Kirche von unten: Home - Archiv - Geschichte - Vorträge, Beiträge - Cyty - Glaube

[Kirche von Unten]

Zum Hitlerbild in der Deutschen Evangelischen Kirche

und

Ein Beitrag zur Kirchlichen Mitte

von Dietrich Kuessner

(Download des Buches einschließlich Anmerkungen als pdf hier)




Das Hitlerbild in der DEK bekommt höchsten Glanz anlässlich Hitlers 50. Geburtstag
Die Kirche strömt Hitler entgegen.
Seit 1933  war es der Goebbelspropaganda  gelungen, um Hitler einen Personenkult zu installieren, der in den folgenden Jahren in eine Massenhysterie mündete. Die Propaganda fiel auf einen dafür höchst empfänglichen Boden. Es hatte in der Weimarer Republik keine staatlichen Feste gegeben. Das sollte nun kräftig nachgeholt werden.

Für die Kirche war ein Kanzlergeburtstag in der Weimarer Zeit kein Anlass zu besonderen Äußerungen. Aber es war für sie 1933 ein Anlass und auch ein Bedürfnis, sich nicht nur zu Hitlers Politik, sondern auch zu seiner Person zu äußern. Es hatte aus Parteikreisen Kritik daran gegeben, dass sich die Kirche nicht sofort offiziös noch im Februar zustimmend zum Regierungswechsel  geäußert hatte. Es bestand für die Kirchenleitungen offenbar Nachholbedarf. Die Kirchenleitungen hätten Hitler schriftlich gratulieren und diese Gratulation über die Kirchenpresse veröffentlichen lassen können. Aber die Kirchenleitungen wählten in den nächsten Jahren regelmäßig einen anderen Weg: den Weg der Fürbitte in einem Gottesdienst am Sonntag.

Für die Hannoversche Pfarrerschaft ordnete der Präsident des Landeskirchenamtes, Schnelle, ein spezifisches Kirchengebet am Sonntag Misericordias Domini, „Barmherzigkeit des Herrn“, dem 23. April 1939. an, sowie die Verlesung einer Kundgebung aus der Feder von Landesbischof Marahrens. Sie hat folgenden Wortlaut:

„Der 20. April dieses Jahres ist für uns alle ein Tag besonderen Gedenkens. Adolf Hitler, der unbekannte Soldat des Weltkrieges, der als unser Führer die Fesseln von Versailles von unserm Volk abgeschüttelt und seine Heimat wieder in den Verband des Reiches zurückgeführt hat, vollendet das 50. Lebensjahr. Dass ihm der allmächtige Gott bis zu dieser Stunde Leben und Gesundheit bewahrt hat, dass Er ihm Kraft gegeben hat, die Last einer Verantwortung für 80 Millionen Menschen zu tragen, dass die Aufbauarbeit dieser Jahre durch die Erhaltung des Friedens an unsern Grenzen möglich geworden ist, und zwar inmitten einer Welt von Feinden, denen jedes Mittel recht schien, Deutschlands Aufstieg zu hemmen, diese große Erfahrungen der letzten Jahre erfüllen jedes deutsche Herz in dieser Stunde mit tiefer Dankbarkeit. Als lutherische Christen erinnern wir uns der Mahnung der Heiligen Schrift, dass man vor allen Dingen zuerst tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und alle Obrigkeit“ (1. Tim. 2,1-2). In der Stille des Hauses und ebenso inmitten der gottesdienstlichen Gemeinde soll diese Mahnung bei uns allen Erfüllung finden. Wie viel bewegt uns nicht an diesem Tag im Hinblick auf die Zukunft des Volkes, seine Wohlfahrt, seine Einheit, seine Bewahrung vor zerstörenden Mächten, seinen Frieden. Darum ist unser gemeinsames Gebet, dass Gott dem Führer weiterhin Kraft und Gesundheit, Weisheit des Herzens und treue Ratgeber schenke, das ihm aufgetragene Werk zum Segen für unser Volk zu vollenden. Wir legen das Geschick unseres deutschen Volkes in Gottes Hand und befehlen den Führer der Gnade Gottes. Gott segne ihn! D. Marahrens.“

Bischof Marahrens lag viel daran, dass  die  gesamte Hannoversche Pfarrerschaft  sich  an  einer gottesdienstlichen Überhöhung des Geburtstages Hitlers beteiligte. Schon am 12. April 1939 hatte der Bischof seine hannoverschen Amtsbrüder an diese Kundgebung erinnert. „Vielleicht gibt schon der kommende Sonntag da und dort Gelegenheit, auf das besondere Ereignis hinzuweisen,“ jedenfalls am Sonntag darauf, wenn nicht am 20. April Sondergottesdienste gehalten würden.

Marahrens lag viel daran, „an gottesdienstlicher Stätte betende Hände zu erheben“. Und er gab auch den Inhalt von Predigt und Gebeten vor: „Leben und Gesundheit des Führers befehlen wir der Gnade dessen, der ihn in diesen Jahren durch schwerste Not und Gefahren hindurch zu gewaltigen Erfolgen geführt hat. Er geleite unser Volk und seinen Führer auch in den vor uns liegenden Jahren nach seiner Barmherzigkeit.“

Mit dieser Kundgebung ließ der Bischof  die Gottesdienstgemeinde an seiner Bewunderung für Hitler teilhaben. Bischof August Marahrens, 14 Jahre älter als Hitler, hatte noch persönliche Erinnerungen an den 1. Weltkrieg. Dass der Gefreite Hitler nun Führer und Kanzler war, erfüllte ihn offenbar mit Bewunderung. Gott habe ihn sein Leben lang begleitet. Da sollte die Gottesdienstgemeinde nicht abseits stehen. Die Pogromnacht von 9./10. November lag erst gut sieben Monate zurück, Hunderte von benachbarten Mitbürgern in den Dörfern und Städten waren ins KZ Buchenwald verschleppt und allmählich, mit einem eisernen Schweigegebot versehen, wieder in ihre Nachbarschaften zurückgekehrt. 1.700 Österreicher übten vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht Selbstmord. Es war bei den vielen Betroffenen vom Frieden und seiner Erhaltung im Alltag wenig zu spüren. Daran sollte in diesem Augenblick nicht gedacht werden. Das Gefühl der Verbundenheit mit Hitler und mit seiner Politik der Vernichtung sollte noch weiter vertieft werden. Der Bischof war wie ein Garant gegen möglich aufkommende Zweifel. Die Abkündigung ließ keinen Raum für Nazidistanz und Nazizweifel, die es in den Gemeinden gewiss auch gab.

Auch die badische Landeskirche dankte Gott, der uns durch Adolf Hitler aus Not und Schande, Zerrissenheit und Ohnmacht zu Freiheit und Ehre, Einigkeit und Stärke  geführt habe. „In bedingungsloser  Gefolgschaftstreue stehen wir einsatzbereit hinter unserm Führer“ werden die Pfarrer der Landeskirche im Gesetz- und Verordnungsblatt eingereiht.

Zum Festtag des 50. Geburtstages strömte die Kirchen Hitler geradezu entgegen. Der 20. April 1939 war ein Höhepunkt der Führerverehrung der Kirche und der Verbindung zu ihm und seinem Wirken. Die Deutsche Evangelischer Kirche schenkte Hitler ein seltenes Faksimile von Luthers Septemberbibel von 1522 samt einem Bildband über die Reformationsgeschichte, die die Reformation „als deutsche Volksbewegung darstellte.“  Der Vorsitzende der deutschen Pfarrervereine, Fritz Klingler, gratulierte Hitler im Namen von 16.000 Pfarrern. „ Am heutigen Tag vereinen wir uns mit allen unseren Gemeinden in dem Gefühl demütigen Dankes vor dem lebendigen Gott, dass er uns zur rechten Stunde den Führer geschenkt und durch ihn den Weg des deutschen Volkes aus der Tiefe der Ohnmacht und der Schmach in machtvollem Aufschwung zur leuchtenden Höhe Großdeutschlands gelenkt hat. Es bleibe auch in Zukunft unser und unserer Gemeinden allsonntägliches Gebet, Gott wolle uns den Führer erhalten, ihn schützen und segnen und das Werk seiner Hände fördern.“

Es gab zu dieser Zeit noch Zehntausende von Gemeindebriefen in den Landeskirchen, die mit einem Bild oder einem Zitat sich in die Geburtstagsschlange einreihten.

Karikatur Kunst für völkische Zwecke
Die Karikatur nimmt die seit Frühjahr 1933 im Reich anlaufende Gleichschaltung des öffentlichen Lebens aufs Korn und zeichnet sie treffend als Langeweile und Ödnis. Am Beispiel eines Museumsbesuches: „Kunst für völkische Zwecke. - Das Königliche Museum in Berlin wie es sich gestalten könnte.“ Es hängen ausschließlich Bilder von Hitler in verschiedenen Stellungen. Der Hitlerkult hatte seit der Ausgestaltung des 20. April 1933 enorme Ausmaße angenommen. Der Hitlergruß hatte sich eingebürgert. In der Bevölkerung hatte sich eine maßlose Verherrlichung verbreitet, die vom Ausland mit Spott und Gelächter bedacht wurde.




Zum nächsten Kapitel
Zum vorherigen Kapitel
Zum Inhaltsverzeichnis


[Zurück] [Glaube] [Helfen]
Impressum und Datenschutzerklärung  http://bs.cyty.com/kirche-von-unten/archiv/gesch/Hitlerbild/, Stand: Dezember 2020, dk