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Die Beziehung zum LeibWas ist emotionale Intelligenz?Eberhard Fincke, Braunschweig Die Stichworte „emotionale Intelligenz“ oder „soziale
Intelligenz“ finden gegenwärtig viel Aufmerksamkeit. Allerdings kann
man sie recht verschieden verstehen. In welchem Verhältnis stehen hier
Emotionen und Intelligenz zueinander? Sind die Emotionen intelligent oder
geht es darum, mit den Emotionen intelligent umzugehen? Die Gefühle sind intelligentDie direkte Verbindung der Gefühle mit dem Leib weist darauf hin, daß die Gefühle in der Evolution des Menschen sehr früh verankert sind. Die vorzeitlichen Ahnen müssen dann bessere Chancen gehabt haben zu überleben und sich fortzupflanzen, wenn sie viel Gefühl zeigten. Gefühlsäußerungen waren und sind immer noch das entscheidende soziale Bindemittel. Vor aller sprachlichen Mitteilung geben sie Auskunft über Befinden und Absichten, sodaß andere wissen, woran sie mit uns sind. Sie haben Verständnis, leisten Hilfe oder bringen sich in Sicherheit, je nach dem, was anliegt. Das einzelne Wesen ist auf diese Weise in der Gruppe oder Horde sicherer und kann sich leichter fortpflanzen. Bei den Menschenaffen, denen der Mensch durch gemeinsame Vorfahren sehr nahe verwandt ist, ist es genügend beobachtet worden, wie abhängig sie von den Sympathien oder der Achtung in der Gruppe sind. Lange Zeit muß es auch für den Menschen vorteilhaft, also intelligent gewesen sein, sich von den eigenen Emotionen leiten zu lassen. So gesehen sind die Emotionen selbst intelligent. Das Bewußtsein tritt dazwischenNun sind freilich z.B. schon die Schimpansen bekannt dafür, daß sie es
verstehen, andere Gruppenmitglieder zu täuschen. Sie sind in der Lage, ihren
Gesichtsausdruck zu kontrollieren. Sie geben sich gleichgültig, machen
sozusagen ein Pokerface, wenn sie in Wirklichkeit gegen andere etwas im
Schilde führen (Frans de Waal, Der gute Affe, München 1997,
Seite 92 ff.). Der Mensch ist sich selbst gefährlichIm Prinzip hat sich das nicht geändert, als der Mensch, wie wir ihn heute
kennen, in Erscheinung trat. Allerdings war nun die Fähigkeit, die bei den
Schimpansen anfangsweise zu beobachten ist, voll ausgebildet. Es ist die
Fähigkeit, sich der eigenen Gefühlsäußerungen bewußt zu sein und sie zu
kontrollieren. Seitdem können die Menschen einander schon wegen
Meinungsverschiedenheiten oder wegen sexueller Rivalität nach dem Leben
trachten. Dennoch hing auch weiterhin das Überleben der Gruppe und damit des Einzelnen davon ab, daß sich die Gruppenmitglieder untereinander nicht nur auf dem Umweg über die Sprache verstanden, sondern die Reaktionen des anderen unmittelbar wahrnehmen konnten. Es gab ja in der längsten Zeit menschlicher Existenz, in der sog. Steinzeit, keine höhere Instanz, die eingreifen würde, wenn Mord und Totschlag ausbrachen. Die menschliche Gesellschaft hatte Bestand und kam voran, nicht zuletzt deswegen, weil und so oft sie emotional zueinanderfand. Durch die Emotionen war man einander verständlich, Wut und Haß wurden aufgefangen durch Angst um das Leben und durch das Bedürfnis nach Frieden. Der Zorn des anderen konnte gut aufgenommen werden, weil er gerecht war. Emotion und Intelligenz gingen also immer noch Hand in Hand. Wann immer die Intelligenz auf Täuschung setzte und auf die Entwicklung immer besserer Waffen, und die Zukunft verloren schien, fanden die Menschen den Frieden wieder, denn der Wille zum Frieden und die Angst vor dem Untergang führten sie zueinander. Herrschaft bringt Emotion und Intelligenz auseinanderEmotion und Intelligenz trennten sich, als im Übergang zur Jungsteinzeit Könige an die Macht kamen. Die Gesellschaft wurde neu geordnet, von oben nach unten. Fortan war man nicht mehr auf das emotionale Einverständnis mit den Nachbarn angewiesen, sondern konnte Schutz und Hilfe von einer höheren Macht erwarten. Diese neue Art von Sicherheit und Frieden, die der König bot, mußte freilich teuer bezahlt werden. Der König war einem nur gewogen, wenn man sich von der besten, d.h. von der braven Seite zeigte. Die mächtigen, aber keineswegs untadeligen Herren sahen bei ihren Untertanen überhaupt nicht gern in ein zorniges, finsteres, oder auch nur ungläubiges Gesicht. Solche Emotionen, die früher lebenswichtig sein konnten, wurden nun lebensgefährlich. Der Leib mit seinen spontanen Regungen wurde als Verräter empfunden. Die unbewegte Miene, die man früher nur gelegentlich aufsetzte, wurde nun im Machtbereich der Herrschaften zum Alltagsgesicht. Die herrschende Gesellschaftsordnung nötigte die Menschen, ihre Gefühle zu beherrschen. Bestimmte Emotionen wie Wut oder Zorn erschienen ganz unangebracht. Diese Kehrtwendung mußte naturgemäß dem Leib zu schaffen machen. Er war von der Evolution auf solche Anforderungen nicht vorbereitet worden. Weil er nicht anders konnte, als auch weiterhin die Gefühle nach außen zu bringen und übermäßige Kontrolle ihn krank machte, empfand der Mensch ihn als hinderlich, erklärte ihn für dumm. Damit begann eine lange Periode der Leibfeindschaft, die bis heute andauert. Unterschiedliche Formen der LeibfeindschaftSeitdem pendelt die Psychologie zwischen zwei Grundvorstellungen, die Plato und Aristoteles mit ihren Werken ausgearbeitet haben. Beide gehen davon aus, daß der Leib mit seinen Begierden das Leben schwer macht. Die Schwierigkeiten, den Leib fügsam zu machen, brachte Plato dazu, ihn als ein Gefängnis zu sehen, in dem der Mensch im irdischen Leben gefesselt ist. Seine Intelligenz jedoch und manche gute Regung, die auch zu ihm gehört, befähigen den Menschen trotz dieser Gefangenschaft, der Sehnsucht nach vollkommener Wahrheit und Freiheit zu folgen und entsprechend zu leben. Aristoteles dagegen hat die negative Beziehung zum Leib in eine Chance verwandelt und das Verhältnis umgedreht. Der dumme, schwerfällige Leib mit seinen widerspenstigen Gefühlen ist ganz offensichtlich ein Sklave, der einen Herrn braucht. Mit Hilfe seiner Intelligenz kann ihn der Mensch beherrschen und kontrollieren. Da hat Aristoteles allen psychologischen Theorien den Weg geebnet, die das Verhalten des Menschen studieren, um Normen und Methoden für Erziehung und Therapie abzuleiten. Der Leib mit den Gefühlen ist hier gewissermaßen ein wildes Pferd, das einen geschickten Reiter braucht. Je intelligenter der Reiter das Pferd, d.h. die Emotionen versteht und einsetzt, umso weiter kann er kommen. Die Kritik an der Trennung wächstDas Bild vom Reiter und vom Pferd bestimmt bis heute das Denken, wo das
Stichwort „emotionale Intelligenz“ mit dem Buch von
Daniel Goleman auf die Bestsellerliste gekommen ist (München 1995). Dennoch entscheidet bei der emotionalen Intelligenz, wie sie Daniel
Goleman darstellt, immer noch die Intelligenz, ob und welche Emotionen
förderlich sind. Angst, Zorn oder Wut etwa gehören kaum dazu. Zorn und Wut
soll man „in Schach halten“ (Goleman, S. 79) oder
entschärfen (S. 83), wenn nicht gar meiden. Beherrschung ist also nach
wie vor angesagt. Die Intelligenz bleibt der Herr, der Reiter. Lebensgefahr bringt die WendeUnter den bisher herrschenden Verhältnissen gerät nun freilich das Leben
immer mehr in Gefahr. Wenn die zivilisierte Welt so weiter wirtschaftet, wie
in den letzten 200 Jahren und besonders in der letzten Hälfte dieses
Jahrhunderts, ruiniert sie Boden, Luft, Wasser und die Energievorräte. Die
menschlichen Lebensbedingungen nähern sich auf diese Weise wieder mehr denen
der menschlichen Frühzeit an. Es meldet sich neu eine Stimme, die gerade in der zunehmenden
Orientierungsnot verläßlicher ist als alles andere. Der eigene Leib
protestiert oder rebelliert gegen Zumutungen, die auf die Dauer
lebensgefährlich sind. Vielleicht bedrohen diese Zumutungen nicht
unmittelbar das eigene Leben, aber es ist sichtbar, daß die menschliche
Gesellschaft auf Dauer nicht bestehen könnte, wollte man z.B. den
Autoverkehr Europas oder der USA auf die ganze Erde ausdehnen. Orientierung an der HandFreilich, die Wiederentdeckung der Gefühle ist ihrerseits gefährlich. Sie führt in die Irre, wenn die Gefühle nun gegen die Intelligenz ausgespielt werden. Man behauptet dann, gewisse Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ zu treffen oder sich einfach an der „Lust“ zu orientieren. Die Trennung der Gefühle vom Intellekt wird hier nur fortgesetzt, jetzt in scheinbarer Umkehrung der Rangfolge. Die Intelligenz beruft sich raffiniert auf ein Gefühl, um ein zweifelhaftes Verhalten zu begründen. Gegen solchen Mißbrauch und andere Gefahren bietet der Leib wiederum eine
überraschend einfach zu handhabende Orientierung. Der frei bewegliche und greifende Daumen verkörpert den Drang nach Freiheit und danach, alles in den Griff zu bekommen. Der Zeigefinger, der auf das Richtige deutet und das Falsche abweist, steht für das Streben nach Wahrnehmung bzw. Wahrheit. Der Mittelfinger, der die Mittelachse der Hand bildet, vertritt das Empfinden für Gerechtigkeit, für Ausgleich und Ordnung. Der Ringfinger, geht, obwohl groß und schön, nur mit seinen Nachbarn und verkörpert so die Liebe, den Wunsch nach Gemeinschaft. Der kleine Finger, klein und verletzlich, steht für den unwiderstehlichen Drang zum Leben. Mit diesen fünf Grund-Emotionen ist alles erfaßt, was den Menschen treibt. Da man sie sich sozusagen an den Fingern abzählen kann, läßt sich die Vielfalt der Gefühle bzw. Emotionen jederzeit leicht überschauen. Die Hand selbst mit ihren fünf Fingern leitet dazu an, sich nicht aus dem scheinbaren Chaos der Gefühle das Passende oder Genehme auszuwählen und anderes zu unterschlagen. Alle Fünf in Balance bilden die emotionale Intelligenz. |
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http://bs.cyty.com/fingerreim/de/orientierung/leib/index.shtml, Stand: 11. October 2012,
jk
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