Der Kompromisskurs der lutherischen Mitte unter Bischof
Johnsen und Propst Leistikow:
eine Lutherische Volkskirche im nationalsozialistischen
Staat
Die Entstehung der Martin Luther Gemeinde am
Zuckerbergweg (1934- 1945)[1]
In nur wenigen Brauschweiger Kirchengemeinden prallten die
sozialen Gegensätze Ende der 20er Jahre derart krass aufeinander wie im
Stadtteil Charlottenhöhe am Zuckerbergweg und im neu errichteten August
Bebelhof. Beide waren nur durch die Salzdahlumer Straße getrennt, die damals
noch keine breite Autoschneise bildete, sondern durch eine Eisenbahnschranke
erneut noch einmal geteilt war.
An der Grenze der Wolfenbüttelerstraße imponierten die
großen Villen der Industriellen Büssing und Munte, wo auch Chefdekorateur Haas,
Generalmusikdirektor Klaus Nettstraeter und Opernsängerin Else Gerbert-Voigt
residierten. Auf dem Brockenblick wurden weitere kleinere Villen errichtet, wo
Kaufmann Karl Langerfeldt, Prof. Siegfried Hilvert, Amtsgerichtsrat Hartung
wohnten. In der Seesenerstraße hatten sich Bankdirektor Simon, Fabrikbesitzer
Rudolf Hoffmeister und Fabrikant Reinhold Heidecke einquartiert. Jenseits der
Salzdahlumer Straße waren in den 20er Jahren in der Nähe des
Reichsbahnausbesserungswerkes Siedlungshäuser für die Werksangehörigen,
Schweißer, Schlosser, Weichenwärter, Stellwerkmeister, Kesselschmiede und im
Anschluss daran Ende der 20er Jahre der Bebelhof mit seinen modernen flachen
Dächern und 450 Wohnungen entstanden, die erst nach 1945 für weitere Wohnungen
aufgestockt und mit einem Giebel versehen wurden.[2]
Ein hoher Turm mit Uhr konnte als Ersatz für einen Kirchturm angesehen werden.
Der Bebelhof war ein sozialdemokratisches Vorzeigeprojekt zur Beseitigung der
innerstädtischen Wohnungsnot, zur Verbesserung der Wohnungsqualität mit
ausreichenden, gut durchlüfteten, hellen Wohnungseinheiten und einer zentralen
Waschanlage. Außer dem Reichsbahnausbesserungswerk war das weltberühmte
Rolleiflex Industriewerk von Franke und Heidecke mit bald 700 Mitarbeitern
direkt an der Salzdahlumerstraße entstanden und jenseits der Bahn lagen seit
Jahrzehnten die Büssinganlagen.
Die Taubstummenanstalt auf der Charlottenhöhe bildete einen
weiteren sozialen Gegensatz.
Dieser Bereich gehörte zur Johanniskirchengemeinde, die mit
14.000 Gemeindemitgliedern für zwei Pfarrer zu groß geworden war. Der
Stadtkirchentag diskutierte im Oktober 1929 kontrovers über eine dritte
Pfarrstelle, bewilligte schließlich 8.000 RM für eine dritte Pfarrstelle,
woraufhin auch die Wolfenbütteler Kirchenregierung mit der neuen Pfarrstelle
einverstanden war[3].
Der Johanniskirchenvorstand legte die neuen Pfarrbezirksgrenzen fest und wählte
am 17.3.1931 als dritten Pfarrer Johannes Leistikow. Leistikow war 30 Jahre
alt, gebürtiger Pommer und Pfarrerssohn. Er hatte in Greifswald Theologie
studiert und war im Ostseebad Zinnowitz Pfarrer geworden. Die Verbindung zu
Pommern war nie abgerissen. Da ein Pfarrhaus nicht vorhanden war, mietete die
Gemeinde zwei Zimmer in der Auerstraße 4 auf dem Bebelhof als Dienstsitz.
Der Gemeindebezirk war von
sozialen Gegensätzen geprägt und ein kirchlicher Brennpunkt. 30 % der dortigen
Bevölkerung sei zu Beginn seines Dienstes aus der Landeskirche ausgetreten,
meinte Leistikow. Eine Aufstellung des Kreispfarrers Wagner ergab für Anfang
1934 folgende Gliederung: 2.878 Evangelische, 113 Reformierte, 206 Katholiken,
14 Juden, 993 Dissidenten. Leistikow sammelte sich aus der Arbeiterschaft und
seinen ersten Konfirmandinnen und Konfirmanden ein treue Gottesdienstgemeinde.
Für Unterricht, Andachten, Bibelstunde und Seelsorge mietete er eine weitere
Wohnung in seinem Wohnblock. Seine ersten Gemeindeerfolge, nämlich dass sich
einige Gemeindeglieder noch im erwachsenen Alter konfirmieren ließen, wurden
zur spöttischen Zielscheibe der sozialdemokratischen Presse.[4]
Durch unermüdliche Hausbesuche
schuf er zahlreiche persönliche Kontakte, seine einfache Predigtsprache wirkte
anziehend, weil überzeugend und eben „fromm“, und als 1932 das Gerücht
herumlief, Leistikow müsse die Gemeinde verlassen, war sein Anhang und Gemeindekern
schon zu groß. „Seine Worte gehen wie ein Lauffeuer durch die Stadt und
ergreifen auch die fernsten Menschen... für viele ist er wieder die Brücke zur
Kirche und zu Gott geworden“, schrieb eine regelmäßige Gottesdienstbesucherin
an den Landesbischof und gab die Anhänglichkeit des Gemeindekerns wohl
zutreffend wieder.[5]
Ein Gemeindehaus statt einer Stadtkathedrale
In diesem Gemeindebezirk sollte
ein Gemeindehaus gebaut werden, Der Stadtkirchentag und das Landeskirchenamt
hatte 1932 dafür insgesamt 80.000,-- RM bewilligt.[6]
Es wurden drei Entwürfe eingereicht und der des Architekten August Pramann
gewählt. Pramann war Braunschweiger. Er entwarf einen Gebäudekomplex, der als
Kirche zu klein und als Gemeindehaus zu groß geraten war. Es war das erste Gemeindezentrum
in dieser Stadt mit einem großen multifunktionalen Saal, Sakristei, Amtsräumen,
Sitzungszimmer und einer Pfarrwohnung. Der Gebäudekomplex ohne Kirchturm war
unauffällig in die Häuserzeile des Zuckerbergweges eingereiht, so dass man ihn
als Kirche erst erkannte, wenn man unmittelbar davor stand. So waren um die
Jahrhundertwende bereits in Berlin außer den hässlichen wilhelminischen
Protzkirchen Kirchengebäude entstanden.[7]
Mit dieser Kirchenarchitektur verabschiedete sich der
Kirchbau in Braunschweig weitsichtig und zukunftsorientiert von den großen
Stadtkirchen. Dem Säkularisierungssog sollten nicht mächtige Kathedralen mit
Turm und Westfront, Herrschaftssymbole einer christlichen Gesellschaft,
entgegengesetzt werden. Stattdessen sollte in einer weitgehend entkirchlichten
städtischen Gesellschaft in schlichten Gemeindehäusern ein seelsorgerliches
Angebot mit niedriger sakraler Schwelle gerade für Kirchendistanzierte gemacht
werden.
Dieser multifunktionale Raum nahm Gedanken auf, wie sie Friedrich
Naumann bereits am Anfang des Jahrhunderts unter der Überschrift „Zukunft der
Kirche“ formuliert hatte. „Ein Gebäude mitten im Garten, ohne Turm und offen
für jedermann. Kein Mensch wird mit Gotik geplagt, im wesentlichen aus Glas und
Eisen, ein Saal mit Nebenräumen, als einziger Schmuck ein Kreuz.“ Es ist
bezeichnend, dass die Zeitschrift „Kunst und Kirche“ diesen Beitrag 1929
abdruckte mitten in der Diskussion, ob nicht ganz schlichte, offene Räume die
monumentalen bürgerlichen Repräsentanzkirchen ablösen sollten. Es passte zum
späteren Modernisierungsprogramm der Nationalsozialisten, die der Kirche
durchaus einen Platz in der nationalsozialistischen Gesellschaft einräumten,
aber eben nicht mehr so hervorragend wie in jener Zeit, als die christliche
Kirche einen Alleinvertretungsanspruch auf die verbindliche öffentliche
Werteordnung beanspruchen konnte.
Man betritt eine Art Hauskirche, in der, das war der
ausdrückliche Wunsch Leistikows, nicht nur sonntags gebetet werden sondern die
ganze Woche über fröhliches Treiben in Gruppen und Arbeitskreisen stattfinden
konnte. Die seit Jahrhundertanfang, aber dann besonders zu Beginn des Dritten
Reiches von den Deutschen Christen, vielfach geforderte „Volksmission“ fand
hier ihre architektonische Entsprechung. Das Gemeindehaus hat im Erdgeschoss
einen größeren und einen kleineren Saal, die zusammenzulegen sind. Der größere
Saal an der Grundstücksgrenze ist mit höheren bleiverglasten Fenstern versehen,
und kann auch als Gottesdienstraum genutzt werden. Eine Altarniesche mit einem
schmucklosen Altar konnte durch einen Vorhang, der zuzuziehen war, vom Saal
getrennt werden. Ein schlichter Taufständer, ein Lesepult als Kanzel deuteten
darauf hin, dass hier der Gottesdienst nicht von dem Zelebrieren des Kultes leben
sollte, sondern von der Auslegung des Wortes. „Kommunikativ unter dem Wort“ war
der Zielgedanke Leistikows.
Die Andacht im „Sonntagsgruß“, dem Blatt der
Braunschweiger Kirchengemeinden, zum Einweihungstag setzte er unter die
Überschrift „Die Zukunft der Kirche ist die Gemeinde“.[8]
Leistikow beschäftigte die Frage, wie Christus in der Gegenwart lebendig würde
und antwortete: „Auch heute kann Jesus Christus unter uns gar nicht anders
Wirklichkeit werden als in der Gemeinde!“ Die evangelische Kirche würde nur
dann eine Zukunft haben, wenn in ihr durch alles menschliche Reden und
Organisieren d i e (hervorgehoben) Gemeinde zum Durchbruch komme, in der nicht
Hab und Gut und Geld regierten, „sondern in der der andere mein Bruder ist,
mein Bruder in Christus“. Das war ein innerhalb der Braunschweiger
Stadtpfarrerschaft durchaus neuer theologischer Ansatz, der Christus eher im
Sakrament oder im Bekenntnis oder im diakonischen Werk lebendig sah. „Christus
als Gemeinde existierend“ hatte wenig später Dietrich Bonhoeffer formuliert.
Die Johannispfarrer Schmidt und Jürgens hatten zunächst
stirnrunzelnd erkannt, dass Leistikow schon früh die Verselbständigung dieses
dritten Gemeindebezirkes und seine Loslösung aus der Johannisgemeinde betrieben
hatte, aber im März 1934 im Johanniskirchenvorstand der Gründung der Martin
Luther Gemeinde zugestimmt.[9]
Bei der Einteilung der neuen Gemeindegrenzen, die von der Kirchenregierung im
Oktober 1934 beschlossen worden war, stellten sie fest, dass auch erhebliche
Teile diesseits der Eisenbahnlinie, z. B. die Riedestraße und Heinrich
Büssingsstraße der jungen Martin Luthergemeinde zugeteilt worden waren.[10]
Heinrich Büssing stiftete für den Altar zwei Bronzeleuchter mit der Eingravur
des Stifters. Der Johannispfarrer Otto Jürgens unterstützte die
Verselbständigung gegen die erhebliche Reserve der Kirchenregierung und nannte
eine Gemeindemitgliederzahl von 3.914 und 114 Konfirmanden. Leistikow hätte in
seiner kleinen Wohnung fast sämtliche Taufen und ebenfalls viele Trauungen
vorgenommen, was von der Kirchenbehörde prompt beanstandet wurde.[11]
Die Einweihung im September 1934
1933 war unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die
Grundsteinlegung und im September 1934 bereits die Einweihung. Der erst seit
drei Monaten in der Landeskirche amtierende Landesbischof Johnsen propagierte
sein Modell des funktionierenden Nebeneinanders von Hitlerstaat und
lutherischer Kirche, indem er die Kirche als heiligen Ort pries, an dem das
Wort Gottes „lauter und rein verkündigt“ werden sollte, zugleich sollte sie
aber auch mitarbeiten für den Staat, das Volkstum und das neue Reich Hitlers.
Pfarrer Leistikow griff in seiner Einweihungspredigt die
damals zeitgemäße Vokabel von der „Volksgemeinschaft“ auf und setzte diese mit
der gottesdienstlichen Gemeinschaft unter dem Wort Gottes wie äußere und innere
Gestalt in ein Verhältnis. Zahlreiche SA Leute, irritiert durch die Ereignisse
im Juni, als Hitler gegen die SA Führung geputscht hatte, und gerade vom
hochgejubelten Reichsparteitag in Nürnberg enthusiasmiert zurückgekommen,
standen dicht gedrängt bis auf den Flur. Sie waren für Leistikow der äußere
Ausdruck der neuen Gemeinschaft des Volkes.
„Wir
stehen in einer Revolution von gewaltigem Ausmaß. So gewaltig, dass sich das
landläufige
Christentum auch in die Ecke ducken musste, um sich über alle private
Seelenpflege
hinaus
neu zu besinnen auf die eigentliche Aufgabe. Um was habt ihr denn eigentlich in
den
letzten
fünfzehn Jahren gekämpft? Der Kampf ging doch darum, dass jene
Schützengrabengemeinschaft
der Front umgeformt werden sollte in die Alltäglichkeit unseres
Daseins.
Ihr Brüder, die ihr in schweren Kampfjahren unter Entbehrungen und
Anschlägen(?)
das
„Heil Hitler“ im Herzen und auf den Lippen trugt, ihr habt doch nichts anderes
gewollt, als
auch
dieses eine, dass eine neue Volksgemeinschaft werde in unserem zerrissenen und
zerklüfteten
Volke. Nun steht diese Gemeinschaft des Volkes äußerlich da. Aber innerlich ist
sie
noch nicht da.... Ihr lieben SA Kameraden, ihr wisst doch, was unsere größte
Sorge ist, wir
mögen
zusammenkommen, wann und wo wir wollen: dass Kameradschaft unter uns bleibe. In
der
Familie, in der Ehe: ihr wisst doch, über allen Sorgen der Nahrung und der
Kleidung und
der
Gesundheit steht die Sorge, wie wir zusammenleben und zusammenstehen können,
wie
unter
uns Gemeinschaft werde“.[12]
Eine
solche innerste Gemeinschaft aber entstehe nur unter Christus, in der Kirche.
So wie
Leistikow
unter den Arbeitern im Bebelhof mit Nachdruck für die Kirche geworben hatte, so
warb
er nun unter den SA - Männern. Diese wollte er nicht verprellen durch eine
kirchenpolitische
Schlagseite, etwa durch die Mitgliedschaft im Pfarrernotbund. Diese Art von
Frömmigkeit will im Grunde „unpolitisch“ sein und durchschaut wohl nicht, dass
sie auch durch die vermeintlich unpolitische Haltung doch eminent politisch
ist, nämlich den status quo fördert und unterstützt.
Die Braunschweiger
Regionalpresse berichtete am folgenden Montag, dem 17.9.34 spaltenlang über die
Einweihungsfeierlichkeiten wie über ein bedeutendes städtisches Ereignis: die
Braunschweigische Landeszeitung und der Braunschweiger Allgemeine Anzeiger
jeweils dreispaltig und mit ausführlicher Wiedergabe der Reden von Bischof
Johnsen und Pfarrer Leistikow, die nationalsozialistische Parteizeitung BTZ
zweispaltig mit Bild und die Braunschweiger Neusten Nachrichten bereits in der
Sonntagsausgabe mit Bild.
Aufblühendes Gemeindeleben
Die Gemeinde nahm Raum und
Konzept offenbar an, denn Leistikow hatte in den verbleibenden dreieinhalb
Monaten von September bis Dezember 1934 noch 41 Taufen und 1935 94 und 1935 88
Taufen. Auch die Konfirmandenzahlen waren hoch und entlasteten nun die
Johannispfarrer. 1935: 105 Konfirmanden, 1936: 87 und 1937: 69. Nun traten auch
wieder Dissidenten in die Kirche ein, 1934: 21 und 1935 66 Personen.[13]
Zur kirchlichen Trauung wurde
möglicherweise eher eine der „richtigen Kirchen“ bevorzugt. Es heirateten in
Martin Luther 1934: 12 Ehepaare, 1935: 27, 1936: 19 und 1937: 27 Ehepaare. Zu
einem ersten Frauenkreistreffen kamen Ende Oktober 1934 300 Frauen zusammen,
bei der die Einrichtung einer Schwesternstation beraten wurde.[14]
Erste Gemeindeschwester wurde die Diakonisse Ida Papenberg, die bis in die
Nachkriegszeit in der Gemeinde als ruhender Pol tätig war. Sie hielt den
Kindergottesdienst, veranstaltete Ausflüge, war aber auch pflegerisch tätig und
tatkräftige Bürokraft. Sie bewohnte zusammen mit dem Jugenddiakon Hermann Kolb
eine Vierzimmerwohnung auf dem Bebelhof. Schwester Ida blieb vielen
Gemeindemitgliedern in freundlicher Erinnerung.[15]
Im November 1934 veranstaltete
Leistikow zusammen mit seinem pommerschen Kollegen Damrow eine Kirchliche Woche
unter dem Thema: die Botschaft von Gott, von Jesus Christus, vom neuen
Menschen, von der Bibel, Vorträge und tägliche Gottesdienste. Sie hatte großen
Zulauf. Insgesamt waren 1.5000 Gemeindemitglieder beteiligt. Bezeichnenderweise
sprachen nicht die eher deutsch-christlichen orientierten Volksmissionare
Sturm, Streck und Weferling, die zur gleichen Zeit in den Gemeinden Johannis,
Petri und Pauli thematische Abende wie „Ehe ohne Sorge,“, „Arbeit ohne Beruf“,
„Tod ohne Leben“ anboten.[16]
Zu Silvester führte Leistikow regelmäßige Mitternachtsgottesdienste ein.
Leistikow als Mann der Mitte und Einführung als Propst von Braunschweig im
April 1935
Leistikow vermied eine
Festlegung bei den Deutschen Christen, denen er 1933 angehört und sie im Sommer
1933 verlassen hatte, war aber auch kein Mitglied der Bekennenden Kirche und
des Braunschweiger Pfarrernotbundes. Damit lag Leistikow vollständig im
landeskirchenpolitischen Trend. Denn eine „Kirchenpolitik der Mitte“ zwischen
Deutschen Christen und dem Pfarrernotbund mit dem doppelten Ja zum
nationalsozialistischen Staat unter Hitler als dem Führer des Reiches und zu
Jesus Christus, als dem Herrn der Kirche verfolgte auch der neue Landesbischof
Dr. Helmut Johnsen, zunächst als kommissarischer Kirchenführer, ab November
1934 dann fest im Sattel.[17]
Leistikow nahm die Wahl Johnsens zum Landesbischof zum Anlass, um Johnsen
seinen kirchenpolitischen Standort zu erläutern. Er habe sich „seit einigen
Monaten von der Kirchenpolitik ganz fern gehalten und die Verbindung mit dem
Pfarrernotbund wieder gelöst“, und zwar im Hinblick auf seine Gemeinde. Er habe
für alle da sein wollen. „Wie herrlich wäre es, wenn wir unter Ihrer Führung in
unserer Landeskirche immer mehr zu solchen bekennenden Gemeinden werden
könnten, unberührt von dem Staub der Kirchenpolitik.... fern von den
Niederungen solchen Kampfes“.[18]
„Für alle“ hieß damals: für die von Klassengegensätzen und Standesunterschieden
befreite nationalsozialistische Volksgemeinschaft. „Für alle“ hieß deshalb für
Leistikow besonders auch für die in die Kirche zurückzugewinnenden SA- Männer.
Bischof Johnsen und Pfarrer Leistikow hatten sich in ihrer
kirchenpolitischen Linie gefunden. Es war für Johnsen in seiner Anfangszeit
wichtig, dass er als Neuling Mitarbeiter fand, auf die er sich verlassen konnte
und die seine „Politik der Mitte“ aus Überzeugung mittrugen. Johnsen machte
daher Leistikow zum Propst von Braunschweig, nachdem Alfred Wagner als
Kreispfarrer, wie fast alle anderen Kreispfarrer abgelöst worden war. Das war
keine risikolose Berufung. Denn im Grunde hatte schon 1933 Johannispfarrer Otto
Jürgens darauf gehofft, leitender Geistlicher der Stadt Braunschweig zu werden.
Dass nun der jüngere frühere Johannispfarrer Leistikow ihn „überholen“ würde,
war bitter. Da waren Konkurrenzkämpfe vorprogrammiert. Diese blieben indes aus,
da Jürgens sich nun seit 1935 von allen öffentlichen Ambitionen verabschiedete.
Seine Stunde sollte erst 1946 schlagen, als sich Leistikow zurückzog.
Leistikow wurde am 1. Sonntag
nach Ostern, dem 28. April 1935, von Bischof Johnsen im Braunschweiger Dom als
Propst von Braunschweig eingeführt. Im gleichen Gottesdienst wurde Wilhelm
Röpke als neuer Oberkirchenrat und Personalreferent in sein Amt eingeführt. [19]
Röpke war ein gediegener Dorfpfarrer in Beddingen, frommer Deutscher Christ,
stellvertretender Kirchenrat und einem Kirchenkampf völlig abgeneigt. Den
Braunschweigern war er durch seine ständige Kolumne in der Sonntagsausgabe des
Braunschweiger Allgemeinen Anzeigers bekannt. Röpke war ein typischer Vertreter
der kirchlichen Mitte.
Johnsen stellte seine Anprache
an Leistikow unter das Bibelwort: „Allenthalben aber stelle dich selbst zum
Vorbild guter Werke, mit unverfälschter Lehre, mit Ehrbarkeit, mit heilsamen
und untadeligem Wort“.[20]
Ein Beispiel „unverfälschter Lehre“ bot Leistikow mit seiner Predigt über
Matthäus 10,32 „Wer mich bekennet vor den Menschen, den will auch ich bekennen
vor meinem himmlischen Vater.“ Leistikow betonte darin die Notwendigkeit zum
trinitarischen Bekenntnis und den Stellenwert der Kirchengemeinde. „Das
Christentum ist als Gemeinde in die Welt getreten. Auch heute kann Jesus
Christus nur Wirklichkeit werden in der Gemeinschaft.[21]
Nach dem Einführungsgottesdienst hielt Bischof Johnsen im überfüllten
Altstadtrathaus einen Vortrag über „Die lutherische Reichskirche“.
Konflikte in der Gemeinde
Diese kirchenpolitische Position
der Mitte war nun allerdings alles andere, als eine gemütliche, und
konfliktfreie Position. In seinem Gemeindebezirk lag nicht nur der Bebelhof
sondern auch ein Golfplatz. Am Bußtag vormittag zur Gottesdienstzeit wurde dort
Golf gespielt, was einigen Jungen unter seinen Konfirmanden Spaß machte.
Leistikow schrieb einen deutlichen Protestbrief an den Clubvorsitzenden. In
eine Bibelstunde seines Jungmädchenkreises platzte eines Tages die BDM-
Führerin und holte einige Mädchen heraus. Sie hätten jetzt gefälligst Dienst.
Auch das ließ sich der junge Pfarrer, selber Schwarm von Mädchen und Frauen
seiner Gemeinde, nicht gefallen. Leistikow ging mit seinen Gottesdiensten ins
Freie, er beantragte im Sommer 1935 die Zustimmung zu einem Gottesdienst in der
Gartenkolonie Lindenberg, die in seinem Gemeindebezirk lag. Mit dem Vorstand
des Gartenvereins hatte Leistikow alles abgesprochen. Aber er bekam nicht die
Genehmigung von der politischen Polizei.
Verhaftung Leistikows und der Propst vor dem Schnellrichter
Leistikow fuhr zum Urlaub in
seine alte pommersche Gemeinde nach Zinnowitz und wurde dort am 22. Juli 1935
morgens von der Braunschweiger Gestapo verhaftet und nach Braunschweig
gebracht.[22]
Das war nur drei Monate nach seiner Einführung als Propst ein tolles Stück der
politischen Justiz und sollte sich als Risiko für sie herausstellen. Bereits
zwei Tage später, am 24. Juli 1935, stand Leistikow vor dem Schnellgericht, dem
Braunschweiger Amtsrichter Meyer-Degering.[23]
Die Anklage warf ihm Verleumdung und Beleidigung vor. Bei einem Gespräch im
Justizministerium mit Minister Alpers, dessen Vater 1. Provisor und weltlicher
Vorsitzender seines Kirchenvorstandes war, hatte sich Leistikow beiläufig zu
den massierten Kirchenaustritten aus der SS- Führerschule, also im alten
Schloss, geäußert. Die SS Angehörigen würden zum Kirchenaustritt mit der
falschen Behauptung verleitet, sie müssten 15.-- DM Kirchensteuern im Jahr
bezahlen. Das Gespräch über die kirchliche Lage hatte eher einen leicht
persönlichem Charakter. Es waren tatsächlich 50 bis 70 SS - Leute aus der
Kirche ausgetreten,
Minister Alpers jedoch war der
Sache nachgegangen und veranlasste eine Anklage durch den Oberstaatsanwalt
Rasche, einem scharfen Nazi, der in Braunschweig aufräumen wollte.
Der Amtsrichter folgte indes
nicht der forschen Anklage der Staatsanwaltes, wollte es nach der Vernehmung
des Propstes genau wissen und ließ eine Reihe von Zeugen aufmarschieren: einen
Stabscharführer, drei Hauptsturmführer, drei SS - Anwärter, darunter eben
solche, die ausgetreten waren. Zwei von ihnen hatten sich dann aber in einer
lauen Abendstunde hilfesuchend an den Domkantor Wilms gewendet. Sie seien
voreilig aus der Kirche ausgetreten, jammerten sie und wollten wieder
eintreten. Warum denn wohl, wollte Wilms wissen: erst raus, dann wieder ein? Er
habe Schwierigkeiten mit seiner künftigen Schwiegermutter bekommen, bezeugte
der eine, und das habe Wilms „alles sehr leid getan“ und habe sie getröstet:
sie zählten doch in der SS - Führerschule als Soldaten und Soldaten brauchten
gar nichts zu zahlen. Wilms erzählte es dem Domvikar Harborth, der auch vor
Gericht erschienen war[24],
der Domvikar seinem Propst, dieser dem Minister Alpers.[25]
Der Hintergrund war der
Zusammenstoß mit der Ideologie der Hauerbewegung, dessen Leiter in Braunschweig
der SS Anwärter Reichardt war. Prof. Hauer hatte in Braunschweig gesprochen,
die jungen Leute aus der SS Schule hatten seinen Vortrag gehört, und Reichardt
hatte für die Austrittswilligen den Amtsrichter gleich ins Schloss bestellt.
Warum denn das, wollte Amtsrichter Meyer-Degering wissen. Reichardt zum Amtsrichter:
die wussten nicht, wo das Amtsgericht war und drei seien fußkrank gewesen. Es
war auch ein Meinungsunterschied innerhalb der SS. SS-Führer Reichardt erklärte
dem Amtsrichter, ein SS-Mann könne kein Christ sein. Der Amtsrichter fragte
ihn, ob er denn nicht den Parteiparagraf 24 vom positiven Christentum kenne.
Doch, meinte Reichardt, aber das sage der Führer, und dachte: „nur der Führer.“
Das ließ der Amtsrichter nicht durchgehen.
Das Ende der Burleske: der
Propst wurde auf Kosten der Staatskasse freigesprochen.
Um sich nicht den Vorwurf von
Kirchensympathie zuzuziehen, enthielt das Urteil eine scharfe Kritik an der
kirchlichen Lage: „Die ev.-luth. Kirche zerfleischt sich gegenwärtig in
unfruchtbarem Kirchenstreit. Es mag auch sein, dass nicht alle Träger der
staatlich anerkannten Kirchen sich dessen bewusst sind, dass die Kirche dem
Staat nicht koordiniert, sondern subordiniert ist. Sache des Staates ist es,
die Kirche, soweit sie sich als ecclesia militans gegen den Staat aufbäumt, in
ihre Schranken zurückzuweisen. Ein politischer Einfluss der Kirche darf nicht
geduldet werden. Die Kirche darf auch nicht offen oder versteckt irgendwelche
politischen Ziele verfolgen“. Damit war der Amtsrichter dem Oberstaatsanwalt
weit entgegengekommen. Aber, so fügte der Amtsrichter hinzu, Leistikow wolle
sich gar nicht aufbäumen. Dieser Gesichtspunkt habe bei der Urteilsfindung
„vollkommen auszuscheiden“.
Damit waren der Minister und
sein Staatsanwalt unzufrieden, legten Berufung ein und traten im
Reichsjustizministerium energisch für eine Revision des Freispruches ein. Über
die Berufung wurde erst nach acht Monaten entschieden. So lange blieb der
Propst auf Wunsch des Bischofs besser beurlaubt, außerhalb Braunschweigs, und
das alles nach erst drei Monaten seiner Amtseinführung. Leistikow ertrug dieses
Missgeschick, weil er sich, ein Kennzeichen seines Frömmigkeitsprofils, unter
der Führung Gottes wusste. Das Leben des Frommen werde gelenkt von der Güte
Gottes. Diese alte biblische Einsicht machte Leistikow für sich wahr, benutzte
dazu die Spruchsammlung der Herrnhuter Losungen und redete davon. Seine erste
Predigt in der Johanniskirche am 3. Mai 1931 hielt er über die Losung des
Tages: „Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der dich behütet auf dem
Wege und bringe dich an den Ort, den ich bereitet habe.“ Leistikow wandte
dieses Bibelwort schlicht auf seine persönliche Situation aus. Die Revision der
Braunschweiger Justiz wurde im Reichsjustizministerium schließlich verworfen.[26]
Dieser Prozess eröffnet allerlei Einsichten: es demonstriert
den damaligen Spielraum der Justiz und eine gewisse Unabhängigkeit einzelner
Richter vom politischen Willen der Partei.
Es gab außerdem offensichtlich keine einhellige Strategie in
der Braunschweiger Partei- und Regierungsspitze für einen Kurs gegenüber der
Landeskirche. Klagges hatte im Juni eine Polizeiverordnung zum „Schutz der
kirchlichen Feiertage“ veröffentlicht, in der die kirchlichen Feiertage
ausdrücklich unter staatlichen Schutz genommen und Veranstaltungen, Umzüge und
dergl. zur Zeit des Hauptgottesdienstes verboten wurden. Selbst wenn die
örtlichen Parteigruppen sich an diese Verordnungen nicht hielten, hatte der
Ortspfarrer nunmehr eine Handhabe zum förmlichen Protest. Das wirkte eher
kirchenfreundlich.
Das Verfahren gegenüber dem frisch installierten Propst
erwies sich als Schnellschuss und Parteipleite. Um in der regionalen Journaille
Überschriften wie „Freispruch für Braunschweiger Propst“ zu vermeiden, gaben
die politische Polizei und die Justizstelle des Gerichts eine gemeinsame
Presseerklärung heraus. In dieser war vor allem von der Anklage des
Staatsanwaltes, von einer angeblichen Lüge des Propstes und lediglich in den
beiden letzten Sätzen vom Freispruch des Gerichtes die Rede. Die Überschrift
lautete: „Propst Leistikow vor dem Schnellrichter.“ Die Parteizeitung BTZ
verzichtete auf einen Bericht und die Wiedergabe der offiziösen Pressenotiz,
aber die Braunschweiger Landeszeitung druckte sie vollständig ab [27],
und so machte sie denn auch die Runde in die überregionale Presse.
Immerhin erreichte dieser für die Landeskirche ungewöhnliche
Prozess eine Verunsicherung in der Kirchenleitung, Leistikow hatte die Leitung
der Propstei für sieben Monate bis März 1936 abgegeben und die Vertretung hatte
der stellvertretende Propst Gerhard Kalberlah übernommen..
Personeller Umbruch in der Stadtpfarrerschaft 1936
Nachdem Leistikow mit der Konfirmation im Martin-Luther Haus
im März 1936 wieder seinen Dienst auch in der Propstei aufgenommen hatte,
begann in den folgenden Monaten eine erhebliche Veränderung in der
Zusammensetzung der Braunschweiger Stadtpfarrerschaft, die eingreifendste war
in der Martinikirche. Dort hatte Pfarrer Grüner sein kurzfristiges, aber
spektakuläres deutsch-christliches Experiment beendet und war nach Mecklenburg
gegangen. Pfarrer Benndorf ging hochverdient aus Altersgründen nach 26
Dienstjahren an Martini viel gefeiert in den Ruhestand. Nachfolger in Martini
wurden die Gemeindepfarrer Gerhard Rohde 44 Jahre[28],
und Erich Wehrstedt, 36 Jahre.[29]
Rohde kam, wie Leistikow, aus Pommern, Wehrstedt war Gandersheimer. Beide
hatten Gemeindeerfahrung, und beide hatten keine deutsch-christlichen Allüren
und Ambitionen, sondern hofften, wie alle Kollegen der kirchlichen Mitte, durch
ein traditionelles Christentum ihrer Gemeinde und ihren Nöten und Fragen
seelsorgerlich gerecht zu werden. Leistikow wählte im Hinblick auf das
zerstörte Verhältnis der beiden Pfarrer an der Michaeliskirche das Bibelwort
aus der Epistel des 2. Advent aus: „Der Gott der Geduld und des Trostes gebe
euch, dass ihr einerlei gesinnt seid untereinander nach Jesu Christo, auf dass
ihr einmütig mit einem Munde lobt Gott, den Vater unsres Herrn Jesu Christi.“[30]
Einen ausgesprochen kirchenpolitischen Akzent hatte die
Besetzung des Dompfarramtes mit dem jungen 34 jährigen Pfarrer Johannes
Schomerus. [31]
Die Zukunft des Braunschweiger Domes war für beide Seiten ungewiss, der
Anspruch des Braunschweigischen Staates auf den Kirchenraum aber ungebrochen.
Dem Dompfarrer Schomerus stand zum Gottesdienst nur der Hohe Chor des Domes zur
Verfügung. Schomerus galt als ein intellektueller geistvoller Jongleur zwischen
Staatstreue und lutherischem Bekenntnis, ein typischer Mann der kirchlichen
Mitte.
Die zweite Katharinenpfarrstelle war nach dem Weggang des
deutsch-christlichen Pfarrer Korn schon längere Zeit vakant gewesen und wurde
1936 mit dem brandenburgischen Pfarrer Hermann Gennrich[32],
38 Jahre alt, besetzt. Gennrich positionierte sich deutlich gegen seinen
deutsch-christlichen Kollegen v. Wernsdorff, aber sie arrangierten sich beide
kollegial.
An der Andreaskirche war nach 19 jähriger Tätigkeit Pfarrer
Johannes Kirchner 66 jährig in den Ruhestand gegangen. Seine Stelle trat der 50
jährige Wilhelm Klingelhöffer[33]
an, der zuvor sieben Jahre die Pfarrstelle im weit entfernten Thedingshausen
verwaltet hatte.
Seit der kommunalen Eingemeindung Lehndorfs gehörte auch die
Kreuzkirche zur Propstei Braunschweig. Pfarrer Paul Schmieder gehörte zu den
ganz wenigen pazifistisch gesonnenen Pfarrern und war längst ins Visier der nationalsozialistischen
Ortsgruppe geraten. Er war 1935 mit 63 Jahren pensioniert worden. Seine Stelle
trat nun 1936 der 40 jährige Heinrich Klapproth[34]
an, der sich zur Jakobigemeinde hin und nicht, wie es nahegelegen hätte, zur
Lehndorf Siedlung zu Schlott hin orientierte. Klapproth gab sich schon mit
dieser Wahl als Mann der gemäßigten kirchlichen Mitte zu erkennen.
An die neu gegründete Kirchengemeinde in Gliesmarode bewarb
sich Hermann Dosse, 35 Jahre alt, dessen beide Brüder ebenfalls Pfarrer in der
Landeskirche waren. Hermann Dosse war vorher Pfarrer in Stiege gewesen.[35]
An die ebenfalls neu gebildete Kirchengemeinde St .Georg im
Siegfriedviertel hatte sich als Nachfolger von Pfarrer Baeck, der nach Berlin
gegangen war, Pfarrer Erwin Bosse[36]
beworben und war vom Kirchenvorstand einstimmig gewählt worden, nachdem er
beteuert hatte, dass er dem Pfarrenotbund fernbleiben werde. Bosse war 31 Jahre
alt und hatte die Gemeinde während seines Dienstes nicht mehr verlassen.
Das waren insgesamt acht neue Pfarrer in der Stadt
Braunschweig, alle bereits mit Gemeindeerfahrung, kirchenpolitisch auf der
Linie von Propst Leistikow. Sie vermieden das deutsch-christliche Modell des
Ineinander von Hakenkreuz und Christuskreuz, ebenso wie das Modell der
Bekennenden Kirche des Untereinander, der Unterordnung des Hakenkreuzes unter
das Christuskreuz. Ihr Modell, das die breite Mehrheit der Pfarrerschaft damals
in der Deutschen Evangelischen Kirche praktizierte, war das Modell des „Und“,
Hakenkreuz und Christuskreuz, beides Nebeneinander.
Das war nach den aufregenden vorangegangenen Monaten für den
Propst eine große Genugtuung. Er führte sie alle in ihr neues Pfarramt
feierlich ein.
Eine wesentliche personelle Neubesetzung betraf in diesem
Jahr auch die Pfarrstelle der Inneren Mission, die ihren Sitz in der Peter
Joseph Krahestraße hatte. Hier wurde der 40 jährige Pfarrer Reinhard
Herdieckerhoff [37]
eingestellt, der für die nächsten Jahrzehnte auch Herausgeber des
Braunschweiger Volksblattes wurde. Er wurde im Juni in der Magnikirche in sein
Amt eingeführt.[38]
So brachte das Jahr 1936 einen Umbruch in der personellen
Besetzung der Pfarrämter in der Stadt.
Im Wechsel der Pfarrer erwies sich die Gruppenarbeit in den
Kirchengemeinden als ihr stabiler Pfeiler.