Ein völlig anderes Bild von der Arbeit an der Perikopenrevision entsteht beim Blick in die Inspektion Königslutter.
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Die
Pfarrerschaft der Spezialinspektion Königslutter
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Dienst
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geb.
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gest.
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Dienstort
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Einw.
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Eink.
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Ack.
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Beginn
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Ende
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Seiten
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Corvinus
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Wilhelm
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1810
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1855
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Königslutter
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1950
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1040
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105
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1849
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1855
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7
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Rottorf
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325
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Dieckmann
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Theodor
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1802
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1875
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Oberlutter
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760
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732
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23
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1831
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1875
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Sunstedt
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388
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Hagenhoff
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28
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Schickelsheim
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80
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Tacke
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Georg
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1801
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1862
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Scheppau
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167
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585
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30
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1834
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1862
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16
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Rothenkamp
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124
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Sattler
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Ludwig
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1776
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1858
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Süpplingen
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830
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1427
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130
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1832
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1858
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9
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Appelius
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Carl
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1805
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1865
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Lauingen
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472
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344
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42
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1843
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1865
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Rieseberg
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155
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Kuthe
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Gottfried
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1779
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1857
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Süpplingenburg
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530
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844
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30
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1819
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1857
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Gr.Steinum
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319
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Hassel
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Friedrich
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1809
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1891
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Lelm
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583
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655
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58
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1843
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1890
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22 h
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Langeleben
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102
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Rese
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Georg
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1784
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1863
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Bornum
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635
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680
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109
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1833
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1863
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Beckurts
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Heinrich
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1814
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1876
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Glentorf
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320
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568
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62
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1844
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1865
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Boimstorf
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205
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Hier stand die Perikopenrevision unter einem unglücklichen Stern. Superintendent Georg Bode war im Alter von 66 Jahren mitten im Reformvorhaben im Mai 1849 verstorben. Bode war gebürtiger Königslutteraner, schon sein Vater war Superintendent in Königslutter gewesen. Nun sollte der 39 jährige Dorfpfarrer Wilhelm Corvinus noch im selben Jahr die Arbeit fortführen. Corvinus war vorher acht Jahre lang Dorfpfarrer in Offleben gewesen, wo seine erste Frau 1848 gestorben war. Er kam als Witwer mit vier Töchtern nach Königslutter. 1852 hatte er in Königslutter erneut geheiratet. Ob und wann die Pfarrer mit der Perikopenreform befasst wurden, bleibt unklar.
Die Bevölkerung in Königslutter hatte 1848 stürmische Zeiten erlebt. Hinter ihnen lag das Hungerjahr 1847. Handarbeiter von Oberlutter hatten gegen mangelndes Backgut und fehlendes Grabeland demonstriert. Oberlutter bildete noch eine selbständige politische und kirchliche Einheit. Es ging nicht um demokratische Grundrechte, sondern um Beseitigung sozialer Schäden.
1850 starben in Königslutter an der Cholera innerhalb von drei Monaten 162 Menschen. Hauptursache war die Verunreinigung des Trinkwassers. Unter den Toten war auch eine Tochter von Superintendent Corvinus. Wie weit Revolution und Cholera die umliegenden Dörfer erreichte, ist noch nicht erforscht.
In den Dörfern, die zur Inspektion gehörten, beherrschte das Gut v. Veltheim-Bartensleben mit 196 Morgen Acker und einer Schäferei mit 500 Köpfen das Dorfbild in Glentorf. Das Rittergut in Lauingen umfasste zusammen mit den Homannschen Ackerhof 473 Morgen Acker, die 195 Morgen Acker des Rittergutes in Scheppau wurde von Familie Cleve bewirtschaftet. Die Domäne von Süpplingenburg betrug 744 Morgen Acker und 164 Morgen Wiesen. In der Stadt Königslutter gehörte der Oberhof mit 153 Morgen Acker der von Schwarzkoppschen Familie und der Niedere Hof mit 316 Morgen Acker der Brauerei Innung.
Ein förderlicher Einfluss des Landadels auf das kirchliche Leben ist zweifelhaft.
Die Inspektion Königslutter bestand aus neun Pfarrstellen mit einem erträglichen Einkommen mit Ausnahme der Pfarrstelle Lauingen, zu der nur 42 Morgen Acker gehörten und ein zu geringes Aufkommen bot.
Als Corvinus nach Königslutter kam, war er der Zweitjüngste unter den Amtsbrüdern, die Ältesten waren Jahrgang 1876, 79, 84.
Die Beteiligung der insgesamt neun Pfarrer der Inspektion Königslutter an einer Stellungnahme war kümmerlich. Von fünf Pfarrern lagen keine Stellungnahmen vor. Corvinus war offenbar schon vorher auf ein massives Desinteresse gestoßen und hatte die Inspektionssynode am 16. Oktober 1851 dazu benutzt, um eindringlich für eine Beteiligung zu werben. Er hielt zu Beginn der Synode eine lange Rede, zuerst auf lateinisch, dann auf deutsch und referierte über die vorgesehenen Texte der Trinitatissonntage der neuen Perikopenreihe. Der leitende Gedanke sei das Reich Gottes, den er bis zum 26. Sonntag n. Trinitatis behandelte. Corvinus wollte seinen Amtsbrüdern die Einsicht vermitteln, dass es nicht nur eine Konsonanz innerhalb der Lesungen eines Sonntags gebe, sondern auch ein Art lineare Konsonanz, nämlich der Sonntage untereinander. Diese Konsonanz ergab sich für die festliche Hälfte des Kirchenjahres von selbst durch die Anordnung nach dem Leben Jesu. Für die Trinitatiszeit musste sie erst entdeckt werden. Danach beschäftigte sich der Superintendent ausführlich mit den Einwendungen gegen eine Reform. "Es wäre wirklich zu bedauern, wenn er, wie man hört, bis jetzt nur wenig Berücksichtigung von Seiten der Prediger gefunden hätte." Von Perikopenzwang könne überhaupt keine Rede sein. Wer eine Predigtreihe über die Gleichnisse, Texte der Bergpredigt oder das Vaterunser plane, könne sich darin völlig frei fühlen. Seine Absicht sei es nur gewesen, so schloss Corvinus, diejenigen Amtsbrüder, die den Entwurf bisher wenig beachtet hätten, zur Benutzung anzuregen.
Der Superintendent stieß größtenteils auf taube Ohren. Bis Ende Februar lieferten nur zwei Pfarrer eine Stellungnahme ab. Die Arbeit von Pastor Georg Tacke aus Scheppau war zwar mit 16 Seiten überdurchschnittlich lang, blieb aber merkwürdig unentschieden. Noch ausführlicher hatte Pastor Friedrich Hassel aus Lelm das Thema behandelt. Er befürwortete einen zweiten Jahrgang, weil dadurch "die ganze heilige Schrift bekannter und vertrauter werde", plädierte jedoch energisch für den Erhalt freier Texte. Die Thematik blieb beiden merklich fremd.
Mitte März schrieb Corvinus dazu einen ausführlichen Bericht an das Konsistorium, in den er auch seine eigene befürwortende Stellungnahme einfließen ließ. Danach lieferte auch noch Pastor Ludwig Sattler seine Arbeit ab, so dass doch noch ein glimpflicher Eindruck beim Konsistorium entstehen konnte. Pastor Ludwig Sattler setzte seine schönste deutsche Handschrift auf, die hier nebenan wiedergegeben wird.
Corvinus heiratete in diesem Jahr 1852 erneut, die Familie wuchs von drei Töchtern auf vier. Im September 1855, einen Monat nach seinem 45. Geburtstag, verstarb Superintendent Corvinus.
Impressum, http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/Perikopen/, Stand: Dezember 2016,
dk