie geht es den Gemeinden?“ veröffentlicht. Der Leiter des sozialwissenschaftlichen Institutes der EKD, Gerhard Wegner, der auch die obige Studie durchgeführt hat, antwortet auf folgende Feststellung „In Ihrer Analyse stellen die Kirchenältesten den Kirchenleitungen sowie der EKD ein schlechtes Zeugnis aus“ lakonisch: „Die Leitungen der Landeskirchen kommen nichtgut weg.... Problematisch ist die Verwaltungsebene, also die Landeskirchenämter. Mit denen gibt es offenkundig häufig Konflikte... Hier gibt es schon lange ein deutliches Vertrauensproblem“.
Wer macht diese Sache zu einem wichtigen Thema beim Gemeindetag am 10. Oktober? The Antwort weiß allein der Wind. Falsch! OLKR Hofer.

Eine Tatsache kam wiederholt bei der Durchführung des Kolchosgesetzes zur Sprache: dort, wo die Gestaltungsräume bereits durchgezogen wurden, wurde gegenüber den Kirchenvorständen von der Behörde mit Gewalt gedroht. Die Behörde hat weniger Überzeugungsarbeit geleistet sondern auf ihr Lieblingsprojekt, fusionierte Gemeinden, drohend hingearbeitet, anstatt von unten langsam und freiwillig wachsen zu lassen. Das wurde schon früh von der Propstei Lebenstedt angemahnt, und wurde von den Vertretern der Propstei Königslutter bei dem Treffen in Stöckheim öffentlich geäußert und vom anwesenden OLKR Vollbach nicht zurückgewiesen.

Ein schon jetzt verheerender Umstand wird von den Kolchosgemeinden gemeldet: es fallen Sonntag für Sonntag die Gottesdienste aus. So steht es in den Kirchennachrichten: 1. Sonntag n. Trinitatis: 7. Juni: in sieben Gemeinden der Propstei Königslutter: kein Gottesdienst, 2. Sonntag n. Trinitatis 14.6.
in derselben Propstei: in zehn Kirchengemeinden kein Gottesdienst. Aufgefallen war es mir zum Sonntag Palmarum, also zu Beginn der Karwoche, wo massenhaft Gottesdienste ausgefallen sind. Das ist eine fürchterliche Entwicklung und macht die Behauptung von OLKR Vollbach, wonach die Gesetzesvorlage vor allem den Dienst auf dem Lande gewährleisten soll, dreist und irreführend. „Kein Gottesdienst“ bedeutet: es wird nicht mehr gelesen, das Evangelium nicht, die a.t. Lesung nicht. fällt einfach aus. Da kann dann Bibel-Meyer noch so viele Seminare abhalten, - wenn die Kirche auf die Bibellesungen am Sonntag verzichtet, kann sie einpacken. Dazu gehört dann auch etwas mehr Phantasie und Einsatz von Frau Pfr. von Bernwitz für die Lektoren und Prädikanten, die diesen Dienst begleitet. Denn es gibt viele einsatzfähige Lektoren und Prädikanten, die gerne am Sonntag in den ihnen zugewiesenen Kirchen Dienst tun würden. Aber sie werden nicht eingesetzt. Bei dem Ausfall von Gottesdiensten zu Beginn der Karwoche habe ich mich gefragt, was eigentlich an diesem Sonntag vormittag die sieben Theologen in der Kirchenbehörde machen, die wohl zwei Gottesdienste in der Landeskirche übernehmen könnten.

Aber auch das gehört zum Ergebnis jener oben zitierten Umfrage: die Pfarrerschaft fühlt sich heutzutage völlig überfordert, wenn sie eine Wochenschlussandacht am Samstag und zwei Gottesdienste am Sonntag absolviert. Drei Gottesdienste, herrlich, wir haben ja was zu sagen, wer sonst wüsste auf den Dörfern etwas zu Palmarum zu sagen und dann zu Gründonnerstag etc.
Inzwischen aber sind Zweifel angebracht. Wozu gehen viele Gemeinden ausgerechnet am Himmelfahrtstag ins Grüne, wo es doch die letzte, gültige Einsicht der Jünger vom Kreuzestod Jesu zum Inhalt hat: unser Meister ist im Himmel, nicht jedoch im Grünen ?
Ein derart geprägter Sonntag ist auch der bevorstehende 9. August, der 10. S. n. Trinitatis, seit Jahrhunderten der Israelsonntag, mit der Lesung von der Zerstörung Jerusalems. Ein nach dem Holocaust besonders sensibler Sonntag. Was lese ich im Gemeindebrief der fusionierten Helmstedter Stadtgemeinden? An diesem Sonntag wird Propst Detlef Gottwaldt in der Thomaskirche einen Gottesdienst zum Thema „Mercedes – Benz“ halten. Der Gottesdienst gehört zu einer „Sommerreihe mit viel Popmusik, die viel Spaß“ verspricht. Als ich das las, fragte ich mich unpassender Weise, ob die Gottesdienstmacher ihren Ordinationsschein bei einer illegalen Pastorenlotterie erworben haben. Nie was vom Profil des 10. Sonntag nach Tr. gehört? oder wenigstens im Gemeindebrief erklärt, warum von dieser Tradition abgewichen wird? Da liegt vermutlich ein tieferer Schade: sie wissen nicht nur nicht, was sie beten sollen, sondern auch nicht, warum sie was an diesem oder jenem Sonntag „verkündigen“ sollen. Und dann fühlt man sich begreiflicherweise „gestresst.“

Wie geht es weiter?
Zunächst wurde das Gesetz am 15. Juli im Amtsblatt veröffentlicht und hat damit Gesetzeskraft. Einen Tag später klagte die Kirchengemeinde Haverlah gegen das Gesetz. Die BZ (Salzgitterausgabe) berichtete schon am 17. Juli halbseitig unter der Überschrift „Haverlah ist mit dem Protest gegen Kirche noch allein“. Es bleibt abzuwarten, welche Unterstützung Karl Heinz Behrens, seit eineinhalb Jahren Pfarrer in Haverlah, finden wird. Unbefriedigend ist sein in der Zeitung geäußertes Motiv: „Keiner hatte bisher den Mut, öffentlich zu streiten.“ Dazu ist eine gerichtliche Klärung nicht da. Es spricht allerdings auch nicht gegen die Klage – so der Bericht – dass das Gesetz „demokratisch in der Landessynode beschlossen sei.“ Mein von der Synode mit großer Mehrheit gegen sieben Stimmen beschlossene Rausschmiss aus der Synode war ein schwerwiegender Gesetzesbruch, gegen den ich klagte und umgehend Recht bekam. Peinlich für die Mehrheit. Ich saß nach einer Synodalsitzung wieder auf dem angestammten Platz hinten links im Plenum.
Am 16. Juli hat die Kirchenregierung eine achtköpfige gemischtes Begleitgruppe installiert, deren Ziel es ist ( man lese und staune) „inhaltliche und rechtliche, verwaltungstechnische und prozessuale sowie psychodynamischer Probleme zu identifizieren und zu lösen“. Au weia. Das muss ja ein ganz tolles Gesetz sein, das derlei Probleme aufwerfen kann. Wer mag diese Begleitgruppe wohl anfordern? Sie soll vier mal im Jahr tagen. Es riecht nach einem Umsetzungsbeschleuniger, der den unwilligen Gemeinden Feuer unter dem Frack machen soll. Fruchtbarer wäre es ja, die Bedingungen des Gelingens zu analysieren.

Auf die Dauer werden sich, bedingt durch den erheblichen Pfarrermangel, von selbst Kirchspiele mit einem starken Pfarrzentrum und schwächelnden Filialgemeinden drum herum herausbilden. Da ich 37 Jahre in der Propstei Helmstedt tätig war und die Verhältnisse dort einigermaßen kenne, habe ich einen solchen Plan mal zu Papier gebracht.

Von einer zukünftigen kirchlichen Gliederung der Propstei Helmstedt
In meinem „Kapitel praktische Theologie – Gemeinsam – zärtlich – radikal“ habe ich vor 14 Jahren auf 60 Seiten ( S. 341-407) die Geschichte der Propstei Helmstedt seit 1962 beschrieben. Der letzte Teil befasst sich mit Fragen der Zukunft der Propstei. Die folgenden Zeilen verstehen sich als eine Art Fortsetzung.
Die gegenwärtige Situation ist dramatisch. Schon jetzt entleert sich die Propstei Helmstedt mit ihren meisten fusionierten Kirchengemeinden, und die Gemeinden verkrauten und verwildern. Seit Jahren sind die Gemeinden des Heeseberg, für die zwei Pfarrstellen vorgesehen sind, vakant. Die Pfarrstelle Hoiersdorf wird zum Herbst vakant. Pfarrer Giesecke, geht in die Propstei Königslutter. Das Ehepaar Jonas und Lena Stark geht aus der fusionierten Calixtgemeinde, Marienberg, Helmstedt in die Propstei Vorsfelde, Pfarrerin Naumann-Seifert will aus der fusionierten Gemeinde Büddenstedt in die Propstei Wolfenbüttel wechseln. Wer will sich in diese Kirchengemeinden nun bewerben? Anfänger in diese verkrauteten Gemeinden nach dem 2. Examen zu schicken, ist wohl kaum zuzumuten. Das verabschiedete Gesetz schafft keinerlei Hilfe.

So könnte es in der Zukunft in einer Propstei Helmstedt aussehen. Dabei gehe ich davon aus, dass auf längere Zeit nur noch sechs Pfarrerinnen oder Pfarrer im Gebiet der Propstei tätig sind. Die Abwanderung der Bevölkerung aus dem Helmstedter Raum ist nach einem Bericht der BZ vom 14.7.15 extrem hoch, sie beträgt mehr als 17 %.
Die Propstei Helmstedt bildet 9 attraktive Kirchspiele um die sechs Hauptkirchen Stephanie, Marienberg und Christopherus in Helmstedt, St. Vincenz und St. Lorenz in Schöningen und in Jerxheim. Die schon bald zu bildenden neuen neun Kirchspiele können nach Bedarf auf sechs verkürzt werden.
Diese Hauptkirchen sind schon allein durch den Kirchbau geprägte geistliche Orte, von denen durch solide theologische Arbeit geistliche Impulse in die zugeordneten Filialkirchen ausgehen.
Einer Hauptkirche sind für den regelmäßigen, ständigen Dienst Lektoren und Prädikanten zugeordnet. Sie werden vom Pfarramt monatlich zu Austausch und Anregung zusammengerufen. Sie können auch Abendmahlsgottesdienste halten, sowie Taufen und Beerdigungen.

In diesen Hauptkirchen finden sonntäglich Gottesdienste statt, in den Filialkirchen wöchentlich zu festen Zeiten im Wechsel Andachten oder verkürzte Lesungen sowie Gebet statt, die von Lektoren, Prädikanten auch von Mitgliedern des Kirchenvorstandes gehalten werden.

Bei der Hauptkirche befindet sich das Pfarrbüro, das durch Internet mit dem Landeskirchenamt verbunden ist.
Alle Filialkirchen bleiben Körperschaft öffentlichen Rechts, solange sie bei Kirchenvorstandswahlen einen eigenen Kirchenvorstand bilden können, durch Lektoren und Prädikanten einen 14-tägigen Gottesdienst aufrecht erhalten und durch einen Kirchbauverein zum Erhalt der Kirche beitragen können. Wenn diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden, schließen sie sich so der Hauptkirche an jedoch so, dass bei veränderten Voraussetzungen die Eröffnung einer Filialkirche möglich wird.

Das Gehalt der Pfarrerinnen/Pfarrer wird auf A 14 mit Zuschlag angehoben, die Vergütung der Prädikanten auf 25 € pro Sonntag und das der Lektoren auf 15 €, wenn sie selbständige Andachten oder Gebetsstunden halten.
Jeder Kirchenvorstand wählt einen Vertrauensmann/frau zum Pfarramt, der mit dem Pfarramt sich für die organisatorischen Fragen vor Ort (Heizung, Reinigung, Öffnung der Kirche, Führung u.a.) verantwortlich fühlt.




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