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[Kirche von Unten]

Hans Wilhelm Jürgens

Die Geschichte eines vergessenen Oberlandeskirchenrates

Eine Erzählung


von Dietrich Kuessner

(Download des Buches als pdf hier)




Die Erzählung


Der Nachbar von Bischof Bernewitz in der Villa am Neuen Weg
Das junge Ehepaar Jürgens erwarb sich zum Start in das Familienleben die geräumige Villa am Neuen Weg Nr. 15. Nebenan in Nr. 14 residierte der Landesbischof Alexander Bernewitz mit seiner Frau. Oft waren die Enkel zum Besuch beim Großvater.
Es ergaben sich nachbarschaftliche Kontakte. Bei Gelegenheit chauffierte Jürgens den Bischof in seinem Auto auf Dienstfahrten und vermerkte, dass Bischof Bernewitz herrschaftlich auf dem hinteren Sitz Platz nahm, anders als später Bischof Johnsen, der sich kameradschaftlich auf den Beifahrersitz neben Jürgens setzte. Er sah darin ein Beispiel für das unterschiedliche Amtsverständnis der beiden.
Jürgens erlebte Bischof Bernewitz im internen, privaten Umfeld. Dabei habe sich Bernewitz, anders als in dessen Erinnerungen, außerordentlich besorgt über den künftigen Weg der Landeskirche geäußert.
Im Alter hielt Jürgens die Darstellungen des Bischofs, der vor allem als Befürworter und Wegbereiter des Nationalsozialismus geschildert wird, für einseitig. So schreibt er: „Natürlich war Bernewitz so klug, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu rennen. Bei jeder Volksbewegung heißt es, geschickt zu taktieren, die Zügel fest in der Hand zu behalten, wenn nötig Zugeständnisse zu machen und darauf zu setzen, daß die Zeit die Menschen wieder zur Vernunft bringen wird. In späterer Sicht mag hierbei manches Wort fragwürdig oder abwegig erscheinen. Nicht auf das einzelne Wort, sondern auf das Ziel kam es an und dieses Ziel hat Bernewitz nie aus den Augen verloren: das Wohl der Kirche zu sichern. […]Trotz allem bleibt Bernewitz für mich weder ein Zarenknecht noch ein NS-Wegbereiter. Er war ein treuer Diener seiner Kirche, ein pflichtbewußter Deutscher und eine überragende Persönlichkeit.“ (Brief vom 16.07.1982)

Mit diesem familiären und finanziellen Hintergrund stand Jürgens in der Kleinstadt Wolfenbüttel eine attraktive Zukunft offen. Dabei blieb er in seinem Auftreten bescheiden und zurückhaltend. Eher „habörgisch“ reserviert.


NS-Regierungsbeteiligung in Braunschweig
Die Hoffnung, dass mit einer nationalsozialistischen/bürgerlichen Landesregierung leichter ein Einvernehmen mit dem Staat zu erreichen wäre, zerschlug sich in einer Verhandlung im Staatsministerium, an der als Vertreter des Staates u.a. Minister Klagges und Geheimer Regierungsrat Albrecht, als Vertreter der Kirche der Bischof, Breust, Lambrecht und Jürgens teilnahmen, außerdem Mitglieder der 1. Zivilkammer des Landgerichtes. Dem 15 seitigen Protokoll von Dr. Lambrecht ist deutlich zu entnehmen, dass auch von dieser Landesregierung eine gründliche Bereinigung der immer noch offenen Streitfälle nicht zu erwarten war, sondern ein Hinauszögern und Verschleppen von Verhandlungen. Eine Taktik, die schon die sozialistische Landesregierung unter Beratung von Dr. Albrecht betrieben hatte.



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Impressum und Datenschutzerklärung  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/Juergens/, Stand: März 2022, dk