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[Kirche von Unten]

Zum Hitlerbild in der Deutschen Evangelischen Kirche

und

Ein Beitrag zur Kirchlichen Mitte

von Dietrich Kuessner

(Download des Buches einschließlich Anmerkungen als pdf hier)




Die Eidesleistung
Es gab noch eine weitere Bindung an Hitler: die Eidesleistung. Dreimal leistete ein Pfarrer damals einen Eid auf Hitler: vor dem Dienstantritt den Beamteneid, im  Jahre 1938 einen Treueid auf Hitler, und bevor er Soldat wurde und für Hitlers Reich kämpfte, ab 1939 den Fahneneid. Beamteneid, Treueid und Fahneneid banden große Teile der evangelischen Pfarrer an die Person Adolf Hitler.

Der Beamteneid war üblich. Jeder Pfarrer hatte, weil er zugleich Staatsbeamter war und die Kirche vom Staat Geldleistungen erhielt, einen Eid zu leisten. Das galt im Kaiserreich und auch zur Hitlerzeit. Hitler änderte allerdings den Wortlaut des Beamteneides, den man vor 1933 auf die Weimarer Verfassung leistete, nach 1933 auf die Person Hitlers. Den Beamteneid leistete ein Pfarrer in der Regel anstandslos. Es gab zwar Anfang 1934 eine Diskussion besonders unter den  Mitgliedern der Bekennenden Kirche. Es sprach sich rasch herum, dass Professor Karl Barth in Bonn den Beamteneid in der vorliegenden Form verweigert hatte. Er wurde genötigt, den Lehrstuhl zu verlassen und ging in die Schweiz.

Der Treueid hingegen war eine fixe Idee von einigen Kirchenleuten im Frühjahr 1938. Es wurde das Gerücht in die Welt gesetzt, dass der „Führer“ einen solchen Treueid verlangt habe.

Die deutsch-christlichen und hitlerhörigen Kirchenleitungen machten aus  der Eidesleistung einen spektakulären Event, oft in den Kirchen mit einem Gottesdienst verbunden. Andere äußerten dagegen Bedenken, wie sich ein solcher Treueid zum Ordinationsgelübde verhielte, und leisteten nur eine Unterschrift, wenn in der Formulierung das Ordinationsgelübde vorangestellt war. Es gab auch Verweigerer. Etwa 10 % der evangelischen Pfarrerschaft, vorwiegend  in den unierten Landeskirchen, verweigerten eine Eidesleistung auf Hitler. 90 % jedoch leisteten ihn und beeideten, „dem Führer treu und gehorsam zu sein und die Gesetze zu beachten", also auch die 1935 erlassenen Nürnberger Gesetze. Hitler ließ im Sommer 1938 verlauten, auf diese Eidesleistung gar keinen Wert zu legen. Kirchenpolitisch war der Treueid für die Kirche eine Blamage, weil Hitler die darin ausgedrückte Verbundenheit zum „Führer“ gar nicht zur Kenntnis nahm.

Etwa die Hälfte der aktiven Pfarrerschaft wurde zum Krieg abkommandiert, „eingezogen“. Eingekleidet in die Uniform hatte sie auf dem Kasernenhof zum Dienstantritt den Fahneneid zu leisten. Einer durfte dabei den Zipfel einer Hakenkreuzfahne berühren. Beim Fahneneid schwor der eingezogene  Pfarrer „unbedingten Gehorsam" gegenüber dem „Führer“ und die Bereitschaft, „als tapferer Soldat jederzeit für diesen Eid sein Leben einzusetzen“.  

Die gruppenübergreifende Eidesleistung machte die vereidigten Kirchenmitglieder widerstandsunwillig. Diese spielte bei der Beurteilung des Attentats vom 20. Juli 1944 eine bedeutende Rolle. Die Attentäter hätten ihre Eide gebrochen, und das galt damals auch in dieser Situation als verwerflich.

Die Kirchliche Mitte war besonders stark in der Beamtenschaft der Kirchenbehörden vertreten. Der Beamte war in den  Dienstgeschäften zur Neutralität verpflichtet. Parteilichkeit war verpönt. Das machte ihn zum typischen Vertreter der Kirchlichen Mitte, die Gruppenzugehörigkeit nicht kannte.



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