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[Kirche von unten]



Ansichten einer versunkenen Stadt

Die Braunschweiger Stadtkirchen 1933 - 1950

von Dietrich Kuessner


30. Kapitel

Ingeborg Klünder – eine Zeugin Jesu in der Stadt Braunschweig[1]

In der Braunschweiger Landeskirche gibt es einige herausragende Zeugen Jesu zur Zeit des Nationalsozialismus. Dazu gehört der Pfarrer Keck, der in Herrhausen wegen einer Predigt am sog. Heldengedenktag 1933 nach dem Gottesdienst auf den Marktplatz abgeführt, ins Gefängnis geworfen und dann von der Kirchenleitung zu seinem Schutz beurlaubt und pensioniert wurde. Dazu gehört Pastor Georg Althaus, der die öffentlich plakatierte Judenhetze Ende 1935 in seinem Dorf angeprangert, von Konfirmanden angezeigt und vom Landgericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Dazu gehört die Gemeindehelferin Ingeborg Randau, die am Kriegsende die Luftangriffe als Handeln Gottes bezeichnet hatte und von einem kirchenfreundlich besetzten Sondergericht zum Ärger der Gestapo freigesprochen wurde.

 

Dazu gehört auch Ingeborg Klünder. Weil sie im Gegensatz zu den anderen in Braunschweig wirkte, gehört sie zur Stadtkirchengeschichte als herausragende Zeugin Jesu.

Ingeborg Klünder war Berlinerin, dort 1919 geboren und zur Schule gegangen. Nach der Volks- und Mittelschule besuchte sie eine Haushaltsschule und machte ein Praktikum im Haushalt eines evangelischen Pfarrers in Bremervörde. Von 1938 – 1940 besuchte sie die Krankenpflegeschule in Potsdam und wurde staatlich geprüfte Krankenpflegerin. Anstatt diesen Beruf nun auszuüben, machte sie eine weitere Ausbildung im Burckhardthaus in Berlin Dahlem als Gemeindehelferin. Dort kam sie in Kontakt zur Bekennenden Kirche. Die Dahlemer Dorfkirche, an der Martin Niemöller vor seiner Verhaftung als Pfarrer tätig war, war ein Zentrum der Bekennenden Kirche in den preußischen Landeskirchen.

Ingeborg Klünder war weder von zu Hause aus noch in den folgenden Ausbildungsstätten politisiert worden. Ihr Vater war Oberpostsekretär und sie war die älteste von drei Geschwistern. „Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Elternhaus waren gut“, und offenbar nicht nur die wirtschaftlichen. Man pflegte, wie später die Briefe zeigen, ein herzliches Verhältnis zueinander. Vor der Gestapo gab sie an: „Ich habe mich bisher politisch nicht betätigt. Mitglied der NSDAP oder einer Gliederung bin ich nicht. Seit August 1933 gehöre ich zur evangelischen Gemeindejugend. Sonstigen kirchlichen Vereinen oder Verbänden gehöre ich nicht an.“[2]  Das ist in der politisch hochaktivierten Zeit auffällig. Auch dem Reichsarbeitsdienst hatte sie nicht angehört. Der vernehmende Kriminaloberassistent Macke nahm zur Kenntnis, dass die Klünder sich noch nicht ordentlich in die Volksgemeinschaft eingegliedert hatte.

Mit 22 Jahren wurde sie im Mai 1942 in der Braunschweiger Kirchengemeinde St. Georg als Gemeindehelferin angestellt.[3] Braunschweig war ihre erste Stelle. In der St. Georg Gemeinde machte sie Jugendarbeit, Hausbesuche und auch etwas Büroarbeit. Im Sommer 1943 wurde ihr Gemeindepfarrer Erwin Bosse zur Wehrmacht eingezogen, die große Neubaugemeinde mit 12.000 Gemeindemitgliedern war verwaist, so wurde der 23jährigen auch die Frauenarbeit, die Bibelstunde und der ganze Konfirmandenunterricht übertragen. Sie nahm die zehn Gebnote durch. Von den 120 Konfirmanden waren 60 gekommen, die anderen waren entweder weggeblieben oder bereits evakuiert. Sie nahm auch die Erklärungen von Martin Luther vor, wo es in der Erklärung zum Beschluss der Gebote heißt, dass Gott allen Übertretern der Gebote mit seinem Gericht droht. Auch der Krieg könnte als ein Gericht für die Sünden der Menschen verstanden werden. „Ich kam auch auf die Jetztzeit zu sprechen und führte aus, dass der Krieg eine Gericht-Strafe Gottes für uns ist. Vom religiösen Standpunkt ist zu sagen, dass die Menschen schlecht und sündig sind. Das trifft auch für uns Deutsche zu. Die Schlechtigkeit der Menschen, gemeint ist die Sünde, besteht in dem Fernsein von Gott. Ich wies die Kinder darauf hin, dass schon seit dem Sündenfall die Menschen Gott fern seien. Um bei der Jetztzeit zu bleiben, sagte ich, den Kindern weiter, dass auch die Bombardierung der Städte eine Strafe Gottes sei. Ich habe hierbei aber darauf hingewiesen, dass ja auch wir die Städte unserer Feinde bombardierten. In diesem Sinne kann ich mich dem Sinne nach auch geäußert haben, dass die Engländer als Strafe über uns gesandt sind. Ich habe weiter bei der Besprechung des Schlusssatzes der 10 Gebote gesagt, dass die Schuld am Krieg alle betrifft, und zwar auf Grund der Sünde der Menschen. Ich führte weiter aus, dass demzufolge auch wir eine gewisse Schuld mit am Kriege haben. Das „Fernsein“ von Gott erklärte ich den Kindern anhand der dauernden Verstöße gegen die 10 Gebote (Ungehorsam gegen die Eltern usw.) Ich erwähnte hierbei auch den Nichtbesuch der Gottesdienste.“

Dieser Bericht stammt von Ingeborg Klünder selber. So hatte sie ihn gegenüber der Polizei abgegeben. Der Polizeibeamte Macke muss eine Menge evangelischer Dogmatik schlucken: die Auffassung von der Sünde, und zwar von Anfang an, und für alle Menschen geltend. Die Gemeindehelferin begab sich nicht in eine Frontstellung. Sie bezog, ohne dies als List zu bemerken, auch die deutsche Luftwaffe als ein Gericht Gottes über die Engländer an.

Sie betonte, dass ihre Auffassung eine religiöse sei und daher nicht politisch zu deuten wäre.

Sie leitete die aktuelle Lage von einer, keineswegs nur deutschen, allgemeinen Sündhaftigkeit ab.

 

Eine Konfirmandin erzählte das zu Hause, und das sprach sich herum. Der Vater war V-Mann der Gestapo und die protokollierte: „In Anbetracht der Gefahr der Irreführung und Verhetzung der deutschen Jugend hielt es mein V-Mann für erforderlich, vorstehenden Sachverhalt maßgebenden Stellen zu unterbreiten.“[4]  Als der Vater vom Gestapochef Macke vernommen wurde, meinte er, das mit den Bomben, das wolle er von seiner Tochter nicht gehört und gesagt haben. Damit könnte der Fall erledigt sein, aber Macke witterte ein schwaches, einfaches Opfer, lud die junge, fromme, in Rechtssachen unbeholfene Gemeindehelferin zum Verhör vor. Sie beriet sich vorher mit Frl. v. Hoerschelmann, die für die weibliche Jugendarbeit in der Landeskirche zuständig war und mit dem nunmehr zuständigen Vertretungspfarrer, die es versäumten, ihr zu sagen, dass sie auf keinen Fall etwas sagen, sondern die Sache einem Rechtsanwalt übergeben sollte. „Das kannst Du ruhig sagen, das ist nicht schlimm, und das sagen andere ja auch.“ Kommissar Macke, der die juristisch anfechtbaren Formulierungen aus dem ff kannte, legte der Gemeindehelferin die Aussagen so in den Mund, dass sie nichts Böses ahnte. Sie wurde von Macke noch ermuntert, es so zu wiederholen, wie er es ihr vorsagte, dann werde nichts passieren.

Nach der theologischen Aussage der Gemeindehelferin legte der Gestapobeamte Macke ihr ein bösartiges Geständnis in den Mund: „Ich sehe ein, dass meine Ausführungen nicht dazu geeignet waren bzw. sind, die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu stärken. Meine Ausführungen stehen im krassen Widerspruch zu dem allgemeinen Gedankengut des Volkes. Ich sehe ein, dass Konflikte weltanschaulicher Art hierdurch entstehen müssen. Die Konfirmanden müssen zweifeln, welche Anschauung nun eigentlich richtig ist: die kirchliche, wie ich sie ausführte oder die nationalsozialistische, die dem Schicksal trotzen will“.

Macke politisierte also die Aussage der Gemeindehelferin, was ihrer Absicht vollständig widersprach. Zu diesem letzten Absatz war sie gedrängt worden mit dem Versprechen, dass sie nach der Unterschrift nach Hause könnte. Macke indessen hatte in den letzten Absatz bereits die gerichtsrelevanten Aussagen untergebracht (Widerstandskraft), von denen Ingeborg Klünder keine Ahnung hatte.

Ingeborg Klünder dachte, sie könne nach Hause, als sie alles gesagt hatte, aber Macke  behielt sie in der Zelle des Amtsgerichts, für eine Nacht, wie er ihr vorlog. „Ich hoffte ja immer noch, ich käme am nächsten Tag wieder heraus und nahm die ganze Angelegenheit sehr gelassen, ja sogar etwas humoristisch hin,“ schrieb sie später. Am nächsten Tag wurde sie dem Haftrichter vorgeführt, der die Untersuchungshaft im Rennelberg anordnete. Nun erst nahm Rechtsanwalt Kahn die Sache in die Hand, sorgte für Besuchserlaubnisse für die Eltern. Propst Leistikow, der Gemeindepfarrer Bosse, Frl. v. Hoerschelmann und die anderen Gemeindehelferinnen bestellten Grüße und haben wohl auch geschrieben. „Es war sicher das größte Erleben während meiner Gefangenschaft, dass ich es spüren durfte, es wird für dich gebetet und ganz besonders in den schweren Tagen vor meinem Termin. Es war, als wenn eine Wolke von Betern mich umschloss, sodass ich einfach keine Angst hatte, so seltsam es auch klingen mag.“ Ingeborg Klünder wusste immer noch nicht, wessen sie beschuldigt werde. Die Nazijustiz hatte da viele Möglichkeiten; z.B. Heimtücke oder Wehrkraftzersetzung. Das war nicht einerlei. Macke wollte auf jeden Fall vermeiden, dass der Fall in Braunschweig blieb, wo Kirchenleute eher freigesprochen wurden. Dies war die Zeit, wo das Landeskirchenamt tätig werden müsste, ihr Interesse bei der Gestapo an diesem „Fall“ dokumentieren und Zeugen anbieten müsste. OLKR Röpke aber schwieg sich aus, und der bereits im Landeskirchenamt als Oberlandeskirchenrat wieder tätige Dr. Breust blieb seiner nationalsozialistischen Linie treu. Unterlassene Hilfeleistung im Straßenverkehr ist strafbar, in der Kirchenbehörde wurde sie als kluge Kirchenpolitik ausgelegt, „um dem Ganzen nicht zu schaden“.

 

Am 3. Dezember 1943 hatte der Oberstaatsanwalt Hirte vom Sondergericht Braunschweig diesen Fall an den Volksgerichtshof mit folgender Begründung abgegeben:

„Anfang November 1943 führte sie im Unterricht u.a. aus, dass der Krieg eine Strafe Gottes für uns und eine Folge der Sünden der Menschen sei. Die Menschen seien schlecht und sündig, das treffe auch für uns Deutsche zu. Weiter sagte sie, auch die Bombardierung der Städte sei eine Strafe Gottes. Die Schuld des Krieges treffe alle, und zwar auf Grund ihrer Sünden, auch wir Deutschen hätten somit eine gewisse Schuld am Krieg“. Mit diesen Äußerungen habe die Gemeindehelferin „öffentlich den Willen des deutschen Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen oder zu zersetzen gesucht“. Es sei der Tatbestand des § 5 Abs. 1 der KSStVO erfüllt. KSStVO war die Abkürzung für die Bezeichnung Kriegssonderstrafrechtsverordnung, die schon 1938 beschlossen worden war. Sie gehörte in den Bereich des Militärstrafrechtes und setzte Strafen für Spionage und Fahnenflucht fest. Gefürchtet war der § 5 Absatz 1, der folgendermaßen lautete: „Wegen Zersetzung der Wehrkraft wird mit dem Tode bestraft 1. wer öffentlich dazu auffordert oder anreizt, die Erfüllung der Dienstpflicht in der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu verweigern, oder sonst öffentlich den Willen des deutschen oder verbündeten Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen oder zu zersetzen sucht.“ Die anderen Absätze behandelten Bestrafung für einen, der „die Manneszucht in der deutschen Wehrmacht“ untergräbt oder durch Selbstverstümmelung versucht, sich dem Wehrdienst zu entziehen.[5] Der zweite Absatz „oder sonst öffentlich den Willen des deutschen Volkes zu lähmen sucht“ war so schwammig gehalten, dass weit über den militärischen Bereich hinaus jede abfällige Meinung im Alltag denunziert werden konnte. Die Anklagen nach dieser üblen, die Atmosphäre einer Volksgemeinschaft vergiftenden Verordnung wuchsen vor dem Braunschweiger Sondergericht im Laufe des Krieges an. 1940 waren es 2, 1941 bereits 20, 1943 49 und 1944 99 Anklagen, darunter auch die gegen Ingeborg Klünder.[6] Man musste also aufpassen, was man sagte, wenn man dicht gedrängt länger im Luftschutzbunker saß oder auch nur Einkaufen ging und nach dem Befinden gefragt wurde.

Auf das Verhalten von Ingeborg Klünder passte der Paragraf sichtlich nicht. Der Gestapobeamte hatte ja protokolliert, dass sie absolut unpolitisch sei, und im Konfirmandenunterricht keine anderen Absichten hatte als die Erklärung der zehn Gebote durchzunehmen. Dass sie Zersetzung und Lähmung gesucht habe, war für einen Verteidiger rasch zu widerlegen. Dieser Tatbestand war eine Erfindung des Oberstaatsanwaltes und eine bequeme dazu, denn derlei Anklagen konnten leicht zur Verhandlung nach Berlin weitergereicht werden.

 

Für die Gemeindehelferin waren diese ersten Monate im Rennelberggefängnis ein Zeit quälender Ungewissheit. Drei Briefe an die Eltern, die von der Gefängnisverwaltung nicht weitergeleitet wurden, befinden sich bis heute in den Strafakten. Sie sind ein bewegendes Zeugnis einer tapferen, jungen, frommen Frau.

 

Braunschweig 20.12.1943

Meine lieben Eltern, liebe Gilla!

Heute am 4. Advent soll nun der 2. Gruß an Euch abgehen, ja nun sind es schon drei Wochen, dass ich hier bin. Nur gut, dass die Zeit so schnell vergeht. Jeden Morgen wartet man auf den Abend, in der Nacht darf man dann alles vergessen und das ist gut so. Mir geht es den Umständen nach gut, ich bin sehr traurig gewesen, dass Ihr mich nicht besuchen konntet, Ihr sicher auch, doch daran ist ja nichts zu ändern. Ich war so dankbar, dass ich vom Rechtsanwalt von Eurem Dasein hörte, denn nach dem Angriff auf B. wußte ich ja nichts von Euch.. Nun ist schon wieder einer gewesen, wart Ihr schon zu Hause? Ich habe noch nichts weiter von Euch oder von den andern gehört, das ist auch bitter, da heißt es warten und geduldig sein. Das eine weiß ich und habe es schon oft genug erfahren, dass eine Mauer betender Menschen um mich steht. Ich hoffe, dass auch Ihr davon etwas spüren durftet, als Ihr hier wart. Wo habt Ihr denn gewohnt? Mit wem habt Ihr gesprochen? Gell, Ihr schreibt mir recht ausführlich. Meine Gedanken sind ständig bei Euch, ich fühle mich auch trotz der großen Mauer ganz eng mit Euch verbunden. Unser Leben besteht hier aus Erinnerung und Hoffnung, da lernt man noch ganz anders danken für das, was man gehabt hat und was man, wenn G. will, wieder haben wird. Es ist eine harte Schule, in die ich geführt bin, doch es wird die Zeit zu einer Segenszeit  für mich werden. Jeden Tag, wenn ich nach dem Warum“ frage, bringt mich Gott selbst auf die Frage „Wozu“. Jetzt verstehen wir es noch nicht, später werden wir es verstehen. Und ist der Knecht über seinem Meister? Gerade heute las ich das. Ich komme mir oft vor wie ein Stein der abgeschliffen wird, das muß so sein, damit er seine Form bekommt. Wenn man diese Zeit so ansieht, dann kann man auch Loblieder singen. Und ich danke Gott, dass ich das noch kann. Nun beginnt die Weihnachtszeit, für uns diesmal eine schwere Zeit, ich wünsche mir, sie wäre schon vorbei, doch wir können ja auch Christfest feiern ohne Stimmung und Christbaum. Im Geist bin ich bei Euch  unter dem Weihnachtsbaum zu Hause. Hoffentlich ist HrJ da. Was macht Georg? Ob Ihr wohl Lilje hören könnt? Das Kleid und d. Strümpfe habe ich bekommen, ich brauche nun auch noch ein Hemd, Hose, ?wolle und ? und Stopfgarn, ich habe es schon bestellen lassen. Habt Ihr meine Sparb. gefunden? Es lag noch zwei darin. Die ? habe ich bei mir. Wenn Ihr noch nicht ??(unleserlich) , nehmt bitte von meinem Geld. Mein Gehalt habt Ihr ja auch. Nun ist der Bogen zu Ende, ich habe noch so viel zu schreiben. Grüßt bitte alle, die mich lieb haben. Gott schütze uns. Grüßt alle sehr von mir. Hoffentlich darf ich bald wieder bei Euch sein.  Gottes Wille geschehe auch jetzt ???(unleserlich) dieses Wissen macht mich dankbar und froh, in seiner Hut sind wir alle geborgen. Es ist doch gut, wenn man so viel Lieder Paul Gerhardts kennt. Sie drücken dies alles wunderbar aus. Gott befohlen Eure Inge.

 

Dies schickt bitte an Köter. Die Anschrift wisst Ihr ja wohl? Ihr Lieben einen herzlichen Gruß von mir zu W. und zum neuen Jahr. Gott lasse uns allen diese Zeit gesegnet  sein. Ich denke viel an Euch und danke für Euer Gebet und Eure Liebe. Was macht meine Arbeit? Wer tut sie?

 

Braunschweig den 3. Januar 1944

Meine Lieben Daheim! Wieder sind 14 Tage vergangen und ich darf an Euch schreiben. Nun sind wir schon im neuen Jahr. Dunkel und undurchsichtig liegt es vor uns, so wie wohl noch selten eins. Wieviel unsagbares Leid hat 1943 über unser Volk gebracht, wenn wir nicht wüssten, das alles, was geschieht, in Gottes Hand stünde und nur mit Seinem Willen geschehe, könnte man schier verzweifeln. Doch Gott sei Dank, dass wir das nicht brauchen. Es vermag uns wirklich nichts zu schaden, darum möchte ich Euch grüßen mit unserer neuen Jahreslosung: der Herr ist treu, der wird euch stärken und bewahren vor dem Argen. Haben wir nicht Gottes Treue immer wieder spüren dürfen, hat er uns nicht bisher gnädig geholfen. Ich bin jetzt in großer Sorge um Euch, es kostete viel Nervenkraft auch in dem Ungewissen und in der Angst um Euch in Berlin ruhig und getrost zu werden. Doch auch das gehört mit in die Leidensschule, sonst würde es mir auch zu leicht gemacht. Ihr braucht um mich wirklich gar keine Sorge zu haben, es geht mir gut, ich hoffe und ?(unleserlich), dass ich bald wieder bei Euch sein kann, doch auch das steht in Gottes Hand. Hoffentlich bekomme ich nun bald von Euch die erste Post. Ich fürchte schon, ein Teil ist in B verbrannt. Ich habe erst einmal Post bekommen, von der Lungenfürsorge, sie schickten mir zusätzlich Marken. Schreibt Ihr doch mal entweder an Dr. Kahn oder an jemand anders in B, wie es zu Hause aussieht. Dr. K. kann mir ja dann Bescheid sagen. Wenn mich jemand besuchen will, möchte doch braunes Stopfgarn und ein paar Haarnadeln mitbringen. Wenn doch bald mal jemand käme! Wie habt Ihr wohl Weihnachten gefeiert? Für mich war es ja das eigenartigste meines bisherigen Lebens! Doch ich habe auch in ? fröhliche gesegnete Weihnachten gefeiert. Alles äußere Drum und Dran ist dazu nicht nötig, wenn es auch schön ist und ich mir sehr wünsche, es im nächsten Jahr wieder zu haben. Ich sehe hinter dem Ganzen (?) zur Zeit hier immer mehr das göttliche „Muß“, unter das ich mich stellen und beugen muss. Es kommen wohl auch Minuten, in denen man sich dagegen auflehnt, doch die werden immer seltener, ich lerne verstehen, warum ich hier bin und suche hinter allem, was mich hier trifft, die Zeichen und Befehle Gottes. Wir haben in der Bibelarbeit so oft vom Leiden in der Gemeinde gesprochen und nun, wo man selbst drin steht, soll man beweisen, dass es nicht nur Worte waren. Auch darin sehe ich meine Aufgabe  bes. an meiner Gemeinde. Was macht denn H.G.? Ist er noch in Th? Wo ist Georg, Ich bin etwas in Sorge um ihn, ich glaube, da ist etwas im Gange. Wie geht es unsern Leuten in B? Ob sie wohl noch alle gesund sind und ihr Heim haben? Bekommt Ihr die Post, die ich in m. Wohnung bekomme, hingeschickt? Muttchen, schreibe doch mal an Frau Haferlach, ich dächte viel an sie und an den kleinen Hans Joachim und möchte gern wieder heraus sein, wenn er das Licht der Welt erblickt. Ich denke an alle Lieben und ? bei euch allen. Euch befehle ich der Gnade unsers Herrn und grüße Euer Ingelein

 

Braunschweig den 13.3. 1944

Meine geliebten Eltern, mein liebes Schwesterlein!

Nun sind wieder 14 Tage vergangen und ich darf Euch wieder schreiben. Hier ist nicht besonderes geschehen, ich warte immer noch. Wie lange wohl noch? Nun ist schon über ein viertel Jahr her. Nun einmal muß ja auch dies Warten aufhören. Wenn ich verurteilt bin und mein Päckchen weg habe, dann ist es auch besser. Ich weiß zwar nicht, woraufhin sie mich verurteilen wollen. Nun, meine Sorge soll dies ja nicht sein. Gesundheitlich geht es mir noch sehr gut, da bin ich sehr froh drüber. Meine Zusatznahrung bekomme ich auch wieder. Hoffentlich habt Ihr Nachricht bekommen, dass bei den letzten Angriffen auf Braunschweig auch nichts passiert ist, ich kann mir Eure Sorge vorstellen. Jetzt geht es mir hier so. Hoffentlich seid Ihr und das Haus noch heil. Es ist doch schrecklich, wenn man so gar nichts voneinander hört. Ich warte so sehnlichst auf Post von euch, ob Ihr meine wohl bekommt? Ja, wenn ich ein Vöglein wär, doch leider – leider ist das nicht möglich. Hoffentlich kommt Ihr mich bald besuchen, ich habe ich der vergangenen Woche schon damit gerechnet, doch ich sehe ein, dass es ja nicht ging. Wie mag unser schönes Berlin wohl aussehen? Ich will ja gern noch geduldig hier bleiben, wenn Ihr mir nur gesund bleibt. Ich will hier nun schließen und noch einen Gruß an Haferlachs schreiben, ich las neulich, dass bei ihnen ein kleines Mädchen angekommen ist. (Räbke üb. Helmstedt) Grüßt mir nun die Lieben, vielleicht darf ich bald wieder bei Euch sein. Nun seid Ihr, meine Liebsten, sehr herzlich gegrüßt von Eurer Inge, die stets in Liebe an Euch denkt.

 

Meine liebe Frau Haferlach! In der Zeitung las ich neulich, dass bei Ihnen ein kleines Schwesterlein Einzug gehalten hat. Ich wollte Ihnen und Ihrem Gatten meine herzlichsten Glück- und Segenswünsche sagen.. Ich kann mir die Freude vorstellen, wenn es nun auch statt des erwarteten Buben ein Mädchen geworden ist. Was sagt denn das Dörthelein? Möge nun Ihr zweites Kind zu Gottes Ehre und zu Ihrer Freude gesund heranwachsen. Hoffentlich darf ich es auch bald sehen. Wir wollen Gott bitten, dass der Krieg bald zu Ende ist, damit auch der Vater etwas von seinen Kindern hat. Wo Ihr Mann jetzt wohl ist? Nun grüße ich Sie, Ihren Mann und die Lina recht herzlich. Ihr Inge Klünder.

 

Die Briefe geben das Bild einer frommen, unbefangenen, standfesten junge Frau wieder. Sie verschanzte sich hinter der Redeweise einer Gemeindekatechetin, hinter der unversehens doch der Schmerz und die Sorge und die Einsamkeit hervorbrachen. Wie mag sie es aufgenommen haben, wenn sie erfahren hätte, dass am 20. Februar ihre St. Georgkirche schwer zerstört worden war?

Ihre Gedanken waren völlig frei von jedem Anflug von Rache und Vergeltung, dafür aber von einem großen Mitgefühl für die Lage der Eltern in Berlin, sogar für die Situation in ihrer Gemeinde St. Georg und für die Familie Haferlach, dem Jugendwart für die Jungenarbeit in der Propstei Braunschweig. Es sind Zeilen eines völlig unbelasteten Gewissens und daher auch ohne jede Selbstanklage, in dem Sinne „ach hätte ich das lieber nicht gesagt.“ Die Justiz klassifizierte sie als „Gestrauchelte“, so vermerkt  auf dem Deckel der Strafakte.

 

Am 22. April 1944 war die Anklageschrift des Volksgerichtshofes fertig. Der Oberreichsanwalt holte die ganz große Keule aus dem Arsenal der Beschuldigungen hervor. „Das bewusste Unternehmen der Zerstörung des festen Glaubens der deutschen Jungend an die Gerechtigkeit des Kampfes ihrer im Felde stehenden Väter und Brüder war besonders gemein. Es war heimtückisch gefährlich, weil es unter dem Deckmantel einer religiösen Betreuung und unter gewissenloser Ausnutzung des im Konfirmandenunterricht besonders bestehenden Vertrauens der Schüler zu ihrem religiösen Erzieher erfolgt ist.“ Die Angeschuldigte habe „ausdrücklich in einer würdelosen, vaterlandsvergessenen Art davon gesprochen, Gott habe die Engländer zur Strafe über uns gesandt“.[7]

Es liest sich wie eine List des lieben Gottes, der die Erklärung seiner Gebote in die Anklageschrift des Oberreichsanwaltes mogelt, wenn dieser zitierte: „Gott dräuet zu strafen alle, die seine Gebote übertreten; darum sollen wir uns fürchten vor seinem Zorn und nicht wider solche Gebote tun“. Mitten in der zur inneren Front verunstalteten Justiz leuchten die altmodischen Vokabeln der lutherischen Erklärungen, und konnten zum Nachdenken anregen.

 

Erst im Juni erhielt die Gemeindehelferin die martialische Anklageschrift, die sie mit Zuchthaus und sogar mit Todesstrafe bedrohte. Am 7. Juni tagte der Stadtkirchenausschuss, nahm die Anklageschrift zur Kenntnis und „fasste den Beschluss, Fräulein Klünder aus dem Dienst des Stadtkirchenverbandes mit sofortiger Wirkung zu entlassen.“ [8] 

 

 

Am 6. Juni 1944 wurde sie in das Untersuchungsgefängnis Berlin Moabit überführt und schon am 14. Juni war der Termin vor dem Volksgerichtshof. In dieser kurzen Frist musste ein Verteidiger besorgt werden, da Rechtsanwalt Kahn nicht zugelassen worden war. Als Pflichtverteidigerin war Rechtsanwältin Schmelzeisen vorgesehen, die aber Vater Klünder  ablehnte. Er entzog auch dem von ihm vorgesehenen Verteidiger Dr. Werner Ibert wieder die Vollmacht, und schließlich übernahm vermutlich mit Hilfe des Burckhardthauses Rechtsanwalt Dr. Helmut Dix die Verteidigung.

Die Verhandlung vor dem Volksgerichtshof fand am 14. Juni 1944 bereits in einer Aula unter dem Vorsitz von Volksgerichtsrat Lämmle statt, dazu Landgerichtsdirektor Dr. Münstermann, SA Brigadeführer Hauer, Regierungsdirektor Offermann und Generalarbeitsführer Voigt. Als Zeugen waren aus Braunschweig die 13jährige Konfirmandin Reingard Kuhnert und ihr Vater, Ingenieur Josef Kuhnert angereist und der Kriminaloberassistent Macke. Als Zeugen der Verteidigung waren aus Braunschweig Annemarie Haedke vom kirchlichen Mädchenwerk der Propstei Braunschweig, außerdem der damalige Direktor des Burckhardthauses Volkmar Herntrich (der spätere Hamburger Bischof) und einige Bekannte der Familie Klünder erschienen. Aber die Zeugen der Verteidigung wurden nicht aufgerufen. Vom Landeskirchenamt war keiner erschienen, eine bleibende Schande für diese Behörde. Der Reichsanwalt beantragte vier Jahre Zuchthaus und 4 Jahre Ehrverlust. Das war eine vergleichsweise milde Strafe, da auf Wehrkraftzersetzung auch die Todesstrafe stehen konnte.

Der Verteidiger Dix hielt eine anspruchsvolle Verteidigungsrede. Die Redewendung vom Krieg als Gericht Gottes wäre in der deutschen Geschichte in Kriegszeiten oft vorgekommen, sogar von der Königin Luise, er beantragte Freispruch. Das wäre  vielleicht möglich gewesen, wenn Ingeborg Klünder die Umstände geschildert hätte, unter denen ihr Geständnis zustande gekommen wäre. Der Rechtsanwalt hatte ihr sogar geraten, die Aussage zu revidieren. Nun aber beharrte sie bei ihrer Überzeugung, dass der Krieg und der Bombenkrieg ein Gericht Gottes wäre. Jedem Pfarrer der damaligen Zeit hätte eine solche Predigt zur Ehre gereicht, jede Kirchenleitung hätte mit einer derart formulierten Kanzelabkündigung das blanke Evangelium verkündigt, so ist diese schlichte Gemeindehelferin dem Volksgerichtshof das Evangelium nicht schuldig geblieben. Das Gericht blieb mit drei Jahren Zuchthaus unter dem Antrag des Reichsanwaltes und begründet dies mit der Unerfahrenheit der Gemeindehelferin. Die schlichte, beharrliche Aussage von Ingeborg Klünder hatte das Reichsgericht beeindruckt. Im Urteil hieß es:

„Der Senat hat in Übereinstimmung mit dem Anklagevertreter den Fall als minder schwer angesehen. Er hat dabei nicht verkannt, dass in der Verseuchung von Kinderherzen mit defätistischen Gedanken eine besonders große Gefahr liegt. Indessen liegt die größere Schuld bei denen, die die Angeklagte zu jener tief religiösen Persönlichkeit erzogen haben, die sie ist, ohne in ihr gleich tiefe Empfindung für ihr Volk wach zu halten. Die Angeklagte ist ein durchaus unpolitischer Mensch. Die volle Einsicht in die Gefährlichkeit ihres Verhaltens ist ihr infolge ihrer einseitigen kirchlichen Ausrichtung unmöglich gemacht worden. So erscheint die erkannte dreijährige Zuchthausstrafe ausreichend.“[9]

Zu der Einsicht einer tief religiösen Persönlichkeit war seinerzeit die Wolfenbüttler Kirchenleitung nicht gekommen und blieb mit ihrer Einschätzung noch hinter dem Urteil des Volksgerichtshofes zurück.

„Nach 4 Wochen kam ich nun ins Zuchthaus Cottbus, wo ich sehr bald ins Zuchthauslazarett eingeliefert wurde, da mein Lunge nicht in Ordnung war. Ich hatte es dort verhältnismäßig gut und auch das Essen war reichlicher als bei den andern. Ich lag in einem großen Raum mit sehr schwer Kranken, wahrscheinlich habe ich mich dort noch mehr angesteckt und mir den Grund meiner späteren Erkrankung geholt.

Im Februar 1945 rückten die Ostfront immer näher, das Zuchthaus sollte geräumt werden, die Kriminellen kamen zum Teil auf freien Fuß, während man uns im zugigen Viehwagen nach Leipzig transportierte. In Leipzig wurde ich sehr schwer krank. Ich hatte mich wohl bei dem Transport erkältet. Ich hatte sehr hohes Fieber und magerte sehr ab. Als ich eben wieder fieberfrei war, sollte ich arbeiten, als ich das ablehnte, musste ich noch einmal verschickt werden. Nun gings nach Waldheim. Ich glaubte nicht mehr, dass ich noch einmal heraus käme, denn ich war sehr elend. Auch hier rückte die Front näher und man musste uns nun doch der Not gehorchend entlassen. Am 1. Mai öffneten sich für mich die Tore des Gefängnisses, aber wohin nun? In meinem Zustand konnte ich mich nicht zu Fuß nach Hause durchschlagen und Züge fuhren nicht, es war ja in den letzten Tagen vor dem Zusammenbruch. Bis in die nächste Stadt nach Döbeln wurde ich mit einem Wagen mitgenommen. Dort ging ich in meiner Not ins Pfarrhaus und fand sehr liebevolle Aufnahme. Bald acht Wochen konnte ich dort bleiben, aber dann zog es mich doch zu meinen Eltern, von denen ich schon lange keine Nachricht hatte. Nach vielen Strapazen kam ich am 21. Juni zu Hause an und fand meine Eltern einigermaßen gesund vor. Schon in Döbeln hatte der Arzt eine nasse Rippenfellentzündung festgestellt, die ich in der Haft hatte, dort aber nicht behandelt worden war.“[10]

Nach 1953 nahm sie ihren Gemeindedienst wieder auf. Aber nicht in St. Georg, nicht in der Braunschweiger Landeskirche, von deren Kirchenleitung sie sich im Stich gelassen fühlte, sondern in einer Berliner Kirchengemeinde. Als Ottmar Palmer 1957 in seiner Abhandlung an ihr Schicksal erinnerte, waren dieselben Leute von 1943 immer noch in der Kirchenleitung und schwiegen weiter. Als Gerhard Wysocki ihre Haftakte im Staatsarchiv Dresden entdeckte und den Fall 1997 in seinem Buch über die Braunschweiger Gestapo schilderte,[11] zeigte sich nach wie vor kein Interesse.

 

Die Gemeindehelferin Ingeborg Klünder ist ein prägnantes Beispiel, dass man sich in seinem Dienst in der Kirche gelegentlich entscheiden muss: für die Nachfolge Jesu oder für die Gefolgschaft von Partei, Regierenden und Wirtschaft. Die Lehre für die Konfirmanden war und ist: nie wieder Gefolgschaft, immer nur Nachfolge. Der viel zitierte „Herr der Geschichte“ hat in einem Kirchenregierungsprotokoll

den nächsten Generationen vor Augen geführt, wofür sich die Wolfenbüttler Kirchenleitung seinerzeit entschieden hatte. Der „Fall“ Klünder und das Urteil des Volksgerichtshofes wurde von OLKR Röpke

in der Kirchenregierungssitzung am 31. Juli 1944, an der noch Bertram, Rauls und Seebaß teilnahmen,  bekannt gegeben. Da heißt es: „ 1) Der Stellvertreter des Landesbischofs gedenkt der gnädigen Bewahrung des Führers beim Attentat am 20. Juli; 3 d) Der Stellvertreter des Landesbischofs berichtet über die Verurteilung der Gemeindehelferin Klünder seitens des Volksgerichtshofes zu drei Jahren Zuchthaus; e) Der Stellvertreter des Landesbischofs berichtet über die Inhaftnahme der  Gemeindehelferin Randau, Gebhardshagen.“[12]



 



[1] Zu Ingeborg Klünder: Palmer Material zur Geschichte S. 106 ff; Wysocki S. 281 ff, sowie

 Prozessakten Ingeborg Klünder in: Sächs. HstA Dresden Haftakte I K N-J 11064 Bd. 1-3, den Hinweis verdanke ich Gerd Wysocki. Außerdem erst nach Abschluss dieses Kapitels entdeckt; in: LAW Akten des Stadtkirchenverbandes Nr. 51  die Abschrift der Anklageschrift Bl. 136/137 und des Urteils des Volksgerichtshofes vom 14. Juni 1944 Bl. 141/142

[2] Vernehmung bei der Gestapo Braunschweig am 29.11.1943 Prozessakten

[3] Diese Angabe ist auffällig. Die Finanzabteilung in Wolfenbüttel lehnte die wiederholten Gesuche nach Einstellung einer Gemeindehelferin strikt ab. Erst nach dem Personalwechsel in der Führung der Finanzabteilung vom rigorosen Nationalsozialisten Hoffmeister zum etwas gemäßigteren Westermann wurden die finanziellen Mittel für eine Gemeindehelferin im März 1943 genehmigt. Möglicherweise hatte Prost Leistikow, in dessen Gemeinde Frau Klünder wohnte, sie von  sich aus eingestellt. LAW FinanzAbt. 166

[4] bei Wysocki  S. 281

[5] Im Namen des Deutschen Volkes Justiz und Nationalsozialismus, Köln 1989 S. 211

[6] Ludewig/Kuessner, Das Sondergericht S.36

[7] Eine Abschrift der Anklageschrift befindet sich unerwarteter Weise in den Akten des Stadtkirchenausschusses, LAW Stadtkirchenverband Nr. 51 Bl. 136/137.

[8] Ebd Bl. 146. In diesem Schreiben vom 9.6.1944  an das Landeskirchenamt bat Leistikow um Zustimmung. Als Frl. Eva Fischbach für Frl. Haedke eingestellt werden soll, schrieb die Finanzabteilung an den Stadtkirchenenausschuss: „Ich setze dabei voraus, dass es sich bei Fräulein Fischbach nicht um eine Angestellte mit völlig einseitiger kirchlicher Ausrichtung handelt, und erwarte, dass Vorsorge getroffen wird, dass sich ein Fall Klünder nicht wiederholt.“ Finanzabteilung Wolfenbüttel am 18. August 1944 an den Stadtkirchenausschuss 

[9] Eine Abschrift des Urteils in ebd Bl 141/142

[10] Lebensbericht von Ingeborg Klünder in der Prozessakten  S. 4

[11] Wysocki S. 278 ff

[12] LAW acc 11/75 Nr. 41 Kirchenregierungsprotokolle. Damit war die Akte Klünder nicht geschlossen. Im Bestand des Stadtkirchenausschusses befindet sich unter dem Datum, vom 24.12.1946 ein Schreiben an das Landeskirchenamt, wonach Frl. Klünder insgesamt 1.935 RM; gezahlt worden seien und zwar für den Zeitraum 1.6.1944 – 31.5.1945. Die Summe wurde in folgenden Raten bezahlt: 5.6.1946: 200.—RM; 22.7.1946: 300.—RM; 12.9.1946 1.436 RM. Dazu der Vermerk: „nachgezahlt bis zu dem Tag, an welchem sie wieder Dienst tun konnte unter Berücksichtigung der derzeit von Frl. Klünder gewünschten Erholungszeit, das war der 31.5.1945.“ in LAW Stadtkirchenausschuss Nr.51 Bl. 260. Es hat also offensichtlich einen Briefverkehr zwischen dem Landeskirchenamt und Frl. Klünder nach ihrer Entlassung gegeben. Dieser Briefwechsel war bisher unentdeckt.

 



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Impressum und Datenschutzerklärung Stand: Dezember 2013, dk